Bienengemäß imkern im Jahreslauf (eBook)
336 Seiten
BLV, ein Imprint von GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH
978-3-96747-109-0 (ISBN)
Günter Friedmann arbeitet seit über dreißig Jahren leidenschaftlich gerne mit und an den Bienen. Er ist einer der Pioniere der ökologischen Imkerei und hat die Richtlinien der Demeter-Bienenhaltung mitentwickelt. In Süddeutschland betreibt er die weltweit größte Demeter-Imkerei. Für sein Engagement und seine Pionierarbeit als Berufsimker wurde er 2003 von Renate Künast mit dem Förderpreis Ökologischer Landbau ausgezeichnet.
Günter Friedmann arbeitet seit über dreißig Jahren leidenschaftlich gerne mit und an den Bienen. Er ist einer der Pioniere der ökologischen Imkerei und hat die Richtlinien der Demeter-Bienenhaltung mitentwickelt. In Süddeutschland betreibt er die weltweit größte Demeter-Imkerei. Für sein Engagement und seine Pionierarbeit als Berufsimker wurde er 2003 von Renate Künast mit dem Förderpreis Ökologischer Landbau ausgezeichnet.
Hinweis zur Optimierung
Impressum
Wichtiger Hinweis
Vorwort von Prof. Dr. Nicole C. Karafyllis
Vorwort des Autors
Naturgemäße Imkerei – eine kurze Einführung
Mit den Bienen durchs Jahr
Die Varroamilbe
Naturgemäß Imkern durch das Bienenjahr
Zukunftsperspektiven
Autobiografische Notizen
Glossar
Verwendete und weiterführende Literatur
Adressen
Über den Autor
Danksagung
Imkern – eine politische Tätigkeit
Um erfolgreich imkern zu können, sollte jeder Imker den näheren und weiteren Einzugsbereich seiner Bienenvölker kennen. Das heißt, er betrachtet die Landschaft mit den Augen einer Biene. Honigbienen befliegen je nach Jahreszeit ein Gebiet, das bis zu 100 km² groß sein kann. Sie zeigen dem Imker, wie es dort um die Blütenvielfalt und die Biodiversität, also die natürliche Vielfalt, bestellt ist. Indirekt kann er diese Parameter an der Gesundheit und der Konstitution seiner Bienenvölker ablesen. Honigbienen sind daher Bio-Indikatoren für den Zustand der Landschaft, in der sie leben.
Hier verlässt die Imkerei den privaten Bereich eines Hobbys oder einer Leidenschaft und die Honigbiene wird zum politischen Tier. Durch ihre Lebensweise und ihr Sammelverhalten deckt sie viele für uns schwer wahrnehmbare Zusammenhänge auf und führt uns die Konsequenzen vor Augen. Der Imker hat seine Hand unmittelbar am Puls der Natur. Das ist auf der einen Seite ein Privileg, weil daraus eine intime Kenntnis und eine große Verbundenheit mit den Naturzusammenhängen entstehen kann. Auf der anderen Seite erwächst daraus eine zweifache Verantwortung …
- … für die Gesundheit und das Wohlergehen seiner Bienenvölker.
- … für Menschen, die dieses Privileg der Naturverbundenheit nicht haben. Wir Imker müssen sie aufklären und informieren.
Damit wird das Imkern zu einer politischen Tätigkeit. Das ist eine Herausforderung, denn Imker sind meist Individualisten und zufrieden, wenn sie bei ihren Bienen sein können. Diese Haltung können wir uns heute aber nicht mehr leisten. Zu gravierend sind die Veränderungen. Und wir sind noch nicht am Ende! Ermutigend finde ich, dass viele Imker in der jüngeren Zeit ein politisches Bewusstsein und auch die Bereitschaft zu einem entsprechenden Engagement entwickeln.
Naturlandschaft vs. Nutzlandschaft
Die moderne intensiv betriebene Landwirtschaft hat die Landschaft in Mitteleuropa in nur wenigen Jahrzehnten auf eine radikale, früher kaum vorstellbare Weise verändert. Ein Blick aus dem Fenster genügt. Wir leben in einer »Nutzlandschaft«, in der nahezu jeder Quadratmeter von Menschen bewirtschaftet wird. Dennoch scheint diese Landschaft im Großen und Ganzen noch intakt zu sein. Die Vögel singen noch, ab und zu fliegt ein Schmetterling vorbei und auf den Wiesen wachsen immer noch einige Blümchen.
Bei genauerer Betrachtung wird jedoch deutlich, wie armselig die Landschaft geworden ist. Es fehlen nicht nur die Insekten. Insgesamt ist es um die lebendige Artenvielfalt und die Biodiversität schlecht bestellt. Für mich als Imker, der mittlerweile mehr als vier Jahrzehnte in der gleichen Landschaft tätig ist, sind diese gravierenden Veränderungen auf den ersten Blick wahrnehmbar. Tatsächlich fällt es mir im Sommer oft schwer, diese Monotonie, diese Verarmung und Einseitigkeit zu ertragen. Nicht nur, weil es die Ökonomie meines Imkereibetriebs tangiert, sondern weil ich auch erlebe, wie schwer sich die Bienen in dieser Landschaft tun.
Aber auch die abstrakte Statistik spricht eine deutliche Sprache. 1950 gab es in Deutschland ca. zwei Millionen Bienenvölker. Diese Zahl sank zwischenzeitlich auf etwa 800.000 Völker. Mittlerweile leben hier dank des Imkerbooms der letzten Jahre wieder etwa eine Million Bienenvölker. Letztlich sind das nach meiner Ansicht trotz des Aufwärtstrends dramatische Zahlen. Denn es ist nicht nur die Zahl der Bienenvölker um ca. 50 Prozent zurückgegangen. Die verbliebenen Völker werden statt mit acht bis zehn Kilogramm Zucker aktuell mit 20 bis 25 Kilogramm Zucker eingefüttert. Die Trachtlücken im Sommer werden immer größer. An vielen Standorten kann dauerhaft nicht mehr gut geimkert werden. Wenn der Imker nicht andere Trachtquellen anwandert, ist er gezwungen, seine Bienenvölker auch im Sommer zu füttern. Konsequent zu Ende gedacht, bedeutet dies nichts anderes, als dass unsere Landschaft nicht einmal mehr die Hälfte der Nahrungsquellen bietet, die hier noch in den Fünfzigerjahren vorhanden waren. Zur Bewusstseinsbildung brauchen wir die Möglichkeit zum Vergleich. So erinnern wir uns daran, dass in unserer Kindheit bunte Blumensträuße zum Muttertag schnell gepflückt waren. Oder daran, dass früher die Windschutzscheiben und Scheinwerfer nach langen Autofahrten von Tausenden von Insekten verklebt waren. Aber das sind vage Erinnerungen. Tatsächlich gibt es kaum belastbare Zahlen dazu.
Studie zum Insektenschwund
2017 veröffentlichte der Entomologische Verein Krefeld eine Langzeitstudie zum Rückgang fliegender Insekten. Die Hobbyentomologen des Vereins fingen von 1989 bis 2013 regelmäßig fliegende Insekten in sog. Malaisefallen. Dabei stellten sie fest, dass das Gesamtgewicht der gefangenen Insekten in dem Beobachtungszeitraum um bis zu 80 Prozent zurückgegangen war. Wurden in den Anfangsjahren der Untersuchung pro Falle noch bis zu 1,6 Kilogramm Insekten gefangen, so waren es in späteren Jahren oft nur noch 300 Gramm. Weitere Untersuchungen bestätigten diese Ergebnisse, wobei nicht nur das Gesamtgewicht, sondern auch die Zahl der gefangenen Individuen und die Artenzahl verglichen wurde. Auch hier war der Rückgang erschreckend hoch: Die Gesamtzahl der Insekten ging um 78 Prozent zurück, die Artenzahl sank um mehr als 30 Prozent.
Wir werden Opfer eines Phänomens, das in der Fachsprache »shifting baselines« genannt wird. Jede Generation hat als Ausgangspunkt ihrer Wahrnehmung nur das, was sie vorfindet. Das hält sie für den Normalzustand. So ist für unsere Kinder ein grüner Sommer Normalität. Es findet eine Gewöhnung an das schleichende Verschwinden von Buntheit, Vielfalt statt. Das macht es schwer, ein tatsächliches Bewusstsein für die Dramatik zu entwickeln. Noch schwerer ist es, das Verhalten zu verändern. Mir selbst geht es auch so. Manchmal kann ich kaum glauben, dass es tatsächlich so schlimm ist. Darum tun wir uns mit dem Verschwinden der Biodiversität so schwer. Ein grüner Sommer ist doch auch ein schöner Sommer!
Das Bienensterben
In den letzten Jahren verging kaum ein Tag, an dem nicht in unterschiedlichen Medien über das »Bienensterben« und die zunehmende Not der Bienen berichtet wurde. Dadurch geriet die Imkerei in den Fokus des öffentlichen Interesses, während sie zuvor eine kaum wahrgenommene Randexistenz geführt hatte. Mittlerweile hat sich die Debatte wieder beruhigt bzw. sie wurde von anderen Themen wie Klimaerwärmung etc. überlagert. Tatsächlich ist der Begriff »Bienensterben« ein sehr starker Terminus, der zu Recht viele Menschen aufgewühlt hatte. Wenn wir auch in diesem Buch immer wieder darüber sprechen, dass die Imkerei heutzutage immer schwieriger und die Lage der Bienen oft prekär geworden ist, so kann jedoch nicht die Rede von einem allgemeinen Bienensterben sein. Es herrscht Konsens darüber, dass es der Honigbiene nicht gut geht und die Lage der Imkerei in vielen Ländern als prekär bezeichnet werden kann: Es gibt hohe Verlustraten, erfolgreiche Imkerei wird immer schwieriger und wir Imker befinden uns in einem Wettlauf mit der Varroamilbe, den wir oft genug verlieren. Aber als Bienensterben würde ich das nicht bezeichnen. Dieser Begriff impliziert, dass die Bienen in vielen Regionen massenweise sterben. Das stimmt so nicht. Eine Ausnahme stellen jedoch die Vereinigten Staaten dar: Dort liegen die jährlichen Verlustraten seit einigen Jahren konstant bei fast 50 Prozent.
Betrachtet man die Lage der Imkerei weltweit, so zeigt sich ein differenziertes Bild. Es gibt Regionen, wie etwa Südamerika oder auch weite Teile Afrikas, in denen die Imkerei blüht und gedeiht. Auf der anderen Seite gibt es Gebiete, vorwiegend in Europa, Nordafrika und Nordamerika, in denen sich die Zahl der Bienenvölker verringert hat und die Verlustraten hoch sind.
Blütenvielfalt ist elementar für eine gute Ernährung der Honigbienen. Das beeinflusst auch die Bienengesundheit.
Extensive Imkerei und Bienensterben
Auffällig finde ich, dass es den Bienen dort gut geht, wo weitgehend extensiv geimkert wird und wo es auch um die Biodiversität gut bestellt ist. Den Bienen geht es dagegen in den Gebieten schlecht, in denen sowohl moderne, intensiv betriebene Landwirtschaft als auch moderne, intensiv betriebene Imkerei vorkommen. Dieser Zusammenhang sollte uns zu denken geben. Der Vergleich zeigt deutlich, welche Gründe für die bedenkliche Lage bzw. für das Blühen und Gedeihen der Bienen und der Imkerei mitverantwortlich sein könnten. Gleichzeitig können daraus auch Lösungsmöglichkeiten für einen Ausweg aus der Krise herausgearbeitet werden.
In Südamerika sind der Aufschwung der Imkerei und das Wohlergehen der Bienen eng mit der Ausbreitung der Afrikanisierten Biene, spektakulär auch »Killerbiene« genannt, verbunden. Diese Kreuzung der Italienischen Biene Apis mellifera ligustica mit der Afrikanischen Hochlandbiene Apis mellifera scutellata ist sehr aggressiv und hat sich in wenigen Jahren über große Teile des südamerikanischen Kontinents bis nach Kalifornien ausgebreitet. Dort stieß sie an eine klimatische Grenze, da sie nicht winterfest ist. Die Imker hatten zunächst große Probleme, mit der Aggressivität dieser Bienen umzugehen. In Mexiko ist es zum Beispiel verboten, diese Biene innerhalb von menschlichen Siedlungen zu halten. Das ist zu gefährlich. Doch im Lauf der Zeit lernten die Imker damit umzugehen und imkern jetzt sehr extensiv. Außer einer Honigernte wird nur wenig gemacht. Das funktioniert natürlich nur deshalb gut, weil aufgrund der...
Erscheint lt. Verlag | 4.10.2024 |
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Reihe/Serie | BLV Bienen & Imkern |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Natur / Technik ► Garten |
Schlagworte | artgerecht Imkern • Bienen • Bienenkiste • Bienenpflege • Gartengestaltung • Gelee • Gelee Royal • Gesunde Bienenvölker • Honig • Honigbienen • Honigproduktion • Imkerei • Insekten • Insektenhotel • Insektensterben • Klimawandel • Nachhaltige Imkerei • ökologische Bienenhaltung • schleudern • Tierschutz • Umweltbewusstsein |
ISBN-10 | 3-96747-109-8 / 3967471098 |
ISBN-13 | 978-3-96747-109-0 / 9783967471090 |
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Größe: 37,6 MB
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