Diplomatie im Alltag (eBook)
128 Seiten
Haufe Verlag
978-3-648-18238-3 (ISBN)
Carmen Kauffmann, Magister Artium der Rhetorik und Kulturwissenschaften, arbeitet seit über zehn Jahren selbstständig als systemische Beraterin und Coach sowie als Trainerin von Mitarbeitern, Führungskräften und Teams. Sie bietet Seminare zu den Themen Kommunikation (Rhetorik, Präsentation, Moderation), soziale Kompetenz, Konfliktmanagement und Führung an. Zu den Kunden ihre Instituts 'Coaching und Kommunikation' gehören zahlreiche namhafte Unternehmen.
Carmen Kauffmann Carmen Kauffmann, Magister Artium der Rhetorik und Kulturwissenschaften, arbeitet seit über zehn Jahren selbstständig als systemische Beraterin und Coach sowie als Trainerin von Mitarbeitern, Führungskräften und Teams. Sie bietet Seminare zu den Themen Kommunikation (Rhetorik, Präsentation, Moderation), soziale Kompetenz, Konfliktmanagement und Führung an. Zu den Kunden ihre Instituts "Coaching und Kommunikation" gehören zahlreiche namhafte Unternehmen.
Die Grundsätze diplomatischen Handelns
Die großen Diplomatinnen und Diplomaten unserer Zeit hatten alle eins gemein: Sie konnten sich in das Denken und die Gefühle ihres Gegenübers bestens hineinversetzen. Mit der richtigen Einstellung gelingt das auch im Alltag.
In diesem Kapitel erfahren Sie u. a.
▪warum Diplomatie auch Gefühlssache ist,
▪welche wichtige Rolle Bedürfnisse dabei spielen,
▪was Gewaltfreie Kommunikation mit diplomatischem Verhalten zu tun hat.
Warum Diplomatie auch Gefühlssache ist
Beispiel:
Klara, die uns am Anfang dieses TaschenGuides bereits begegnet ist und, wie dort bereits erwähnt, eine Freundin klarer Worte ist, hat nach einer Kundenbeschwerde ihrem Team eine Mail geschrieben mit dem kurzen, aber deutlichen Inhalt: »Leute, beim Angebot für unseren Kunden Schuster habt ihr völlig versagt!« Auf das verblüffte Nachfragen ihres Kollegen Georg, ob sie das wirklich so formuliert habe, erwidert sie: »Na klar, das ist ja auch die Wahrheit!«
Ganz abgesehen davon, dass es nicht die Wahrheit, sondern die Bewertung eines Verhaltens ihrer Mitarbeitenden ist, richtet Klara mit einem solchen Verhalten immensen Schaden an. Sie ignoriert, was ihre Aussage emotional bei ihren Kolleginnen und Kollegen bewirkt: dass die Mitarbeitenden ihr Gesicht verlieren und vermutlich in Zukunft nur noch wenig Interesse daran haben, ihr in irgendeiner Form positiv zuzuarbeiten. Kurz, sie hat mit ihrer Mail gegen alle Regeln der Diplomatie verstoßen.
Das Eisbergmodell
Das Eisbergmodell gibt Hinweise darauf, welche Aspekte jenseits der Zahlen, Daten und Fakten für eine gelungene Kommunikation und Zusammenarbeit ausschlaggebend sind. Es liefert damit gleichzeitig wichtige Ansätze für eine diplomatische Vorgehensweise.
Das Eisbergmodell
Das Modell steht als Metapher für die Idee, dass – ob wir wollen oder nicht – in jedem Gespräch immer zwei Ebenen eine Rolle spielen: die Sach- und die Beziehungsebene.
Sachlich geht es in einem Gespräch meistens um den Austausch von Informationen, die sog. ZDF-Faktoren: Zahlen, Daten, Fakten. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs.
Zusätzlich schwingen, gewissermaßen unter der Wasseroberfläche, selten explizit angesprochen, aber dennoch mit sehr viel Kraft, Beziehungs- oder Gefühlsaspekte mit, so z. B. Sympathie oder Antipathie, Vertrauen oder Misstrauen, vergangene Erfahrungen mit der Person oder der Ruf, der ihr vorauseilt, Hierarchie-, Prestige- und Rollenerwartungen. Auch Emotionen sind auf dieser Ebene immer mit im Spiel. Die elementaren Gefühle von Wut, Angst und Trauer resultieren dabei aus grundlegenden nicht erfüllten Bedürfnissen. So entsteht unter anderem Wut, wenn jemand sich in seinem Bedürfnis nach Selbstbestimmung eingeschränkt fühlt, Angst, wenn sein Bedürfnis nach Sicherheit nicht ausreichend erfüllt wird, und Trauer, wenn seine Beziehungsangebote abgelehnt oder bestehende Beziehungen verletzt bzw. nicht ausreichend respektiert werden.
Beispiel:
Stellen Sie sich vor, Sie haben in enger Absprache mit Ihrer Vorgesetzten einen Entwurf für einen Projektplan gestaltet. Als Sie diesen – stolz und zufrieden – präsentieren, teilt Ihnen Ihre Vorgesetzte mit, dass sie wichtige Zusatzinformationen erhalten hätte und der gesamte Projektplan noch einmal grundlegend überarbeitet werden müsse. Ihr spontanes »Das ist jetzt nicht Ihr Ernst?!«, ist zwar menschlich sehr nachvollziehbar, auf der Beziehungsebene aber kritisch. Das Bedürfnis der Vorgesetzten nach Respekt, ihr Privileg, Entscheidungen zu treffen, und ihr Interesse an Status und Anerkennung können dadurch empfindlich gestört sein. Am Ende sitzt sie aber am längeren Hebel und wird sich – sofern sie nicht sehr souverän ist – zu gegebener Zeit revanchieren.
Ein diplomatischer Mensch würde seinen Gefühlen in einer solchen Situation vielleicht so Ausdruck geben: »Oh, das ist jetzt für mich sehr irritierend, war ich mir doch ganz sicher, ganz entlang unserer Absprachen gearbeitet zu haben. Zwar ist es für mich etwas frustrierend, noch einmal ganz von vorne anzufangen, aber Sie sind die Chefin, und am Ende ist das natürlich Ihre Entscheidung. Ich bitte Sie dann einfach, dass wir gemeinsam über meine To-do-Liste schauen, und dann entscheiden, welche anderen Projekte dafür hinten anstehen.«
Wenn man die Idee aus dem Eisbergmodell konsequent weiterdenkt, leuchtet es ein, dass die Beziehungs- oder auch Gefühls- bzw. Bauchebene im Berufsalltag eine weitaus größere Rolle spielt, als uns das meistens bewusst ist. Während die Sachebene nur die Spitze des Eisbergs ist, sind Beziehungs- und Gefühlsaspekte bis zu 80 % ausschlaggebend dafür, ob ein Gespräch gelingt oder nicht. Wenn Sie also diplomatisch handeln möchten, schenken Sie – nachdem das »Was« Ihrer Botschaft klar ist – dem »Wie« sehr viel Aufmerksamkeit und Hirnschmalz, damit Sie Ihre guten Ideen auch wirksam an den Mann und an die Frau bringen.
Beispiel:
Georg, der uns am Anfang des Buches begegnet ist und dem Diplomatie und Beziehungen sehr am Herzen liegen, hätte den Gedanken seiner Kollegin Klara »Da habt ihr völlig versagt!«, vielleicht in einer Mail so formuliert:
»Liebe Mitarbeitende, ich weiß um euer Bemühen, gute Lösungen für unsere Kunden zu finden, und schätze auch sehr, dass ihr eigenständig Lösungen angeboten habt. Außerdem weiß ich, dass ihr zurzeit alle sehr unter Druck steht. In diesem Fall hatte euer Vorgehen mit dem Kunden Schuster sehr unangenehme Auswirkungen für mich und uns. Der Kunde hat sehr aufgebracht und böse hier angerufen und es war nicht ganz einfach, ihn zu beruhigen. Zudem braucht es jetzt von uns allen sehr viel Zusatzaufwand, ihm einen neuen Vorschlag zu unterbreiten. Mir wäre es wichtig, dass ihr mich in Zukunft in solchen Fragen wieder einbindet. Für diesen Kunden brauchen wir jetzt schnellstmöglich ein alternatives Angebot.
Was braucht ihr jetzt von mir, um möglichst schnell ein wirklich gutes und tragfähiges Angebot für Schuster zu entwickeln?«
Vielleicht fällt Ihnen – vermutlich sogar unangenehm – auf, dass die diplomatische Version sehr viel mehr Worte, Exkurse, Erläuterungen und damit auch Zeit und Energie braucht. Und ja: Diplomatische Kommunikation erscheint kurzfristig vielleicht aufwendiger – und ist es auch. Mittel- und langfristig sparen Sie sich durch die aufgebaute positive Beziehung aber vermutlich sehr viel mehr Zeit, Ärger und Aufwand, als Sie ihn anfangs aufgewendet haben. Diese Idee hat der Bestsellerautor Stephen R. Covey mit der Metapher des »Beziehungskontos« beschrieben.
Das Beziehungskonto
Stephen R. Covey beschreibt in seinem Buch »Die sieben Wege zur Effektivität«, dass es zwischen zwei Menschen, die sich mehr als einmal begegnen, eine Art virtuelles Beziehungskonto gibt, auf das durch jede Aktion ein- oder ausgezahlt wird. Ähnlich wie bei einem echten Konto muss man meist zu Beginn erst einzahlen, bevor man wieder abheben – geschweige denn überziehen – darf. Je mehr prallvolle Beziehungskonten wir haben, desto einfacher, erfolgreicher, glücklicher und manche behaupten sogar gesünder wird unser Leben verlaufen. Auch Geschäfte und Projekte funktionieren effektiver, je stabiler Ihre Beziehungskonten bei Geschäftspartnern, Kollegen und Führungskräften sind. Sind sie auf Null oder sogar im Minus, leiden meistens auch die sachlichen Ergebnisse.
Covey benennt sechs Grundaktionen, durch die wir auf das Beziehungskonto einzahlen können:
▪Das Individuum verstehen
▪Auf Kleinigkeiten achten
▪Verpflichtungen einhalten
▪Erwartungen klären
▪Persönliche Integrität zeigen
▪Sich bei Abhebungen ehrlich entschuldigen
Ich füge diesen sechs Punkten an möglichen Investitionen auf das Konto noch einen weiteren hinzu:
▪Dank und Anerkennung
Nach meiner Beobachtung wirkt es sich sehr günstig auf das Beziehungskonto aus, wenn man jemandem – eventuell sogar öffentlich – seinen Dank oder sogar seine Anerkennung ausspricht. Das liegt daran, dass wir fast alle ein Bedürfnis danach haben, gesehen, gehört und geschätzt zu werden und auch Anerkennung zu ernten. Insofern reagieren die meisten Menschen darauf sehr positiv. Allerdings geschieht das nur unter einer Voraussetzung: Alles das muss ernst gemeint sein. Geheuchelte Anerkennung oder die Anerkennung für eine Banalität schlagen schnell ins Gegenteil um.
Wie Sie oben gesehen haben, gelingt Diplomatie nur, wenn man die Beziehung vor den Inhalt stellt und wenn man sich um radikale Wertschätzung des anderen bemüht. Diese sieben Handlungsempfehlungen leisten dabei...
Erscheint lt. Verlag | 16.7.2024 |
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Reihe/Serie | Haufe TaschenGuide |
Verlagsort | Freiburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Briefe / Präsentation / Rhetorik |
Schlagworte | Carmen Kauffmann • Diplomatie • diplomatisch Handeln • Diskussion • Etikette • Gesprächsstrategie • Kommunikation • Kritik • Rhetorik • Selbstcoaching • Selbstwert • Souveranität • Taschenguide • Unterbrechung • Verhandeln |
ISBN-10 | 3-648-18238-2 / 3648182382 |
ISBN-13 | 978-3-648-18238-3 / 9783648182383 |
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