So finden Sie den passenden Coach (eBook)
240 Seiten
Campus Verlag
978-3-593-45017-9 (ISBN)
Martin Pichler war über zwei Jahrzehnte Chefredakteur der Zeitschrift »Wirtschaft + Weiterbildung« und arbeitet nun als freier Journalist. Die Coaching-Szene betrachtet er seit über 20 Jahren, beobachtet laufend aktuelle Entwicklungen und bewertet sie aus Sicht der Praxis.
Martin Pichler war über zwei Jahrzehnte Chefredakteur der Zeitschrift »Wirtschaft + Weiterbildung« und arbeitet nun als freier Journalist. Die Coaching-Szene betrachtet er seit über 20 Jahren, beobachtet laufend aktuelle Entwicklungen und bewertet sie aus Sicht der Praxis.
Kapitel II
Der Coaching-Markt
Einführung
Vor rund 40 Jahren sah die betriebliche Weiterbildung in Deutschland so aus, dass alle Arbeitgeber, die es sich leisten konnten, ihre Angestellten zu Seminaren in abgelegene Hotels schickten. Die Verkäufer- oder Führungskräfteweiterbildungen dauerten vier oder gar fünf Tage. Die Seminarleiter wohnten bei ihrer Gruppe, die 12 bis 16 Personen umfasste, im Hotel und hatten mittags und abends genug Zeit, um mit Rat suchenden Teilnehmern längere Einzelgespräche bei einem Spaziergang oder abends am Kamin zu führen. Erst mit der Zeit entwickelte sich daraus »Coaching« als ein eigenständiges Format. Coaching wurde aber nicht die Grundlage für einen staatlich anerkannten Beruf.
1 Ausnahmeerscheinung: Ein Markt ohne Regeln
Die Berufsbezeichnung »Coach« ist nicht geschützt (siehe Einleitung). Das hängt damit zusammen, dass von Anfang an fast nur Unternehmen Coaching-Dienstleistungen einkauften und der Staat sich wohl dachte, die Unternehmen sollten selbst darauf achten, ob sie für ihr Geld Qualität bekommen oder nicht. Größere Mittelständler und Konzerne sind inzwischen sehr geübt im Einkauf von Coaching-Dienstleistungen.
Obwohl die Seminarleiter und Managementtrainer anfingen, regelmäßig zu coachen, so wurde keiner von ihnen zu einem Vollzeit-Coach. Noch im Jahr 2021 stammten bei einem selbstständigen männlichen Business-Coach im Schnitt nur 32,4 Prozent seiner jährlichen Einnahmen aus dem Coaching. Bei weiblichen Coaches sind es immerhin 40,6 Prozent. Den größeren Teil zum Jahreseinkommen steuern immer noch das Training und die Organisationsberatung und andere Aktivitäten bei.
Deshalb ist es auch nicht überraschend, dass der durchschnittliche männliche Coach nur 22 Klienten pro Jahr coacht – im Schnitt verteilt auf jeweils sieben Treffen, die insgesamt rund elf Stunden dauern (weibliche Coaches: 26 Klienten). Diese Zahlen stammen aus der Coaching-Umfrage 2021 von Jörg Middendorf, Inhaber des Büro für Coaching und Organisationsberatung (BCO) in Frechen-Königsdorf. Die Coaching-Umfrage, die jährlich die Angaben von rund 500 Coaches auswertet, entstand in Kooperation mit dem Roundtable Coaching e. V. (RTC), Berlin.
Die meisten Coaches sind auf mehreren Geschäftsfeldern tätig
Wer glaubt, er könne bei einer großen Coaching-Firma anrufen und bekäme dann einen Termin bei einem angestellten Vollzeit-Coach, der sich aufgrund seiner Expertise die Karriereleiter zum Coaching-Profi hochgearbeitet hat, der täuscht sich über den Markt. Selbst namhafte Personalberatungen greifen in der Regel auf selbstständige Coaches – das heißt auf Einzelkämpfer – zurück, wenn sie zum Beispiel im Rahmen eines Change-Projekts Coaching anbieten.
Dass ein Coach sein Trainings- oder Beratungsgeschäft nicht aufgeben will, macht durchaus Sinn. Nur durch regelmäßige Trainings- und Beratungsaktivitäten bekommt er mit, welche Herausforderungen und Probleme aktuell in den Unternehmen mit welchen Mitteln bearbeitet werden. Außerdem sind Unternehmen mit einer größeren Belegschaft, die Trainer für Weiterbildungsmaßnahmen buchen, in der Regel treu und versorgen »ihre« Trainer regelmäßig mit neuen, finanziell halbwegs auskömmlichen Aufträgen. Um ein sicheres Jahreseinkommen zu haben, müsste ein Coach jeden Klienten spätestens nach zehn Treffen durch einen neuen ersetzen, wenn er kontinuierlich ausgelastet sein will. Dazu würde er einen unglaublich großen Marketingaufwand betreiben müssen.
Sie interessieren sich jetzt bestimmt dafür, wie Coaches zu ihren Aufträgen kommen – insbesondere weil sie ja keinen Erfolg versprechen können, wie es in der Werbung sonst üblich ist. Wir wissen: Der Erfolg kommt nur durch die Mitarbeit des Klienten. Die Rauen-Coaching-Marktanalyse 2021 hat männliche und weibliche Coaches gefragt, was die Gründe dafür sein könnten, dass Unternehmen und Privatpersonen sie engagieren. Laut Selbsteinschätzung der Coaches sind die zehn wichtigsten Gründe für die Nachfrage:
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Es gibt Empfehlungen – ausgesprochen von gemeinsam bekannten Personen (15,19 Prozent),
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die thematische Spezialisierung eines Coaches (7,94 Prozent),
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ein bereits vorher bestehender Kontakt jenseits des Coachings (7,69 Prozent),
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der Coach hat eigene Führungserfahrung (5,78 Prozent),
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Persönlichkeit (4,99 Prozent),
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Empfehlung durch die Personalabteilung oder den Vorgesetzten des Klienten (4,91 Prozent),
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der Coach hat Fachkompetenz (4,75 Prozent),
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der Coach hat Lebenserfahrung (4,5 Prozent),
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die methodische Ausrichtung des Coachings ist interessant (4,01 Prozent),
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es gibt Referenzen von Bestandskunden (3,95 Prozent).
Diese Faktoren sind wenig überraschend. Empfehlungen, Spezialisierung, Führungs- und Lebenserfahrung, Fach- und Methodenkompetenz, die eigene Persönlichkeit und (schriftliche) Referenzen sind von zentraler Bedeutung, als Coach die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und ausgewählt zu werden.
Dr. Christopher Rauen, seit 2006 Vorstandsvorsitzender des Deutschen Bundesverbandes Coaching DBVC, beschreibt mit seiner Marktanalyse das Business-Coaching in Deutschland als »hochgradig intransparenten« Markt, auf dem viele kleine Anbieter mit unterschiedlichem Ausbildungs- und Erfahrungshintergrund ihre Dienstleistungen anbieten.
Die rund 550 Coaches, die für Rauen die Fragebögen ausgefüllt haben, arbeiten mehrheitlich als freiberuflich tätige Einzelkämpfer, die zweitgrößte Gruppe bilden selbstständige Coaches mit durchschnittlich vier fest angestellten Mitarbeitern. Der Mittelwert der durchgeführten Coaching-Aufträge liegt bei Rauen bei 22,47 Fällen pro Jahr.
Überraschend ist, dass lediglich 62,81 Prozent aller Coaches angaben, zu einhundert Prozent berufstätig zu sein. 17 Prozent arbeiten sogar nur »halbtags«. Da kann man nur hoffen, dass das Rentenalter schon erreicht wurde oder ein möglicher Lebenspartner etwas dazuverdient. Auch die Rauen Coaching-Marktanalyse stellte fest, dass der durchschnittliche Coach sein Bruttojahreseinkommen nur zu 37 Prozent mit Coaching erwirtschaftet und sonst mit Training, Beratung, Organisationsentwicklung und der Ausbildung anderer Berater die Kasse auffüllt.
2Des einen Kosten sind des anderen Verdienst: Die Honorarfrage
Sowohl die Coaching-Umfrage von Middendorf als auch die von Rauen machen Aussagen darüber, was ein Privatmann, der seinen Coach selbst bucht und bezahlt, im Durchschnitt auf den Tisch legen muss. Laut Middendorf liegt der privat bezahlte Stundensatz für einen männlichen Business-Coach bei 131,80 Euro pro Stunde und bei einem weiblichen Business-Coach bei 135,40 Euro. Rauen nennt ein Honorar von 115,50 Euro pro Stunde für Privatpersonen. Zum Vergleich: Das Honorar eines Coaches, der Vorstände in einem Großunternehmen coacht, liegt laut Rauen im Schnitt bei 291 Euro.
Gerade weil es nur spärliche Informationen über den deutschen Coaching-Markt gibt, sorgte 2019 eine Umfrage der Frankfurt University of Applied Sciences für Aufmerksamkeit.
Professor Ingmar Maurer und sein Team nahmen innerhalb des Rhein-Main-Gebiets telefonisch Kontakt auf zu 794 Coaches, allesamt Mitglieder diverser Coaching-Verbände, und brachten deren Honorar für Privatzahler in Erfahrung. Eine Coaching-Stunde kostete laut der Maurer-Studie für Selbstzahler durchschnittlich 130,70 Euro inklusive Mehrwertsteuer. Der größte Teil der Coaches – nämlich 57,4 Prozent – verlangte Honorare zwischen 51 und 150 Euro für die Coaching-Stunde. Lediglich 2,3 Prozent der Coaches lassen sich eine Coaching-Sitzung von 60 Minuten mit mehr als 250 Euro vergüten.
Grundsätzlich gilt, dass in einem nicht regulierten Markt jeder Coach seine Chance nutzt, um ein individuell kalkuliertes Honorar zu fordern. Er wird umso mehr vom Durchschnitt nach oben abweichen, je mehr der Coach für das Topmanagement arbeitet, je länger er schon Coaching betreibt und je herausgehobener sein früherer Job in der Wirtschaft war. Jeder Coach hat also seinen individuellen Stundensatz (plus 19 Prozent Mehrwertsteuer) und es ist nicht zu erwarten, dass er ihn für Privatzahler reduziert....
Erscheint lt. Verlag | 13.4.2022 |
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Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Bewerbung / Karriere |
Schlagworte | Arbeitslos • Auswahl • Beratung • Beruf • Coaching • Job • Karriere • Mitarbeiter • Neuorientierung • Persönliche Weiterentwicklung • Professionell • Soft Skills • Suchen • Traumjob • Überblick • Unternehmen |
ISBN-10 | 3-593-45017-8 / 3593450178 |
ISBN-13 | 978-3-593-45017-9 / 9783593450179 |
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