solo, selbst & ständig (eBook)
240 Seiten
Kösel (Verlag)
978-3-641-30172-9 (ISBN)
»Ich habe gelacht, geweint und immer wieder gedacht: Dieses Buch ist eine Pflichtlektüre - nicht nur für Alleinerziehende!« Sara Buschmann, Gründerin von Solomütter
Eine Trennung mit Kind stellt eine immense Herausforderung dar. Die meinungsstarke Journalistin und Autorin Anne Dittmann weiß, wovon sie spricht - und gibt einfühlsam und ermutigend Orientierung. Sie holt Betroffene da ab, wo sie während oder nach einer Trennung stehen: mit all ihren Fragen, Problemen, Unsicherheiten und Gefühlen - und den mit einer Trennung einhergehenden Vorurteilen und Benachteiligungen in unserer Gesellschaft. Anne Dittmann formuliert klar, was Alleinerziehende wirklich brauchen, und zeigt Schritt für Schritt, welche Hebel auf individueller wie auf struktureller Ebene gezogen werden können und müssen, um das Leben von Alleinerziehenden zu verbessern.
Sie liefert mit ihrem Wut- und Mutmachbuch allen Allein- und Getrennterziehenden eine kenntnis- und faktenreiche Begleitung, angereichert mit persönlichen Erfahrungen rund um ihre eigene Trennung mit Kind und wertvollem Input aus ihrer großen Community: Über das Trennen und Kümmern. Über Geld, Arbeit und Gesundheit. Über das Daten und die Liebe. Und über das Träumen und Leben als Alleinerziehende.
Dieses Buch gibt Allein- und Getrennterziehenden eine Stimme, liefert konkrete Erste-Hilfe-Tipps, die richtigen Ventile für Frust und Ängste und bietet Halt, Trost und Bestärkung in einer neuen Lebensphase.
Anne Dittmann ist Spiegel-Bestseller-Autorin, Podcasterin und schreibt als Journalistin über familienpolitische Themen, u.a. für ZEIT Online, die Süddeutsche Zeitung und die Brigitte. Insbesondere auf Instagram hat sie eine starke Community rund um das Thema allein- und getrennt erziehende Mütter aufgebaut. Sie lebt mit ihrem Kind in Berlin.
TRENNUNGEN
TRENNUNGEN
TRENNUNGEN
TRENNUNGEN
Der 13. August 2016 sollte eigentlich die perfekte Samstagsödnis werden. Ich hatte den Tag mit meinem Kleinkind an einem Berliner See verbracht. Eis essen, Sandburgen bauen, die Füße durchs Wasser ziehen und später Abendbrot zu dritt – mehr sollte nicht passieren. Als mein Kind und ich wieder zu Hause ankamen, hatte die Sonne ihren Zenit längst hinter sich gelassen. Ich rief ein »Hallooo« durch die Wohnung und verschwand mit dem Kleinen direkt im Badezimmer, um die Sandreserven von seinem Körper zu waschen. Ich wunderte mich nicht darüber, dass mein Freund dreimal kurz hintereinander am Bad vorbeiging; hin und her und wieder hin, ehe er schließlich auf uns zukam. Er hockte sich neben mich, seine Augen waren rot unterlaufen. »Was ist denn los?« – »Ich kann das mit uns nicht mehr.« Seine Stimme brach, aber sein Blick war fest. Was auch immer er da gerade tat, es kostete ihn offensichtlich unendlich viel Kraft. Macht er etwa gerade mit mir Schluss? Mir fiel die zerknautschte Badeente meines Kindes aus den Händen. Ihr Hohlkörper zog quietschend Luft ein, dann hörte ich das dumpfe Klatschen kleiner Hände und ein glucksendes »Nommaaal!«. Natürlich, unser Kind saß immer noch in der Badewanne, direkt neben uns. Ich bin einigermaßen multitaskingfähig, aber sich um mein kleines Kind zu kümmern und nebenbei kompetent auf den Trennungswunsch seines Vaters einzugehen, schien mir definitiv unvereinbar.
Ich hatte keine Ahnung, wie ich mich verhalten sollte. Ich hatte mir keinen Plan zurechtgelegt, weil ich nicht einmal geahnt hatte, dass sich diese Situation womöglich anbahnte. Es gab keine sich wiederholenden Diskussionen über Dinge, die uns grundsätzlich aneinander nervten. Wir hatten gerade erst das bekanntermaßen stressige erste Babyjahr überstanden, mit schlaflosen Nächten und strapazierten Nerven und allem, was andere Paare eben auch durchmachten. Und wir machten zuversichtlich Pläne. Wir wollten zwei bis vier Kinder, uns in der Arbeit verwirklichen, heiraten. Wir teilten alles partnerschaftlich 50:50, auch die Elternzeit. Wir waren beide bei alleinerziehenden Müttern aufgewachsen und sehnten uns nach dem Mutter-Vater-Kind-Familienidyll. Wir wollten es besser machen. Wir lasen Elternratgeber, ich mehr als er, und keiner von ihnen hatte mich darauf vorbereitet, dass der Vater meines Kindes irgendwann plötzlich zu mir kommen und unsere Zukunftspläne zu Luftschlössern erklären würde. Nirgends hatte ich gelesen, was dann zu tun ist, wie man reagiert. Und selbst wenn, ich hätte die Seiten im Ratgeber sowieso übersprungen, weil ich sicher war, dass dieser liebe, nette, gute Kerl mich niemals einfach verlassen würde – erst recht nicht, seit wir ein Kind hatten. Trifft auf uns nicht zu, hätte ich gedacht und Schultern zuckend umgeblättert.
Was sollten Eltern auf keinen Fall tun, wenn sie sich trennen? Das Kind zusehen lassen, dachte ich. Ich zwang meine Mundwinkel nach oben und reichte unserem Kind die Badeente. Dein Kind versteht die Worte noch nicht, aber es hört, wenn du schreist, und sieht, wenn du weinst, dachte ich. Auf keinen Fall wollte ich meinem Kind schaden. Durchatmen, Anne.
Meine erste Kindheitserinnerung ist der Moment, in dem sich meine Eltern trennen: Ich bin drei Jahre alt, und die Tür zum Wohnzimmer steht einen Spalt weit offen. Von meinem Bett aus kann ich die Stimme meiner Mutter hören. Sie klingt mal empört, mal erschöpft, dann weint sie. Meine Mutter hat zu diesem Zeitpunkt zwei Kinder, meinen fünfjährigen Bruder und mich. Sie arbeitet in Vollzeit bei einer Elektrofirma und gibt wie immer alles. Sogar mit gebrochenem Arm hat sie noch Waschmaschinen in einen Transporter verladen. Sie ist eine kräftige, anpackende Frau. Aber der Tag hat nur 24 Stunden, und unsere Wohnung ist manchmal chaotisch. An diesem Abend streiten meine Eltern eine ganze Weile, weshalb ich denke, dass sie Hilfe brauchen – meine Hilfe. Also steige ich aus meinem Bett und laufe in den Flur, aber vor der Wohnzimmertür bleibe ich stehen. Ich habe keine Ahnung, wie ich ihnen helfen kann; in meiner Vorstellung stürme ich ins Wohnzimmer wie eine Superheldin und rufe »Hört auf zu streiten!«, und dann würden sie es einsehen und sich vertragen. Aber was, wenn nicht? Würden sie sauer auf mich werden? Ich stehe eine Weile vor der Tür und hadere mit mir, ehe ich schließlich mit einem Gefühl der Ohnmacht zurück ins Bett tapse. Ich kann ihnen nicht helfen.
23 Jahre später wünschte ich mir, dass mein Kind diese Ohnmacht nicht fühlen muss. »Können wir darüber später in Ruhe sprechen?« – er schüttelte den Kopf. »Können wir eine Paartherapie machen?« – wieder Kopfschütteln. »Das bringt nichts, Anne.« Ich konnte nichts tun, er hatte ohne mich entschieden. Während ich noch versuchte, meine Gedanken zu sortieren, ging er schon ins Schlafzimmer, packte ein paar Sachen in seinen Rucksack und schloss leise die Wohnungstür hinter sich. Weg war er. Zack – so schnell kann man alleinerziehend werden.
Meine Geschichte ist eine von 2,6 Millionen in Deutschland, so viele Alleinerziehende leben hier. Manche würden sich eher als getrennterziehend bezeichnen, weil sie sich nach der Trennung die Kinderbetreuung mit dem anderen Elternteil teilen. Aber für sie gibt es in Statistiken meist keine eigene Zuordnung, deshalb werde ich sie nur gesondert benennen, wenn es auf die Unterschiede ankommt, ansonsten nutze ich den Begriff »alleinerziehend«. Und mittlerweile ist es knapp sieben Jahre her, dass ich eine von ihnen wurde. Das größte Problem von Alleinerziehenden und der Grund, warum ich dieses Buch schreibe: Wir sind eine sehr stille Gesellschaftsgruppe, wir haben keine Zeit für regelmäßigen Austausch oder Protest. Alleinerziehende verbringen mehr Zeit auf Arbeit als Mütter in Paarbeziehungen, denn ihre Lebenshaltungskosten müssen sie allein aufbringen. Haushalt und Kinder, Einkäufe, Zahnarzttermine und Elternabende füllen den Rest der Woche, sodass soziale Kontakte nicht selten zu kurz kommen. In meinen ersten Jahren als Alleinerziehende fühlte ich mich oft isoliert und überlastet, sodass ich regelmäßig um zwanzig Uhr mit meinem Kind einschlief. Leben war das nicht. Eher Überleben. »Es tut mir leid, ich schaffe gerade gar nichts, außer überleben«, schreibt auch die Journalistin und Autorin Mareice Kaiser in Das Unwohlsein der modernen Mutter als Antwort auf all die beruflichen und sozialen Erwartungen, denen sie nicht gerecht werden kann.1 Kaiser hatte das Manuskript für ihr Buch zuerst einem Verlag angeboten, der es mit der Begründung ablehnte: »Wir fürchten, dass die Kernzielgruppe […] zu wenig Zeit hat, um zum Buch zu greifen«.2 Ein Fehler, wie sich bald herausstellte: Kaisers Buch wurde bei einem anderen Verlag zum Bestseller. Offenbar liest die Zielgruppe doch – die Geschichten von anderen getrennten Eltern zu lesen ist für Alleinerziehende eine effiziente Art, sich auszutauschen und zu protestieren. Und es hilft ihnen, sich wohler zu fühlen.
Wenn Alleinerziehende einander Geschichten erzählen, bestätigen sie damit auch ihre Wahrnehmung: Nach meiner Trennung gab es zwei, drei Bücher von anderen getrennten Eltern – bis heute sind nur etwa eine Handvoll dazugekommen. Es erleichterte mich, dass ich mich in diesen Geschichten wiederfinden konnte. Warum das so wichtig ist? Weil Alleinerziehenden ständig mit Vorurteilen und Unverständnis begegnet wird – bei der Wohnungssuche, im Kindergarten, in der Schule, bei der Arbeit. Ich erinnere mich an eine verheiratete Arbeitskollegin, die zu mir sagte, sie habe nicht nur ein Kind, sondern zwei und schaffe es trotzdem, Vollzeit zu arbeiten und Karriere zu machen. Die Übersetzung im Unterton: »Vereinbarkeit ist möglich, aber dafür muss man schon auch was tun. Wenn aus dir nichts wird in dieser Firma, dann nur, weil du dich nicht genug anstrengst.« Dass ihr Mann in Teilzeit arbeitete, blendete sie aus. Was solch ein Umgang mit Alleinerziehenden – auch unbeabsichtigt – macht? Er belegt sie mit einer Reihe negativer Charaktereigenschaften, etwa: unzuverlässig, unflexibel, inkompetent oder faul. Nach dem Motto: Hart arbeiten? Wollen sie nicht wirklich. Dafür in ihrer »selbst gewählten Opferrolle« jammern. Das macht sie zu unattraktiven Angestellten, Kolleg*innen, Freund*innen, und gute Mütter können sie dann wohl auch nicht sein. Kein Wunder, dass Alleinerziehende ein niedrigeres Selbstwertgefühl haben. Und absurd zugleich: Sie wuppen schließlich Sorgearbeit und Haushalt allein und arbeiten mehr als Eltern in Paarbeziehungen.
Was Alleinerziehende in unserer Gesellschaft tagtäglich erleben, würde in einer Beziehung längst als Gaslighting bezeichnet werden, eine Form der psychischen Gewalt: Wer eine andere Person gaslightet, manipuliert sie mit Vorwürfen, verdrehten Tatsachen, Lügen – bis sie das Gefühl hat, dass ihre eigene Wahrnehmung falsch ist, oder sogar denkt, verrückt zu sein. Weil ständig suggeriert wird: Das, was du denkst und tust, ist falsch, und deine Gefühle sind ganz anders, wenn du wirklich ehrlich mit dir wärst. Während also Alleinerziehende spüren, dass sie erschöpft sind, wird ihnen suggeriert, faul zu sein und sich auf Sozialleistungen auszuruhen. Während sich Eltern trennen, womöglich auch, um ihre Kinder zu schützen, wird ihnen unterstellt, egoistisch zu sein und die Bedürfnisse der Kinder zu ignorieren. Das ist Gaslighting auf hohem Niveau. Leisten Alleinerziehende dadurch mehr?...
Erscheint lt. Verlag | 26.4.2023 |
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Zusatzinfo | Durchgehend zweifarbig, mit Illustrationen |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Familie / Erziehung |
Schlagworte | 2023 • Beziehung • Beziehungsratgeber • Bindungsangst • Burnout • eBooks • Ein-Eltern-Familie • Eltern • Empathie • Entspannung • Erziehung • Erziehungsratgeber • Familienrecht • Feminismus • Finanzbuch • Finanzen • finanzielle Intelligenz • Gefühle • Gelassenheit • Geld • Gesundheit • getrennt erziehen • Glücklich sein • Hassliebe • Kindererziehung • Liebe • Mama-Burnout • Mental Load • Mentaltraining • Mindfulness • Mindset • Mutter sein • Neuerscheinung • Neuerscheinung 2023 • Paartherapie • Patchwork • Psychologie • Ratgeber • Residenzmodell • Resilienz • Scheidung • Selbständig • Selbstbewusstsein • selbstbewusstsein stärken • Selbstliebe • Selbstreflexion • Selbstvertrauen • Single-Mom • Solomütter • Sorgerecht • Sorgerechtsstreit • Soziologie • starke Mütter • Stress • toxische Beziehungen • Trennung • Trennung der Eltern • Trennungskinder • Umgangsregelung • Wechselmodell • Wut |
ISBN-10 | 3-641-30172-6 / 3641301726 |
ISBN-13 | 978-3-641-30172-9 / 9783641301729 |
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