Peace, Bitches! (eBook)
240 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2701-3 (ISBN)
Evelyn Weigert wurde 1988 in Regensburg geboren. Dort verbrachte sie ihre Jugend und studierte Gesang am »Music College«. Sie nahm an der Frank-Elstner-Masterclass an der Axel-Springer-Akademie in Berlin teil. Schnell gelang ihr der Sprung ins Fernsehen, sie moderierte zahlreiche erfolgreiche TV-Formate für Pro7, ARD, NDR und Sky. 2021 erschien die ARD-Dokuserie »Oh Baby! Sowas von schwanger«, in der sich Evelyn allen Fragen rund um die Schwangerschaft stellt. Seit Anfang 2019 moderiert Evelyn Weigert zusammen mit Basti Heinlein den erfolgreichen Podcast »Heinlein & Weigert«.
Evelyn Weigert wurde 1990 in Regensburg geboren. Dort verbrachte sie auch ihre Jugend und studierte Gesang am "Music College". Sie nahm an der Frank-Elstner-Masterclass an der Axel-Springer-Akademie in Berlin teil. Schnell gelang ihr der Sprung ins Fernsehen und sie moderierte bereits zahlreiche erfolgreiche Pro7-Formate. Seit Anfang 2019 moderiert Evelyn Weigert zusammen mit Basti Heinlein den erfolgreichen Podcast "Heinlein&Weigert".
Kapitel 1
Everything happens for a reason
Fangen wir mal ganz vorne an, damit ihr versteht, woher ich komme:
Ich bin in einem Dorf bei Regensburg aufgewachsen.
Leider hatte ich das Pech, in der Grundschule nicht so auszusehen, wie man auszusehen hatte: Ich war ein kleines bisschen zu moppelig und hatte einen komischen Style inklusive einer absolut beschissenen Frisur. Ihr müsst sie euch wie einen Pilzhaarschnitt vorstellen, dazu hatte ich mir vorne rechts und links zwei dicke rote Blocksträhnen färben lassen. Ich fand’s geil, sah aber in Wahrheit einfach horstig aus.
Das Problem – ihr werdet es gleich erkannt haben: Ich war nicht wie alle anderen Kinder.
Und wenn man nicht ins Schema passt, kommt das manchmal nicht gut an. Besonders Kinder können bekanntlich äußerst gemein sein.
Das bekam auch ich zu spüren.
In meine Klasse gingen Zwillingsmädchen, von denen ich übel gemobbt wurde, weil ich eben kein zierliches Pferdemädchen mit hübsch zusammengebundenen langen Haaren war. In der Grundschulzeit bin ich deshalb fast jeden Tag heulend nach Hause gegangen und dachte, ich sei der letzte Mensch. Die Außenseiterin ohne Freunde.
Erstaunlich, wie Selbstwahrnehmung und Außenbild im Leben manchmal so gar nicht zueinanderpassen. Denn meine Mutter erzählt mir noch heute, dass damals oft andere Kinder bei uns zu Hause anriefen, weil sie sich mit mir zum Spielen verabreden wollten. Scheinbar hatte ich aber so gut wie nie Lust dazu und sagte immer ab. Ich fühlte mich ungeliebt, machte einen auf Eigenbrötlerin und wollte lieber alleine zu Hause rumhängen, weil ich mich so anders als die anderen Kinder gefühlt habe.
Vielleicht war ich das aber in Wirklichkeit gar nicht?
Deshalb meine erste Erkenntnis für euch:
Wenn ihr euch ungeliebt fühlt, schaut einmal nach links und rechts. Höchstwahrscheinlich sind da Leute, die gerne mit euch zusammen wären – die ihr aber vor lauter Scheuklappen nicht bemerkt.
Gott sei Dank habe ich eine Familie, die sich den Mund fusselig geredet hat und mir immer wieder klargemacht hat, dass ich genau richtig bin, wie ich bin.
Heute weiß ich, dass es großartig ist, anders zu sein. Denn wenn ich nicht anders wäre, wäre ich nicht da, wo ich heute bin. Und ihr würdet mich gar nicht kennen. Auf der anderen Seite sollten wir uns aber auch die Fragen stellen: Was ist eigentlich normal? Wer stellt da die Regeln auf und hat das Recht, andere dafür runterzuputzen, weil sie nicht so ticken wie die Mehrheit? Richtig. Niemand.
Nach meiner Rückzugsphase als Kind war ich später als Jugendliche eine ziemlich peinliche Draufgängerin – eben genau so, wie man sich einen richtig ätzenden Teenie vorstellt. Ich war wie eine Nutte angezogen, gerne mal ein bisschen zu laut und oft mit Kippe in der Hand.
In dieser Zeit habe ich zum ersten Mal die Erfahrung gemacht, wie fantastisch es ist, akzeptiert zu werden und auch mal der Boss zu sein. Wie gut es tut, Leute zu finden, die mit einem abhängen wollen, eben weil man anders ist.
Das würde ich als den Start bezeichnen – da habe ich mich auf die Reise gemacht zu der Frau, die ich heute bin. Eine eher komplizierte Reise, würde ich rückblickend sagen. Aber (fast) jede Station war es wert.
Doch noch mal zurück zur Schulzeit: Als ich 15 Jahre alt war, wurde ich von der Schule geschmissen. Der Grund dafür ist etwas bizarr:
Weil ich im Kunstunterricht einen Penis getöpfert habe.
Kein Scherz, das ist wirklich so passiert.
Die ganze Angelegenheit hatte schon nicht ideal begonnen. Weil ich wenig Lust auf Schule hatte, machte das Gymnasium irgendwann keinen Sinn mehr – ich hatte zu schlechte Noten und auch nicht die Motivation, daran etwas zu ändern. Also wechselte ich auf die Realschule, die ich dank erwähnter Penis-Kunst letztlich auch nur vier Monate besuchte.
Der Schulleiter meinte gleich am ersten Tag zu mir:
»So wie du aussiehst, bringst du mir ohnehin nur Ärger.«
Verübeln kann man es ihm eigentlich nicht. Ich hatte damals schwarze Haare mit Pony, assige dünne Augenbrauen, trug viel zu viel Make-up und habe den viel zu dunklen Bronzer nicht nur für die Wangen, sondern fürs ganze Gesicht benutzt. Und dass ich Schule wahnsinnig langweilig fand, strahlte ich vermutlich mit jeder Pore aus.
Mein Problem war auch, dass ich die Lehrer nicht wirklich für voll nehmen konnte. Das soll jetzt nicht überheblich klingen, aber ich dachte damals als total Pubertierende: Wenn ihr es nicht schafft, mit einem 15-jährigen Mädchen, das wirklich kein Arschloch ist, sondern einfach nur eine kleine Revoluzzerin, irgendwie cool umzugehen, dann seid ihr in der Schule fehl am Platz. Ich konnte mich auf den Unterricht also null einlassen, plapperte dazwischen, war mit den Gedanken ganz woanders. Und nachmittags hinsetzen und Hausaufgaben machen? Also bitte, da hatte ich natürlich keinen Bock drauf.
Na ja, und dann kam eben diese Kunstaktion mit dem Penis.
Die Aufgabe hatte gelautet: »Töpfert ein Schälchen.«
Nach dem hundertsten Versuch, so ein fucking Schälchen zu formen, wurde mir klar: Das wird hier nichts. Anstatt mich mit der Scheiße weiter aufzuhalten, kam mir beim Zusammenkneten des Tons die glorreiche Idee, einen stattlichen Phallus zu formen. Einen Riesenoschi! Das Absurde ist, dass selbst die Kunstlehrerin erst einmal sehr angetan war von meiner kreativen Idee. Doch nach kurzer Zeit begann die ganze Klasse, Penisse zu töpfern. Die Stimmung kippte. Und meine Idee war dann auf einmal doch nicht mehr ganz so witzig.
Die einzige Idee, die das Kollegium daraufhin hatte, war, mich der Schule zu verweisen. Ich finde das noch heute unfassbar ungerecht und halte es für einen riesengroßen Witz. Schließlich hätte es auch ganz anders laufen können mit mir. Zum Beispiel, dass ich mir den Rauswurf sehr zu Herzen nehme und mein Leben überhaupt nicht mehr in den Griff bekomme.
Im Ernst, ich habe doch niemanden verletzt oder gemobbt, sondern einfach nur im Kunstunterricht Quatsch gemacht. Halt einen schönen Penis getöpfert, satte 30 Zentimeter, stolz erigiert. Und dann natürlich unter großem Gelächter in der Klasse rumgezeigt. Was ist denn schon dabei?
Heute – und das ist doch wirklich eine schöne Wendung dieser Geschichte – verdiene ich Geld mit meiner Kunst. Am liebsten male ich weibliche Akte: dicke, dünne, große, kleine, junge, alte Frauen. In knalligen Farben, alles sehr kraftvoll. Und manchmal ist da auch ein Penis dabei.
Versteht ihr, worauf ich hinauswill? Auf einer Realschule auf dem bayerischen Land verstehen die Leute dein Anderssein vielleicht nicht. Das heißt aber nicht, dass du deshalb falsch bist. Keine Frage, meine Penisbilder müssen nicht jedem gefallen, aber sie machen mich zur Künstlerin. Menschen kaufen meine Bilder und hängen sie sich mit großer Freude ins Wohnzimmer.
Heute kann ich tun und lassen, was ich will, und werde für mein Anderssein von meiner Community gefeiert. Das war als 15-Jährige logischerweise anders. Nach dem Schulverweis war ich erst mal am Boden zerstört. Und meine Eltern waren es auch. Sie wussten mit mir nicht mehr weiter und konnten nicht verstehen, weshalb ihre Tochter so ausrastet.
Dabei sind Mama und Papa so richtig feine Menschen, ich nenne sie immer Glücksbärchis. Mit Anfang 20 waren sie die erste große Liebe füreinander, dann haben sie recht schnell mich bekommen. Und ausgerechnet ihre erste Tochter wird dann so eine wilde Hilde.
Im Nachhinein, mit vielen Jahren Abstand, können wir natürlich gemeinsam über all das lachen, was damals passiert ist. Dann sitzen wir bei meinen Eltern am Tisch, erzählen uns die Geschichten von früher und können einfach nicht glauben, wie bescheuert das damals war und wie wir uns unnötig den Kopf zerbrochen haben.
Aber in dem Moment hat sich der Schulverweis für meine Eltern – und natürlich auch für mich – unfassbar schlimm angefühlt. Sie überlegten, was sie in meiner Erziehung falsch gemacht hatten. Natürlich lag nichts von dem, was ich verbockt habe – die schlechten Noten, der getöpferte Penis, mein unmöglicher Look –, an ihnen. Das war schon damals einfach mein Charakter. Ich hatte schon immer meinen eigenen Kopf und war wenig bereit, mich anzupassen oder auf etwas einzulassen, auf das ich keinen Bock hatte. (Zeigt mir mal jemanden, der heute in seinem Alltag binomische Formeln braucht. Also mir fällt keiner ein.)
Was mich schon als Kind genervt hat, ist diese Einstellung der Erwachsenen, dass du dich an Regeln zu halten hast – egal, ob sie Sinn machen oder nicht. Du setzt dich rein in den Klassenraum und hältst bitte dein Maul. Es interessiert auch keinen, ob dich das interessiert, was die Lehrerinnen und Lehrer da vorne erzählen. Alle müssen einfach gleich sein und funktionieren, keiner darf aus der Reihe tanzen.
Wie dumm das ist! Menschen und ihre Talente sind eben unterschiedlich. Zum Glück! Denn Vielfalt macht doch Spaß. Meine Kinder kommen jedenfalls definitiv auf die Waldorfschule.
Hier mal kurz meine schulische Laufbahn, das ist nämlich alles etwas kompliziert:
Nach der vierten Klasse war es mein größter Wunsch, aufs...
Erscheint lt. Verlag | 27.5.2022 |
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Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Comic / Humor / Manga ► Humor / Satire |
Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Lebenshilfe / Lebensführung | |
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ISBN-10 | 3-8437-2701-5 / 3843727015 |
ISBN-13 | 978-3-8437-2701-3 / 9783843727013 |
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