Zen und das alltägliche Wunder (eBook)
256 Seiten
O.W. Barth eBook (Verlag)
978-3-426-46551-6 (ISBN)
Charlotte Joko Beck (1917-2011) wurde in New Jersey geboren, studierte am Oberlin-Konservatorium und gründete eine Familie. Als ihre Ehe scheiterte, ernährte sie sich und ihre vier Kinder durch ihre Tätigkeit als Lehrerin, Sekretärin und später als Verwaltungsassistentin einer großen Universität. Mit über vierzig begann sie unter der Anleitung von Maezumi Roshi den Zen-Übungsweg zu gehen. Schließlich wurde Joko zur dritten Dharma-Erbin Maezumi Roshis ernannt und zog 1983 in das Zen-Zentrum von San Diego. Ihre Bücher 'Zen im Alltag' und 'Einfach Zen' wurden Weltbestseller.
Charlotte Joko Beck (1917-2011) wurde in New Jersey geboren, studierte am Oberlin-Konservatorium und gründete eine Familie. Als ihre Ehe scheiterte, ernährte sie sich und ihre vier Kinder durch ihre Tätigkeit als Lehrerin, Sekretärin und später als Verwaltungsassistentin einer großen Universität. Mit über vierzig begann sie unter der Anleitung von Maezumi Roshi den Zen-Übungsweg zu gehen. Schließlich wurde Joko zur dritten Dharma-Erbin Maezumi Roshis ernannt und zog 1983 in das Zen-Zentrum von San Diego. Ihre Bücher "Zen im Alltag" und "Einfach Zen" wurden Weltbestseller.
Vorwort
Von Jan Chozen Bays
Charlotte Joko Beck war ein einzigartiger Mensch. Noch jenseits der vierzig schlug die damalige Sekretärin ganz neue Wege ein und wurde zur wagemutigen Vorreiterin. Sie war immer ganz vorn dabei, wenn es darum ging, neue Möglichkeiten zu erproben, wie sich sowohl geistige als auch körperliche Gesundheit verbessern ließe. Ich selbst gehörte zu einer Gruppe neuerer Schülerinnen und Schüler, die sich am Zen Center Los Angeles ihrer Führung anvertraut hatten.
Sie hatte die Gabe, Menschen zu begeistern und mitzureißen. Einmal nahm sie zum Beispiel an Werner Erhards EST-Training teil1, und Dutzende am Zen-Center taten es ihr gleich. Sie kaufte sich ein kleines Trampolin, und so sah man, wenn man zu ihrem Zimmer hinaufschaute, wie ihr Kopf im Fenster auftauchte und wieder verschwand, während sie sprang. Auch von dieser Übung – dazu gedacht, den »Lymphfluss zu verbessern« – ließen sich einige von uns »anstecken«. Sie begann mit Nordic Walking, wozu sie sich sogar Gewichte anlegte, und kurz darauf sah man auch viele von uns so durch die Straßen laufen. In höherem Alter legte sie sich ein professionelles Pilates-Gerät zu und ließ sich von einem Personalcoach trainieren, da sie dem Zentrum nicht zur Last fallen wollte. Damals war sie achtzig. Als ich sie zu dieser Zeit nach vielen Jahren das erste Mal wiedersah, war ich überwältigt: Sie schien den Alterungsprozess umgekehrt zu haben, sie bewegte sich eleganter und sprach mit größerer Klarheit als je zuvor. Noch als über Neunzigjährige hat sie unterrichtet.
Als ich sie kennenlernte, arbeitete sie noch als Verwaltungskraft am Fachbereich Chemie der University of California in San Diego, aber in Wahrheit schien sie das Fachgebiet mit seinen etwas eigensinnigen Professorinnen und Professoren von ihrem Schreibtisch aus zu leiten. Sie erzählte uns, dass die Leute, wenn der Dekan außer Haus war, bei ihr Schlange standen, weil sie mit ihr reden wollten. Und sie fügte an: »Damals habe ich viel darüber gelernt, wie man Menschen therapeutisch helfen kann.« Joko hatte sich von ihrem gewalttätigen Mann getrennt und lebte als alleinerziehende Mutter von vier Kindern. Ihr Ex-Mann, ein psychisch kranker Professor, hätte sie um ein Haar umgebracht; sie verdankte ihr Leben allein der Tatsache, dass ihr Nachbar damals zufällig vorbeigeschaut hatte. Dank dieser Erfahrungen blieb sie glücklicherweise angesichts der Klagen einiger Schülerinnen und Schüler stets unbeeindruckt; die Härten in ihrem eigenen Leben hatten sie gelehrt, was wirklich zählt.
Jokos Interesse am Zen wurde entfacht, als sie ein öffentliches Gespräch zwischen einem Zen-Meister und einem christlichen Geistlichen besuchte. Sie war von der Souveränität und Präsenz des Zen-Lehrers Maezumi Roshi (damals Maezumi Sensei) derart berührt, dass sie seine Schülerin wurde. Damals war sie Ende vierzig.
Eine andere Quelle der Inspiration war ihr eine enge Freundin, die an Krebs erkrankt war. Diese Freundin hatte acht Kinder und meditierte in einer kleinen Kammer, in der auch die Waschmaschine und der Wäschetrockner standen – dem einzigen Ort in ihrer Wohnung, an dem sie etwas Ruhe hatte. Joko war nicht nur von der Hingabe, mit der ihre Freundin praktizierte, inspiriert, sondern auch von dem Engagement, mit dem diese sich selbst in den letzten Tagen ihres Lebens um die Menschen um sie herum kümmerte. Joko war überzeugt, dass sie deswegen auf die Schmerzmittel verzichtete, weil sie ihre Meditationspraxis aufrechterhalten und vermeiden wollte, dass die Medikamente ihren Geist trübten – und so hielt sie es selbst im Prozess ihres äußerst friedlichen Todes. Joko war bei ihr, als sie den Übergang aus diesem Leben vollzog und »zu einem einzigen Strahlen« wurde. Diese Erfahrung hat Joko zutiefst beeindruckt und geprägt. Als sie anschließend über Stunden am Strand spazieren ging, wurde ihr bewusst, dass sie jegliche Angst vor dem Tod verloren hatte.
Sie wurde Mitglied einer Meditationsgruppe in San Diego, die sich im Laufe der Jahre entwickelte: Andere aus ihrem Bekanntenkreis stießen dazu, darunter einige Wissenschaftler und Studierende ihrer Universität. Joko war eine entschlossene Praktizierende und begann, an Sesshins (strengen Meditationsretreats) unter der Leitung von Yasutani Roshi und Soen Roshi teilzunehmen. Ihre Töchter begleiteten sie zu diesen intensiven Zen-Klausuren, um mit ihrer Mutter zusammen sein zu können, auch wenn es im Schweigen war. Nachdem Maezumi Roshi sein eigenes Zentrum gegründet hatte, fuhr sie jeden Sonntag für einen Dokusan – ein privates Gespräch – zwei Stunden ins nördlich gelegene Los Angeles, um sich anschließend auf den ebenso langen Rückweg zu machen. Als sie in Rente ging, zog sie in das Zen-Center ihres Meisters, um »Vollzeit« zu praktizieren.
Eine nach dem anderen folgten wir ihr nach Norden und gründeten eine sehr lebendige Zen-Gemeinschaft, eine interessante Mischung aus Hippiekommune und Zen-Kloster, einen Ort für junge Leute, die wild auf Erleuchtung waren. Wieder einmal standen die Menschen Schlange, diesmal im Gang vor Jokos Wohnung, und wollten mit ihr sprechen. Sie wurde ordiniert, bekam bald darauf die Dharma-Übertragung2 und wurde zu einer sehr geschätzten und geliebten Lehrerin. Später erzählte sie, Maezumi Roshi habe sie trotz ihres recht unorthodoxen Zugangs zur Praxis zur Lehrerin gemacht, da er gesehen habe, wie sehr sich die Menschen von ihr angezogen fühlten. Jokos unverrückbarer Fokus auf die Praxis war ansteckend, und viele von denen, die mit ihr in San Diego und Los Angeles praktiziert hatten, wurden später selbst Lehrerinnen und Lehrer mit eigenen Zentren.
Sie lebte und lernte bereits sechs Jahre im Zentrum, als bekannt wurde, dass Maezumi Roshi sich hatte Verfehlungen zuschulden kommen lassen. Joko brach die Verbindung zu ihm umgehend ab und zog zurück nach San Diego, wo sie die Ordinary Mind School gründete. Ihr Lehrstil war direkt, voll tiefer Einsichten, bestechend einfach und sachlich, manchmal auch ironisch. Vielleicht zuckte man bei dem einen oder anderen Hinweis innerlich zusammen, doch man wusste, dass sie wieder einmal den Nagel auf den Kopf getroffen und eine lieb gewonnene »Konditionierung«, die einem im Grunde doch nur Leiden bereitete, entlarvt hatte.
Joko war die Erste, von der ich ganz praktische Anweisungen zu dem hörte, was heute als »Achtsamkeitspraxis« in aller Munde ist. Sie sagte Dinge wie: »Wenn ihr Geschirr abspült, dann spült nur ab. Spürt die Wärme des Wassers, spürt, wie sich die Seife anfühlt und der Teller in eurer Hand.« Sie machte aus Zen-Ritualen alltägliche Praktiken. Im vorliegenden Buch adaptiert sie beispielsweise die Zen-Praxis des Kinhin (das langsame Gehen zwischen langen Sitzungen des stillen Sitzens), indem sie einem erschöpften, überarbeiteten Arzt rät, den Gang immer achtsam entlangzulaufen und dabei zu entdecken, wie erholsam dies für seinen Körper und seinen Geist sein kann.
In einer Sesshin mit Yasutani Roshi öffnete sich Joko das erste Mal gegenüber dem, was sie fortan »wirkliches Leben« nannte. Später erzählte sie, es sei »furchtbar« gewesen. Einer ihrer Freunde berichtete, sie habe ihn von da an auf ihren Spaziergängen, bei denen sie über Zen sprachen, oft intensiv angestarrt, mit dem Finger auf ihn gezeigt und gesagt: »Das ist nicht wirklich.« In einer anderen Sesshin hatte sie Einblick in die Leerheit aller Phänomene. Es machte sie wütend. Sie ging zu ihrem nächsten Dokusan, schrie, alles sei leer, und warf mit einer kleinen Lampe nach dem Roshi. Als guter Zen-Lehrer duckte dieser sich nur, sagte: »Gewöhn dich daran«, und läutete mit seiner Handglocke, was bedeutete, dass ihr Gespräch zu Ende war.
Auch wenn Joko oft als psychologisch orientierte Zen-Lehrerin bezeichnet wird, war sie der Überzeugung, dass Therapie nicht zur letztendlichen Befreiung vom Leiden führe. »Therapie gibt Linderung, Sitzen schenkt Freiheit«, pflegte sie zu sagen. »Wenn wir lange und intensiv genug praktizieren und unsere Konditionierungen entdecken, brauchen wir keine Therapie. Statt wie zuvor selbstbezogen zu sein, werden wir lebensbezogen.«
Allerdings bemerkte sie sehr wohl, wenn Menschen für tiefere Praxis noch nicht bereit waren, und offerierte ihnen einen einfachen, pragmatischen Zugang zu den Themen, an denen sie zu arbeiten hatten. So erzählte ihr eine Schülerin, dass sie begonnen hätte, Jura zu studieren, jetzt aber zweifelte, ob dies nicht ein schwerwiegender Fehler gewesen sei, denn sie habe Sorge, Mann und Kind zu vernachlässigen. Joko hörte ihr lange zu und fragte dann: »Hast du bereits irgendwelche Abschlüsse?« – »Nein«, war die Antwort. – »Warum wartest du dann mit deinen Sorgen nicht, bis du die ersten Zensuren hast?« Dank dieser Frage verflogen Gedankenwirrwarr und tiefe Besorgnis der Frau augenblicklich.
Joko versprach keine erhabenen Glückszustände, sondern pflegte nur trocken zu bemerken: »Das Einzige, was schlimmer ist, als Sesshins zu sitzen, ist, es nicht zu tun.« Sie betonte, dass im Laufe langer Jahre der Praxis eine allmähliche, kontinuierliche Veränderung möglich sei. Gleichzeitig warnte sie vor der Erwartung, man könne irgendwann vollkommene Freiheit finden oder zum Heiligen werden. Und meistens fügte sie hinzu: »Aber wisst ihr, es ist ein riesiger Unterschied, ob man völlig festsitzt oder nur zu fünfzig Prozent. Denn selbst das bedeutet immerhin fünfzigprozentige Freiheit.«
Ihre Neugier war unstillbar, und dank ihres wissenschaftlichen Hintergrunds hatte sie stets Interesse an neuen Ansätzen, um ihren Schülerinnen und Schülern zu helfen. Eine von ihnen erinnert sich, dass Joko »über eine nicht...
Erscheint lt. Verlag | 2.11.2022 |
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Übersetzer | Gerd Bausch |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Esoterik / Spiritualität |
Schlagworte | Achtsamkeit Alltag • Akzeptanz • alles annehmen • alte Glaubenssätze • Angst überwinden • an Krisen und Konflikten wachsen • buddhismus bücher • Buddhismus Frauen • Buddhismus im Alltag • buddhistische Alltagspraxis • buddhistische Lebenshilfe • Buddhistische Lebenskunst • Buddhistische Psychologie • buddhistische Weisheiten • Charlotte Joko Beck • das Leben annehmen • denkmuster ändern • Einfach Zen • Entspannung • Gedankenkarussell stoppen • Geistestraining • Gelassenheit • Gelassenheit lernen • gleichmut entwickeln • innere blockaden lösen • innere Mitte finden • innere Ruhe • Innere Ruhe finden • Innere Stärke • Konditionierungen überwinden • Krisen bewältigen • Krisen meistern • lebenshilfe bücher • lebensweisheiten bücher • Mahayana Buddhismus • negative Gedanken loswerden • negative Glaubenssätze überwinden • Persönichkeitsentwicklung • Persönliche Entwicklung • Persönlichkeitsentwicklung Psychologie • Psychologische Lebenshilfe • Ratgeber • Ratgeber Psychologie • Selbst-Konditionierung • spirituelle Ratgeber • Stressreduktion durch Achtsamkeit • Umgang mit Schwierigkeiten • Zen Buddhismus • ZEN im Alltag • Zen Meister |
ISBN-10 | 3-426-46551-5 / 3426465515 |
ISBN-13 | 978-3-426-46551-6 / 9783426465516 |
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