Die drei Versprechen. Was uns Halt gibt, wenn das Leben uns herausfordert (eBook)
192 Seiten
Anaconda Verlag
978-3-641-32429-2 (ISBN)
- Zum ersten Mal als Sonderausgabe
- Furchtlos und ganz präsent sein, selbst in den schwierigsten Situationen des Lebens mit Hilfe der Weisheit des Buddha
- Die berührend-zeitlose Botschaft der großen buddhistischen Lehrerin (über 1 Mio. Follower) für ein Leben in Fülle, Heiterkeit und besonnenem Gleichmut
- Weltberühmte Meditationslehrerin mit großer Social-Media-Community und regelmäßigen Online-Retreats und -Workshops.
- Pema Chödrön war Schülerin von Chögyam Trungpa, der sie 1986 zur Leiterin von Gampo Abbey, einem tibetischen Kloster der Karma-Kagyü-Linie des Vajrayana auf der kanadischen Kap-Breton-Insel, ernannte. Damit war sie die erste Amerikanerin, die zur Leiterin eines tibetisch-buddhistischen Klosters ernannt wurde. Sie leitet Kurse, Seminare und Retreats in Europa, Australien und den Vereinigten Staaten. In ihren Büchern versucht sie zumeist anhand von Alltagssituationen die buddhistische Lehre darzustellen. Dabei orientiert sie sich maßgeblich an Atishas 'Losungen zur Geistesschulung' (Lojong). Pema Chödrön hat zwei Kinder und drei Enkelkinder
- »Das einzig Beständige ist der Wandel.« Pema Chödrön
- »Wenn niemand damit anfängt, etwas Harmonie zu schaffen, werden wir niemals in der Lage sein, in dieser Welt ein gesundes geistiges Klima zu entfalten.« (Chögyam Trungpa Rinpoche)
Pema Chödrön ist US-Amerikanerin und buddhistische Nonne in der Tradition des tibetischen Meditationsmeisters Chögyam Trungpa. Sie ist Leiterin des tibetischen Klosters Gampo Abbey auf der kanadischen Insel Cape Breton. Neben Ayya Khema zählt Pema Chödrön heute zu den bekanntesten buddhistischen Lehrerinnen der Welt. Wie diese wurde sie Mutter, bevor sie ihre Gelübde als Nonne ablegte und ist somit bestens sowohl mit dem weltlichen als auch dem geistlichen Leben vertraut.
1 ~ Die grundlegende Ungewissheit und Vieldeutigkeit menschlicher Existenz
Das Leben gleicht einem Boot,
das gerade ausläuft und schon sinkt.
SHUNRYU SUZUKI ROSHI
Uns allen ist die Neigung gemeinsam, schleunigst in Richtung Sicherheit zu drängen, sobald wir merken, dass um uns herum alles im Fluss ist. Und in schwierigen Zeiten scheint sich der Stress des Bemühens um festen Boden unter den Füßen – um etwas Vorhersehbares und Sicheres, das uns Halt gibt – noch zu erhöhen. Doch die Wahrheit ist, dass unsere Existenz sich von Natur aus im ewigen Fluss befindet. Alles ändert sich fortwährend, ob wir uns dessen nun bewusst sind oder nicht.
Was für eine missliche Lage! Wir scheinen zum Leiden verdammt zu sein, einfach deshalb, weil wir eine tiefsitzende Angst vor der wirklichen Existenzweise der Dinge haben. Unsere Versuche, dauerhaftes Vergnügen und permanente Sicherheit zu finden, stehen im Widerspruch zur Tatsache, dass wir Teil eines dynamischen Systems sind, in dem sich alles und jedes im ständigen Veränderungsprozess befindet.
Das also ist die Situation, in der wir stecken – mitten in einem Dilemma. Und damit sehen wir uns vor ein paar provokative Fragen gestellt: Wie können wir angesichts dieser Vergänglichkeit, im Wissen, dass wir eines Tages sterben werden, rückhaltlos und voll und ganz leben? Was heißt es, sich darüber im Klaren zu sein, dass wir nie alles irgendwann perfekt auf die Reihe kriegen werden? Können wir gegenüber Instabilität und Veränderung eine tolerantere Haltung einnehmen? Wie können wir uns mit der Unvorhersehbarkeit und Ungewissheit anfreunden – und sie als »Vehikel« zur Transformation unseres Lebens willkommen heißen?
Der Buddha bezeichnete die Vergänglichkeit als eines der drei Zeichen unserer Existenz, als Merkmal der Wirklichkeit und unbestreitbare Tatsache des Lebens. Aber wir scheinen uns ziemlich stark dagegen zu wehren. Wir meinen, dass wir irgendwie zu einem sicheren, verlässlichen, kontrollierbaren Dasein gelangten, wenn wir nur dies oder jenes täten. Und wie enttäuscht sind wir dann, wenn die Dinge sich nicht ganz so entwickeln, wie wir es geplant hatten!
Vor Kurzem fand ich in einem Interview mit dem Kriegskorrespondenten Chris Hedges eine Redewendung, die mir eine perfekte Beschreibung unserer Situation zu sein schien. Er sprach von der »moralischen Ambiguität menschlicher Existenz«. Dies bezieht sich meiner Ansicht nach auf eine grundlegende Wahl, vor die wir uns alle gestellt sehen: Sollen wir uns an die falsche Sicherheit unserer fixen Ideen und gruppenbedingten Anschauungen klammern, obwohl sie uns nur momentane Befriedigung einbringen, oder sollen wir unsere Angst überwinden und ins Leben eines authentischen Daseins springen? Dieses Wort von der »moralischen Ambiguität menschlicher Existenz« fand in mir tiefen Widerhall, weil es ein Thema berührt, das ich seit Jahren erforsche: Wie können wir uns entspannen und eine echte, leidenschaftliche Beziehung zur grundlegenden Ungewissheit, zur Bodenlosigkeit menschlichen Daseins haben?
Mein erster Lehrer, Chögyam Trungpa, sprach viel über die mit der menschlichen Existenz verbundene fundamentale Angst und Sorge. Eine von Furcht erfüllte Besorgnis oder ein Unbehagen angesichts der Vergänglichkeit, die nicht nur einige Einzelne befällt; es ist ein alles durchdringender, den Menschen gemeinsamer Zustand. Aber was wäre, wenn wir uns von dieser Ungewissheit, dieser Unsicherheit des Lebens, nicht entmutigen ließen, sondern sie stattdessen akzeptierten und uns in sie hinein entspannten? Was, wenn wir sagten: »Ja, so ist es; das bedeutet es, ein Mensch zu sein«, und uns entschlössen, uns hinzusetzen und die Fahrt zu genießen?
Glücklicherweise gab der Buddha viele Anleitungen, wie man genau das tut. Darunter die Unterweisungen zu dem, was in der tibetisch buddhistischen Tradition als die »Drei Gelübde« oder »Drei Verpflichtungen« bekannt ist. Hierbei handelt es sich um drei Methoden, die chaotische, instabile, dynamische, herausfordernde Natur unserer Situation als Weg zum Erwachen anzunehmen und sich anzueignen. Das Pratimoksha-Gelübde, wie es traditionellerweise genannt wird, ist das erste dieser Versprechen und die Grundlage der individuellen Befreiung. Es bedeutet, dass wir geloben, unser Bestes zu tun, um mit unseren Handlungen, Worten oder Gedanken keinen Schaden anzurichten und gut zueinander zu sein. Es gibt eine Struktur vor, innerhalb deren wir lernen, mit unseren Gedanken und Emotionen zu arbeiten und darauf zu verzichten, dass wir aus der Verwirrung heraus handeln oder sprechen. Der nächste Schritt dahin, dass wir uns mit der Bodenlosigkeit wohlfühlen, ist das Versprechen, anderen zu helfen. Traditionell »Bodhisattva-Gelübde« genannt, versprechen wir hier, unser Herz sowie unseren Geist offenzuhalten und unser Mitgefühl zu nähren, indem wir das Leiden der Welt zu lindern bestrebt sind. Das Samaya-Gelübde ist das letzte der Drei Versprechen. Es bedeutet den Entschluss, die Welt unvoreingenommen so anzunehmen, wie sie ist. Es ist das Versprechen, alles, was uns begegnet – Schlechtes und Gutes, Angenehmes und Schmerzliches –, als Manifestation erwachter Energie anzusehen. Alles und jedes als Mittel zu betrachten, durch das wir noch weiter erwachen können.
Aber was bedeutet diese mit der menschlichen Existenz verbundene grundlegende Ungewissheit und Vieldeutigkeit für unser Alltagsleben? Vor allem die Einsicht, dass sich alles verändert? Shantideva, ein buddhistischer Meister des achten Jahrhunderts, schrieb in dem Sanskrit-Werk Bodhicaryāvatāra:
Ähnlich den Erlebnissen in einem Traum:
Welche Erscheinungen und Erfahrungen auch immer –
sie verwandeln sich in eine Erinnerung,
und alles Vergangene kann nicht wieder gesehen werden.
Ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, der Boden unter unseren Füßen verändert sich fortwährend. Nichts ist von Dauer, und auch wir sind es nicht. Vermutlich sind nur sehr wenige Menschen immer und überall von der Vorstellung an ihren Tod erfüllt, jedoch gibt es eine Menge Hinweise darauf, dass uns der Gedanke »Ich werde sterben« immer wieder heimsucht. »Dass ich wie ein Durchreisender bin, habe ich nicht erkannt«, schreibt Shantideva.
Wie also fühlt man sich in diesem Zustand der Ungewissheit und der Bodenlosigkeit? Zum einen greifen wir nach allerlei Vergnügungen und versuchen, den Schmerz zu vermeiden, pendeln aber trotz all unserer Bemühungen immer zwischen beidem hin und her. Im Bann der Illusion, dass konstante Sicherheit und stetes Wohlbefinden der Idealzustand sind, unternehmen wir alles Mögliche bei unseren Versuchen, diesen Zustand zu erreichen: essen, trinken, Drogen, zu viel arbeiten, Stunden im Internet oder vor dem Fernseher. Aber irgendwie gelangen wir nie an das erstrebte Ziel. Manchmal fühlen wir uns gut: Uns tut nichts weh, und es plagen uns keine trüben Gedanken. Dann ändert sich das plötzlich, und uns überfallen körperlicher Schmerz oder Angst und Besorgnis. Man könnte grafisch darstellen, wie Lust und Schmerz sich in unserem Leben Stunde um Stunde, Tag um Tag, jahrein, jahraus abwechseln, mal herrscht das eine, dann das andere vor.
Aber nicht die Vergänglichkeit an sich und auch noch nicht einmal das Wissen, dass wir sterben werden, sind die Ursache unseres Leidens, lehrte der Buddha. Vielmehr ist es unser Widerstand gegen die grundlegende Unsicherheit unserer Situation. Das Unbehagen resultiert aus all unseren Bemühungen, Boden unter die Füße zu kriegen und unseren Traum zu verwirklichen, dass permanent alles in Ordnung sein müsste. Widersetzen wir uns der Veränderung, nennt man das Leiden. Aber wenn wir vollständig loslassen können und nicht gegen sie ankämpfen, wenn wir die Bodenlosigkeit unserer Situation annehmen und uns in ihre Dynamik hinein entspannen können, dann nennt man das Erleuchtung oder Erwachen zu unserer wahren Natur, zu unserem grundlegendem Gutsein. Ein anderes Wort dafür ist »Freiheit« – das Freisein vom Kämpfen gegen die grundlegende Ambiguität unserer menschlichen Existenz.
Diese mit der menschlichen Existenz verbundene grundlegende Ungewissheit und Vieldeutigkeit verweist darauf, dass wir, so gern wir es auch wollten, nie behaupten können: »Das ist der einzig wahre Weg. So ist es. Ende der Diskussion.« Chris Hedges sprach in seinem Interview auch vom Schmerz als Reaktion auf das Beharren einer Gruppe oder Religionsgemeinschaft darauf, dass ihre Anschauung die einzig wahre wäre. Auch der Einzelne zeigt eine Menge fundamentalistischer Tendenzen. Wir nutzen sie für den eigenen Trost. Wir grapschen nach einer Position oder Religion zur eingängigen Erklärung der Realität und sind nicht bereit, Ungewissheit und Unbequemlichkeit zu dulden und für andere Möglichkeiten offen zu sein. Wir klammern uns an einen Standpunkt als unsere persönliche Plattform und werden dabei sehr dogmatisch.
Diese Tendenz zum Fundamentalismus und Dogmatismus wurzelt in einer fixen Identität – einer festgefügten Meinung über uns selbst als gut oder schlecht, würdig oder unwürdig, dies oder das. Die starre Identität hat zur Folge, dass wir die Realität umgestalten zu müssen...
Erscheint lt. Verlag | 28.8.2024 |
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Übersetzer | Susanne Kahn-Ackermann |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Living Beautifully With Uncertainty and Change |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Esoterik / Spiritualität |
Geisteswissenschaften ► Philosophie ► Philosophie der Neuzeit | |
Schlagworte | 2024 • Ajahn Brahm • Buddha • Buddhismus • buddhismus buch • buddhismus lehre buch • buddhistische Lebensführung • buddhistische Lebenshilfe • buddhistische lehre buch • buddhistische ratschläge buch • Burnout • Dalai Lama • eBooks • Gelassenheit • Lebensführung Buch • Meditation • meditieren • Mitgefühl • Neuerscheinung • pema chödrön bücher • pema chödrön meditation • pema chödrön podcast • pema chödrön zitate • Philosophie • Resilienz • Rinpoche • spirituelle Bücher • Thich Nhat Hanh • Tibetischer Buddhismus • Yoga • Zen-Buddhismus |
ISBN-10 | 3-641-32429-7 / 3641324297 |
ISBN-13 | 978-3-641-32429-2 / 9783641324292 |
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