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Manifest für menschliche Führung (eBook)

6 Thesen und 14 Prinzipien für eine neue Führung im Zeitalter der Digitalisierung

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
155 Seiten
Vahlen (Verlag)
978-3-8006-7294-3 (ISBN)

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Manifest für menschliche Führung - Marcus Raitner
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'Marcus Raitner entwirft ein Bild von Führungskultur, das nicht nur die Lebensumstände und das ganze Menschsein der Mitarbeitenden berücksichtigt. Wichtig ist ihm ebenso, dass Führungskräfte emotionale Intelligenz besitzen oder diese sich aneignen, um nicht den Blick für sich selbst zu verlieren. Effektive Führung hat genauso gut mit Selbstsorge zu tun.'
Cawa Younosi, ehem. Global Head Of People Experience SAP und Deutschlands HR Influencer # 1
'Marcus Raitner hat 2019 mit dem Manifest für menschliche Führung ein hervorragendes Leitbild für die Führung von Wissensarbeitern vorgelegt. Nun legt er dar, was für dieses Leitbild aus den Forderungen von Agilität, Digitalisierung und New Work nach Corona folgt. Ein Must read für Führungskräfte und solche, die es werden wollen.'
Rainer Janßen, ehem. CIO MunichRe, Partner Acent
'Das Manifest für menschliche Führung wird erwachsen! Ich arbeitete schon während der ersten Version bei Marcus Raitner. Aber jetzt hat das Manifest eine deutliche Überarbeitung und noch mehr Tiefe bekommen. Sogar neue Impulse für mich selbst: 'Wer Verantwortung für andere übernimmt, muss auch verantwortlich mit den eigenen Kräften umgehen.'
Frank Blome, CEO ProjectWizards GmbH
Das Manifest für menschliche Führung: 6 Thesen und 14 Prinzipien für eine neue Führung im Zeitalter der Digitalisierung
In einer Zeit, in der es 'normal ist, dass vieles anders ist und immer schneller anders wird' (Karl-Heinz Geißler), steht auch und insbesondere die Rolle der Führung mindestens zur Diskussion und in Teilen sogar infrage. Führung muss die Selbstführung der anvertrauten Mitarbeitenden zum Ziel haben, so forderte es einst der dm-Gründer Götz W. Werner. Führung zur Selbstführung ist die einzig legitime Aufgabe von Führung. Führung heißt also, andere erfolgreich zu machen. Sie ist nicht länger eine Frage der Position, sondern eine der Haltung. Diese Haltung und die Werte sowie Prinzipien neuer, agiler, digitaler und vor allem menschlicher Führung beschreibt dieses Buch.
Das Manifest für menschliche Führung beruht unübersehbar auf den Vorarbeiten von Peter Drucker zur Wissensarbeit und der Führung von Wissensarbeitern sowie auf dem positiven Menschenbild der Theorie Y aus Douglas McGregors Standardwerk 'The Human Side of Enterprise'. Es unterstützt die Entwicklung von Führungspraktiken, die den Menschen nicht länger als Mittel einsetzt, sondern in den Mittelpunkt aller Aktivitäten stellt.
Die komplett überarbeitete 2. Auflage wurde insbesondere erweitert um 14 Prinzipien, die konkrete Unterstützung bei der Umsetzung der Thesen für menschliche Führung liefern:
  1. Der Mensch steht im Mittelpunkt
  2. Führung beginnt mit Selbstsorge
  3. Stärken stärken
  4. Beziehung statt Erziehung
  5. Kontext statt Kontrolle
  6. Gärtner statt Schachmeister
  7. Eigenverantwortung statt Gehorsam
  8. Weniger ist mehr
  9. Fragen statt Antworten
  10. Vertrauen ist das Fundament von Führung
  11. Sicherheit statt Angst
  12. Wer A sagt, muss nicht B sagen
  13. Integrität statt Charisma
  14. Störung der Komfortzone

Über den Autor:
Dr. Marcus Raitner ist überzeugt, dass Elefanten tanzen können. Darum begleitet er Unternehmen als Agile Coach auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Er leitet heute bei der Allianz Consulting die Practice Area 'Agile', die mit ihren Agile Coaches die agile Transformation der Allianz Gruppe weltweit unterstützt. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibt Marcus Raitner seit 2010 in seinem Blog.

152
BEHARRLICH IM BEMÜHEN, BESCHEIDEN IN DER ERFOLGSERWARTUNG


Eine Krise ist ein produktiver Zustand.

Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.

MAX FRISCH

Die Sehnsucht nach einer neuen Form der wertschätzenden und eben dadurch wertschöpfenden Zusammenarbeit von Menschen ist größer denn je. Die Industrialisierung und der Taylorismus haben die Menschen zum Mittel herabgewürdigt. Gefragt war damals nur die Arbeitskraft des ungelernten Arbeiters, und Henry Ford beschwerte sich einst sogar, dass er zu jedem Paar Hände auch immer ein Gehirn bekäme.

Im Zeitalter der Wissensarbeit haben sich die Rolle, die Qualifikation und auch die Ansprüche der Menschen in vielfältiger Weise differenziert. Unverändert blieb meist aber das Grundprinzip, Organisationen als Maschinen zu betrachten und Angestellte als Zahnrädchen darin einzusetzen.4 Der Mensch steht auch heute nicht im Mittelpunkt des Wirtschaftens, sondern ist immer noch Mittel. Punkt.

16ICH HABE EINEN TRAUM


Ich habe diesen Traum von einer neuen und besseren Arbeitswelt.

Ich habe den Traum, dass eines Tages die Wirtschaft dem Menschen und dem Leben dient.

Ich habe den Traum, dass der Mensch Zweck des Wirtschaftens ist und nicht bloß Mittel.

Ich habe den Traum, dass wir die Menschen so behandeln, als wären sie, was sie sein sollten, und sie dabei unterstützen, dorthin zu gelangen.

Ich habe den Traum, dass wir den kläglich gescheiterten Versuch, Menschen mit Anreizen zu Leistung zu motivieren zu den anderen angestaubten Akten legen und stattdessen Strukturen bauen, die Menschen nicht derart demotivieren, dass sie dieser Anreize bedürfen, um Leistung zu zeigen.

Ich habe einen Traum, dass der Mensch nicht länger als Ressource betrachtet, sondern dass die Entfaltung des individuellen Potenzials als entscheidender Wettbewerbsfaktor gesehen wird.

Ich habe diesen Traum jeden Tag.

Lasst uns gemeinsam träumen. Lasst uns Schritt für Schritt eine neue und bessere Arbeitswelt schaffen. Und lasst uns menschliche und menschenwürdige Organisationen für das Zeitalter der Digitalisierung bauen. »Beharrlich im Bemühen, bescheiden in der Erfolgserwartung«, wie das kluge Lebensmotto von Götz W. Werner, dem Gründer der Drogeriemarktkette dm, lautete.5

FÜHRUNG ZUR SELBSTFÜHRUNG


In einer Welt, in der es »normal ist, dass vieles anders ist und immer schneller anders wird«, wie der Wirtschaftspädagoge und Zeitforscher Karlheinz A. Geißler treffend feststellte6, steht auch und insbesondere die Rolle von Führung mindestens zur Diskussion 17und infrage. Für Götz W. Werner war Führung daher immer dem Menschen dienend: »Führung zur Selbstführung ist die einzig legitime Aufgabe der Führung.«7

Führung bedeutet heute mehr denn je, andere erfolgreich zu machen. Führung ist keine Frage der Position, sondern eine Frage der Haltung. Diese Haltung und die Prinzipien neuer, agiler, digitaler und vor allem menschlicher Führung beschreibt dieses Buch.

Dieses Manifest für menschliche Führung entstand 2018 als erster Versuch einer Antwort auf die Frage nach Führung im Rahmen der agilen Transformation der BMW Group IT. Diese Reise hin zu mehr Agilität und Selbstorganisation angesichts von VUCA, Digitalisierung und Disruption war aber nur der willkommene Anlass, schon länger bestehende Konzepte der dienenden Führung endlich mit neuem Leben zu füllen.

Aus dem Ausgangspunkt in der agilen Transformation der BMW Group IT erklärt sich auch die Form dieses Manifests für menschliche Führung, die deshalb bewusst an das »Manifest für agile Softwareentwicklung«8 angelehnt ist. Wie dort geht es auch in diesem Manifest für menschliche Führung weniger darum, dogmatisch und polarisierend in Dichotomien zu denken, sondern in Spannungsfeldern wie »Individuen und Interaktionen mehr als Prozess und Tools«, wo beide Seiten wichtig sind, aber die zuerst genannte hier und heute mehr Gewicht bekommen muss.

Das Manifest für menschliche Führung beruht unübersehbar auf den Vorarbeiten von Peter Drucker zur Wissensarbeit und der Führung von Wissensarbeitern sowie auf dem positiven Menschenbild der Theorie Y aus Douglas McGregors viel zu wenig beachteten Buch »The Human Side of Enterprise«9. Der Titel des Manifests darf daher gern als Anspielung auf diese menschliche Seite von Organisationen und Zusammenarbeit verstanden werden.

18ARTGERECHTE HALTUNG VON WISSENSARBEITERN


Über ein halbes Jahrhundert ist vergangen, seit Peter Drucker 1959 den Begriff der Wissensarbeit prägte.10 Wissensarbeit besteht im Wesentlichen im Erdenken und Erschaffen von Neuem. Dazu benutzen die Wissensarbeiter ihr Wissen und erzeugen damit neue Erkenntnisse. Sie tragen ihre Produktionsmittel im Kopf und sind daher viel unabhängiger sind als die Arbeiter am Fließband zu Zeiten von Frederick Winslow Taylor. In diesen Anfängen des modernen Managements war der Manager der Experte, der die Arbeitskraft der ungelernten Arbeiter möglichst produktiv einsetzten musste. Damals waren die Arbeiter austauschbar und auf ihren Platz am Fließband angewiesen. Heute ist die Organisation auf die Wissensarbeiter angewiesen.

Etwa zur selben Zeit hinterfragte Douglas McGregor das negative Menschenbild des Taylorismus und forderte ein deutlich positiveres. Wer Wissensarbeiter führen will, darf nicht länger davon ausgehen, dass diese faul sind und zur Leistung motiviert werden müssen, wie es die Annahme der im Taylorismus vorherrschenden Theorie X war. Viel hilfreicher ist die Theorie Y, die den Menschen als grundsätzlich motiviert und leistungsbereit sieht.11 Wenn Menschen diese Leistungs-bereitschaft in der Organisation nicht zeigen, ist das ein strukturelles Problem und kein menschliches.

Peter Drucker postulierte, dass Wissensarbeiter auf Augenhöhe geführt werden müssen, lange bevor dieser Begriff in Mode kam. Führung ist in diesem neuen Gefüge eine gleichwertige Funktion, um eine Gruppe von Menschen oder eine ganze Organisation erfolgreich zu machen. In der Wissensarbeit ist das Verhältnis von Arbeiter und Manager nicht länger gekennzeichnet durch Unterordnung, sondern wandelt sich in ein Verhältnis der Zusammenarbeit – ähnlich einem Orchester:

19Ihre Beziehung ähnelt also viel mehr der zwischen dem Dirigenten eines Orchesters und dem Instrumentalisten als der traditionellen Vorgesetzten-Untergebenen-Beziehung. Der Vorgesetzte in einer Organisation, die Wissensarbeiter beschäftigt, kann in der Regel ebenso wenig die Arbeit des vermeintlich Untergebenen übernehmen, wie der Dirigent eines Orchesters die Tuba spielen kann. Der Wissensarbeiter wiederum ist darauf angewiesen, dass der Vorgesetzte die Richtung vorgibt und vor allem festlegt, was die Partitur für die gesamte Organisation ist, d.h. was die Maßstäbe und Werte, die Leistung und die Ergebnisse sind. Und so wie ein Orchester selbst den fähigsten Dirigenten – und sicherlich auch den autoritärsten – sabotieren kann, kann eine Wissensorganisation auch den fähigsten, geschweige denn den autoritärsten Vorgesetzten mühelos sabotieren.12

Entsprechend zog Peter Drucker den Schluss, dass Wissensarbeiter eigentlich wie ehrenamtliche Mitarbeiter geführt werden müssen, ganz so, als wären sie nur aus Überzeugung und der gemeinsamen Sache wegen in der Organisation:

Insgesamt müssen immer mehr Vollzeitangestellte so geführt werden, als wären sie Ehrenamtliche. Sie werden natürlich bezahlt. Aber Wissensarbeiter sind mobil. Sie können kündigen. Sie sind Eigentümer ihrer Produktionsmittel, d.h. ihres Wissens. Was die Wissensarbeiter motiviert, ist das, was auch Ehrenamtliche motiviert. Wir wissen, dass Ehrenamtliche mehr Befriedigung aus ihrer Arbeit ziehen müssen als bezahlte Mitarbeiter, eben weil sie kein Gehalt erhalten. Sie brauchen in erster Linie eine Herausforderung. Sie müssen den Zweck der Organisation kennen und an ihn 20glauben. Sie brauchen ständige Fortbildung. Sie müssen Ergebnisse sehen.13

So richtig diese Erkenntnisse theoretisch waren und immer noch sind, die praktische Umsetzung hinkt seit über sechs Jahrzehnten hinterher. Die hierarchischen Strukturen sind immer noch das Maß der Dinge, und Augenhöhe bleibt – wenn überhaupt – ein Lippenbekenntnis. Dass die Manager ungern ihre Machtposition aufgeben, war zu erwarten, auch wenn einige seither ihre Rolle überdachten und veränderten. Zu erwarten wäre aber auch gewesen, dass sich die Wissensarbeiter zunehmend ihrer neuen Macht bewusst werden und dadurch diese Revolution des Managements vorantreiben. In einigen Branchen stimmt das auch, und der Spruch »War for talent is over–talent has won!« traf dort schon länger zu, aber die breite Masse der Wissensarbeiter fügte sich schicksalsergeben in die antiquierten Strukturen ein.

DIE CORONA-PANDEMIE ALS NEW-WORK-TURBO


Über die Gründe für die massiven Beharrungskräfte in der Umsetzung der Transformation von Organisation und ihrer Kultur in Richtung einer »artgerechteren Haltung« von Wissensarbeitern lässt sich trefflich spekulieren. Offenbar war der Leidensdruck aber nicht groß genug. Oder der Leidensdruck stieg so langsam an wie bei dem schließlich gekochten Frosch im immer wärmer werdenden Wasser. Die Singularität der Coronapandemie änderte das im Frühjahr 2020 schlagartig und eröffnete für viele Wissensarbeiter und Organisationen völlig neue Perspektiven. Das große Durcheinander führte zu einem großen Nachdenken und einer großen...

Erscheint lt. Verlag 15.2.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management Unternehmensführung / Management
Schlagworte digitale Transformation • Führung • Leadership • Mitarbeiterführung • Organisationsentwicklung
ISBN-10 3-8006-7294-4 / 3800672944
ISBN-13 978-3-8006-7294-3 / 9783800672943
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