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Öl ins Feuer (eBook)

wie eine verfehlte Klimapolitik die globale Krise vorantreibt
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
272 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-02004-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Öl ins Feuer -  Kathrin Hartmann
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Kathrin Hartmann zeigt, wo die Klimapolitik in Deutschland falsch abgebogen ist.
Als sich die Staaten der Welt zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels verpflichteten, das Bundesverfassungsgericht feststellte, dass die Klimapolitik der Merkel-Regierung verfassungswidrig ist und die Grünen mit fliegenden Fahnen in die Regierung einzogen, war eigentlich klar: Jetzt passiert etwas! Stattdessen: Weltklimakonferenzen in Ölstaaten, LNG-Terminals vor deutschen Küsten und eine grüne Regierung, die kein Geld für Bus und Bahn hat, aber für die Subvention von Dienstwagen. Also alles weiter wie bisher?

Die renommierte Journalistin Kathrin Hartmann zeigt, was Klimapolitik bei ständigem Wirtschaftswachstum bedeutet. Längst sind nicht mehr Klimaleugner das Problem, sondern jene, die mit dem Klimawandel das große Geschäft wittern. Und das sind vor allem die fossilen Energiekonzerne: Jetzt gibt es angeblich «sauberes» Flüssigerdgas, man träumt von grünem Wasserstoff, steigert auf dem Weg dahin den CO2-Ausstoß jedoch und greift zu gefährlichen Scheinlösungen wie «Carbon Management».

Es ist die bittere Wahrheit: Was momentan passiert, verschärft die Erderwärmung. Anstatt das Klima zu schützen, wird Öl ins Feuer gegossen. «Öl ins Feuer» ist eine aufrüttelnde Analyse unserer unzureichenden Bemühungen, etwas gegen Klimaerwärmung und zunehmende Naturkatastrophen zu tun.

Kathrin Hartmann, geboren 1972 in Ulm, begann nach ihrem Studium in Frankfurt/Main bei der Frankfurter Rundschau als Journalistin für Nachrichten und Politik. Von 2006 bis 2009 arbeitete sie als Redakteurin für die Neon. 2009 erschien ihr erstes Buch "Das Ende der Märchenstunde". Seitdem beschäftigt sie sich hauptsächlich mit Themen, bei denen sich Umweltschutzpolitik und die Interessen der Wirtschaftskonzerne überschneiden. Fünf weitere Bücher erschienen, darunter die Bestseller "Aus kontrolliertem Raubbau" und "Die grüne Lüge". Zudem war sie 2017 Teil des Weltparlaments General Assembly von Milo Rau und wirkte bei Werner Bootes Dokumentarfilm "Die grüne Lüge" mit.

«Norwegische Öl- und Gasindustrie erwartet für 2024 einen Anstieg der Investitionen.»

«Perenco UK hat ein neues Gasfeld in Ravenspurn South entdeckt.»

«Petrobras, Shell und Chevron sichern sich Konzessionen in Brasiliens neuem Explorationsgebiet.»

«Größte Raffinerie der Welt in Nigeria nimmt Produktion auf.»

«Shell übernimmt 100 % des Kaikias-Feldes im US-Golf von Mexiko.»

«OPEC sieht gesundes Wachstum der weltweiten Ölnachfrage 2024.»

Schlagzeilen in den 24 Stunden nach der Klimakonferenz in Dubai[1]

Vorwort Auf dem Weg in die klimaneutrale Klimakatastrophe


Es ist ein Herbstnebel der besonderen Art, der sich über Dubai wie ein düsterer Vorbote der Zukunft legt, die hier im Dezember 2023 gerade beschlossen wird. Als sich die Weltgemeinschaft dort am Ende des heißesten Jahres seit Beginn der Wetteraufzeichnungen zur 28. UN-Klimakonferenz trifft, wird die Wüstenstadt von der dort ansässigen Ölindustrie in dichten Smog gehüllt. Es liegt so viel Feinstaub in der Luft, dass die Gesundheit der internationalen Gäste gefährdet ist. Die Menge der Partikel PM2,5, die so winzig sind, dass sie in die Blutbahn und tief in die Lunge gelangen, ist an diesem Tag in den Vereinigten Arabischen Emiraten fast dreimal so hoch, wie es die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als gerade noch verträglich erachtet. Das Land gehört zu den Top Ten der ölproduzierenden Länder. Hier stehen sieben der weltweit größten Projekte zur Förderung fossiler Brennstoffe. Entsprechend miserabel ist die Luftqualität.[2] Als Anfang 2022 bekannt wird, dass die Vereinigten Arabischen Emirate die Klimakonferenz (COP) ausrichten werden und Sultan Ahmed al-Dschaber, Industrieminister und Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc, diese eröffnen soll, schlagen Journalistinnen und Kommentatoren in den Medien die höchsten Töne der Empörung an. Ein Ölmanager! Eröffnet die Klimakonferenz! In Dubai! Ausgerechnet! Was für ein Widerspruch! Realsatire!

Dabei braucht es eigentlich keinen Ölstaat als Tagungsort, um zu verstehen, wie absurd das Schauspiel ist, das seit mehr als 30 Jahren verlässlich aufgeführt wird: Einmal im Jahr trifft sich die Staatengemeinschaft, um sich öffentlich einzugestehen, schon wieder an den selbst gesetzten Klimazielen gescheitert zu sein. Seit beim Umweltgipfel in Rio de Janeiro 1992 beschlossen wurde, die Klimakrise abzuwenden, sind die Treibhausgasemissionen weltweit um 70 Prozent gestiegen. Diesmal aber geht es in Dubai vor allem um eine Bilanz des historischen Abkommens von Paris aus dem Jahr 2015, das vorsieht, die globale Erderwärmung unter zwei Grad, am besten bei 1,5 Grad, zu halten. Doch die sogenannte globale Bestandsaufnahme ist verheerend: Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, müssten bis 2030 zusätzliche 24 Gigatonnen CO2 eingespart werden. Das ist mehr als die Hälfte der jährlichen Emissionen aller Länder.[3]

2023, als ein Hitzerekord den nächsten jagt, sind auch die Emissionen aus Öl, Gas und Kohle mit 36,8 Milliarden Tonnen auf einem historischen Höchststand.[4] Es ist also keinesfalls abwegig, dass die COP28 in einem Ölstaat abgehalten wird. Im Gegenteil, es zeichnet ein klares Bild vom Status quo des Klimaschutzes: Er besteht vor allem auf dem Papier. Somit ist die Klimakonferenz in Dubai eigentlich sogar die ehrlichste aller Zeiten. Denn viele Länder, die bei den Verhandlungen offiziell den Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle unterstützen, planen in Wahrheit neue große fossile Industrieprojekte, die bis 2030 mehr als doppelt so viele fossile Brennstoffe produzieren werden, als es mit dem 1,5-Grad-Ziel vereinbar ist.[5] Laut der Datenbank Global Oil and Gas Exit List (GOGEL) suchen oder erschließen 96 Prozent der 700 dort erfassten Förderunternehmen neue Öl- und Gasfelder.[6] 2022 sind die Subventionen für fossile Brennstoffe weltweit auf einen Rekordwert von sieben Billionen US-Dollar gestiegen. Das ist mehr Geld, als weltweit in Bildung fließt.[7]

Präsident Biden, der sich den Anschein des Klimaschützers gibt und noch im Wahlkampf 2020 versprochen hat, keine Ölbohrungen auf Land zu erlauben, das dem Bund gehört, erteilt mehr Bohrgenehmigungen auf staatlichem Grund als sein ölbesessener Vorgänger Trump. Besonders umstritten: das Willow-Projekt im Nordwesten Alaskas. Dort soll der Konzern ConocoPhillips mehr als dreißig Jahre Öl fördern. Dafür sollen mitten in Alaskas ursprünglicher Natur Bohrplattformen, Straßen, Pipelines und Flugplätze gebaut werden. Der britische Premier und Multimillionär Rishi Sunak will neue Öl- und Gasbohrlizenzen in der Nordsee vergeben, sein Klimaminister Graham Stuart behauptet völlig ironiefrei, dass dies «gut für die Umwelt» sei. «Sie helfen uns, Netto-Null zu erreichen.»[8] Und auch Deutschland will mit dem LNG-Beschleunigungsgesetz und bis zu elf Terminals für den Import von Flüssigerdgas eine auf Jahrzehnte ausgelegte fossile Infrastruktur errichten, angeblich als «Brückentechnologie» zur Wasserstoffwirtschaft. Dabei ist der Treibhausgasausstoß von importiertem Flüssigerdgas vermutlich noch höher als bei der Verbrennung von Kohle.[9]

In dieser Situation kommt ein klimaschützender Ölmagnat als Projektionsfläche gerade recht. Vor dem Gipfel kündigt al-Dschaber bereits neue Gasförderungen an. Dann sagt er, es gebe keine wissenschaftlichen Erkenntnisse und kein Szenario, die besagen würden, dass durch den Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe das 1,5-Grad-Ziel erreicht werden könnte. Es geht außerdem das Gerücht um, dass er die Konferenz für neue Öl- und Gasdeals nutzen will. Und natürlich gerät die Klimakonferenz zum Festival der fossilen Industrie: Fast 2500 Lobbyistinnen und Lobbyisten der Öl-, Gas- und Kohleindustrie tummeln sich in Dubai, fast viermal so viele wie im Jahr zuvor beim Klimagipfel im ägyptischen Sharm El-Sheikh. Da waren es 636, und das galt schon als Rekord. Die fossile Lobby hat sehr viel mehr Repräsentanten nach Dubai geschickt als die Delegationen der zehn am stärksten von der Klimakrise betroffenen Nationen zusammen.[10] Schließlich taucht auch noch ein Brief der OPEC auf, in dem Präsident Haitham al-Ghais die Minister der Erdöl exportierenden Länder dazu aufruft, eine Einigung abzuwenden, die die Produktion von und den Handel mit fossilen Brennstoffen gefährden würde. Bis zum Schluss blockieren Ölstaaten wie Saudi-Arabien, dass im Abschlussdokument der Klimakonferenz der verbindliche Ausstieg aus fossilen Brennstoffen festgehalten wird. Der erste Entwurf, den al-Dschaber vorlegt, enthält überhaupt keinen Verweis darauf. Nach zähen Verhandlungen einigt sich die Weltgemeinschaft schließlich äußerst vage auf den «Übergang weg von fossilen Energieträgern in den Energiesystemen, auf eine gerechte, geordnete und faire Weise». Diesem sogenannten «VAE-Konsens» stimmen schließlich alle zu.

Es mag an der Fallhöhe dieses Dramas liegen, dass dieses Ergebnis der Öl-COP anschließend sogar als revolutionär gefeiert wird. Al-Dschaber nennt es «historisch» und bescheinigt sich selbst, einen «Paradigmenwechsel» herbeigeführt zu haben. Und siehe da: Die Empörung («ausgerechnet ein Ölstaat schmeißt die Klimakonferenz!») weicht der Begeisterung («ausgerechnet ein Ölstaat läutet das Ende von Öl und Gas ein!»). Nicht zuletzt deshalb, weil nun alle gut dastehen, vor allem die, die es mit dem Klimaschutz nicht allzu ernst meinen.

Ja, es ist das erste Mal nach fast drei Jahrzehnten, dass im Abschlussbericht einer UN-Klimakonferenz Öl, Gas und Kohle überhaupt erwähnt werden. «Aber wie ist es möglich, dass achtundzwanzig Verhandlungssitzungen notwendig waren, um sich auf etwas zu einigen, was die ganze Zeit über offensichtlich war, nämlich, dass die Bewältigung des Klimawandels den Ausstieg aus oder die Abkehr von fossilen Brennstoffen erfordern wird?», fragt die renommierte Umwelt-Journalistin Elizabeth Kolbert im New Yorker.[11] Wenn sich die Zerstörer als Retter gerieren, dann sollten wohl grundsätzlich die Alarmglocken klingeln. Denn in Wahrheit ist das Ergebnis dieses Klimagipfels kein Meilenstein für das Klima, sondern eine Katastrophe: Die fossile Industrie hat es in Dubai geschafft, ihr Kerngeschäft zu retten, Expansionen abzusichern, mit neuen Narrativen von der Dringlichkeit des Ausstiegs aus den Fossilen abzulenken und sich gleichzeitig als wichtigste Klimaschützerin zu inszenieren.

Die Abschlusserklärung ist vollgepackt mit Schlupflöchern und gefährlichen technologischen Scheinlösungen, die von fossilen Lobbygruppen schon seit Jahren propagiert werden. Jetzt ist es ihnen gelungen, diese schriftlich zu zementieren: Hinter den dort erwähnten «emissionsarmen» Technologien, die für diesen «Übergang» beschleunigt entwickelt werden sollen, verbergen sich vor allem das Einfangen und Speichern oder das Nutzen von CO2 (Carbon...

Erscheint lt. Verlag 16.7.2024
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Schlagworte Degrowth • Fridays For Future • Green economy • Green New Deal • Greta Thunberg • Grüne • Grüner Kapitalismus • grünes Wachstum • Kapitalismuskritik • Klima • Klimaerwärmung • Klimastreik • Klimawandel • Nachhaltigkeit • Naomi Klein • Robert Habeck • Soziale Gerechtigkeit • Umwelt • Umweltpolitik
ISBN-10 3-644-02004-3 / 3644020043
ISBN-13 978-3-644-02004-7 / 9783644020047
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