Seh ich aus wie 'ne Frikadelle oder warum gibt jeder seinen Senf dazu? (eBook)
192 Seiten
Gräfe und Unzer (Verlag)
978-3-8338-9395-7 (ISBN)
Martina Schönherr, Radiomoderatorin, Comedian und Autorin, ist über 30, hat keine Kinder, aber einen Angler zum Mann und ist von der Stadt aufs Land gezogen. Sie war Mitglied der Comedy-Kochshow 'Comedy Cuisine' bei ARD One, hat beim Recklinghäuser Hurz den Preis als 'beste Newcomerin' gewonnen, war bei Comedy Central und SKY zu sehen und steht regelmäßig mit 'Nightwash' und im' Quatsch Comedy Club' auf der Bühne. Martina moderiert seit Sommer 2022 die 'Morningshow' beim Radiosender N-JOY vom NDR und erzählt ihre Stories jeden Morgen von 6-10 Uhr in vier Bundesländern. Im September 2022 gewann sie den Deutschen Radiopreis als beste Moderatorin. Gemeinsam mit ihrem Kollegen, Greg Bogowicz, hostet sie den Podcast 'Pony & Bart'.
Martina Schönherr, Radiomoderatorin, Comedian und Autorin, ist über 30, hat keine Kinder, aber einen Angler zum Mann und ist von der Stadt aufs Land gezogen. Sie war Mitglied der Comedy-Kochshow "Comedy Cuisine" bei ARD One, hat beim Recklinghäuser Hurz den Preis als "beste Newcomerin" gewonnen, war bei Comedy Central und SKY zu sehen und steht regelmäßig mit "Nightwash" und im" Quatsch Comedy Club" auf der Bühne. Martina moderiert seit Sommer 2022 die "Morningshow" beim Radiosender N-JOY vom NDR und erzählt ihre Stories jeden Morgen von 6-10 Uhr in vier Bundesländern. Im September 2022 gewann sie den Deutschen Radiopreis als beste Moderatorin. Gemeinsam mit ihrem Kollegen, Greg Bogowicz, hostet sie den Podcast "Pony & Bart".
Hinweis zur Optimierung
Impressum
Wichtiger Hinweis
Du lebst dein Leben falsch!
Kapitel 1: Der Senf der anderen auf meiner Frikadelle
Kapitel 2: Der Senf im Kopf
Kapitel 3: Euer Senf schmeckt mir nicht
Martina Schönherr
NACH ELMSHORN? NO WAY!
Ich liege also auf dem Sofa und lasse den Tag Revue passieren. Bisher eine Vier minus, würde ich sagen. War für mich in der Schule damals sensationell. Gab es diese Note in der Mathearbeit, dann sind Mutti und ich erst mal ein Eis essen gegangen. Absoluter Grund zum Feiern. Dieser Körper wurde geformt von schlechten Mathe- und Physikleistungen. Jede einzelne Haselnusskugel mit Himbeersoße war es wert (absoluter Shit, probiert diese Kombi unbedingt mal aus und dankt mir später!). Als persönliche Tagesnote ist die Vier minus allerdings kein Highlight.
Es klingelt. Ich erwarte niemanden, aber weil ich Martina, die neugierige und gewissenhafte Person aus Elmshorn bin, schlurfe ich im Jogger und mit Kapuze auf dem Kopf zur Tür. Es klopft. Herrgott, ja doch. Ich komme doch schon. Ich öffne die Tür und gucke in das angesäuerte Gesicht meiner über 70-jährigen Nachbarin. Der Typ Oma, der dir an Halloween an der Tür eine Mandarine gibt. Und zwar die mehlige mit Kernen drin.
»Ach, Frau Bartmeier. Wie schön, Sie zu sehen.«
Absolute Lüge. Auch so eine Krankheit von mir. Wieso muss ich Menschen immer ein gutes Gefühl geben wollen? Mach einfach die Tür auf und guck sie wütend an. Die weiß schließlich ganz genau, dass du Frühschicht hattest und jetzt eigentlich Mittagsschlaf machst.
»Sie haben sich nicht eingetragen!!«
Guck! Die schafft es nicht mal, dich zu begrüßen. Mach dich gerade, Martina!
»Wo eingetragen?«
»NA, IM WASCHMASCHINENKALENDER!!«,
brüllt sie mich an. Ach ja, der gute alte Waschmaschinenkalender. Ihr Lieblingsthema. Und wahrscheinlich auch ihr einziges. Zur Erklärung: Wir haben einen gemeinschaftlichen Waschkeller, wie das in der Stadt im Mehrfamilienhaus häufig der Fall ist. Wir sind sechs Parteien im Haus, und wenn jemand an einem bestimmten Tag waschen will, trägt er sich dafür ein. Ist keiner eingetragen, kann man einfach waschen. Sehen eigentlich alle so, bis auf Frau Bartmeier. DIE trägt sich immer ein. Dienstags und donnerstags von 15–19 Uhr. Waschmaschine und Trockner. Was ich mich schon seit unserem Einzug vor zehn Jahren frage: WARUM zur Hölle immer zu dieser Zeit? Das wäre der optimale Slot für alle berufstätigen Menschen und nicht für RentnerInnen, die den ganzen Tag frei haben. Wobei, wenn du SeniorInnen fragst, haben die eigentlich nie Zeit. Wenn ich an meinen Opa Bruno denke, der war im Ruhestand noch beschäftigter als in seinem Job als Arbeitsamtschef.
Lieblingssatz von ihm, wenn wir zu Besuch waren:
»So Kinderchen, ihr wollt ja bestimmt auch los. Ihr habt sicherlich noch was vor.«
Nee, eigentlich nicht, Opa. Vielleicht wusste dieser Mann aber auch nur clever zu verpacken, dass er jetzt seine Ruhe haben möchte. Wieso haben sich diese Gene nicht an mich weitervererbt?
Zurück zu Frau Bartmeier. Die, die immer nachmittags wäscht, wenn alle waschen wollen. Warum sie das macht, traue ich mich nicht zu fragen, dafür fehlt mir der Mut. Und ich bin mir sicher, diese Frau hätte sofort eine passende Antwort parat. Als der Begriff »People Pleaser« erfunden wurde, hat sie schon lange ihr Ding gemacht. Anderen Leuten gefallen wollen und die Harmonie wahren? Das liegt Frau Bartmeier fern. Sie steht für sich, ihre Meinung und ihre Werte ein, egal, wie es ihrem Gegenüber damit geht. Als betroffene Person kann ich sagen, mir geht es damit gar nicht gut. Mir ist das hier alles mehr als unangenehm. Deswegen fange ich in guter People-Pleaser-Manier wieder an, mich zu entschuldigen.
»Es tut mir leid. Im Kalender war niemand eingetragen, deswegen dachte ich …«
»Sie dachten, Sie dachten. Frau Schönherr, es wäre schön, wenn Sie mal WIRKLICH nachdenken würden. Wer waschen will, trägt sich ein. So einfach ist das!«
Und da ist es wieder. Dieses dämliche, überforderte Grinsen in meinem Gesicht. Ab jetzt spult sich der immer gleiche Ablauf ab. Hitze steigt in mir auf, meine Hände werden feucht, mein Herz rast, meine Gedanken kreisen und ich würde gerne so viele Dinge zu ihr sagen, aber ich habe nichts. Also sage ich:
»Kommt nicht wieder vor. Sie haben ja recht!«
Sie haben ja recht? Sag mal, spinnst du? Wieso stimmst du der jetzt auch noch zu? Absolute Genugtuung macht sich auf ihrem Gesicht breit. Ein Grinsen, das vor Selbstgefälligkeit nur so trieft.
»Weiß ich doch«,
antwortet sie. Wow, da wird aus einer Vier minus aber mal ganz schnell ein Ungenügend. MINUS. Falls es das gibt. Ich mache die Tür zu, lege mich aufs Sofa und ziehe mir die Decke über den Kopf. Draußen auf dem Flur höre ich Frau Bartmeier in ihren Lackschühchen davonstapfen. Vor meinem inneren Auge sehe ich jetzt schon das Kopfschütteln von meinem Mann Basti. Wird er beim Abendbrot wieder schön vor sich hin grinsen:
»Warum hast du denn überhaupt die Tür aufgemacht? Wir haben doch einen Türspion! Das hätte ich mir gar nicht angetan!«
Ich weiß, aber das hilft jetzt leider auch nicht.
Mein Handy vibriert. Eine WhatsApp ploppt auf. Von einer Freundin oder besser gesagt ›guten Bekannten‹.
»Du, heute Abend 19 Uhr Italiener steht noch, oder?«
Oh nein! Ich stöhne laut auf. Auch das noch. Mein Sofa umklammert mich fest. Geh nicht! Bleib bei mir, ruft es laut. Dieses wohlige Gefühl von zu Hause kann und will ich nicht loslassen. Aber deswegen absagen? Auch doof. Macht man nicht. Wir sehen uns so selten und sie hat sich ja auch schon darauf eingestellt. Ist doch blöd, wenn ich das jetzt so kurz vorher cancele. Also tippe ich mit 0,0 Prozent Lust im Körper:
»Ja, steht noch. Bin um 19 Uhr da. Freue mich.«
Der nächste Morgen beginnt so, wie der Abend aufgehört hat. Sehr kraftlos. Frag bitte nicht, wie es gestern noch war. Nur so viel: Ich brauche heute Morgen statt einer direkt zwei Schichten vom »honey beige Concealer«. Und zwar von dem, der 24 Stunden hält.
Wie jeden Morgen um kurz nach 6 gibt’s von Basti die liebevolle Guten-Morgen-WhatsApp und im Gegensatz zu dir fragt er mich natürlich:
»Naaaaaaaa, wie war es gestern Abend?«
Ich höre sein Grinsen aus jedem Buchstaben heraustropfen.
Als ich spät nach Hause kam, lag er schon selig schlafend im Bett.
Wie es war? Anstrengend. Unfassbar anstrengend. Es war wie beim letzten Mal: Sie spricht, ich nicht.
Geschlagene drei Stunden lang hat Sina erzählt. Von Krankheiten (krasser Schnupfen und riesiger Pickel auf der Stirn), von echten Problemen bei der Arbeit (Neulich musste sie eine halbe Stunde länger arbeiten. Man stelle sich das mal vor.) und von ihren anstrengenden Kindern (Enno kann immer noch keinen richtigen Vogel malen!! Untalentiertes Gör!).
Kurz bevor wir zahlen wollten, fiel ihr wohl ein, dass ich ja vielleicht auch noch ein Leben habe:
»Aber nun zu dir, wie geht’s DIR denn eigentlich? Nicht so gut, oder? Du siehst ganz schön fertig aus!«
Na, schönen Dank auch. Dafür habe ich mir jetzt drei Stunden lang ihre Storys angehört? Um am Ende auch noch beleidigt zu werden?
Während ich Basti antworte, frage ich mich, warum ich mir das eigentlich antue. Sind Freunde und Bekannte nicht dafür da, dass sie einem Energie GEBEN und nicht RAUBEN? Solche Treffen sollen unsere Akkus doch wieder auffüllen, oder? Das ist doch das, was das Leben ausmacht: liebe Menschen, die einem immer zur Seite stehen und mit denen man schöne Momente verbringen kann. Der schönste Moment gestern Abend war aber der, als ich wieder zu Hause ankam.
Wenn ich ehrlich bin, muss ich diese Freundschaft wohl mal dringend überdenken.
Es ist Freitagmorgen und draußen regnet es ausnahmsweise mal nicht. Man muss sich immer über die kleinen Dinge im Leben freuen.
Ich schließe die Haustür zu und gehe zum Auto. Schon von Weitem sehe ich ein weißes, quadratisches Etwas auf der Frontscheibe. Na, herzlichen Glückwunsch, das hat mir noch gefehlt: ein Strafzettel!
Wieso das denn? Hier parken doch alle AnwohnerInnen, denke ich wütend bei mir. Okay, richtig LEGAL ist das vielleicht nicht, aber die Polizei schreibt hier wirklich nie Leute auf. Als ich näher ans Auto herankomme, merke ich: Das war auch nicht die Polizei. Zumindest nicht die offizielle. Nein, das hier war die Nachbarschaftspolizei. Der Sheriff von nebenan. Der Sherlock Holmes der Mehrfamilienhaussiedlung. Ich nehme den Zettel von der Scheibe und halte ihn ins Licht der Straßenlaterne. Spot on the nicht vorhandenen Humor von meinem Nachbarn. Auf dem Zettel ist ein Bild von einem Alien, der im Auto sitzt und dämlich grinsend aus dem Fenster guckt. Darüber steht in großen Buchstaben:
»Herzlich willkommen auf der Erde. So wie Sie parken, können Sie ja nicht von hier sein.«
Altobelli. Ich weiß nicht, ob ich jetzt lachen, schreien oder das Auto von meinem Nachbarn anzünden soll. Ich habe so viele Fragen: WO gibt es solche Zettel? Kauft man die als Block? Im Abo? Und was kosten die? Oder, meine schlimmste Befürchtung: Macht sich da etwa jemand die Mühe und bastelt die Scheiße selbst am PC?
Zu meiner Verteidigung muss an dieser Stelle noch mal schnell gesagt werden: Ich parke hervorragend. Ich bin ’ne Eins im seitwärts einparken. Und rückwärts. Und vorwärts sowieso. Entgegen allen überholten und peinlichen Klischees bin ich der lebende Beweis dafür, dass es wirklich mal Zeit wird für eine Weltmeisterschaft im Einparken. Ohne Geschlechtertrennung! Ich persönlich sehe mich da schon oben auf dem Treppchen. Wie ich stolz vor meinem alten schwarzen Audi stehe und voller...
Erscheint lt. Verlag | 6.8.2024 |
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Reihe/Serie | Lebenshilfe Selbstcoaching |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Lebenshilfe / Lebensführung |
Schlagworte | Argumente kontern • Booktok • Debattieren • Empowerment • Frauenpower • humorvolle Lebenshilfe • Kommunikationsstrategien • rhetorik tipps • Selbstbehauptung • selbstbewusstsein stärken • Selbstermächtigung • Selbstliebe • Selbstoptimierung • Selbstsicherheit • Selbstvertrauen • Sisterhood • spontan erwidern • TikTok • Wortgewandtheit |
ISBN-10 | 3-8338-9395-8 / 3833893958 |
ISBN-13 | 978-3-8338-9395-7 / 9783833893957 |
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