Das 7-Tage-Rezept für erfüllte Liebe (eBook)
224 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-3074-7 (ISBN)
Dr. John Mordechai Gottman ist US-amerikanischer Psychologe und emeritierter Professor für Psychologie an der University of Washington. Er wurde vor allem durch seine Arbeit über Ehestabilität und Beziehungsanalyse durch direkte Beobachtung bekannt.
Dr. John Mordechai Gottman ist US-amerikanischer Psychologe und emeritierter Professor für Psychologie an der University of Washington. Er wurde vor allem durch seine Arbeit über Ehestabilität und Beziehungsanalyse durch direkte Beobachtung bekannt.
Einleitung
KLEINE DINGE MÖGLICHST OFT
LIEBE. Das ist ein großes Wort – schwer zu definieren und auf den Punkt zu bringen. Die Dichter versuchen es schon seit Jahrhunderten: Sie ist wie eine leuchtend rote Rose (Like a Red, Red Rose) im Lied von Robert Burns. Oder sie ist »ein Markstein unverrückt, der auf den Sturm blickt und den nichts erschüttert« (Shakespeare, Sonett 116). Sie bedeutet Alle Herrlichkeit auf Erden, wie ein klassischer Liebesfilm meint, oder niemals um Verzeihung bitten zu müssen (wie es in dem Film Love Story heißt). Kann es für etwas so Gewaltiges, so Elementares, so Geheimnisvolles, so Individuelles eine Formel geben? Ein »Rezept« für Liebe?
Mit einem Wort: Ja.
Und das Wichtigste, das man über dieses »Liebesrezept« wissen muss, ist: Es ist kurz. Ganz kleine Dosen Liebe, jeden Tag verabreicht, sind alles, was für eine gesunde Beziehung nötig ist. Warum? Weil genau das eine Beziehung ausmacht – nicht eine einmalige große Geste, sondern eine Million winziger Dinge, jeden Tag, ein Leben lang.
Und wir sollten es wissen: Denn seit nunmehr 50 Jahren betrachten wir die Liebe unter dem Mikroskop. Von Johns ersten Forschungsprojekten zu Interaktionen zwischen Ehepaaren an der Indiana University spannt sich der Bogen bis heute, weil wir über das Gottman Institute noch immer direkt mit Paaren arbeiten. Als wir 1990 das Love Lab (das »Liebeslabor«) in Seattle gründeten, wollten wir wissen: Was führt dazu, dass die Liebe Bestand hat? Warum bleibt ein Paar für immer zusammen, während ein anderes auseinandergeht? Und ist es vielleicht sogar möglich, irgendetwas davon mit Daten zu quantifizieren – die Werkzeuge der Wissenschaft und der mathematischen Modellierung für eine Vorhersage darüber zu nutzen, ob ein Paar bis ans Ende seiner Tage glücklich zusammenleben wird?
Seitdem haben wir alle Arten von Paaren – verheiratete und unverheiratete, gleichgeschlechtliche und heterosexuelle, Paare mit und ohne Kinder, frisch verheiratete und erfahrene Eheprofis, die schon Jahrzehnte zusammen verbracht hatten – ins Labor geholt, um die Schlüsselfaktoren zu ergründen, die eine gute Beziehung ausmachen. Wir haben uns jede Facette ihrer Beziehung angesehen – ihre Körpersprache, ihren Gesprächsstil, die Art, wie sie streiten, ihre je eigene und ihre gemeinsame Geschichte, wir haben zugeschaut, wie ihre Herzfrequenz anstieg und wieder abfiel, und den Spiegel der Stresshormone in ihrem Körper gemessen. Wir haben jede ihrer Bewegungen gefilmt und das Bildmaterial bis auf eine Hundertstelsekunde genau analysiert. Wir haben jeden Datenschnipsel gesammelt, den wir erhaschen konnten. Wir haben die Liebe in all ihre kleinen Einzelteile zerlegt, um herauszufinden, was genau sie am Laufen hält. Wie wenn man mit einem Teilchenbeschleuniger zu Forschungszwecken Atome zertrümmert, wollten wir sehen, ob wir die Bausteine der Liebe isolieren könnten.
Und was haben wir daraus gelernt, dass wir die Liebe ins Labor geholt haben?
Eine Menge. Es ist unser Lebenswerk. Und dieses Büchlein wird Ihnen nur einen kleinen Ausschnitt daraus anbieten. Aber wir denken, dass es in vielfacher Hinsicht der wichtigste Ausschnitt ist. In diesem Aktionsplan für sieben Tage, den wir in mundgerechte Häppchen gegliedert haben, werden wir Sie an unseren grundlegendsten Erkenntnissen teilhaben lassen – Sie zu den ersten Schritten anleiten, mit denen Sie eine beständige Liebe aufbauen können. Und hier schon mal vorneweg: Liebe ist eine Praxis. Eher ein Handeln als ein Gefühl. Sie ist etwas, das Sie tun, nicht etwas, das Ihnen einfach zustößt. Und Sie müssen eine tägliche Dosis geben – und bekommen –, um eine gesunde, glückliche Beziehung lebendig zu halten.
Das Überraschende dabei ist, dass es keiner großartigen Gesten bedarf. Es geht nicht um einen Blumenstrauß zum Valentinstag oder einen Last-Minute-Trip nach Paris. Ihr Lieblingsmensch muss auch keine Serenaden vor Ihrem Schlafzimmerfenster trällern. Vielmehr geht es um all die kleinen Dinge, die man häufig macht. Sie kennen doch sicher das Sprichwort »Der Teufel steckt im Detail«? Also, bei Beziehungen steckt stattdessen die Liebe im Detail. Was hier gefragt ist, fällt leicht, wird aber allzu oft vergessen. Wir haben alle schon den Spruch gehört: »Zerbrich dir nicht den Kopf über Kleinigkeiten.« Das mag ein guter Rat für das Leben im Allgemeinen sein, aber in Bezug auf die Liebe ist er zu hundert Prozent falsch. Bei der Liebe geht es überall um die Kleinigkeiten. Und das Kopfzerbrechen lohnt sich.
Der Felsbrocken, der den Lauf eines Flusses veränderte
Mark und Annette hatten beschlossen, sich zu trennen. Der Entschluss war ihnen nicht leichtgefallen – sie waren seit mehr als zehn Jahren verheiratet und hatten eine achtjährige Tochter. Aber etwas war definitiv vorbei, und zwar schon sehr lange. Schritt für Schritt waren die gegenseitige Anziehungskraft, das Interesse füreinander, das gute Miteinander geschwunden. Die Ehe der beiden war langweilig und fade geworden. Sie freuten sich nicht mehr darauf, sich am Ende des Tages zu sehen, wie sie das früher getan hatten; irgendwie endeten die meisten ihrer Interaktionen jetzt mit Spannungen und Reibereien, nicht mit liebevollen Worten. Sie fühlten sich bestenfalls wie Geschäftspartner oder Zimmergenossen, nicht wie ein Liebespaar oder Freunde.
Als allerletzten Rettungsversuch schlug Mark vor, sie sollten einen Therapeuten aufsuchen. Das hatten sie noch nicht probiert. Und Annette meinte: »Warum nicht?« Sie hatten ja nichts zu verlieren.
Der Therapeut hörte sich ihre Geschichte an. Er fragte sie, was ihrer Meinung nach nicht in Ordnung sei und warum sie sich trennen wollten. Im Lauf mehrerer wöchentlicher Sitzungen kamen die Gründe ans Licht: Wir vertragen uns nicht mehr. Haben keinen Sex mehr. Scheinen uns nur noch zu streiten.
Dann sagte der Therapeut eines Tages: »Für das Wochenende habe ich eine Hausaufgabe für Sie.«
Er sagte ihnen, sie sollten etwas tun, das außerhalb ihrer Komfortzone liege. Ihrer eigenen Schilderung zufolge waren Mark und Annette sehr ordnungsliebende Menschen – sie wollten ihr Zuhause picobello sauber und tadellos organisiert haben. Reinlichkeit gehörte zu ihren obersten Prioritäten. Ihre Tochter räumte ihre Spielsachen immer sofort wieder auf, bei ihnen zu Hause lag nie etwas herum. Die Aufgabe, die ihnen der Therapeut gab, lautete: Gehen Sie in den Garten hinter Ihrem Haus, und machen Sie eine Schlammschlacht.
Die beiden waren platt. »Was sollen wir machen?«
»Eine Schlammschlacht«, wiederholte der Therapeut. »Nehmen Sie den Gartenschlauch, machen Sie eine Schlammgrube, ziehen Sie sich alte Klamotten an, und stürzen Sie sich ins Vergnügen. Bewerfen Sie einander mit Schlamm, lassen Sie sich voll darauf ein!«
Zu Hause schüttelte das Paar den Kopf und seufzte. Wirklich Pech, dass sich dieser Therapeut als Idiot entpuppt hatte. Jetzt mussten sie sich einen neuen suchen. Ihre Tochter, die das Gespräch mitbekommen hatte, war anderer Meinung als ihre Eltern.
»Ich finde, es ist eine super Idee!«, rief sie dazwischen.
Die beiden schüttelten wieder den Kopf. Kinder! Das Wochenende kam, und sie fühlten sich – wie gewohnt – angespannt und ohne Verbindung. In ihrer blitzblanken Küche besprachen sie beim Kaffee die Lage: Sollten sie die Therapie aufgeben? Wieder von vorne anfangen und einen neuen Therapeuten suchen? Erneut mischte sich ihre Tochter ein: »Lasst uns doch diese Schlammschlacht machen!«, rief sie. »Los, kommt! Probiert es doch einfach mal aus!«
Sie gab keine Ruhe. Wenn Sie Kinder haben oder welche kennen, wissen Sie, wie hartnäckig sie sein können – und wie laut. Mark und Annette ergaben sich mit erhobenen Händen. »Okay, okay«, sagten sie. »Du hast gewonnen.« Sie zogen alte Klamotten an. Mark kramte ein T-Shirt heraus, das er vor Jahren bei einem Konzert gekauft hatte, als er und Annette noch in der Datingphase waren, nur waren seine Haare inzwischen leicht angegraut, und das Shirt saß um die Mitte ein bisschen stramm. Annette trug schließlich eine alte, fleckige Bluse, die längst aus der Mode gekommen war. Die beiden fühlten sich absolut lächerlich, als sie im Garten herumstanden, während aus dem Schlauch kaltes Wasser in einen Haufen Erde strömte. Aber ihre Tochter sah sie erwartungsvoll und aufgeregt an: Was sollten sie also jetzt machen? Mark bückte sich und nahm eine Handvoll kalten Matsch, zögerte dann jedoch. Annette nutzte diesen Moment dazu, Schlamm in seine Richtung zu werfen. Jetzt waren seine Wangen dunkel gesprenkelt. Dadurch provoziert, warf er eine Handvoll Matsch nach ihr; sie schrie auf und bückte sich nach neuem Schlamm; ihre Tochter schaufelte mit beiden Händen ganze Berge von Matsch auf, und es dauerte nicht lange, bis eine gewaltige Schlammschlacht im Gange war. Bald konnten sie sich vor Lachen nicht mehr halten, warfen wild mit Matsch um sich, rutschen darin aus, fielen hinein und kugelten sich darin. Am Ende hielten sie sich in den Armen, lachten und küssten sich. Sie hatten sich einander noch nie so nahe...
Erscheint lt. Verlag | 25.4.2024 |
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Übersetzer | Christa Broermann |
Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Partnerschaft / Sexualität |
Schlagworte | 7 Tage • bewältigen • Beziehung • Ehe • Kommunikation • Konflikte • Krise • Liebe • Lösung • Paare • Probleme • Sprechen • Woche |
ISBN-10 | 3-8437-3074-1 / 3843730741 |
ISBN-13 | 978-3-8437-3074-7 / 9783843730747 |
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