Was tun, wenn Streit zwischen Eltern zur chronischen Belastung wird - vor allem für die Kinder? Christian Pröls-Geiger, stellvertretender Leiter des Kinderschutzzentrums München, zeigt in diesem einfühlsamen Ratgeber
•wie wir unsere individuelle Streitsituation analysieren können,
•wirksame Tools, um aus belastenden Konflikten auszusteigen,
•Tipps, um Kinder vor negativen Auswirkungen von Streit zu schützen.
Alltagsnahe, praktische Ratschläge und fundiertes Fachwissen unterstützen uns auf dem Weg zu einer gesunden Streitkultur. Eine Entlastung für die gesamte Familie!
»Dieses Buch erklärt anschaulich, wie gutes Konfliktmanagement gelingt, worauf es beim Versöhnen ankommt und wie familiäre Bindungen gestärkt werden.« Dr. Eliane Retz (»Wild Child« und »Wild Family«)
»Ein wertvoller und starker Beitrag zu einem neuen Umgang mit Konflikten in Familien.« Carina Thiemann (»Ich fühle was, was du nicht siehst«)
»Dieses Buch ist Brücke und Kompass zugleich. So können wir Kindern liebevoll erklären, was bei Differenzen geschieht - und emotionale Schäden reparieren.« Dr. Anke Elisabeth Ballmann (u.a. »Seelenprügel«)
»Christian Pröls-Geiger zeigt mit Empathie und Verständnis, wie Eltern aus der Streitspirale herauskommen und mit ihren Kindern in Verbindung bleiben. Wie entlastend für die ganze Familie!« Elisabeth Raffauf (u.a. »Wann ist endlich Frieden«)
Dr. Christian Pröls-Geiger ist Pädagoge, promovierte in Psychologie und ist zudem Trainer für Paarkommunikation, systemischer Einzel-, Paar- und Familientherapeut und systemischer Supervisor. Er leitet »Kinder-im-Blick«-Kurse für Eltern in Trennung und Scheidung und arbeitet seit 2011 im Kinderschutzzentrum München. Seine Schwerpunkte sind Beratung und Therapie für Familien, die von Gewalt in der Erziehung, häuslicher Gewalt, Vernachlässigung oder sexualisierter Gewalt betroffen sind. Seit 2019 ist er stellvertretender Leiter des Münchner Kinderschutzzentrums sowie fachlicher Leiter des Projekts »Frühe Hilfen«.
Wie kommt der Streit in die Familie?
Sie wissen jetzt, wie Konflikte aus Kindersicht wirken und wie Sie aktiv werden können, um Ihrem Kind ganz unmittelbar und konkret zu helfen. Doch um destruktive Streitereien nachhaltig in den Griff zu bekommen, lohnt es sich, etwas ausführlicher nachzuforschen, wie Streit überhaupt Einzug in unseren Alltag als Paar und Eltern hält.
Was bringen wir mit?
Konflikte gehören zum Familienleben dazu, und zwar egal in welcher Familienform wir leben: der oft als »klassisch« empfundenen »Vater-Mutter-Kind(er)-Familie«, einer Trennungs- oder Scheidungs-, Patchwork-, Regenbogen-, Ein-Eltern-, Adoptiv- oder Pflegefamilie. Aber wie kommen die Konflikte in die Familie? Indem Elternteile jeweils ihre Biografie und die eigene Familiengeschichte mitbringen:
- Beziehungserfahrungen aus Paarbeziehungen und Freundschaften, aber auch aus Beziehungen zu Lehrer*innen, Kolleg*innen, Vorgesetzten und Bekannten
- Hoffnungen
- Kränkungen
- Sorgen
- Wünsche
- Erwartungen
- …
Darüber hinaus bringen wir unsere Persönlichkeitsmerkmale, unseren Charakter und unsere Identität mit: etwa Intro- oder Extrovertiertheit, wie offen wir für neue Erfahrungen sind, wie gewissenhaft wir an Sachen herangehen, welches Temperament wir haben, die Identität, die wir entwickelt haben, usw.
Eine Familie zu werden, bedeutet, metaphorisch gesprochen, dass aus zwei individuellen Lebenslinien eine neue gemeinsame Familienlinie entsteht. Während dieses Prozesses ergeben sich durch die Beschaffenheit der Lebenslinien Stellen in der Familienlinie, die sehr gut zusammenpassen und sich harmonisch einfügen, während andere das Potenzial mitbringen, sich aneinander zu reiben. Kennen Sie solche Stellen in Ihrer Beziehung? Hier ein paar Fragen, falls Sie sich auf die Suche begeben wollen:
- In welcher Familienatmosphäre/-kultur sind wir und oder unsere Partner*innen aufgewachsen?
- Wie wurde das Miteinander in der Familie gestaltet? War es respektvoll? Haben Sie sich Zeit füreinander genommen und einander zugehört? Oder haben alle durcheinandergeredet?
- Wurden Sie als Kind ernst genommen?
- Wie haben sich Ihr Selbstwert und Ihr Selbstbild entwickelt?
- Welche Werte und Ziele bringen Sie beide jeweils aus Ihren Familien mit?
- Kommen Sie aus unterschiedlichen Kulturen?
- Mit welchem finanziellen Hintergrund sind Sie aufgewachsen?
- Welche Geschlechterrollen haben Sie verinnerlicht?
- Welche Streitkultur bringen Sie beide mit?
Die Antworten auf diese und bestimmt noch viele andere Fragen geben uns einen Eindruck, wie wir gelernt haben, Beziehungen (mit-)zugestalten und somit auch, auf welchem Fundament wir unsere Familie aufbauen.
Ein besonders spannendes »Mitbringsel« aus unseren Ursprungsfamilien sind die sogenannten Glaubenssätze. Also Überzeugungen oder Handlungslinien, die wir uns im Laufe unseres Lebens bewusst oder unbewusst angeeignet haben. Sie beeinflussen unsere Emotionen und unser Verhalten. Glaubenssätze, die Konflikte betreffen, sind zum Beispiel:
- »Streit zerstört die Familie.«
- »Wer am lautesten schreit, hat recht.«
- »Entschuldigungen äußern nur schwache Menschen.«
- »Der Klügere gibt nach.«
- »Wenn ich mich nicht durchsetze, bin ich ein Loser.«
- »Ich bin schwach und kann mich nicht allein verteidigen.«
- »Wir, die Meiers, lassen uns nix gefallen!«
- »Reibung erzeugt Wärme.«
- »Nur wer Streit sucht, wird Erfolg haben.«
- »Wer mit seinen Eltern streitet, liebt sie nicht.«
Egal ob diese Sätze implizit oder explizit von Ihnen oder Ihrer Familie gelebt wurden, also ob sie eher subtil, ohne je ausgesprochen worden zu sein, wirken oder klar und deutlich im Rahmen der Erziehung formuliert worden sind: Sie haben einen Einfluss darauf, wie Sie als Erwachsene*r mit Streit umgehen. Solche Sätze geben Orientierung und sind wie ein Verhaltenskompass. Manche von ihnen sind hilfreich, andere erzeugen Druck, und wieder andere wirken destruktiv. Man kann diese Sätze »befolgen«, oder man kann gegen sie »opponieren«, weil man sie blöd findet. Sich nicht zu ihnen zu verhalten oder sie zu ignorieren, ist praktisch unmöglich. Manchmal können Sie uns jedoch im Laufe des Lebens egal werden.
Ob die Glaubenssätze, die wir jeweils aus unseren Herkunftsfamilien in unsere neue Familie mitbringen, zusammenpassen, ist nicht abzusehen. Aus unterschiedlichen Glaubenssätzen können sich also Konfliktlinien bilden.
Arbeit mit Glaubenssätzen
Es gibt nicht das Patentrezept, um Glaubenssätze zu entdecken. Sie können aber prüfen, wonach Sie Ihren inneren Kompass ausrichten. Sie können Menschen, die Sie gut kennen, fragen, ob sie denken, dass eine Art innerer Leitsatz – beispielsweise für Konflikte – bei Ihnen wahrnehmbar sei. Vielleicht haben Sie ja auch selber ein Bauchgefühl zu Ihren inneren Überzeugungen.
Diese zu haben, ist übrigens überhaupt nichts Schlimmes, wir alle kennen und brauchen sie. Die Kunst besteht darin, die konstruktiven von den destruktiven Glaubenssätzen zu unterscheiden. Die Frage ist also, welche inneren Überzeugungen und Glaubenssätze uns das Leben schwer machen oder nicht mehr in unser Leben passen, weil sie einfach nicht (mehr) hilfreich sind.
Wenn Sie auf einen Glaubenssatz stoßen, können Sie ihn mit folgenden Fragen überprüfen.
- Von wem habe ich den Glaubenssatz übernommen? Mama, Papa, Omas, Opas, sonstige Familie, Lehrer*in, Freunde …
- Warum folge ich ihm? Bin ich überhaupt davon überzeugt?
- Realitätscheck: Stimmt die Aussage dieses Glaubenssatzes überhaupt mit meiner Realität überein?
- Der Glaubenssatz war zu einem bestimmten Zeitpunkt und/oder in einem bestimmten Kontext sinnvoll – ist er das hier und jetzt und heute für mein Leben immer noch?
- Was würde passieren, wenn ich genau das Gegenteil von dem täte, das mein Glaubenssatz besagt? Spielen Sie dieses Szenario in Gedanken durch!
- Welche Vorteile und Nachteile haben Sie, wenn Sie dem Glaubenssatz folgen?
- Was wäre das Schlimmste, das passieren könnte, wenn Sie dem Satz nicht mehr folgten? Was das Beste?
- Wie würde ein besserer Satz klingen? Was passt besser zu Ihnen, Ihren Erfahrungen, Ihrer Lebensweise? Basteln Sie so lange an dem neuen Satz, bis er sich wirklich maßgeschneidert anfühlt!
Beispiel: Glaubenssätze ergründen
Ein Elternteil bekommt das Feedback, immer mit dem Kopf durch die Wand zu wollen und wenig kompromissbereit zu sein.
Er nimmt sich dieses Feedback zu Herzen und spürt, dass an dieser Rückmeldung etwas »dran« sein könnte. Beim Ergründen des Verhaltens kommt ein Glaubenssatz aus dem Elternhaus zutage. Dieser lautet: »Man muss sich durchsetzen!« Beim Durchgehen der zuvor genannten Fragen ergeben sich folgende Erkenntnisse:
Der Glaubenssatz wird mit dem Elternhaus verknüpft. Die Eltern hatten ein kleines Geschäft und mussten sich immer wieder gegen größere Konkurrenten durchsetzen. Der Glaubenssatz könnte also aus dem ständigen wirtschaftlichen Überlebenskampf kommen.
Warum der Glaubenssatz noch immer aktiv ist, ist unklar, vermutlich, »weil man das immer schon so gemacht hat«, er also bislang nicht überprüft wurde.
Beruflich kann der Elternteil diesem Glaubenssatz zustimmen. Privat und in seiner Ehe merkt er, dass diese Überzeugung ihm jedoch einige Probleme bereitet.
Dass der Glaubenssatz für seine Eltern im geschäftlichen Rahmen sinnvoll war, bestätigt der Elternteil sofort. Für sich selbst erachtet er diesen Satz nur bedingt für sinnvoll. Zum einen, weil er mit dem Geschäft seiner Eltern nichts mehr zu tun hat. Zum anderen, weil er ihn ohne Bedenken auch auf den zwischenmenschlichen Bereich übertragen hat.
Würde die Person das Gegenteil des Satzes anwenden, könnte dies zu allerhand Überraschung, aber auch zu Erleichterung im engeren Umfeld führen. Im beruflichen Kontext könnte es schwieriger werden, weil die Person dort für ihre Durchsetzungsstärke geschätzt wird.
Der Vorteil, dem Glaubenssatz nicht mehr zu folgen, würde darin bestehen, dass sich die sozialen Beziehungen des Elternteils entspannen würden, er als »weicher« wahrgenommen würde. Der Nachteil darin, dass er beruflich »schwächer« wirken könnte.
Der Worst case: als zu nachgiebig wahrgenommen zu werden. Der Best case: als verhandlungsbereiter und kompromissfähiger Partner zu gelten.
Nach dieser Analyse ist unser Elternteil von diesem Glaubenssatz nicht mehr überzeugt. Daher versucht er sich an einer neuen Formulierung. Er kommt zu folgendem Ergebnis: »Kompromiss- und Durchsetzungsfähigkeit haben beide ihre Vorteile – es kommt auf Situation und Kontext an.«
Wie sehr wir uns von unserer Herkunftsfamilie abgelöst haben und wo wir von ihr noch abhängig sind, hat ebenfalls einen Einfluss auf das Konfliktpotenzial in unseren neu gegründeten Familien. Diese Ablösung ist gar nicht so leicht, denn sie bedeutet, unabhängig zu werden, herauszufinden, wo man im Leben hinwill, was man tun möchte, wer man ist; es bedeutet auch, Dinge bewusst...
Erscheint lt. Verlag | 30.5.2024 |
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Zusatzinfo | Durchgehend zweifarbig |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Familie / Erziehung |
Schlagworte | 2024 • 8 gespräche, die jedes paar führen sollte • Aggression • Alltagsstress • Beziehung • Beziehungsratgeber • Coaching • eBooks • Ehe • Eisbergmodell • Eltern • Erziehung • Erziehungsratgeber • Familie • Gesundheit • Gewalt • Gewaltfreie Kommunikation • Kindererziehung • Mental Load • Neuerscheinung • Paartherapie • Pädagogik • Partnerschaft • Philippa Perry • Psychologie • Ratgeber • Scheidung • Streit • Stress • Trauma • Trennung |
ISBN-10 | 3-641-30531-4 / 3641305314 |
ISBN-13 | 978-3-641-30531-4 / 9783641305314 |
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