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Typisch Kunde! Typisch Hörakustiker!

Ein Ratgeber für die Hörakustik, in dem es nicht um Sprachverstehen geht, sondern darum, Menschen zu verstehen.
Buch | Softcover
238 Seiten
2024
Median-Verlag von Killisch-Horn GmbH
978-3-941146-88-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Typisch Kunde! Typisch Hörakustiker! - Birgitta Gabriel, Corinna Ruhl
CHF 55,40 inkl. MwSt
Als Hörakustiker stehen Sie häufig vor der Herausforderung, dass Kunden zunächst zögerlich sind, wenn es um Hörsysteme geht. Dieser Umstand führt immer wieder zu angespannten bis hin zu teilweise schwierigen Gesprächssituationen. In diesem Ratgeber erfahren Sie, wie Sie in kritischen Gesprächssituationen souverän reagieren und Ihre Kommunikation nachhaltig erweitern können. Für 20 typische Verhaltensweisen von Kunden stellt dieses Buch bewährte, außergewöhnliche, leicht umsetzbare Methoden und Strategien aus der Psychologie und Kommunikationswissenschaft vor.
Die Autorinnen, Dr. Birgitta Gabriel und me. Corinna Ruhl, teilen ihr gesammeltes, wertvolles Wissen aus über 35 Jahren Erfahrung in der Hörbranche – aus der Praxis für die Praxis. Durch die Anwendung der beschriebenen Techniken schärfen Sie Ihre kommunikativen Fähigkeiten, gewinnen in schwierigen Gesprächssituationen mehr Sicherheit und agieren souveräner. Die Arbeit wird stressfreier und eine wertschätzende Atmosphäre entsteht.
Erfüllende Kommunikation ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen und sinnhaften beruflichen Zukunft in der Hörakustik. Es lohnt sich, neue Wege zu gehen und mit Offenheit, Toleranz und Mut schwierigen Situationen im Kundenkontakt gelassener zu begegnen.

Inhaltsverzeichnis
Vorwort 9
Einleitung 10
O(h)riginelle Kunden o(h)rdentlich beraten 10
Unsere Wege zum Buch 13
Wie Sie mit diesem Buch arbeiten 19
Für wen ist das Buch ein Must-Read? 21
In eigener Sache 21
Das Wesen schwieriger Gesprächssituationen 23
„Anhängliche“ 27
„Beratungsdiebe“ 33
„Besserwisser“ 41
„Dauertester“ 51
„Distanzlose“ 61
„Dominante Partner“ 69
„Entscheiden Sie“ 81
„Frühabbrecher“ 91
„Gestresste“ 103
„Ja-aber“ 111
„Rabattjäger“ 121
„Rumeierer“ 131
„Schüchterne“ 141
„Schwarzseher“ 151
„Schweigsame“ 159
„Siebzigprozentige“ 169
„Unmotivierte“ 175
„Unverschämte“ 193
„Vielredner“ 205
„Wütende“ 213
„Zauberer“ 221
Ein herzliches Dankeschön 223
Literatur 224
Stichwortverzeichnis 228
Offener Brief: An die Kunden von Hörakustikern 235
Autorinnen 236

Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, als Birgitta Gabriel mich vor einiger Zeit anrief, mir von diesem Buch erzählte und mich fragte, ob ich ein Vorwort schreiben könnte, stimmte ich mit großer Freude zu. Als sie auszog, um ihre fachliche Expertise als Physikerin im Rahmen einer Weiterbildung „Systemische Beratung“ am IF Weinheim mit systemischem Denken und Handeln in Verbindung zu bringen, begegneten wir uns 2010 das erste Mal. Ihre Leidenschaft für das Feld der Hörakustik war sehr schnell spürbar. Ihr großer Wunsch war und ist es, Menschen mit Hörproblemen ein leichteres und sozial integriertes Leben durch Hörsysteme zu ermöglichen. Anfangs hoffte sie vielleicht auch ein wenig auf „systemische Rezepte“. Unüberhörbar stellte sie immer wieder ihre Lieblingsfrage: „Ja, aber wie genau kann ich das, was ich hier lerne, nun für Hörakustiker und Menschen, die schlecht hören, nutzbar machen?“ Jedoch veränderte sich die Absicht und der Charakter ihrer Fragen bald. Ich hatte den Eindruck, die Art und Weise, mit systemischen Fragen und Methoden umzugehen, veränderte sich hin zu einer Herzensangelegenheit, die Neues hervorbringt. Es ging mehr und mehr darum, in eine Begegnung mit Kunden zu investieren und systemische Fragetechniken aus einer aufmerksamen, erkundenden und interessierten Haltung heraus einzusetzen. Damit gesellte sich zur Hör-Expertin eine „Nichtwissende“, die zunächst nichts über die Anlässe, Anliegen, individuelle Hörgewohnheiten und Hörbedürfnisse des Kunden sowie deren Erwartungen weiß und sich mit dem Kunden ein Bild darüber macht. So entsteht eine gemeinsame Reise von Berater und Kunde mit Fragen wie beispielsweise: Was will ich eigentlich gerade? Was will mein Kunde? Welche Ideen sind gerade schon da? Wie ist die Perspektive meines Kunden? In Gesprächen mit einer solchen offenen Haltung ist kommunikativer Gegenverkehr sozusagen unvermeidlich: Manchmal geht es dem Kunden zu schnell, mal zu langsam, es kommen Momente der Irritation oder des Widerstands auf. Genau solche Situationen werden in dem vorliegenden Buch gut einfühlbar skizziert. Es freut mich, dass Corinna Ruhl mit ihren journalistischen Fähigkeiten einen langgehegten Traum von Birgitta verwirklichen konnte: Ein Buch, das die Essenz aus Jahren der Aus- und Weiterbildung im Bereich Psychologie einfängt und eine Verbindung zur Hörakustik schafft. Die Fragen und Ideen der Autorinnen können den Raum der Gesprächs- und Handlungsmöglichkeiten in konkreten Beratungssituationen erweitern. Zudem können sich die Leser dieses Buches zu einem inspirierenden Austausch über neue Erfahrungen und Fragen treffen. In absehbarer Zeit werde ich möglicherweise selbst vor der Aufgabe stehen, mich mit einem technischen Gefährten in meinem Ohr anzufreunden auf der Suche nach einer gefühlt „zweitbesten Lösung“ – so sehe ich das jedenfalls bisher nach einer lebenslangen Zeit guten Hörens. Auf jeden Fall bin ich sehr froh, mit den Lesern dieses Buches dann auf besonders verständnisvolle Profis und mitfühlende Menschen zu treffen, denen ich vertrauen werde und die mit mir das für mich Passende herausfinden werden. Als Leser des Buches wünsche ich Ihnen, dass das Buch einige Anstöße für Sie bereithält und auch Sie ermutigt, Ihrem eigenen Gespür und dem Weg mit Ihren Kunden zu vertrauen – der erst im gemeinsamen Gehen entsteht. Cornelia Hennecke Dozentin am IF Weinheim

Erlebtes Verhalten Solche Kunden testen Hörsysteme oft über Monate und ein Kaufabschluss scheint noch lange nicht in Sicht zu sein. Für den Hörakustiker steht die optimale Versorgung seit Wochen fest. Das Sprachverstehen ist super, der Sitz der Hörsysteme einwandfrei und man bewegt sich im Rahmen der preislichen Vorstellungen des Kunden – und doch findet dieser immer wieder Argumente, auf die man als Hörakustiker eingeht. „Ach, ich würde doch nochmal gern die ersten paar Hörsysteme testen“, sagt er. „Ich glaube, die waren doch am besten.“ Oder: „Ich hätte ja gern die In-dem-Ohr-Hörsysteme, aber verliert man die nicht ganz leicht?“ Das sind durchaus legitime Fragen und Wünsche, doch hat man diese bereits mehrfach mit dem Rumeierer besprochen. Er findet immer ein Problem, das in seinen Augen noch nicht so gelöst ist, dass er sich verbindlich für ein bestimmtes Paar Hörsysteme entscheiden mag. Innerlich befürchtet man als Hörakustiker, dass dieser Kunde gar nicht abschließen, sondern sogar noch einen anderen Hörakustiker aufsuchen will. Nicht selten ist man bereits der zweite oder dritte Hörexperte, an den sich der Rumeierer wendet. Gleichzeitig hat man ein gutes Vertrauensverhältnis aufgebaut und kann sich nicht vorstellen, dass dieser Kunde mit der erbrachten Leistung so unzufrieden ist, dass er tatsächlich noch einmal wechselt. Je länger die Versorgung dauert, umso wahrscheinlicher wird es jedoch, dass der Kunde vereinbarte Termine kurzfristig absagt, erst nach zwei oder drei Wochen wieder erscheint, und dann feststellt, dass es vielleicht doch besser wäre, die Ausprobe erst in einem halben Jahr fortzusetzen. Ein paar Gedanken Bei einem Kunden, der Schwierigkeiten hat, sich zu entscheiden, sollte man darauf achten, welche Gründe hinter seinem „Herumeiern“ stecken könnten. Hier sind einige Möglichkeiten: •Einigen Menschen fällt es grundsätzlich schwer, Entscheidungen zu treffen. Es gibt auch Menschen, die regelrecht Entscheidungsängste erleben (siehe auch Kapitel „Dauertester“). •Es könnte sein, dass der Kunde in seinem Leben immer jemanden hatte, der wichtige Entscheidungen für ihn getroffen hat. Wenn diese Person jetzt verstorben oder pflegebedürftig ist und der Kunde nun alle Entscheidungen allein treffen muss, könnte das für ihn ungewohnt und herausfordernd sein. •Möglicherweise dient die Beratung als Ersatz für fehlende Sozialkontakte und der Kunde zögert, den Kauf abzuschließen, weil er dann keine regelmäßigen und angenehmen Gesprächstermine mehr haben wird. •Wenn Menschen etwas immer wieder aufschieben, Experten nennen es prokrastinieren (Prokrastination = „Aufschieberitis“), dann ist ein wesentlicher Grund dafür eine emotionale Blockade, eine Aufgabe anzugehen und zu erledigen. Die Blockade hat oft gar nichts mit der Aufgabe an sich zu tun, sondern mit dem, was danach geschieht. Erst muss die Blockade gelöst werden, sonst geht es nicht weiter. Wenn der Rumeierer keine Hörsysteme will, weil er kein Leben mit Hörsystemen führen möchte, dann ist genau das das Thema, das es zunächst zu lösen gilt. Nur wenn man als Hörakustiker die Gründe für das Zögern versteht, kann man gezielt handeln und den Kunden unterstützen. Tipps zur Gesprächsführung Führen Sie den Kunden behutsam, mit Geduld, Professionalität und positiver Bestärkung in die gewünschte Richtung. Lassen Sie ihn spüren, dass Sie sich um sein Anliegen kümmern und verstehen möchten, was ihm wichtig ist. Geben Sie einen klaren zeitlichen Rahmen vor. Machen Sie den Ablauf der Hörsystemversorgung deutlich, indem sie diesen (immer wieder) aufzeigen. Wir werden etwa drei bis fünf gemeinsame Termine durchführen. Diese beinhalten ... Sobald Sie wissen, was der Kunde benötigt, bieten Sie Lösungen an und erklären Ihre Produkte in verständlicher Weise. Unterstützen Sie den Rumeierer mit einer konkreten Hörsystemempfehlung, um ihm eine schnellere und sicherere Entscheidung zu ermöglichen. Vermeiden Sie Äußerungen wie: Überlegen Sie es sich noch einmal. Führen Sie stattdessen aktiv zu einer Entscheidung, indem Sie zum Beispiel sagen: Sie wollen so natürlich wie möglich hören und haben zurzeit die Hörsysteme X am Ohr. Diese Systeme sind in Bezug auf einen natürlichen Klang aktuell die besten am Markt. Möchten Sie diese nehmen? Ihnen ist wichtig, dass die Hörsysteme … (zum Beispiel Windgeräusche richtig gut reduzieren). Mit diesen hier hatten Sie den größten Erfolg (die besten Erfahrungen mit den Hörsystemen X). Deshalb schlage ich vor, Sie entscheiden sich für diese Hörsysteme. Was meinen Sie? Die meisten unserer Kunden, die ähnliche Ziele haben wie Sie, entscheiden sich für die Hörsysteme X. Ich bin mir sicher, das ist auch eine sehr gute Entscheidung für Sie. Bestärken Sie anschließend den Kunden in seiner Entscheidung: Sicher, das ist eine gute Entscheidung! Sie haben sich für eines der aktuell besten Hörsysteme auf dem Markt entschieden. Ich bin mir sicher, Sie haben eine gute Entscheidung getroffen. Mit den Hörsystemen X treffen Sie eine sehr gute Wahl. Sie werden diese Hörsysteme gerne tragen. Wunderbar, dass Sie sich für die Hörsysteme X entschieden haben. Ich bin mir sicher, dass Sie sich noch oft über diese Entscheidung freuen werden. Auswahl an Methoden Tabu offen ansprechen Wenn Sie den Eindruck haben, dass die Entscheidung verzögert wird oder Sie gemeinsam mit dem Kunden auf der Stelle treten, sprechen Sie den Kunden offen darauf an. Hier sind einige Formulierungsvorschläge: Ich habe das Gefühl, auf der Stelle zu treten. Wie geht es Ihnen? Ich habe den Eindruck, als würden wir nicht optimal am gleichen Strang ziehen. Wie geht es Ihnen dabei? Was benötigen Sie, um eine Entscheidung treffen zu können? Ich habe den Eindruck, dass wir so nicht zu einem Ende kommen. Was schlagen Sie vor? Obwohl wir alle Ihre Ziele mit Hörsystemen umsetzen können, treffen Sie dennoch keine Entscheidung. Das würde ich gern besser verstehen. Woran zweifeln Sie noch? Sie haben bisher keine Entscheidung getroffen. Was genau hält Sie davon ab? Es scheint, als gelänge es uns nicht, klare Ziele zu finden, die wir anpeilen können. Ohne klare Ziele funktioniert die Hörsystemversorgung jedoch nicht. Was schlagen Sie vor, was wir als Nächstes noch tun sollten? Ihre Hörziele haben wir inzwischen klar vereinbaren können. Dann können wir uns jetzt ein zeitliches Ziel setzen und innerhalb dieses Zeitrahmens treffen Sie eine Entscheidung. Schwarz auf weiß Wenn ein Kunde wiederholt unschlüssig ist, können Sie sich einfach ein Blatt nehmen, die gemeinsam festgelegten Ziele notieren und alle positiv abgeklärten Aspekte für den Kunden mit O. K. markieren. Bearbeiten Sie dann schrittweise die noch offenen Punkte. Auf diese Weise sieht der Kunde schwarz auf weiß, dass es keine fachlichen Gründe mehr gibt, die Entscheidung für bestimmte Hörsysteme weiter hinauszuzögern. Pro-Kontra-Liste Wenn Menschen Entscheidungen in verschiedensten Lebensbereichen treffen, neigen sie dazu, Vor- und Nachteile abzuwägen. Diese Methode kann besonders hilfreich sein, wenn ein Kunde Schwierigkeiten hat, sich aufgrund zahlreicher Aspekte bei der Auswahl von Hörsystemen zu entscheiden. Folgen Sie für die Pro-Kontra-Liste einfach diesen Schritten gemeinsam mit dem Kunden: Schritt 1: Schlagen Sie Ihrem Kunden die Methode zur Entscheidungsfindung vor, indem Sie beispielsweise fragen: Möchten Sie sicherstellen, dass Sie die richtige Entscheidung treffen? Viele Menschen nutzen erfolgreich eine Pro-Kontra-Liste zur Entscheidungsfindung. Wollen wir das gemeinsam machen? Schritt 2: Nehmen Sie ein Stück Papier, zeichnen Sie eine Tabelle mit zwei Spalten. Über die linke Spalte schreiben Sie Pro, über die rechte Kontra. Schritt 3: Erklären Sie dem Kunden: Lassen Sie uns jetzt alle Gründe, die für diese Hörsysteme sprechen, auf die linke Seite schreiben. Beginnen Sie dann gemeinsam mit Ihrem Kunden, alle Vorteile der Hörsysteme aufzulisten. Notieren Sie jeden einzelnen Grund, der für einen Kauf spricht, und fragen Sie mehrmals nach: Was noch? Was fällt Ihnen noch ein? (vgl. Prior 2023). Unterstützen Sie den Kunden dabei, alle Argumente, die während des Beratungsgesprächs für Hörsysteme genannt wurden, zu notieren und insgesamt ungefähr zehn bis 15 Gründe zu finden. Schritt 4: Sagen Sie zum Kunden: Okay. Jetzt füllen Sie die andere Seite aus und schreiben die Gründe auf, die gegen den Kauf der Hörsysteme sprechen. Überreichen Sie dem Kunden das Papier und den Stift, weil nun der Kunde allein überlegt. Verhalten Sie sich jetzt still: Niemand kann von Ihnen erwarten, dass Sie als Hörakustiker Gründe gegen Hörsysteme aufführen. Schritt 5: Da Sie professionell gearbeitet haben, sollten am Ende deutlich mehr Gründe für Hörsysteme als dagegen auf der Pro-Kontra-Liste stehen. Dann schauen Sie auf die Liste und äußern beispielsweise: Jetzt wollen wir gemeinsam das Ergebnis betrachten: Links haben wir eins, zwei, ..., 15 Gründe für den Kauf. Wie sieht es rechts aus? Eins, zwei, drei ..., das scheint alles zu sein. Sie sehen, nachdem Sie sich die Situation gründlich überlegt haben, ist die Antwort auf Ihre Frage recht naheliegend. Ich schlage deshalb vor, dass ... oder kurz: Ich denke, Sie haben eine Entscheidung getroffen. Die Box Für Menschen, die Schwierigkeiten haben, Entscheidungen zu treffen, bietet sich die Methode der Box des dänischen Ida Institute an (Ida Institute 2024 j). Diese Methode geht über eine einfache Pro-Kontra-Liste hinaus und ist besonders hilfreich, wenn Menschen zögerlich sind oder ambivalente Gefühle haben (siehe Kapitel „Dauertester“). Mithilfe dieser Methode können Kunden die Vor- und Nachteile einer Versorgung mit Hörsystemen in vier Aspekten individuell abwägen. Die Methode der Box ermöglicht es Ihnen, schnell die teilweise widersprüchlichen und verborgenen Gedanken eines zögerlichen Kunden in Bezug auf Hörsysteme herauszufinden. Ziel ist es, die Situation zu verstehen, da bei einer Hörsystemversorgung die Bilanz für den Kunden stimmen muss. Er wird sich nur entscheiden und investieren, wenn der Nutzen größer ist als die Investition. Die Box ist eine bewährte und effektive Methode in der Gesundheitsbranche, um in kurzer Zeit persönliche Beweggründe eines Menschen zu einem bestimmten Thema zu verstehen. Sie wird eingesetzt, um Menschen dazu zu bringen, gesundheitsschädliche Verhaltensweisen, wie zum Beispiel das Rauchen, zu überdenken und sie zu einer Veränderung zu motivieren (vgl. BZGA 2024). Mit dem Werkzeug der Box erhalten Sie in kurzer Zeit Einblicke in die Situation, die Bedenken und die Ziele des Kunden – in seinen eigenen Worten. Die investierte Zeit (Erfahrungswerte von sieben bis zehn Minuten) sparen Sie in jedem Fall an anderer Stelle wieder ein. Sie können die Anwendung der Methode der Box beispielsweise folgendermaßen für den Kunden einleiten: Bei der Entscheidung für Hörsysteme spielen viele Aspekte und Überlegungen eine Rolle. Es ist hilfreich, diese herauszufinden und zu benennen. Dafür gibt es eine erprobte Methode, mit der auch andere Kunden ihre Entscheidungen treffen. Was meinen Sie, wollen wir uns das mal gemeinsam ansehen? Wenn der zögernde Kunde zustimmt, lassen Sie ihn idealerweise selbstständig – sofern er dazu in der Lage ist – mithilfe der Box-Methode unter Ihrer Anleitung die Vor- und Nachteile einer Versorgung mit Hörsystemen in vier Felder eintragen. Falls der Kunde Schwierigkeiten mit dem Schreiben hat, übernehmen Sie diesen Schritt einfach. Sie können die Originalvorlage vom Ida Institute nehmen oder einen eigenen Vordruck für diese Methode erstellen. Alternativ können Sie, wenn Sie mit dem Kunden im Beratungsgespräch sitzen, auch nur ein leeres Blatt Papier nehmen und es in vier Felder unterteilen. Obwohl die Reihenfolge des Ausfüllens der Box flexibel ist, finden es viele am einfachsten, diese Reihenfolge zu nutzen: Vorteile der aktuellen Ist-Situation (oben links): Starten Sie oben links und fragen Sie Ihren Kunden beispielsweise: Welche Vorteile haben Sie, wenn Sie Ihr Hörvermögen so lassen, wie es ist? (Originalfrage) Was sind die Vorteile, wenn jetzt alles so bleibt, wie es ist? Das Feld beleuchtet die Vorteile der aktuellen Ist-Situation. Hier nennt der Kunde Argumente dafür, warum er so weitermachen möchte wie bisher. Hier zeigt sich wahrscheinlich seine eigene Bequemlichkeit, in der er sich eingerichtet hat. Nachteile der Ist-Situation (oben rechts): Wechseln Sie dann zum rechten Feld oben und fragen Sie den Kunden: Welche Nachteile sehen Sie, wenn Sie Ihr Hörvermögen so lassen, wie es ist? (Originalfrage) Welche Nachteile beim Hören erleben Sie eventuell auch in der jetzigen Situation? Dieses Feld bezieht sich auf die Nachteile, Probleme und Auswirkungen, die der Kunde aufgrund seines eingeschränkten Hörvermögens erlebt. Fragen Sie aktiv nach, welche Nachteile der Kunde noch erlebt, um möglichst viele Nachteile zu erfahren. Bedenken bezüglich Hörsystemen (unten links): Anschließend fragen Sie: Welche potenziellen Nachteile sehen Sie, wenn Sie Ihr Hörvermögen verbessern? (Originalfrage) Welche Bedenken haben Sie in Bezug auf Hörsysteme? Das Feld unten links geht auf Bedenken und Befürchtungen ein, die auftreten, wenn Hörsysteme getragen werden. Vorteile des besseren Hörens (unten rechts): Zum Schluss gehen Sie mit dem Kunden gemeinsam zum Feld unten rechts und fragen ihn: Welche potentiellen Vorteile sehen Sie, wenn Sie Ihr Hörvermögen verbessern? (Originalfrage) Welche Vorteile fallen Ihnen ein, wenn Sie wieder besser hören und verstehen können? Hier sammeln Sie alle Vorteile, die der Kunde erlebt, wenn er wieder besser hört. Auch hier fragen Sie aktiv ruhig mehrmals nach: Welche Vorteile hat es noch, besser zu hören? Nachdem Sie während des Gesprächs mit Ihrem Kunden alle Felder der Box ausgefüllt haben, können Sie die Ergebnisse gemeinsam besprechen und den Kunden auf seine persönlichen Vorteile von Hörsystemen lenken. Nutzen Sie dazu beispielsweise folgende Fragen: Inwiefern bringt Sie das Ihrer Entscheidung näher? Welche Entscheidung können Sie jetzt treffen? Was denken Sie darüber? Wie wirkt das jetzt auf Sie? Wie machen wir (Sie) jetzt weiter? Es ist wichtig, die Aufmerksamkeit des Rumeierers auf seine eigenen Argumente im Feld unten rechts zu lenken. Diese Argumente sind oft die, von denen er sich am leichtesten überzeugen lässt, eine Entscheidung für Hörsysteme zu treffen und das Herumeiern zu beenden. Grund dafür ist eine wichtige Erkenntnis der Überzeugungspsychologie: „Wir können uns zwar gegen das wehren, was andere sagen. Aber wir können uns nicht gegen das wehren, was wir selbst zu uns sagen“ (Galal 2016 c). Eigene Reflexion • In welchen Situationen „eiern“ Sie selbst mal herum, beispielsweise in komplexen Entscheidungssituationen oder bei unangenehmen Aufgaben? • Welche positive Absicht oder welches Ziel haben Sie, wenn Sie versuchen, Zeit zu gewinnen, indem Sie zögern oder Ausflüchte haben? •Welche Ausreden, Gründe oder Erklärungen verwenden Sie typischerweise, wenn Sie vor einer klaren Entscheidung zurückweichen? •William James, der als Begründer der Psychologie in den USA gilt, soll gesagt haben: Keine Entscheidung zu treffen, ist auch eine Entscheidung. Welche möglichen Konsequenzen versuchen Sie zu vermeiden, indem Sie sich vor klaren Entscheidungen drücken oder diese hinauszögern?

Erscheinungsdatum
Verlagsort Heidelberg
Sprache deutsch
Maße 210 x 148 mm
Gewicht 530 g
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Krankheiten / Heilverfahren
Schlagworte Empfehlung, Hörsysteme • Hörakustiker • kommunikativen Fähigkeiten schärfen • Kundenkontakt • Ratgeber • Strategien aus der Psychologie und Kommunikationswissenschaft
ISBN-10 3-941146-88-2 / 3941146882
ISBN-13 978-3-941146-88-4 / 9783941146884
Zustand Neuware
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