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Althea Gibson – Gegen alle Widerstände. Die Geschichte einer vergessenen Heldin (eBook)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
416 Seiten
Harpercollins (Verlag)
978-3-7499-5129-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Althea Gibson – Gegen alle Widerstände. Die Geschichte einer vergessenen Heldin - Bruce Schoenfeld
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Bis 1950 durfte sie nicht gegenWeißespielen. Dann gewann sie Wimbledon.

Althea Gibson war die erste Schwarze, die Wimbledon gewann. Doch der Weg dorthin war hart. Aufgrund ihrer Hautfarbe wird die US-Amerikanerin immer wieder diskriminiert und ausgegrenzt, auf dem Platz beschimpft und ausgebuht. Angela Buxton, Engländerin und Enkelin russischer Juden, kämpft aufgrund ihrer Herkunft mit ähnlichen Vorurteilen.

Beide Frauen gelten im Profitennis der fünfziger Jahre als Außenseiterinnen - bis sie sich zusammentun und in Wimbledon 1956 das Damendoppel gewinnen. Ein Sieg, der wie ein Donnerschlag die damalige Sportwelt erschüttert. Am Ende ihrer Karriere hat Althea Gibson elf Grand-Slam-Titel geholt.

Dies ist ihre Geschichte: zwei Frauen, die nicht zuließen, dass Intoleranz, Rassismus und Engstirnigkeit über sie triumphierten. Und ein Denkmal für die einst berühmteste Tennisspielerin der Welt.

»Der Königin von England die Hand zu schütteln, war ziemlich weit entfernt von der Erinnerung daran, im Bus in den mit dem Begriff ?colored? markierten Reihen zu sitzen.«

Althea Gibson

»Schoenfeld ist ein aufschlussreiches Buch über die vielen Ismen im Tennissport - Rassismus, Klassismus, Sexismus, Antisemitismus - gelungen.« Jens Uthoff, taz, 05.10.2021

»Just do it! Ein ganz tolles Buch auf gut 400 Seiten.« Sönke C. Weiss, Gesellschaft der Freunde der Künste, 25.09.2021

»Was Schoenfelds Buch lesenswert macht, sind die Schilderungen aus den wilden Fünfzigern im Tennis.« Thomas Klemm, FAZ, 22.10.2021

»Lesenswert und gerade frisch auf Deutsch erschienen.« Frank Gaß, Bayern2, 24.10.2021



BRUCE SCHOENFELD ist Reporter, Reise- und Sportjournalist. Er schreibt u. a. für Sports Illustrated, Travel & Leisure und das New York Times Magazine. Zudem ist er Autor des Buchs »The Last Serious Thing. A Season at the Bullfights« - eine Geschichte über die spanischen Stierkämpfe und ihre berühmtesten Matadore wie Juan Antonio Ruiz (»Espartaco«) oder Francisco Rivera Pérez (»Paquirri«).

1

ALTHEA

Althea Gibson kam in South Carolina zur Welt, doch als sie drei Jahre alt war, schickte man sie nach Harlem zu ihrer Tante Sally, die illegal gebrannten Whiskey verkaufte. So erzählt es Althea in I Always Wanted to Be Somebody, und es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln. Altheas Gedächtnis ließ gegen Ende ihres Lebens nach, und es hieß, sie könne sich nicht mehr an die Details eines einzigen Tennisspiels erinnern, das sie bestritten hatte: »Ich weiß nicht mehr alles, was ich getan habe, oder wann oder wie ich es getan habe«, sagte sie in einem lichten Augenblick kurz vor ihrem Tod. Doch auch so gibt es genügend belegbare Fakten.

Althea wurde am 25. August 1927 in der Kleinstadt Silver geboren, als Tochter von Daniel und Annie Gibson und mit einem Gewicht von gut dreieinhalb Kilogramm. Einen Großteil ihrer Jugend verbrachte sie mit einem jüngeren Bruder und drei Schwestern in Harlem und zwei Jahre – vermutlich 1934 und 1935 – bei ihrer Tante Daisy in Philadelphia. Das war auf dem Höhepunkt der »Great Depression« nicht weiter ungewöhnlich: Familien schickten ihre Kinder zu Verwandten, die noch Arbeit und genug zu essen hatten.

In Harlem wohnte Althea etwa ab 1936 in der 135 West 143rd Street, zwischen der Lenox Avenue und der Seventh Avenue, in einem der Gebäude, die heute den Namen »Frederick-E.-Samuel-Apartments« tragen. Die Backsteine leuchten heute rot, waren damals aber braun. Über die gesamte Fassade verlaufen Feuertreppen, wie zu der Zeit, als Althea dort lebte.

Sie und ihre Freundin Alma Irving verbrachten Stunden auf dem öffentlichen Basketballplatz und warfen Körbe, oder sie schauten sich im Apollo-Theater Filme an. Die Schule war für sie weitaus weniger wichtig. Althea schwänzte tagelang den Unterricht. Und dann fuhr sie lieber die ganze Nacht lang mit der U-Bahn quer durch die Stadt, als nach Hause zu gehen und sich die Prügel abzuholen, die sie dort erwarteten. Ihre Mutter lief morgens um zwei auf der Suche nach ihr durch die Straßen und rief ihren Namen. Ihr Vater schaffte es nicht, sie zu bändigen, nicht mal wenn er seine Fäuste einsetzte. Einmal verbrachte Althea eine Nacht im Gebäude eines Kinderschutzbunds in der 105th Street, wo sie die Striemen auf dem Rücken vorzeigte, die ihr Vater ihr vor lauter Frust mit seinem Gürtel zugefügt hatte. Es sei nicht seine Schuld, meinte sie; sie könne einfach nicht zu Hause bleiben. Der Grund dafür waren nicht Drogen oder Sex oder irgendetwas Schlimmeres als etwas gemopstes Obst vom Bronx Terminal Market, sondern allein ihre innere Rastlosigkeit.

Vor dem Krieg war Harlem noch kein Slum. Dazu kam es erst später, als sich zunächst die äußeren Stadtbezirke von New York und dann auch Vororte wie Mount Vernon in Westchester County für Schwarze öffneten. Die Stadtflucht der Weißen ist gut dokumentiert, doch genauso zogen viele Schwarze weg, sobald sich die Käfigtüren öffneten. Warum sollten sie im überfüllten Harlem bleiben mit seinen kaputten Straßen und den verrosteten Feuertreppen, auf denen die Kinder die schwülen Sommernächte vertrödelten? Viele der Wohlhabendsten, Erfolgreichsten und Kreativsten verließen Manhattan zugunsten von grüneren Gefilden. Count Basie etwa zog nach St. Albans in Queens, ebenso wie Cab Calloway.

Harlem war also in den 1930er- und den frühen 1940er-Jahren kein Slum, aber doch ein Ghetto. Eine Art Insel, eine Welt für sich. Wie in den historischen jüdischen Ghettos in Mitteleuropa lebten dort Menschen aus allen Gesellschafts- und Einkommensschichten. Die Bewohner des Straßengitters, das sich etwa zwischen der 110th und der 155th Street von Fluss zu Fluss erstreckte und aus verschiedenen Vierteln bestand, stellten einen eigenen Querschnitt der amerikanischen Gesellschaft dar. Es gab Millionäre in Sugar Hill und Bettler in der Gosse. Es gab Priester und Anstreicher, Kleinunternehmer und Falschspieler. Es gab Schwarze aus der Karibik und Schwarze aus dem Süden der USA – zwei völlig unterschiedliche Charaktertypen, die einander oft mit Misstrauen begegneten.

Auf einem berühmten Foto des Boxers Joe Louis aus dem Jahr 1935, das ihn zeigt, wie er im dreiknöpfigen Kamelhaarmantel durch Harlem spaziert und dabei überaus majestätisch wirkt, sieht man links im Bild – in Lederjacke und einer Pluderhose, die in hohen Stiefeln steckt – den jungen Desmond Margetson, der es in die erste Reihe der Menschenmenge geschafft hatte, als Louis vorbeilief und der Fotograf den Auslöser drückte, und nun grinst wie ein Verrückter. Margetson würde später an der New York University (NYU) Tennis spielen und 1954 zusammen mit Althea ein Doppelturnier in der Seventh Regiment Armory bestreiten. Es ist kein Zufall, dass in dieser Geschichte immer wieder die gleichen Namen auftauchen. Die Welt war damals kleiner, und herausragende Menschen fanden einen Weg, sich durchzusetzen – oder zumindest einen Blick auf Joe Louis zu erhaschen, wenn es das war, was sie anstrebten. Margetson machte im Jahr 1957 wieder von sich reden, als ihm als Ingenieur die Idee für eine aufblasbare Zeltkonstruktion kam, die sich über einem Außenplatz aufspannen ließ und es Tennisfans egal welcher Hautfarbe ermöglichte, auch bei ungemütlichem Wetter zu spielen.

Natürlich hatte Harlem seine berühmten Nachtclubs, und die Weißen kamen wegen Veranstaltungen im Apollo in den Stadtteil. Es gab gute Viertel und schlechte Viertel, Restaurants, Bekleidungsgeschäfte, Kunstgalerien und Läden wie Spreen’s, wo die Schwarzen Kinder ihr Taschengeld für Milchshakes ausgaben, genauso wie es die weißen Kinder in der Lower East Side und in Brooklyn Heights taten.

In jener Zeit war es in Amerika üblich, dass die staatlichen Institutionen das urbane Leben aktiv mitgestalteten. Zentralisierte Lösungen waren noch nicht verpönt. Die Police Athletic League (PAL) war berechtigt, ganze Straßenzüge für den Verkehr zu sperren. Jeden Sommer riegelte man mehrere Blocks in Harlem ab und erklärte sie zu öffentlichen Spielflächen – »Play Streets«. Im nördlichen Teil von Manhattan gab es kaum öffentliche Sportanlagen und noch weniger Parks, also dienten die Straßen als Spielfelder für Himmel und Hölle, Paddle-Tennis oder Stickball, eine angepasste Art von Baseball mit Besenstielen als Schlägern und Gummi- oder Tennis- statt Lederbällen. Außerdem drehte man regelmäßig Hydranten auf, damit sich die Kinder abkühlen konnten. Die Polizei, der wohlwollende Friedensstifter, stellte die gesamte Ausrüstung; die Kinder konnten einfach kommen. Es war wie ein Ferienlager, bis auf die Tatsache, dass abends zu hören war, wie eine Mutter nach der anderen ihre Kinder durch das Wohnungsfenster zum Essen hereinrief.

Zu den Straßen, die die PAL regelmäßig absperrte, gehörte ein Teil der 143rd Street. Als Althea eines Tages dort vorbeikam, spielte sie eine Partie Paddle-Tennis – eine Variante des Spiels, die mit kurzen Holzschlägern und einem Gummiball ausgeführt wird. Althea war groß und schlaksig und hatte lange Arme. Wenn wir glauben, was man sich erzählt, gewann sie schnell ein Spiel nach dem anderen. Sie stand auf dem Platz, bis es dunkel wurde, forderte jeden heraus, der vorbeikam, ohne je zu verlieren. Bald war sie die beste Spielerin des Blocks, und als die PAL die Kinder von der 143rd Street gegen Teams von anderen Play Streets antreten ließ, gewann sie auch fast alle dieser Partien.

Dieses Talent, den Paddle-Ball richtig zu treffen, sollte Althea schließlich zu einem Tennisstar machen. Doch anfangs war ihr jede Sportart recht. Ihr Vater brachte ihr das Boxen bei und lehrte sie, Schlägen ebenso auszuweichen wie sie auszuteilen, was ihr nicht nur bei der Selbstverteidigung half, sondern auch eine gute Vorbereitung auf die Profi-Karriere war. (Das war vor dem zeitweiligen Verbot des Frauenboxens.) Sie spielte im Mount Morris Park an der 121th Street Softball mit den Jungs. Sie spielte Basketball auf Schulhöfen und später, als sie etwas älter war, in einem festen Team, den Mysterious Five, das gegen Mannschaften aus Krankenschwestern, Lehrerinnen und anderen Gruppen antrat.

Die Mädchen von den Mysterious Five kannten einander seit Jahren. Mit Gloria Nightingale war Althea schon seit der Grundschule befreundet, und Nightingale hatte sie bereits früh Bea Jenkins vorgestellt. Agnes Polite war eine Freundin einer Freundin, die sich der Truppe irgendwann anschloss, und Adeline Matthews hatte die gleiche Junior Highschool besucht wie Althea, die PS 136 – nur dass sie tatsächlich am Unterricht teilgenommen hatte. Althea ging fast nie zur Schule. Ihre Einstellung war schlicht und einfach: Niemand konnte sie zu irgendetwas zwingen, das sie nicht wollte.

Matthews gegenüber gab Althea in frühen Jugendjahren mehrmals zu, dass das Leben zu Hause nicht leicht war. Ihr Vater war streng und schlug sie, wenn sie sich nicht benahm. Die Geschwister waren immer im Weg. Die Wohnung war klein, und Althea zog es verzweifelt auf die Straße hinaus, wo sich das Leben abspielte. Irgendwann gaben ihre Eltern im Grunde einfach auf. Ihnen fehlte die Energie, sich weiter mit Althea auseinanderzusetzen. Als sie 1941 den Abschluss an der Junior High erlangte, war sie vierzehn Jahre alt, und obwohl sie nicht wusste, wie sie ihn geschafft hatte, war sie froh, über das System triumphiert zu haben. Als Nächstes folgte der...

Erscheint lt. Verlag 21.9.2021
Übersetzer Elisabeth Schmalen
Sprache deutsch
Original-Titel The Match
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sachbuch/Ratgeber Sport
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Althea Gibson • Angela Buxton • berühmte Tennisspielerinnen • Biografie • Biografie Frauen • Biografie Gibson • biografie sport • Biografie Sportler • Black lives matter • Feminismus • Frauenfreundschaft • Segregation • Tennis • Tennis Biografie • Tennis Buch • tennis bücher • tennis damen • tennisdamen • tennis frauen • Tennis Geschenk • tennis geschenke • Tennis Geschichte • Tennislegenden • Wimbledon • Woman of Color • Women of Color Biografie
ISBN-10 3-7499-5129-2 / 3749951292
ISBN-13 978-3-7499-5129-1 / 9783749951291
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