Wegweiser durch den deutschen Sozial-Dschungel (eBook)
190 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7578-3877-5 (ISBN)
Peter Baacke (Jahrgang 1963) absolvierte sein Maschinenbaustudium an der TU München. Er arbeitete fast 30 Jahre bei einem namhaften deutschen Automobilunternehmen, davon über 20 Jahre als Führungskraft. Aufgrund seiner Burn-out-Erkrankung beschloss er den beruflichen Ausstieg in 2018 und definierte sich und seine Zukunft neu. Heute lebt der Autor mit seiner Frau als Privatier in Oberösterreich und macht seine Hobbies Malen und Schreiben zum Beruf.
Der Unterschied zwischen Burn-out und Depression
Diesen Unterschied erklärte mir eine Reha-Ärztin in einem interessanten Vortrag zum Thema Stressmanagement. Wörtlich übersetzt bedeutet Burn-out "Ausgebrannt sein" durch Dauerbelastung.
Wenn man sich in einer Stresssituation befindet, dann triggert die Hirnanhangdrüse (Hypophyse) die Nebennierenrinde an, Botenstoffe wie Cortisol und Adrenalin zu bilden. Die Stressregulation erfolgt über die sogenannte Hypothalamus-Hypophyse-Nebennierenachse (HPA-Achse). Die HPA-Achse wird auch Stressachse genannt, welche ein komplexes Aktivierungs- und Hemmungsmuster erzeugt. Dieses Muster bildet die Basis für unsere Anpassungsfähigkeit an Belastungssituationen.3
Die Aktivierung von Botenstoffen ist prinzipiell eine normale körperliche Reaktion, die darauf abzielt, dass der Mensch entweder auf eine Angriffs- oder auf eine Fluchtreaktion vorbereitet wird. Diese Hormone sorgen dafür, dass der Körper auf Höchstleistung getrimmt wird. Das Herz schlägt schneller und der Blutdruck steigt. Die Blutbahn weitet sich, damit mehr Energie zum Gehirn und zu den Muskeln transportiert wird.
Unsere Ahnen waren mit diesem Regelsystem in der Lage, schnell auf Gefahren zu reagieren und somit ihr Überleben zu sichern. War die Gefahr gebannt, konnte unser Vorfahr dann wieder auf seine gewohnten Aktivitäten übergehen und dabei überschüssigen Stresshormone unter anderem durch körperliche Bewegung abbauen.
Dieses Überlebensprinzip ist nur auf kurze Stressphasen ausgelegt!
In der modernen Leistungsgesellschaft sind wir immer höheren und länger anhaltenden Belastungen ausgesetzt und haben kaum mehr die Möglichkeit, auf "Null" herunter zu fahren. In Entspannungs- und Bewegungsphasen werden Stresshormone wieder abgebaut. Deshalb ist ein Wechsel aus Spannung und Entspannung für ein gesundes Leben so essenziell.
Hat man nach Dauerbelastung keine Möglichkeit, seinem Körper Ruhe zu gönnen, so kann die Nebennierenrinde erschöpfen. In der Folge reduziert Sie die Hormonproduktion von Cortisol und Adrenalin.
Durch dieses Defizit an Aktivatoren wird wiederum die Leistungsfähigkeit eingeschränkt. Körperliche und geistige Tätigkeiten fallen plötzlich schwerer als zuvor.
Einen Burn-out bzw. eine chronische Erschöpfung kann man durch ein Blutbild des Cortisolspiegels in einem Hormonzentrum nachweisen. Das ist in unserem Gesundheitswesen bedauerlicherweise mit Selbstkosten verbunden, da die Krankenkassen hier nicht einspringen. Es gibt eine neue Methode zur Langzeituntersuchung des Cortisolspiegels. An der Fakultät für Biopsychologie der TU-Dresden wird aktuell die Möglichkeit einer Langzeituntersuchung des Cortisol-Spiegels über menschliche Haarproben beschrieben.4
Diese Methode befindet sich noch im Forschungsstadium, könnte jedoch die künftigen Diagnosemöglichkeiten von chronischem Stress revolutionieren.
Wie äußert sich Burn-out?
Bei Burn-out handelt es sich um einen Krankheitsprozess, ausgelöst durch lange Überlastungsphasen. Der Betroffene fühlt sich von ständigen Umweltanforderungen überfordert. Er kann Aufgaben nicht mehr priorisieren und gerät zunehmend in einen Gefühlszustand der Sinnlosigkeit. Der Patient lebt in einem permanent übererregten Zustand. Es entwickelt sich ein Ungleichgewicht des vegetativen Nervensystems, wobei der sympathische Teil die Oberhand gewinnt. Dies äußert sich in einem hohen Ruhepuls, erhöhtem Blutdruck und Schlafstörungen. Chronischer Stress stellt einen hohen Risikofaktor für eine spätere Angsterkrankung dar.
Ein Burn-out kann auch in eine Depression münden, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird.
Im Gegensatz zum Burn-out ist Depression ein Krankheitsbild, das vornehmlich durch den zu schnellen Abbau von Serotonin und Dopamin (=Glückshormone) in den synaptischen Spalten der Nervenzellen im Gehirn ausgelöst wird. Eine Depression kann schleichend oder sogar über Nacht entstehen! Die äußeren Auslöser sind ähnlich wie bei einem Burnout. Depression kann zu Freud- und Antriebslosigkeit, Stimmungsschwankungen bis hin zu Suizidgedanken führen. Der Depressive findet sich in seinem Alltag nicht mehr zurecht. Für ihn können alltägliche Dinge wie Körperpflege bereits zu unüberwindbaren Hürden werden.5
Charaktereigenschaften und Resilienz
Es gibt Menschen in unserer Leistungsgesellschaft, die nichts "umwerfen" kann. Diese Charaktere sind mit einer positiven Eigenschaft ausgestattet, der sogenannten "Resilienz" . Resiliente Personen besitzen eine erstaunliche Widerstands- und Anpassungsfähigkeit gegenüber langen und intensiven Stresssituationen, ohne dabei zu erkranken.
Burn-out-gefährdet sind vor allem Charaktere, die perfektionistisch veranlagt sind und sich selbst zu viel zumuten. Also eigentlich die potenziellen Leistungsträger!
Depressions-gefährdet sind eher hochsensible und empathische Menschen. Dadurch reagieren Sie auf äußere Stressfaktoren sehr vulnerabel.
Die körpereigene "Batterie"
Ich möchte als Diplom-Ingenieur, der lange Zeit in der Elektromobilität tätig war, die Stressantwort eines jungen mit der eines älteren Menschen in Analogie zur Batterietechnik vergleichen!
Ein junger Mensch verhält sich wie ein moderner Lithium-Ionen-Akkumulator. Dieser Akku hat die Eigenschaft, dass er in neuem Zustand oft tiefenentladen werden kann, ohne Schaden zu nehmen.
Ein älterer Mensch, der in seinem Leben schon einige "Tiefenentladungen" erlebte, verhält sich dagegen wie ein konventioneller Bleiakku. Der Bleiakku weist beim Entladen den sogenannten "Memoryeffekt" auf, was bedeutet, dass er sich an seinen letzten Ladezustand erinnert. Wird er beispielsweise mehrmals bis zu 95 % entladen und danach wieder aufgeladen, merkt er sich jedes Mal den letzten Entladezustand. Der neue 100 %-Ladelevel beträgt dann real nur noch 95 % des Ursprungszustands. So nimmt mit jeder Tiefenentladung die Kapazität der Batterie ab. Der Bleiakku verschleißt in seinem Lebenszyklus somit schneller als ein moderner Lithium-Ionenspeicher.
Genauso verhält es sich in unserem Körper in zunehmendem Alter auch mit unserer Nebenniere als wichtigem hormonproduzierenden Organ. Sie wird im Laufe des Lebens durch permanente Produktion von Stresshormonen ermüdet. Die Fachmedizin spricht dann von einer "Fatigue" – der sogenannten Nebennierenschwäche. Der Volksmund ist auch in diesem Fall der beste Mediziner. Nicht umsonst heißt es: "Das geht mir an die Nieren!"
Das Märchen vom Multitasking
Um es vorwegzunehmen: "Das menschliche Gehirn ist definitiv nicht multitaskingfähig!"
Ich fand einen interessanten Artikel unter lernen.net, der die Thematik gut beschreibt.6
Der Begriff "Multitasking" bedeutet, dass man innerhalb eines kurzen Zeitabschnitts mehrere Aufgaben ("Tasks") gleichzeitig erledigen kann. Unter einem "Task" versteht man in diesem Fall eine komplexe Aufgabe, die hohe Konzentration erfordert.
In unserer modernen Leistungsgesellschaft hat sich die Arbeitsweise etabliert, innerhalb kürzester Zeit möglichst viele Aufgaben aus einer langen To-do-Liste abzuarbeiten. Das Ziel besteht darin, produktiver und effizienter zu arbeiten.
Multitasking ist nur in der Computertechnologie umgesetzt. Hierzu muss ein Computer allerdings mehrere Prozessoren besitzen, um Aufgaben wirklich parallel abarbeiten zu können.
Die menschliche Fähigkeit des Multitaskings ist somit eine Illusion. Unser Gehirn ist darauf ausgelegt, Aufgaben nacheinander zu erledigen. Es ist durchaus in der Lage, lange eingeübte und routinierte Tätigkeiten zu parallelisieren, nicht jedoch anspruchsvolle Aufgaben, die vielleicht erst neu erlernt werden müssen.
Beispiele für Multitasking von Routinetätigkeiten:
- Gitarre spielen und dabei singen!
- Autofahren und Telefonieren (jedoch hohe Ablenkungsgefahr!)
Die Routinetätigkeiten werden dabei über das Kleinhirn gesteuert. Anspruchsvolle Tätigkeiten und Lernaufgaben werden über das Großhirn abgearbeitet.
Der Irrtum des menschlichen Multitaskings liegt darin, dass wir bei anspruchsvollen Aufgaben eigentlich "Singletasking" betreiben und unter Zeitdruck häufig nur von einer zur anderen Aufgabe wechseln. Man spricht auch vom "Taskswitching" .
Diese Art der Problemabarbeitung birgt gravierende Gefahren:
- Durch den häufigen Switch zwischen verschiedenen Aufgaben sinkt die Konzentrationsfähigkeit.
- Die Informationsaufnahme im Gehirn sinkt.
- Die Fehlerquote in der Abarbeitung steigt.
- Permanente Ablenkung erhöht die Unfallgefahr.
- Die Stressbelastung steigt und kann zu psychischen...
Erscheint lt. Verlag | 16.5.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Geld / Bank / Börse |
Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Lebenshilfe / Lebensführung | |
Schlagworte | Arbeitslosen- und Krankengeld • Aufhebungsvertrag und Abfindung • Burn-out • Erfahrung • Erwerbsminderung und Rente |
ISBN-10 | 3-7578-3877-7 / 3757838777 |
ISBN-13 | 978-3-7578-3877-5 / 9783757838775 |
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