Emotionale Intelligenz (eBook)
253 Seiten
Haufe Verlag
978-3-648-15385-7 (ISBN)
Anja von Kanitz ist selbstständige Trainerin, Beraterin und Coach mit den Schwerpunkten Rhetorik, Kommunikation und Moderation. Sie verfügt über langjährige Praxis in der Personalentwicklung von Unternehmen, Institutionen und Verwaltungen.
Anja von Kanitz Anja von Kanitz ist selbstständige Trainerin, Beraterin und Coach mit den Schwerpunkten Rhetorik, Kommunikation und Moderation. Sie verfügt über langjährige Praxis in der Personalentwicklung von Unternehmen, Institutionen und Verwaltungen.
Emotionen als Orientierungshilfe
Emotionen zählen zum lebensnotwendigen Rüstzeug, mit dem uns die Evolution ausgestattet hat – auch im Beruf. Wenn wir lernen, angemessen mit ihnen umzugehen, versetzen sie uns in die Lage, Reize und Situationen stimmig zu bewerten und adäquat auf sie zu reagieren.
Im folgenden Kapitel lesen Sie,
- wie Emotionen den Fortschritt der Menschheit begünstigt haben,
- wie eng Emotionen mit körperlichen Prozessen verbunden sind und
- worin der Schlüssel für emotionale Intelligenz liegt.
Warum wir Gefühle haben
Wir Menschen haben viele Fähigkeiten entwickelt, deren Sinn uns ohne weiteres einleuchtet – z. B. unsere im Vergleich zu anderen Lebewesen enorme manuelle Geschicklichkeit. Sie ermöglichte uns die Produktion von Hilfsmitteln und erleichterte uns damit das tägliche (Über-)Leben sehr. Oder nehmen wir die Fähigkeit zu logischem und kreativem Denken: Sie ist der Motor für die Entwicklung von Neuem und führte zu einem unglaublichen Erfindungsreichtum.
Aber welchen Sinn haben die zahlreichen Gefühle mit ihren vielen Nuancen und Varianten? Die Kurzantwort auf diese Frage lautet: Gefühle helfen uns – manchmal in Bruchteilen von Sekunden –, Situationen und Menschen einzuschätzen. Sie mobilisieren im Körper die nötige Energie für die Bewältigung schwieriger Situationen und geben Handlungsimpulse. Sie ermöglichen uns, in einer komplexen Umwelt besser durchzublicken, und ergänzen damit die Arbeit des Verstandes, der das Gleiche mit den Mitteln der Logik versucht. In Entscheidungssituationen sind Gefühle also eine wichtige Instanz – auch wenn Sie es nicht immer merken.
BEISPIEL: JOBWECHSEL |
Wenn Sie das Angebot bekommen, auf eine bessere Position in einer anderen Niederlassung Ihres Unternehmens zu wechseln, dann werden Sie sich zunächst vorstellen, wie es wäre, wenn Sie es annähmen. Die Gedanken, die Ihnen bei dieser Vorstellung kommen, lösen in Ihnen Emotionen aus – z. B. löst die Vorstellung, Verantwortung für ein großes Team zu haben, Freude, Stolz oder auch Befürchtungen und Selbstzweifel aus. Die Vorstel lung, in einer großen Stadt zu leben, triggert Neugier, Freude, Interesse oder auch Unwohlsein und Angst. Die Vorstellung, Ihr bisheriges Leben aufzugeben, bewirkt vielleicht Erleichterung (»Endlich komme ich aus diesem Kaff heraus!«), aber vielleicht auch Trauer darüber, Ihre Freunde und Kollegen zurücklassen oder das Haus aufgeben zu müssen. Je nachdem, welche Gefühle Sie bei diesen Vorstellungen entwickeln und wie stark diese sind, werden sie Ihre Entscheidung wesentlich beeinflussen. Wenn Ihr Gefühl der Trauer und Angst überwiegt, wird Ihr Verstand gute Gründe finden, warum das Angebot nicht attraktiv (genug) ist. Sie können aber davon ausgehen, dass Ihr Gefühl erheblich zu dieser Entscheidung beigetragen hat und die rationalen Gründe oft nur vor- oder nachgeschoben sind. |
Emotionen beeinflussen durch Signale Ihre Entscheidungen. Sie unterstützen Sie dabei, verschiedene Zukunftsszenarien durchzuspielen und die Ihrer Erfahrung nach für Sie günstigste Version zu wählen. Nach allem, was wir heute wissen, sind Emotionen weder Luxuszugaben für romantische Gemüter, ein Privileg des weiblichen Geschlechts noch – mit ihren zerstörerischen Elementen – ein Irrtum der Natur.
Emotionen sind Teil eines hochkomplexen Apparates, der uns Sachverhalte und Situationen einschätzen hilft. Sie bewegen uns dazu, etwas zu tun oder zu lassen, und ermöglichen es uns, flexibel auf immer wieder neue Anforderungen der Umwelt zu reagieren.
Emotionen als Überlebensvorteil
Schon der Evolutionsbiologe Charles Darwin hat sich im 19. Jahrhundert mit Emotionen beschäftigt und gefragt, welche Funktion sie haben. Seine These lautet, dass die Entwicklung von Emotionen zu einem Überlebensvorteil der Spezies Mensch geführt hat. Heute teilen die meisten Forscher Darwins Ansicht, dass Emotionen den Fortschritt der Menschheit enorm begünstigt haben. Emotionen helfen, gesammelte Erfahrungen in kurzer Zeit abzurufen sowie neue Situationen und Menschen einzuschätzen. Sowohl in der Bewältigung von Standardsituationen als auch bei der Entwicklung von Plänen und der Einschätzung von Risiken spielen sie eine herausragende Rolle.
Hilfe in existenziell bedrohlichen Situationen
Emotionen reagieren auf existenziell bedrohliche Situationen schneller als der Verstand. Sie mobilisieren in Bruchteilen von Sekunden Energien und veranlassen den Körper dazu, sich zu schützen – je nach Gefahrenlage durch Ausweichen, Flucht, Erstarren oder Angriff bzw. Verteidigung.
Hilfe beim Planen und Entscheiden
Die Fähigkeit zu vorausschauendem Denken und Handeln ist eng mit Emotionen verbunden, die es uns ermöglichen, die Folgen unseres Handelns vorauszusehen bzw. vorauszufühlen. Die Fähigkeit zu vorausschauendem Fühlen (»Was wird passieren, wenn …?«) eröffnete den Menschen eine ganz neue Dimension, über den Moment hinaus zu denken, Neues auszuprobieren und sich bewusst für bestimmte Handlungen zu entscheiden.
Mittel der Kommunikation
Emotionen sind ein wichtiges Verständigungsmittel zwischen Menschen. Mit Gefühlen sind verschiedene typische körperliche Ausdrucksformen verbunden, die Ihnen signalisieren, wie Sie den anderen einzuschätzen haben. Vor allem der Gesichtsausdruck und die Körperhaltung sind Anhaltspunkte für die Taxierung eines anderen Menschen. Von einem lächelnden, entspannt wirkenden Gegenüber wird selten Gefahr ausgehen. Ein Mensch mit zusammengezogenen Augenbrauen, vorgeschobenem Kiefer und angespannter Muskulatur wirkt dagegen schon eher bedrohlich und warnt Sie, Abstand zu halten bzw. den anderen nicht zu reizen. Der Ausdruck von Trauer veranlasst Sie wiederum dazu, den anderen rücksichtsvoll zu behandeln, ihm zu helfen oder ihn in Ruhe zu lassen.
Der körperliche Ausdruck von Stimmungen und Gefühlen ist entwicklungsgeschichtlich älter als die Verständigung über die Sprache. Doch noch heute ist im Gespräch der körpersprachliche Ausdruck über Mimik, Gestik und Körperhaltung unentbehrlich für die Einschätzung des Gegenübers und die Verständigung miteinander.
Wie Gefühle entstehen und was sie bewirken
Emotionen sind immer eine Reaktion auf einen Reiz. Dieser kann von außen kommen, z. B. in Gestalt eines knurrenden Hundes oder eines lustigen Kommentars Ihres Kollegen. Er kann aber auch durch Ihre eigenen Gedanken und Erinnerungen hervorgerufen werden, so z. B. wenn Sie sich an eine Jugendfreundin erinnern oder an das nächste Mitarbeitergespräch mit Ihrem Chef denken. Für den Körper ist es einerlei, ob der Auslöser real in der Umgebung vorhanden oder nur vorgestellt bzw. erinnert ist – er reagiert mit dem immer gleichen Muster. Aber wie kommt es, dass der Körper mit einer Emotion auf solche Reize antwortet?
Gespeicherte Erfahrung
Man geht heute davon aus, dass alles, was unser Gehirn speichert – also alle Erlebnisse, Informationen, Kontakte, Eindrücke etc. –, mit einer Bewertung versehen abgelegt wird, also beurteilt nach gut oder schlecht, angenehm oder nicht, gefährlich oder harmlos. Das geschieht weitestgehend unbewusst und vereinfacht uns Menschen die Orientierung in unserer Umwelt. Schneller, als wir es je durch Denken erreichen könnten, zeigt uns die Emotion in einer aktuellen Situation an, was wir von einer Sache zu halten haben. Maßstab ist dabei die gespeicherte persönliche Vorerfahrung mit vergleichbaren Ereignissen. Dies können auch Ereignisse sein, an die wir uns bewusst nicht mehr erinnern, die aber trotzdem ihre Spuren in unserem emotionalen Gedächtnis hinterlassen haben.
Schneller als das Bewusstsein
Ganz besonders schnell läuft dieser Prozess ab, wenn etwas als negativ oder gefährlich abgespeichert wurde. Das emotionale System können Sie sich als ein hochwirksames Wach- und Alarmsystem vorstellen. Unablässig scannen Sie die Umwelt durch Ihre Sinne ab. Diese Informationen werden – ohne dass Sie es bewusst wahrnehmen würden – im Hintergrund verarbeitet, während Sie Ihren normalen Tätigkeiten nachgehen. Immer, wenn etwas Besonderes die Aufmerksamkeit dieses Scanners erregt, erfolgt innerhalb von Sekundenbruchteilen eine entsprechende körperliche Reaktion.
Individuelle Bewertung der Reize
Bei negativ abgespeicherten Reizen geschieht dies innerhalb von 120 Millisekunden. Was dabei von Ihrem Scanner als positiv oder negativ angesehen wird, ist zu einem gewissen Teil universal, also im genetischen Programm des Menschen festgelegt. Zu einem großen Teil hängt die...
Erscheint lt. Verlag | 6.5.2021 |
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Reihe/Serie | Haufe TaschenGuide | Haufe TaschenGuide |
Verlagsort | Freiburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Lebenshilfe / Lebensführung |
Schlagworte | Emotionale Intelligenz • EQ • Gefühle steuern • Kommunikation • Kompetenz • Kundenbeziehungen • Meta-Ebene • Mitarbeiterführung • Taschenguide • Teamarbeit • Training • Umgang |
ISBN-10 | 3-648-15385-4 / 3648153854 |
ISBN-13 | 978-3-648-15385-7 / 9783648153857 |
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Größe: 738 KB
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