Radsport (eBook)
224 Seiten
Meyer & Meyer (Verlag)
978-3-8403-3799-4 (ISBN)
Sven Bremer, 1963 in Bremen geboren, ist seit 2003 als freier Journalist für verschiedene Zeitungen und Magazine tätig. Als Autor hat er Geschichten und Bücher über Fußball und Radsport sowie zahlreiche Reiseführer geschrieben.
Sven Bremer, 1963 in Bremen geboren, ist seit 2003 als freier Journalist für verschiedene Zeitungen und Magazine tätig. Als Autor hat er Geschichten und Bücher über Fußball und Radsport sowie zahlreiche Reiseführer geschrieben.
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RADSPORTGESCHICHTE
Kaum waren die ersten Zweiräder mit Kurbeln und Pedalen erfunden worden, begannen die Menschen, sich zu messen. Schon in den 1860er-Jahren fanden die ersten Bahnrennen, aber auch die ersten Straßenrennen statt – zum Teil auf diesen abstrusen Maschinen, bei denen das Vorderrad fast doppelt so groß war wie das Hinterrad. Die ersten Straßenrennen Ende des vorletzten Jahrhunderts waren lang. Für die 1.200 Kilometer lange Strecke von Paris nach Brest und wieder zurück brauchte der Sieger Maurice Garin rund 52 Stunden.
2.1DIE ENTWICKLUNG DES FAHRRADS
Von Karl von Drais bis zu den ersten Radrennen
Über die Erfindung des Rads besteht unter Historikern ein wenig Uneinigkeit. Aber es ist anzunehmen, dass es die ersten Räder bereits um 4.000 bis 5.000 vor Christus gab. Und man muss sich schon ein bisschen wundern, dass es bis ins Jahr 1817 nach Christus dauerte, bis ein gewisser großherzoglich-badischer Karl Friedrich Christian Ludwig Freiherr von Drais ein zweirädriges Gefährt präsentierte, bei dem man sich mit den Füßen vom Boden abdrücken musste. Auch wenn man solche Maschinen heutzutage eher als Laufräder für die Kleinsten kennt, Karl von Drais Gefährt war der Urtypus des modernen Fahrrads. Den Menschen war das nicht wirklich geheuer, diese beiden Räder hintereinander. Wie sollte man das balancieren? Und es sah wahrlich auch nur bedingt galant aus, wie Drais einst mit seinem ziemlich klobigen Prototypen über die Landstraße von Mannheim nach Schwetzingen rumpelte.
Aber irgendwie Eindruck machte das Gerät des Herrn von Drais dann schon, zumal er bald darauf auch noch die hügelige Strecke von Gernsbach bis Baden-Baden zurücklegte. Das Badwochenblatt schrieb damals, Drais habe „mit der nemlichen Maschine den steilen, zwey Stunden betragenden Gebirgsweg von Gernsbach hieher in ungefähr einer Stunde zurückgelegt, und auch hier mehrere Kunstliebhaber von der großen Schnelligkeit dieser sehr interessanten Fahrmaschine überzeugt“.
Das mag Ansporn gewesen sein für den erfinderischen Freiherrn, genützt hat es ihm nicht. Viele seiner lizensierten Laufmaschinen konnte Drais nicht verkaufen, vielmehr wurden weltweit Kopien gebaut von seinen Laufmaschinen, die später von den Medien auch als „Draisinen“ bezeichnet wurden.
Es erging ihm auch sonst nicht wirklich gut. Als Anhänger der badischen Revolution entsagte er 1849 seinen Privilegien als Adliger und bekannte sich zur Demokratie. Aus Karl von Drais wurde der Bürger Karl Drais. Doch die Revolution scheiterte und der Fahrraderfinder kam nicht mehr in die Spur. Er wurde enteignet, beinahe entmündigt, er trank zu viel. Drais starb am 10. Dezember 1851 in Karlsruhe als armer Mann. Neben den 30 Gulden und 34 Kreuzern gehörten zu seinem Nachlass eine Kochmaschine, ein Ofenmodell, eine Schnellschreibmaschine und eine seiner Laufmaschinen. Es war ein bitteres Ende, das der Urvater des modernen Fahrrads erleben musste.
1868 meldete der Franzose Eugène Meyer ein Laufrad mit radialen Speichen an, ehe es gut vierzig Jahre dauerte, bis Pierre und Ernest Michaux die Tretkurbeln entwickelten und sie an ihrer „Michauline“ präsentierten. Ein Meilenstein der Entwicklung hin zum modernen Fahrrad war das sogenannte Sicherheitsniederrad, das der Brite John Kemp Starley 1884 präsentierte: ein Gefährt mit zwei gleich großen Reifen, Direktlenkung, Kettenantrieb und Gangschaltung.
Drei Jahre später erfand der irische Tierarzt John Boyd Dunlop eher aus Versehen den Luftreifen. Um es genau zu nehmen, verbesserte er auch nur die Idee des Engländers Robert William Thomson, der gut 40 Jahre zuvor schon mal etwas Ähnliches vorgestellt hatte. Aber erst Dunlops Weiterentwicklung führte zu dem mit Luft gefüllten Reifen, der im Grunde genommen immer noch gefahren wird. 1889 gewann der irische Rennfahrer Willie Hume das erste Radrennen mit einem Fahrrad, dass mit Dunlops Pneus ausgestattet war.
2.2DIE ERSTEN RADRENNEN
Die Geschichte des Radsports hatte allerdings bereits rund 30 Jahre zuvor begonnen. Im Park de Saint-Cloud vor den Toren von Paris veranstalteten 1868 ein paar Radsportverrückte die ersten Rennen auf einer Erdbahn mit leicht erhöhten Kurven. Als erster Sieger eines solchen 1.200 Meter langen Bahnrennens galt lange Zeit der Brite James Moore, der 1853 mit seinen Eltern aus England nach Frankreich eingewandert war. Später ergaben Recherchen, dass Moore zwar einige dieser Rennen für sich entscheiden konnte, das allererste Rennen überhaupt aber gewann wohl ein gewisser Monsieur oder auch Signore Polocini. Die Pioniere in Sachen Bahnradsport fuhren zunächst überwiegend auf Michaulinen, auf Fahrrädern also, bei denen das Hinterrad beinahe nur halb so groß war wie das Vorderrad.
Die ersten Radrennen auf der Straße gab es ebenfalls in den 1860er Jahren. 1869 gewann jener James Moore ein 123 Kilometer langes Rennen von Paris nach Rouen, in einer Zeit von 10:45 Stunden. Die Menschen waren angetan von diesen Radrennen, allerdings setzten sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts eher die Bahnrennen als die Rennen auf der Straße durch. Die Erklärung liegt auf der Hand. Bei einem 100 Kilometer langen Rennen erlebten die Zuschauer längst nicht so viel von den Heroen der Landstraße als von denen auf der vielleicht 500 Meter langen Bahn.
Die Bahnrennen wurden in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts enorm populär: Sowohl in den USA als auch in Europa wurden zahlreiche Radrennbahnen gebaut. Kurz vor der Jahrhundertwende hatte man allein in Deutschland weit mehr als 50 Radrennbahnen aus dem Boden gestampft. Deutschlands erste Bahn errichtete der Münchner Velociped-Club in der bayrischen Landeshauptstadt, das erste nationale Rennen fand dort am 26. Juni 1880 statt. 1885 wurde die Radrennbahn Andreasried in Erfurt errichtet, zunächst als Sandbahn, 1899 wurde sie als Bahn mit einer Betonpiste und vier Meter hohen Steilkurven ausgebaut. Die Bahn im Erfurter Norden gilt als die älteste Radrennbahn der Welt, auf der noch heute Rennen stattfinden.
1893 bereits wurde in Chicago die erste Weltmeisterschaft für Steher und Sprinter ausgetragen, ein Wettbewerb für reine Amateure. Zwei Jahre später fand auf der Radrennbahn am Zoologischen Garten zu Köln (Riehler Radrennbahn) die erste Bahn-WM für Berufsradfahrer statt. Die Veranstaltung wurde allerdings zum Politikum. Die deutschen Gastgeber wollten das sportliche Spektakel mit den Feiern zum 25. Jahrestag des Sieges über Frankreich im Deutsch-Französischen Krieg verbinden; dies führte dazu, dass die Franzosen und Fahrer einiger anderer Länder ihre WM-Teilnahme absagten.
Wiederum ein Jahr später zählten sechs Radsport-Wettbewerbe zum Programm bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit in Athen. Fünf davon wurden auf der Bahn des Velodroms Neo Faliro ausgetragen – wo übrigens auch die olympischen Tennismatches stattfanden. Die olympischen Bahnwettbewerbe von 1896 waren der Sprint (zwei Kilometer), das 333,3-Meter-Zeitfahren (so lang war genau eine Runde), das Zehn-Kilometer-Rennen, das 100-Kilometer-Rennen sowie das Zwölf-Stunden-Rennen. Vergeben wurden damals Silbermedaillen für den Sieger, Bronze für den Zweitplatzierten, während der Dritte leer ausging.
Das älteste heute noch stattfindende Straßen-Radrennen dürfte Mailand-Turin sein, erstmals ausgetragen 1876, regelmäßig fand es aber erst ab 1911 statt und deshalb gilt Lüttich-Bastogne-Lüttich mit der Erstaustragung 1892 als ältestes Radrennen der Welt. Es ist bis heute eines der wichtigsten Eintagesrennen im Kalender der WorldTour. Der Klassiker in der Wallonie war mit deutlich unter 300 Kilometern für die damaligen Verhältnisse eher kurz und auch eigentlich nur als eine Art Trainingsrunde geplant. Andere Rennen wie Paris-Brest-Paris mit ihren unfassbaren 1.200 Kilometern seit 1891 oder auch das 1988 letztmals ausgetragene Bordeaux-Paris mit 600 Kilometern waren deutlich länger. Mit Paris-Roubaix (1896), der Lombardei-Rundfahrt (1905), Mailand-San Remo (1907) und der Flandern-Rundfahrt (1913) ließen die Premieren der sogenannten Monumente des Radsports nicht lange auf sich warten. Und bereits 1903 wurde mit der Tour de France das erste Etappenrennen aus der Taufe gehoben; sechs Jahre später starteten Rennfahrer erstmals beim Giro d’Italia.
2.3SHIMANO, CAMPAGNOLO & CO.
Dura Ace versus Super Record
Drei Marken beherrschen den Weltmarkt bei den Rennrad-Komponenten. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein. Die italienische Traditionsschmiede Campagnolo, der bereits vor 100 Jahren gegründete japanische Branchenriese Shimano und die verhältnismäßig junge US-amerikanische Firma SRAM. Jahrzehntelang herrschte zwischen den Campagnolo-Jüngern und den Nutzern von Shimano eine Art Glaubenskrieg.
Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts testete der Franzose Paul de Vivie die erste Kettenschaltung mit einem Umwerfer für zwei verschiedene...
Erscheint lt. Verlag | 20.6.2022 |
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Verlagsort | Aachen |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Sport ► Motor- / Rad- / Flugsport |
Schlagworte | bahnrad • Eintagesrennen • Fahrrad • giro • Hobby • Profi • Rennrad • Rennradsport • Rennstall • rundfahren • Tour de France • Training • Verkehr |
ISBN-10 | 3-8403-3799-2 / 3840337992 |
ISBN-13 | 978-3-8403-3799-4 / 9783840337994 |
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