Mit mutigem Schritt zurück zum Glück (eBook)
192 Seiten
bene! eBook (Verlag)
978-3-96340-174-9 (ISBN)
Margot Käßmann, Jahrgang 1958, ist eine der bekanntesten kirchlichen Persönlichkeiten Deutschlands. In und nach ihrer Zeit als hannoversche Landesbischöfin und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland gewann sie mit ihrer offenen und geradlinigen Art die Wertschätzung und Sympathien vieler Menschen. Sie ist Mutter von vier erwachsenen Töchtern und Großmutter von sieben Enkelkindern.
Margot Käßmann, Jahrgang 1958, ist eine der bekanntesten kirchlichen Persönlichkeiten Deutschlands. In und nach ihrer Zeit als hannoversche Landesbischöfin und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland gewann sie mit ihrer offenen und geradlinigen Art die Wertschätzung und Sympathien vieler Menschen. Sie ist Mutter von vier erwachsenen Töchtern und Großmutter von sieben Enkelkindern. Andreas Helm, Jahrgang 1959, studierte Elektrotechnik und war drei Jahrzehnte als Ingenieur bei einem Staatsunternehmen beschäftigt. Ehrenamtlich engagiert er sich heute als Texter, Musiker und Clown für ein Kindertheater und als Posaunist in zwei Ensembles. Er ist Vater von vier erwachsenen Kindern.
Unverhofftes Wiedersehen
MARGOT // Im Jahr 2013 war ich zu einem Vortrag in Marburg eingeladen. Am nächsten Morgen zog ich meinen Koffer vom Hotel zum Bahnhof, als ein DHL-Wagen mitten auf der Kreuzung anhielt und der Fahrer ausstieg. Er rief: »Margot!!!«
Fehim kam über die Kreuzung gerannt, blieb freudig vor mir stehen und erzählte, er sei bei meinem Vortrag gewesen. »War super!« Aber »der Schogger«, der eigentlich mitkommen wollte, hätte dann doch keine Zeit gehabt. Ich habe mich echt gefreut, Fehim zu sehen und von Andreas, Spitzname »Schogger«, zu hören. Vor vielen, vielen Jahren waren wir alle in Stadtallendorf eng verbunden …
Anfang 2014 habe ich an der Universität Gießen einen Vortrag zur Reformation gehalten. Alles lief ziemlich normal. Am Ende kamen einige Menschen, um mir nur kurz die Hand zu schütteln, etwas zu fragen oder anzumerken. Andere baten darum, ein mitgebrachtes Buch zu signieren. Unter ihnen war auch Evi, mit der ich vor vielen Jahren zu einer Ausgrabung in Israel war. Wir haben uns begeistert in den Arm genommen. Als Evi ging, stand als Nächstes ein Mann vor mir und sagte schlicht: »Hallo, ich bin Andreas.«
In meinem Kopf rotierte es. Wer ist das? Dann wurde mir klar: Das ist der Andreas! Meine Jugendliebe. Mit 14, 15 sind wir »miteinander gegangen«, wie es damals hieß. Gemeinsam haben wir im Posaunenchor der Kirchengemeinde gespielt, zusammen den Kindergottesdienst in der Herrenwaldkirche gestaltet, Freizeiten am Edersee erlebt – und den ersten Kuss getauscht – danach noch ein paar mehr. Es war sehr aufregend, heimlich Händchen zu halten.
Meine Tagebuchaufzeichnungen zeigen: Ich war sehr, sehr verliebt, zum ersten Mal im Leben. Was für überbordende Gefühle, eine so aufregende Zeit! Die Frage, ob die Gefühle erwidert werden, die Vorfreude, einander zu sehen, die Unsicherheit, das Glück.
Die erste Liebe, den ersten Kuss vergisst wohl niemand. Es ist eine so intensive Phase im Leben, da gibt es wahrhaftig »Frühlingsgefühle«.
Ich hatte Andreas rund 40 Jahre nicht gesehen und habe mich riesig gefreut, dass er zu meinem Vortrag gekommen war. In dem ganzen Chaos schafften wir es nur, ganz schnell die Handynummern auszutauschen. Später, auf dem Weg zum Flughafen, habe ich mich geärgert, dass ich mich so schnell zum Aufbruch hatte drängen lassen. Für ein Gespräch zu zweit nach der Veranstaltung hätte die Zeit doch noch gereicht …
Wir haben uns dann ein paar Wochen später zum Essen verabredet, als ich in der Nähe der Stadt, in der er wohnt, einen Termin hatte. Wir haben ein bisschen »Faktencheck« gemacht, einander viel erzählt und gestaunt, wie vieles in unseren Leben parallel gelaufen war. Beide waren wir 26 Jahre verheiratet gewesen, jetzt aber schon länger geschieden. Beide haben wir vier Kinder, zwei haben sogar denselben Namen, und beide sind wir Eltern von Zwillingen.
Es war ein eher ruhiges Treffen. Am Ende habe ich Andreas erzählt, dass ich bald einen Vortrag in unserer alten Kirchengemeinde in Stadtallendorf halten würde. Die Kirche ist vor einigen Jahren entwidmet worden, es gibt nicht mehr genug Gemeindemitglieder. Ein Verein mit dem Namen »Jumpers« macht dort aktuell Jugendarbeit – ein wenig anders als damals, aber vom Konzept her sehr überzeugend. Die Träger wollen Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung fördern. Ich unterstütze das hin und wieder mit einer Veranstaltung. Andreas sagte, da würde er auch gern kommen.
Es war dann ein paar Wochen später schon ein besonderes Gefühl, gemeinsam an dem Ort zu sein, der für uns so eine große Bedeutung hatte. Dort hatten wir Posaune gespielt und Kindergottesdienst gestaltet. Hier war der Discokeller, den Pfarrer Lauer uns als Jugendlichen hatte einrichten lassen. Wir konnten dort damals »unsere Musik« hören, miteinander tanzen.
Andreas und ich freuten uns an den Erinnerungen und an der aktuellen Begegnung. Als mir nach der Veranstaltung jemand ein Foto schickte, auf dem wir beide zu sehen sind, musste ich schmunzeln: fast wie früher. Wir sehen jedenfalls sehr glücklich aus.
Im Sommer kam Andreas nach Berlin, um seine Tochter zu besuchen. Ich lebte seit ein paar Jahren ebenfalls dort. Wir haben uns zu einem Spaziergang um den Schlachtensee verabredet. Dieses Mal ging das Gespräch lange und war sehr intensiv, der Spaziergang wurde immer länger. Wir haben uns ausführlich erzählt, was das Leben in den letzten Jahrzehnten so mit sich gebracht hatte. Es war eine langsame Wiederannäherung. Aber irgendwie war es auch einfach, weil wir uns so nahe waren, damals in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts.
Wir wissen, woher wir kommen, wer wir sind, kennen die familiären Zusammenhänge, aus denen wir stammen, und wissen auch um das soziale Umfeld, in dem wir aufgewachsen sind.
Ja, die Jahre des Lebens verändern uns. Aber wir beide haben den Eindruck, der Wesenskern eines Menschen verändert sich auch in 40 Jahren nicht, selbst wenn es ein bisschen gedauert hat, bis wir uns erzählt hatten, was in dieser Zeitspanne so alles passiert war. Als wir am Schlachtensee mit der Verabredung auseinandergingen, dass Andreas mich im Herbst auf Usedom besuchen würde, war mir eigentlich klar: Wenn er dort hinkommt, dann wird das etwas Bleibendes.
ANDREAS // Von Margots Vortrag im Februar 2014 hatte ich viele Wochen zuvor durch einen Artikel in der örtlichen Tageszeitung erfahren. Spontan dachte ich: Das wäre doch mal ein Anlass, sie zu sehen, nachdem ich die Verabredung mit Fehim, gemeinsam einen Vortrag von ihr in Marburg zu besuchen, verpasst hatte. Ich nahm mir jedenfalls fest vor, die Gelegenheit dieses Mal zu nutzen. Zwar hatte ich Margot ab und an in den Medien gesehen, aber unser Kontakt war schon sehr lange abgerissen.
Eines Morgens wurde mir schlagartig bewusst, dass ich auch den Termin in Gießen wahrscheinlich verpasst hatte. Und ich dachte: Wie ärgerlich, dass ich mir das Datum nicht aufgeschrieben habe! Als ich einem Freund davon erzählte, klärte dieser mich darüber auf, dass der Vortrag erst in der folgenden Woche stattfinden würde. Ich hatte mir tatsächlich ein falsches Datum gemerkt.
Gespannt machte ich mich auf den Weg zum Audimax, dem großen Vortragssaal der Gießener Universität, und fand, obwohl ich sehr früh dran war, nur noch einen Platz in den hintersten Reihen. Als es losging, war der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt. Margot sprach im Rahmen einer Ringvorlesung über das Leben von Martin Luther und gab einen Ausblick auf das Reformationsjubiläum, das im Jahr 2017 anstand. Während des Vortrags machte ich einige Fotos von Margot, die mir aber leider – bedingt durch die große Distanz bis zur Bühne – nicht so recht gelungen sind. Alle Aufnahmen sind unscharf …
Nachdem Margot ihre Ausführungen beendet hatte, gab es reichlich Applaus. Zuhörerinnen und Zuhörer strömten nach vorne zur Bühne, anscheinend um sich ein Autogramm geben zu lassen oder andere persönliche Anliegen vorzubringen. Mir kam der Gedanke, ebenfalls nach vorne zu gehen und Margot »Hallo« zu sagen. Aber die vielen Leute um sie herum, die alle etwas von ihr wollten, ließen mich zögern. Ich fragte mich: Ist das ein günstiger Zeitpunkt für ein Wiedersehen nach so langer Zeit? Sicherlich würde es irgendwann eine andere Gelegenheit geben, Margot zu treffen. Ich wandte mich schon zum Gehen, als eine innere Stimme mir sagte: Du gehst jetzt zu ihr.
Ich kam erst fast zum Schluss an die Reihe. Ob sie mich wohl wiedererkennen würde? Als wir uns das letzte Mal sahen, war ich 15. Sicherheitshalber sagte ich deshalb, als ich vor ihr stand, als Erstes meinen Namen. Margot schien überrascht und zugleich erfreut, mich zu sehen. Wir wechselten nur wenige Sätze, weil sie kurz darauf aufbrechen musste. Demnächst sei sie, wie sie sagte, wieder einmal in der Nähe. Dann könnten wir uns in Ruhe treffen. Mit diesen Worten reichte sie mir ihre Visitenkarte.
Wenige Wochen später holte ich Margot mit dem Auto vom Bahnhof in Darmstadt ab. Vor Beginn einer Veranstaltung in Ober-Ramstadt, bei der sie aus ihrem neuen Buch lesen wollte, hatten wir noch etwas Zeit für ein Gespräch in einem Restaurant. Wir erzählten uns viel über unsere Kinder und was sonst so alles passiert war in den letzten 40 Jahren, zumindest in groben Umrissen. Es war ein eher sachliches Gespräch, geprägt vom Austausch vieler Fakten. Dennoch hatten wir beide wohl das Gefühl, dass es irgendwie weitergehen sollte. So lud sie mich zu einer Veranstaltung in der evangelischen Kirche in Stadtallendorf ein. Der Kirche, in der damals unsere Jugendliebe begonnen hatte.
Diesen Ort nach so langer Zeit wieder einmal zu sehen, weckte in mir viele Erinnerungen. Hier waren Margot und ich Kindergottesdiensthelfer gewesen, im Alter von 14, 15 Jahren. Hier haben wir zusammen im Posaunenchor gespielt und uns das erste Mal ineinander verliebt.
Über den kirchlichen Rahmen hinaus war dieser Ort aber vor allem ein sozialer Treffpunkt für alle Kinder und Jugendlichen der Siedlung, ganz gleich welcher Religion oder Nationalität jemand angehörte. Stadtallendorf hatte zu dieser Zeit viele »Gastarbeiter« – so nannte man sie damals – aus den verschiedensten Ländern wie der Türkei, Portugal, Italien etc.
Mir ist in diesem Zusammenhang eine Geschichte in besonderer Erinnerung geblieben: Ich...
Erscheint lt. Verlag | 1.9.2021 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Lebenshilfe / Lebensführung |
Schlagworte | Alleinsein • Anlehnen • Beziehung • Beziehungen verbessern • Beziehungsratgeber • Christliches Geschenk • Christliches Leben • Christliche Spiritualität • christliche Werte • Dates • Ehe • Einsamkeit • Familie • Gemeinsam alt werden • Geschenk Freundin • Geschenk Ruhestand • Glück • glückliche beziehung • Glücklich leben • Kinder • Kommunikation • lebensfreude buch • Lebenslust • Liebe • Liebe im Alter • Margot Käßmann • Mutmachbuch • Mut machen • Neubeginn • Paarbeziehung • Partnerschaft • Partnerschaft & Beziehung • Partnerschaft im Alter • ratgeber beziehung • ratgeber beziehung und partnerschaft • Ratgeber Familie • ratgeber für paare • Ratgeber glücklich sein • Ratgeber Partnerschaft • Reden • Romantik • Scheidung • Single • Streit • Trennung • Werte Leben • Zweisamkeit |
ISBN-10 | 3-96340-174-5 / 3963401745 |
ISBN-13 | 978-3-96340-174-9 / 9783963401749 |
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