Und täglich grüßt PARKINSON (eBook)
Buchschmiede von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99152-414-4 (ISBN)
Walter Ondrich, Jahrgang 1950, wohnt in Leoben/Steiermark, ist verheiratet und hat zwei Söhne. Der gelernte Schlosser war im Beruf als Programmierer und Abteilungsleiter in der IT tätig. Seine Vorlieben liegen im kulturellen Bereich. Er war auch viele Jahre lang Mitglied einer Theatergruppe. Bergwandern war sein liebstes Hobby. Er pilgerte 2011 in 102 Tagen entlang des Jakobsweges 3.000 km zu Fuß von Leoben nach Santiago de Compostela. Mit 66 Jahren hat er selbst erkannt, dass er an Parkinson erkrankt ist. Anfang 2019 gründete er die Parkinson-Selbsthilfegruppe Leoben. Das Buch "Mit 66 Jahren - PARKINSON!" ist sein 2. Buch. "Geh den Jakobsweg" mit den täglichen Erlebnissen und Gefühlen als Pilger, ist nur als private Ausgabe entstanden.
Kapitel 3
„Das klingt alles sehr kompliziert …“
„Ein Wort zu schreiben ist einfach,
kompliziert wird es ab dem zweiten Wort.“
Walter Ondrich
Autor und Parkinson-Betroffener
Der Text für die Kapitelüberschrift stammt vom ehemaligen Bundeskanzler Dr. Fred Sinowatz. Es war ein Stoßseufzer bei seiner Regierungserklärung im Jahr 1983. Er beklagte damit die komplizierte Regierungstätigkeit.
Die medikamentöse Therapie bei Parkinson ist auch sehr kompliziert, denn jeder Patient hat ein anderes Krankheitsbild und benötigt eine passende Medikation aus den verschiedenen Möglichkeiten und Wirkungen. Zusätzlich reagiert jeder Mensch anders auf die Substanzen und auch die Krankheitsverläufe entwickeln sich unterschiedlich. Die Kapitelüberschrift ist bei dieser Erkrankung sehr zutreffend.
In diesem Kapitel werden die unterschiedlichen Parkinson-Medikamente vorgestellt und was dabei zu beachten ist. Eine exakte Erklärung können die Fachleute liefern.
Wenn der Arzt sagt: „Sie haben Parkinson!“, dann spricht er nicht über eine ganz bestimmte Krankheit, sondern über ein Erscheinungsbild (Syndrom) in unterschiedlichen Ausprägungen.
Man unterscheidet zwischen:
1. Primäres Parkinson-Syndrom in zwei Ausprägungen:
a.a) idiopathisches Parkinson-Syndrom (von unbekannter Herkunft)
a.b) hereditäres (erbliches) Parkinson-Syndrom
2. sekundäres (symptomatisches) Parkinson-Syndrom
3. atypisches Parkinson-Syndrom
Auf Unterschiede und Details dieser Syndrome6 kann hier nicht eingegangen werden. Dazu fehlt dem Autor das nötige Wissen. In erster Linie treffen die Aussagen in diesem Buch auf das primäre Parkinson-Syndrom zu und im Detail auf den idiopathischen Typ. Also eine Störung des Gehirns, ohne die Ursache dafür zu kennen. Das ist der klassische Parkinson-Typ mit einem Anteil von 75 % aller Parkinson-Erkrankungen.
Durch absterbende Gehirnzellen wird der Organismus immer weniger mit dem körpereigenen Dopamin versorgt und die Folge sind die Auswirkungen mit Namen Morbus Parkinson. Derzeit kann der Verlauf der Krankheit noch nicht gestoppt werden. Es gibt aber Medikamente, die mit unterschiedlichen Strategien den Dopaminmangel temporär ausgleichen können und den Betroffenen ein verbessertes Leben ermöglichen.
Levodopa:
Die Medikamente mit dieser Substanz sind der „Goldstandard“7 für die medikamentöse Therapie bei Parkinson. Die bekanntesten Produkte sind Madopar®, Sinemet® und Stalevo®. Sie unterscheiden sich durch die zusätzlichen Substanzen, mit denen eine bessere Wirkung oder Verträglichkeit erreicht.
Levodopa, auch L-Dopa genannt, ist eine Vorstufe von Dopamin. Diese Aminosäure kann die Blutschranke im Gehirn überwinden und wird in Folge zu Dopamin umgewandelt. An den L-Dopa-Medikamenten wird kein Parkinson-Patient vorbeikommen.
Zur besseren Versorgung werden diesem Wirkstoff noch weitere Arzneistoffe, sogenannte COMT-Hemmer, beigefügt. Die COMT-Blockade verhindert, dass der Organismus das Levodopa schon vorzeitig abbaut, bevor es ins Hirn gelangt. Man kann sich diese COMT-Hemmer wie einen Begleitschutz für wichtige Persönlichkeiten (VIP) vorstellen. Vereinfacht könnte man es sich so merken: „Mit COMT kommt L-Dopa“.
Bis der Wirkstoff L-Dopa im Gehirn ankommt, muss die Tablette zuerst vom Magen aufgelöst werden. Dazu ist reichlich Flüssigkeit (Wasser oder Tee) nötig. Erst wenn die Substanz im Dünndarm angelangt ist, wird L-Dopa vom Blutkreislauf zum Gehirn weitertransportiert – gut begleitet von den COMT-Hemmern.
Für die Nachtstunden kann der Arzt auch Retard-Tabletten verordnen. Diese Variante gibt den Levodopa-Wirkstoff langsam, aber über einen längeren Zeitraum ab. Gegen eine morgendliche Unbeweglichkeit hilft eine wasserlösliche L-Dopa-Variante, schneller beweglich zu werden.
Wenn L-Dopa (Madopar, Sinemet usw.) für das Wohlbefinden sorgen soll, dann muss die Tablette bei leerem Magen eingenommen werden. Mehr als eine Stunde vor der Einnahme des Medikaments und auch mindestens eine halbe Stunde danach dürfen keine eiweißhaltigen Speisen (z.B. Fisch, Fleisch, Eier, Milchprodukte und Speisen aus Sojabohnen usw.) gegessen werden. Denn Eiweiß in den Nahrungsmitteln behindert die Aufnahme von L-Dopa im Körper.
Levodopa braucht gut eine halbe Stunde, bis die Substanz im Organismus aufgenommen wird. Erst nach etwa einer Stunde kommt das Mittel voll zur Geltung und das Gehirn kann den Körper wieder ausreichend mit Dopamin versorgen. So lange, bis ein natürlicher Prozess das Dopamin, wie alle Hormone, wieder abbaut und die nächste Tablette notwendig wird.
Die Halbwertszeit beträgt etwa ein bis eineinhalb Stunden. Mit dem Abklingen der Substanz nach etwa vier Stunden ist auch die Wirkung entschwunden und der Körper verlangt die nächste Dosis L-Dopa. Der Rhythmus von Hochs und Tiefs ähnelt einer Sinuskurve, wie es auch die Zeichnung in Kapitel 2 zeigt.
Wird der Abstand zwischen den L-Dopa-Zeitpunkten gestreckt, was grundsätzlich möglich wäre, wird man die Verschlechterung der Symptome zu spüren bekommen. Das Auslassen einer L-Dopa-Zuführung kann fatale Folgen haben. Dadurch kann sich die Befindlichkeit stark verschlechtern. Es besteht dann die Gefahr, dass es im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung zu totaler Bewegungslosigkeit (Akinese8) kommt (siehe Kapitel 25).
Der Titel des spannenden Romans „Wem die Stunde schlägt“ von Ernest Hemingway trifft sehr pointiert das tägliche Prozedere. Wird der Betroffene mit L-Dopa behandelt, dann kann der Tagesrhythmus nicht mehr frei gewählt werden. Die Einnahmezeiten diktieren dann den Tagesablauf und wem die Stunde schlägt oder wessen Handy piepst, der ist gut beraten, die Tablette alsbald einzunehmen.
Die Essenszeiten vom Frühstück bis zum Schlafengehen müssen auf die Einnahmezeiten der L-Dopa-Medikamente abgestimmt sein. Alle Verrichtungen im Haushalt oder Aufgaben im Berufsleben, alle Erledigungen oder persönliche Vorhaben wie Sport, Vergnügen oder Reisepläne müssen sich danach richten.
Es bedarf einer gut strukturierten Vorsorge, dass der Zeitplan eingehalten werden kann und auf die pünktliche Einnahme nicht vergessen wird. Die notwendigen Medikamente und ein paar Reservetabletten müssen ständige Begleiter im Leben sein und auch eine kleine Menge Wasser.
Für alleinlebende oder (leicht) demente Personen besteht die Gefahr, die Einnahmezeiten zu übersehen. Da können vorbereitete Medikamentenboxen und die Weckfunktionen von Handys oder spezielle Tablettenspender eine Hilfe sein, die Termine einzuhalten.
Wie geht man jedoch mit dem Problem um, dass man pflichtgemäß die Weckfunktion abschaltet, aber auf die Einnahme der Pille total vergisst? Mit einer Erinnerung für die Erinnerung?!
Kritisch wird der Tagesablauf, wenn die Einnahmezeit auf zwei bis drei Stunden gekürzt werden muss. Das ergibt ein logistisches Problem. Die Essenssperrzeiten sind dann kaum mehr einzuhalten. In diesem Fall und bei starken Wirkungsschwankungen sind andere Lösungen zu suchen (siehe dazu Kapitel 10).
Unter Fachleuten gibt es zwei konträre Strategien für den Einsatz von L-Dopa. Ein Teil der Ärzte präferiert die Vorgangsweise, das L-Dopa zu sparen und mit den anderen zur Verfügung stehenden Medikamenten möglichst lange das fehlende Dopamin zu ersetzen. Damit kann man im späteren Krankheitsstadium länger von der guten Wirksamkeit von L-Dopa profitieren. Ganz nach dem Motto: „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“.
Andere Fachärzte empfehlen den Einsatz von L-Dopa schon im früheren Stadium der Erkrankung, weil damit in jüngeren und auch aktiveren Jahren ein Gewinn an Lebensqualität erzielt wird. Da besteht der Wunsch zu reisen, Sport zu betreiben und mit Hobbys aktiv zu bleiben. Nach dem Motto eines spanischen Sprichworts: „Niemand kann mir nehmen, was ich getanzt habe.“
Wenn im Laufe der Jahre Fluktuationen9 auftreten, dann wird es schwierig, den Patienten medikamentös passend einzustellen. Die Symptome können vermehrt und plötzlich auftreten, was als ON-OFF-Phasen bezeichnet wird. In den OFF-Phasen verschlechtern sich meist die motorischen Fähigkeiten. Das kann zum abwechselnden Zittern und plötzlichen Erstarren („Freezing“) führen. Die Blockade verhindert auch ein Weitergehen. Da kann ein schnell wirkendes Medikament Abhilfe schaffen (siehe nächster Absatz). In OFF-Phasen können zusätzlich auch Stimmungsschwankungen und Aufmerksamkeitsprobleme auftreten. Auch das Schmerzempfinden kann sich verstärken.
Dopaminagonisten:
Mit dieser Gruppe von Medikamenten, die mit ihren Wirkstoffen die Gehirnrezeptoren zu einer Dopaminproduktion anregen, kann auf andere Weise der...
Erscheint lt. Verlag | 7.8.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Bewerbung / Karriere |
ISBN-10 | 3-99152-414-7 / 3991524147 |
ISBN-13 | 978-3-99152-414-4 / 9783991524144 |
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