Über Geld nachdenken (eBook)
251 Seiten
Campus Verlag
978-3-593-45696-6 (ISBN)
Dr. Nikolaus Braun ist seit fast zwanzig Jahren ein Grenzgänger zwischen Geisteswissenschaften und dem Finanzsektor. Der promovierte Historiker machte eher zufällig Karriere bei einer Großbank, die er enttäuscht verließ, als er zum reinen Finanzvertriebler werden sollte. Heute ist er Seniorpartner einer Vermögensverwaltung und Ko-Gründer und -Leiter einer Münchner Honorarberatung, in der er seine Vorstellung einer unabhängigen und ganzheitlichen Vermögensberatung kompromisslos umsetzen kann.
Dr. Nikolaus Braun ist seit fast zwanzig Jahren ein Grenzgänger zwischen Geisteswissenschaften und dem Finanzsektor. Der promovierte Historiker machte eher zufällig Karriere bei einer Großbank, die er enttäuscht verließ, als er zum reinen Finanzvertriebler werden sollte. Heute ist er Seniorpartner einer Vermögensverwaltung und Ko-Gründer und -Leiter einer Münchner Honorarberatung, in der er seine Vorstellung einer unabhängigen und ganzheitlichen Vermögensberatung kompromisslos umsetzen kann.
2. Warum ist Geld wichtig für mich?
Wie Geld vermögende Menschen unterschiedlich prägt
Vermögen ist meist viel mehr als ein einfacher Wertspeicher und Tauschmittel. Losgelöst davon, dass wir alle Geld benötigen, um unsere unmittelbaren Grundbedürfnisse abzudecken, steht Geld häufig als Symbol für etwas ganz anderes. Es ist eine Art Leinwand, auf die man ganz unterschiedliche Träume, Traumata, Wünsche und Wertvorstellungen projizieren kann: Macht, Hass, Zuneigung, Verantwortung und immer auch ein Stück der Versuch, der Endlichkeit des Daseins etwas entgegenzustellen, was weiterlebt. Zeit, sich das genauer anzusehen.
Für meine tägliche Arbeit teile ich Menschen in zwei Gruppen ein, um herauszufinden, mit wem ich erfolgreich zusammenarbeiten kann und mit wem ich es lieber lasse: Für die einen ist Geld Mittel zum Zweck, also Sicherheit, Gestaltungsspielraum, Lebensqualität. Ihr Denken kreist darum, was sie mit ihrem Vermögen machen können. Für die anderen ist es ein Selbstzweck: Ausdruck ihrer selbst, Zeichen von Status, Prestige und Einfluss. Ihr Denken beschäftigt sich zum großen Teil mit dem Vermögen selbst. Das führt meist zu der großen Sorge, jemand könne ihnen das Geld wieder wegnehmen: Die Regierung, die Steuerbehörden, Sozialisten und Familienangehörige werden gleichermaßen als Bedrohung wahrgenommen. Dazu kommt die Angst vor Wirtschaftskrisen. Die Angstvorstellungen gehen von einer höheren Abgeltungssteuer über Lastenausgleich und Enteignung bis zur Hyperinflation. Die Einteilung von Vermögenden in zwei Gruppen – Geld als Mittel zum Zweck oder als Selbstzweck – ist sicher holzschnittartig, aber es trägt erstaunlich weit. Etwas polemisch könnte man es auf die Frage verkürzen: Gehört das Vermögen mir oder gehöre ich meinem Vermögen? Diese Grundhaltung hat immense Auswirkungen auf unseren Umgang mit Geld, etwa die Art, wie wir Geld anlegen und auch wieder ausgeben. Sie wirkt sich darüber hinaus direkt auf unsere Lebensweise und unsere Beziehungen aus, prägt unser Selbstbild, unsere Selbstdefinition. Wenn Geld Mittel zum Zweck ist, ist es erst mal nur Geld. Wenn Geld Selbstzweck ist, wird es schnell zu einem Teil meines persönlichen Werts, meiner Persönlichkeit. Wenn wir sind, was wir haben, dann ist etwa ein Verlust am Kapitalmarkt nicht nur eine (temporäre) Schwankung meines Vermögens, es ist ein Verlust an Selbstwert(-Gefühl) und damit kaum zu ertragen.21
Eine Studie von Russ Alan Prince aus dem Jahr 2005 ist da differenzierter: Sie unterscheidet neun unterschiedliche Typen von Hochvermögenden.22
Abbildung 2: Typologie von Hochvermögenden nach Russ Alan Prince
Quelle: Russ Alan Prince (2005; S. 71)
Die mit Abstand größte Gruppe machen laut Prince Menschen aus, deren wichtigstes Ziel ist, mit Geld Sicherheit und Geborgenheit für ihre Familie zu garantieren. Sie treten nach außen meist bescheiden auf. Ihr Oberhaupt ist eher ein Clanchef als eine Clanchefin und sie haben eine gewisse Tendenz zum Paternalismus. Wie diese sogenannten Family Stewards sieht auch die Gruppe der Gestalter in Vermögen als solchem keinen Selbstzweck. Für Gestalter ist Vermögen lediglich der Brennstoff, um ihre Projekte umzusetzen, egal, ob die nun kulturell, ökonomisch oder philanthropisch sind. Ich erlebe sowohl Family Stewards als auch Gestalter meist als ziemlich zufrieden und im Reinen mit ihrem Wohlstand.
Auf der anderen Seite stehen Menschen, für die Vermögen auch losgelöst von einem konkreten Zweck wichtig ist. Am offensichtlichsten ist das bei den Akkumulatoren, also denen, die einfach nur möglichst schnell immer mehr haben möchten. Der Gedanke, Geld für Konsum auszugeben, ist für sie schmerzhaft, die Vorstellung, eine großartige Investmentidee verpasst zu haben, unerträglich. Das gilt natürlich auch für die Zocker, die sich nicht nur oft Tag und Nacht mit Kapitalmärkten beschäftigen, sondern dadurch auch eine hohe Tendenz dazu haben, ihr Vermögen schnell wieder loszuwerden. Auch Innovatoren sind sehr stark auf ihr Vermögen beziehungsweise ihre Investments fokussiert. Für sie ist entscheidend, immer vorne dabei zu sein: der neueste Trend, das neueste Produktdesign, das nächste große Ding. Unvermeidbar wirkt sich dieses Dem-Trend-Hinterherjagen auch bei ihnen meist negativ auf die Entwicklung ihres Vermögens aus.
Phobiker dagegen haben ein tief gespaltenes Verhältnis zu ihrem Vermögen und fühlen sich durch die damit verbundene Verantwortung massiv belastet. Ihre Gedanken kreisen mitunter permanent um ihr Geld, ohne dass sie – aus Angst, irgendetwas falsch zu machen – vernünftig handlungsfähig wären oder eine Freude daraus ziehen könnten. Häufig ist dies verbunden mit einem schlechten Gewissen, so privilegiert zu sein. Einem guten Berater kann es manchmal gelingen, solchen Phobikern ein Stück weit die Angst vor ihrem eigenen Geld zu nehmen. Ihnen zu zeigen, dass Vermögen eigentlich etwas Schönes sein kann – allerdings nicht oft.
Vor ungefähr einem Jahr hatten mein Sozius Stefan und ich ein Gespräch mit einer solchen Phobikerin: Sophia, eine kinderlose, verheiratete Grafikdesingerin, hatte vor ein paar Jahren mit Mitte 40 eine Gewerbeimmobilie im Wert von rund 6,5 und ein Wertpapierdepot in Höhe von 3 Millionen Euro geerbt. Dieses Geld hatte ihr Vater Ernst mit eiserner Sparsamkeit, harter Arbeit und großen unternehmerischen Risiken aufgebaut. Ernst war sicher kein Familientyrann gewesen, aber ein liebevoller nahbarer Vater ebenso wenig. Geld und Erfolg waren in der Familie auch die entscheidenden Währungen gewesen, wenn es um Selbstdefinition, Zuneigung und Beziehungen ging.
Das Interessante an Sophia war, dass Sie sich all dieser Dinge relativ bewusst war und sich bemühte, sich zumindest ein Stück davon frei zu machen. So trennte Sie sich nach ein paar Jahren von der arbeitsintensiven Gewerbeimmobilie und begann, auch darüber nachzudenken, die Wertpapierstruktur, die ihr Vater ihr hinterlassen hatte, zu hinterfragen. Was zunächst eine fast in Stein gemeißelte Hinterlassenschaft ihres Vaters war, versuchte Sie so zu ihrem eigenen Vermögen zu machen. Doch weiter kam Sophia nicht. Denn bei jeder weiteren finanziellen Entscheidung schaute ihr nach wie vor das Gespenst ihres Vaters über die Schulter. Die wichtigste Frage, die sie sich stellte: »Wie kann ich dieses Vermögen weiter mehren und mindestens so viel Rendite machen wie mein Vater zuvor?« Der Gedanke, ihren relativ bescheidenen Lebensstandard aufzubessern, etwa sich die Altbauwohnung zu kaufen, von der sie immer geträumt hatte oder auch nur einen Teil der Erträge des Vermögens zu verbrauchen, war für sie nicht denkbar. Am ehesten war sie noch bereit einen Teil des Vermögens zu spenden. Um ihr die Angst zu nehmen, sie können ihr Vermögen wieder verlieren, haben wir ihr überschlagsweise vorgerechnet, wie sich ihr Kapital bei einer bescheidenen Rendite von 3,5 % über die kommenden Jahre entwickeln würde, auch wenn sie bei gleichem Lebensstandard jährlich 50 000 Euro spenden würde. Das Ergebnis: Vor Inflation würde sich das Vermögen bis zu ihrem neunzigsten Lebensjahr mehr als verdreifachen. Doch Sophia war alles andere als erleichtert: Der Gedanke noch mehr Geld, noch mehr Verantwortung und Last zu haben, war für sie fast schmerzlicher als alles zu verlieren.
Auch die Gruppe der Anonymen ist nicht glücklich mit ihrem Vermögen. Ihre größte Angst ist, jemand könnte von ihrem Wohlstand erfahren. Ich habe immer wieder Menschen kennengelernt, die ihren Wohlstand sogar vor ihrem eigenen Partner verstecken. Das blockiert natürlich sehr schnell Möglichkeiten, Geld in höheren Lebensstandard zu tauschen: Was ist, wenn Freunde, Familie oder Kollegen was merken? Das Motto: »Nur weil ich paranoid bin, heißt das...
Erscheint lt. Verlag | 10.4.2024 |
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Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Geld / Bank / Börse |
Schlagworte | Absicherung • Einstellung zu Geld • Entspannung • Finanzberater • Finanzbranche • Finanzielle Freiheit • Gelassenheit • Geld ausgeben • Geld oder Leben • Geld sparen • Gerd Kommer • Honorarberater • Immobilien • Kapitalanlage • Kostolany • souverän investieren • sparmotive • Sparziele • Umgang mit Geld • Vermögen • Vermögensaufbau |
ISBN-10 | 3-593-45696-6 / 3593456966 |
ISBN-13 | 978-3-593-45696-6 / 9783593456966 |
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