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Leben geht nur vorwärts -  Gitta Jacob

Leben geht nur vorwärts (eBook)

Spiegel-Bestseller
Wann es Zeit ist, das innere Kind in Ruhe zu lassen und durchzustarten

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
208 Seiten
Beltz (Verlag)
978-3-407-86796-4 (ISBN)
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»Nur wenn du dich genug mit deiner Psyche beschäftigst, kannst du glücklich sein!«, so eine weit verbreitete Annahme. Das stimmt nicht, widerspricht die renommierte Schematherapeutin Gitta Jacob. Es ist gut und wichtig, dass Menschen ihre Verhaltensmuster, Verletzungen und schwierigen Gefühle verstehen. Auf Dauer kann die Selbstbeschau jedoch daran hindern, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen. In ihrem neuen Buch benennt Jacob die Grenzen der Psychotherapie und die Gefahren, die das permanente Kreisen um das innere Kind erzeugen können. Anschaulich mit vielen konkreten Challenges zeigt die Psychologin, was es wirklich braucht, um Entscheidungen, Stimmungsschwankungen und Probleme souverän zu meistern.

PD Dr. Gitta Jacob ist Psychologische Psychotherapeutin und Supervisorin für Verhaltenstherapie und Schematherapie. Nach langjähriger Tätigkeit an der Uniklinik und Universität in Freiburg ist sie seit 2013 leitende Psychotherapeutin bei GAIA in Hamburg. Sie hat verschiedene Bücher und andere Medien herausgegeben, ihre bei Beltz erschienenen Bücher wurden in mehr als zehn Sprachen übersetzt. www.gitta-jacob.de

Vorwort


Liebe Leserin, lieber Leser,

ich freue mich sehr, dass du dieses Buch in den Händen hältst! Denn es behandelt Themen, die mir in den letzten Jahren immer wichtiger wurden und mir ganz besonders am Herzen liegen.

Ich beschäftige mich seit mittlerweile schon fast zwanzig Jahren mit Schematherapie. Vor vielen Jahren war ich ganz aktiv dabei, dieses Verfahren nach Deutschland zu bringen, habe dazu auch viele Bücher geschrieben und unzählige Fortbildungen gegeben. Ein ganz wichtiges Buch war dabei Raus aus Schema F, in dem es darum geht, das eigene verletzte innere Kind kennenzulernen und zu heilen, um zufriedener und gesünder durchs Leben zu gehen und mehr für die eigenen Bedürfnisse einzustehen. Ich bin glücklich darüber, dass dieses Buch seit Jahren sehr beliebt ist und auch viele therapeutische Kolleginnen es als Empfehlung an ihre Patientinnen im Repertoire haben. Vielleicht hast du es auch gelesen und hoffentlich die ein oder andere gute Idee daraus für dich mitgenommen.

Das ganze Thema der Auseinandersetzung mit dem inneren Kind und eigenen schwachen Gefühlen und Bedürftigkeit ist durch die Schematherapie und viele andere Entwicklungen in den letzten Jahren sehr vorangekommen. Das ist gut für uns und für unsere Gesellschaft. Verletzte Gefühle und psychische Probleme werden nicht mehr unter den Teppich gekehrt. Du kannst viel leichter als früher Hilfe finden, wenn du darunter leidest. Wenn dir etwas schwerfällt, ist es okay, das auch zu sagen und Unterstützung zu holen.

Aber dabei ist es, wie es immer ist: Wenn sich die Dinge stark in eine Richtung entwickeln, geraten andere, ebenfalls wichtige Aspekte aus dem Blick und werden vernachlässigt. Dann hat man irgendwann das Gefühl: »Moment mal, das ist doch jetzt auch irgendwie etwas einseitig!« Und dann gilt es, die andere Seite wieder mehr in den Vordergrund zu rücken und zu beleuchten. Denn das Leben ist dialektisch und jede Medaille hat ihre zwei Seiten …

Was ich mittlerweile immer öfter sehe – in meinem privaten Umfeld, bei Patientinnen, in der Arbeit von Therapeutinnen –, ist ein Phänomen, das man vielleicht als »Festhängen am inneren Kind oder an schwierigen Gefühlen« beschreiben könnte. Damit meine ich, dass man sich so sehr auf negative Gefühle, damit zusammenhängende Verletzungen in der eigenen Biografie, unerfüllte Bedürfnisse und die Versorgung all dieser Bedürfnisse und Gefühle fokussiert, dass man den eigentlichen Sinn dieser psychologischen Arbeit irgendwann aus den Augen verliert. Denn der ist ja, genau solche Gefühle zu überwinden, um dann, wenn man nicht mehr von Emotionen wie Unsicherheit, Scham, Schuld oder dem Gefühl, das alles nicht verdient zu haben, gebremst wird, im Leben besser aus dem Vollen schöpfen zu können. Sie sollen ersetzt oder ergänzt werden durch stärkende Gefühle, Selbstbewusstsein und neue Kraft.

Ich beobachte aber, dass diese Entwicklung in Richtung mehr Selbstbewusstsein und psychische Stabilität häufig aus den Augen verloren wird – weil wir darin hängen bleiben, unser Erleben zu analysieren und negativen Gefühlen rasch eine biografische Bedeutung beizumessen, die als Erstes geklärt werden muss. Wir verlieren uns im Blick nach innen und in die Vergangenheit. Wir wollen alles Mögliche analysieren und aufarbeiten. Wir erwarten, dass wir auf diese Weise unseren Selbstwert erst völlig stabilisieren müssen, bevor wir uns mit anderen Dingen wie Entscheidungen, Pflichten oder neuen Herausforderungen befassen können. Und irgendwie glauben wir, dass wir nur genug Self Love oder Selbstfürsorge betreiben müssen – und alles wird gut.

In diesem Kontext ist dann übrigens auch sehr oft von Traumata und Traumatisierungen die Rede – so häufig, dass man irgendwann den Eindruck hat, jedes negative Erlebnis ist ein Trauma, das am besten therapiert werden muss, und ohne diese Therapie darf man von der Betroffenen nichts erwarten. Allerdings findet bei der Messlatte, die hier an den Begriff »Trauma« angelegt wird, mit ein wenig Nachdenken garantiert jeder Mensch ein paar üble Traumata in seinem Leben. So gesehen müssten wir dann eigentlich alle erst mal in Langzeittherapie.

Das ist aber ein Irrglaube.

Natürlich kann es wichtig sein, eigene emotionale Blockaden und ihren Hintergrund in der eigenen Lebensgeschichte zu verstehen. Aber dann geht es auch um die Übernahme von Verantwortung und das Voranschreiten im eigenen Leben. Wenn du nicht erlebst, dass du in deinem realen Leben neue Herausforderungen erfolgreich angehst und Probleme bewältigst, wird sich dein Selbstwert niemals stabilisieren können. Wenn du deinem inneren Kind nicht irgendwann signalisierst: »Jetzt sind wir groß und gehen es an«, wird dein gesundes, erwachsenes Ich niemals das Hier und Jetzt nach deinen eigenen Vorstellungen gestalten können.

In diesem Buch möchte ich als Erstes mit dir zusammen anschauen, wann eine Innenschau angemessen ist, wann es aber auch zu viel wird mit der Auseinandersetzung mit dem inneren Kind und der Erkundung negativer Gefühle. Dazu habe ich dir einige wissenschaftliche Studien und psychologische Überlegungen mitgebracht, die die wichtigsten Punkte erklären und untermauern.

Und als zweites Thema liegt mir vor allem am Herzen: Wie können wir es schaffen, den Fokus wieder mehr auf das zu richten, was wir erreichen wollen? Wie können wir uns wieder raus in unser Leben wagen, den Alltag feiern, ihn entsprechend unserer Vorstellungen gestalten und auch mal bewusst durchbrechen? Wie können wir das Leben entwickeln, das wir wollen – und trotz mancher psychischer Altlast im Hier und Heute stabil und glücklich sein? In welchem Maß ist es wichtig, sich Herausforderungen zu stellen und auch negative Gefühle mal zuzulassen, um sie dann wieder hinter sich lassen zu können?

Das bedeutet auch, Verantwortung zu übernehmen, selbst wenn du vielleicht nicht so ganz genau weißt, wo es hingehen wird. Die Komfortzone immer wieder zu verlassen, um dich zu entwickeln und neue Horizonte erleben zu können. Das alles in die Richtung, die dir wichtig ist, und natürlich immer in deinem Tempo! Wie das für dich gut funktionieren kann, dazu zeige ich dir eine Palette an Möglichkeiten. Das möchte ich dir grundsätzlich psychologisch erklären – außerdem kannst du deinen Weg aber auch direkt sehr praktisch angehen.

Apropos Komfortzone: Eine Kernkompetenz für ein intaktes und glückliches Leben ist das regelmäßige Verlassen der eigenen Komfortzone. Denn Gefühle wie Ängste, Einsamkeit oder andere Empfindungen des inneren Kindes führen tendenziell in den Rückzug und in die Vermeidung von Herausforderungen. Für ein schönes, reiches Leben ist es aber wichtig, solche Gefühle zu überwinden und sich auch Herausforderungen zu stellen. Vielleicht kennst du den Postkartenspruch: »Great things never came from comfort zones« (Großartiges kommt nie aus der Komfortzone). Wie wahr dieser einfache Satz ist, habe ich unzählige Male in meinem Leben erfahren. Deshalb wird sich dieses Buch auch vertieft mit diesem Thema beschäftigen.

Wenn es um Komfortzonenerweiterung geht, ist die Psychologin Johanna Hombergs eine Expertin. Seit Jahren begleitet sie als Survivaltrainerin und Wildnispädagogin Menschen hinaus in die Natur. Bei ihr lernen die Kursteilnehmenden jene Fähigkeiten und Fertigkeiten, die man zum Überleben in der Wildnis benötigt. Dafür braucht man in erster Linie ein starkes Mindset, ohne das die besten physischen und handwerklichen Fähigkeiten im Ernstfall nur wenig wert sind. Gleichzeitig dürfen die neuen Erfahrungen auch in widrigen Umständen wie dem nächtlichen Wald oder ungemütlichem Wetter nicht traumatisierend sein, sondern sollen ganz im Gegenteil im Rahmen von Survival-Workshops sogar möglichst viel Spaß machen. Es geht um schrittweises Annehmen von Herausforderungen – und im Idealfall fühlst du dich mit diesen irgendwann pudelwohl!

Im vorliegenden Buch wird Johanna deshalb immer wieder ihre Perspektive teilen und einige Challenges setzen, wenn es um das Thema geht, sich in gesunder Weise aus der Komfortzone herauszuwagen und das Leben reicher zu gestalten.

Ich bringe dir hier viele psychologische Studien und praktische Vorschläge zu all diesen Themen mit. Dabei möchte ich allerdings nicht so tun, als wäre es mir in die Wiege gelegt, meine eigenen Ängste mal eben so locker anzugehen und meine...

Erscheint lt. Verlag 7.2.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
ISBN-10 3-407-86796-4 / 3407867964
ISBN-13 978-3-407-86796-4 / 9783407867964
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