Der Ruf deines Herzens (eBook)
224 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01067-3 (ISBN)
Janni Kusmagk ist auf Sylt geboren und wuchs als jüngste Tochter in einer Surferfamilie auf Fuerteventura auf. Janni ist deutsche Meisterin im Wellenreiten auf Short,- und Longboard. Sie gilt als die beste deutsche Surferin ihrer Generation, arbeitet als Model, Moderationstrainerin und Reisejournalistin. Sie lebt mit ihrer Familie in Potsdam und auf Mallorca, tritt in diversen TV-Formaten auf und arbeitet als Content Creatorin und Autorin. Ihr liebster und wichtigster Job ist aber die Familie und Mutter zu sein für ihre drei Kinder Yoko, Emil-Ocean und Merlin.
Janni Kusmagk ist auf Sylt geboren und wuchs als jüngste Tochter in einer Surferfamilie auf Fuerteventura auf. Janni ist deutsche Meisterin im Wellenreiten auf Short,- und Longboard. Sie gilt als die beste deutsche Surferin ihrer Generation, arbeitet als Model, Moderationstrainerin und Reisejournalistin. Sie lebt mit ihrer Familie in Potsdam und auf Mallorca, tritt in diversen TV-Formaten auf und arbeitet als Content Creatorin und Autorin. Ihr liebster und wichtigster Job ist aber die Familie und Mutter zu sein für ihre drei Kinder Yoko, Emil-Ocean und Merlin. Peer Kusmagk ist in Berlin geboren und reiste nach dem Abitur mit einer Theatergruppe durch Frankreich. Anschließend studierte Kusmagk Schauspiel am Lee Strasberg Institute in Los Angeles, spielte u.a. die Hauptrolle in der Serie Gute Zeiten schlechte Zeiten, war als Moderator u.a. für das Sat.1 Frühstücksfernsehen tätig und wurde vom Publikum zum RTL Dschungelkönig gewählt. Heute arbeitet er als Speaker und Life Coach im Bereich Persönlichkeitsentwicklung.
Die zweite Pubertät
Peer
Die Pubertät ist eine Phase, auf die sich kaum ein Elternteil wirklich freut. Man weiß schließlich (auch aus eigener Erfahrung), dass es schwierig wird, wenn die Kinder zum ersten Mal die Werte des Elternhauses infrage stellen. Nicht immer tun sie dies, um zu rebellieren. Sie bereiten sich vielmehr auf ein Leben nach ihrem eigenen Modell und ihren eigenen Ansichten vor. Sie hinterfragen, was als gesetzt gilt, und das führt naturgemäß in Familien oft zu Reibung. Die gute Nachricht lautet: Auch die Pubertät ist eines Tages vorbei. Von dem süßen kleinen Sohnemann oder der entzückenden kleinen Tochter ist dann vielleicht nicht mehr viel übrig, dafür ist ein gestärkter, selbstbewusster Erwachsener daraus hervorgegangen, der in dieser Welt seinen Platz finden wird.
Ich hatte das große Glück, dass ich als Sommergeburtstagskind ein Jahr früher als die meisten anderen eingeschult wurde. Mit 17 hatte ich mein Abitur in der Tasche, und beinahe zeitgleich sah ich mich mit der Frage konfrontiert, was für einen ordentlichen Beruf ich denn ergreifen wolle. Allerdings steckte ich in dem Alter noch mitten in der Pubertät und hatte keine Ahnung, was ich einmal werden wollte. Zudem war ich gerade gegen ziemlich vieles, beispielsweise auch gegen Werte, die mir in der Kindheit vermittelt worden waren. Wie etwa: Ohne Fleiß kein Preis.
Schon zu Schulzeiten war ich nicht der motivierteste Schüler. Ich hielt es eher wie der Saisonarbeiter im Zirkus oder in der Gastronomie: Eine Zeit lang investierte ich relativ viel, danach genoss ich lange Ruhephasen. Das hatte sich derart für mich bewährt, dass ich beschloss, mir erst einmal die Welt anzuschauen und dann zu überlegen, womit ich eines Tages mein Geld verdienen wollte. Meine Eltern deklarierten wie alle anderen Eltern auch ihre Lebenserfahrung als Maß aller Dinge. Sie versuchten, diese auf ihre Kinder zu übertragen – im besten Wissen und Gewissen natürlich, denn was für sie funktioniert hatte, konnte ja nicht schlecht sein. Leider vergaßen sie dabei, dass Kinder von Natur aus neugierig sind und ihre eigenen Erfahrungen machen wollen.
Meine Eltern waren vor Jahren aus Kreuzberg an den Stadtrand gezogen, um uns ein Leben in der Natur zu ermöglichen. Trotzdem hatte ich den Drang nach urbanem Leben, nach dreckigen Innenstädten und den Geheimnissen der Subkultur. Statt aufs Land führte mich meine Reise erst direkt in die Berliner Innenstadt, später nach Marseille und nach Los Angeles.
Ich absolvierte eine Schauspielausbildung und fand mich Jahre später und über Umwege in Berlin wieder, am Set der RTL-Serie «Gute Zeiten, schlechte Zeiten». Der Job machte wahnsinnig viel Spaß, auch wenn er mit dem, was ich auf der Schauspielschule gelernt hatte, so ziemlich nichts zu tun hatte – und das war gut für mich. Wenn man Schüler auf einer renommierten Schule ist und die meiste Zeit des Tages Klassiker auf der Bühne rezitiert, geht man als Grünschnabel davon aus, dass man sein Leben lang nur noch Figuren aus Shakespeare, Ibsen oder Goethe spielen wird. Mich frustrierte das eher, weil ich mit «Effi Briest», «Romeo und Julia» oder «Warten auf Godot» nur bedingt etwas anfangen konnte.
Umso wohler fühlte ich mich in der Serienwelt. Ich hatte einen festen Vertrag, der meine Eltern glauben ließ, dass ich bis zur Rente nun bei GZSZ mitspielen würde. Dabei beängstigte mich der Gedanke zutiefst, irgendetwas von jenem Zeitpunkt bis zur Rente machen zu müssen. Die Generation meiner Eltern hingegen setzt vor allem auf Sicherheit, die sie aus meiner Sicht hingegen ziemlich einschränkt. Ich erinnere mich noch genau daran, wie entsetzt mein Vater war, als ich ihm irgendwann erzählte, dass ich bei GZSZ aussteigen würde.
«Das ist doch aber ein super Job!», meinte er.
Und ich entgegnete: «Stimmt, aber ich will mal etwas anderes machen.»
«Und was?»
«Das weiß ich noch nicht», antwortete ich ruhig.
«Schuster, bleib bei deinen Leisten!» Mein Vater war wirklich erschüttert.
Ich dachte lange über seine Redewendung nach. In ihr versteckt sich ein Glaubenssatz – ich hörte nicht nur «Geh kein Risiko ein!», sondern auch: «Hinterfrage dich nicht. Probiere nichts Neues aus.»
Obwohl ich bereits Ende zwanzig war, hatte ich das Gefühl, noch einmal in die Pubertät geschlittert zu sein und mich ein zweites Mal mit den Lebensvorstellungen meiner Eltern auseinandersetzen zu müssen. Hatte ich solche Glaubenssätze nicht längst hinter mir gelassen? Warum beschäftigte ich mich überhaupt mit der Aussage meines Vaters? Wieso konnte ich nicht einfach sagen: Danke für deine Meinung, aber ich teile sie nicht?
Mir dämmerte, dass diese normativen Aussagen sehr starke Instrumente sind, deren Wirkung nicht einfach so nachlässt, weil man etwas gründlich durchdacht hat. Sie sind vielmehr wie ein Navigationssystem im Gehirn, das kein Update bekommt und dich deshalb immer wieder denselben Weg nehmen lässt, selbst wenn es längst Abkürzungen oder Umgehungsstraßen gibt. Immer dann, wenn ich im Leben mit einer bestimmten Situation konfrontiert werde, spult mein Hirn die alten Muster ab, ohne sie zu hinterfragen.
Ich entschied mich dafür, den Glaubenssatz meines Vaters nicht zu übernehmen und in den kommenden Jahren alles mögliche Neue auszuprobieren – vielleicht auch als Ausdruck einer nachträglichen Trotzphase, als wollte ich mir und aller Welt beweisen: «Der Schuster darf auch andere Leisten ausprobieren!» Ich wurde Moderator, Gastronom und Lebenskünstler, reiste um die Welt und machte jede Menge Erfahrungen, die mir vorenthalten geblieben wären, hätte ich «bis zur Rente» in der Serie weitergespielt. Dabei enttäuschte ich in gewisser Hinsicht auch meine Eltern, denn ich missachtete ihre tiefe Überzeugung, dass man besser keine großen Risiken eingeht, sondern sich selbst und seinem einmal gewählten Beruf treu bleibt. Damit ignorierte ich auch ihren Rat und ihre Lebensweisheit.
Ich bin heute, viele Jahre später, selbst Vater von drei wunderbaren Kindern, der tiefen Überzeugung, dass ein glückliches und erfülltes Leben nur dann möglich ist, wenn ich mich immer wieder selbst hinterfrage. Das Leben verändert sich, die Welt verändert sich, ob wir es wollen oder nicht, und damit verändern sich auch die Umstände, mit denen wir uns irgendwie arrangieren. Wir müssen uns anpassen, uns neu justieren, innehalten und reflektieren, ob der Weg, den wir gewählt haben, noch der richtige ist. Ob wir mit der richtigen Geschwindigkeit im richtigen Untersatz unterwegs sind. Ob wir das Ziel neu anvisieren müssen – oder den Treibstoff nachfüllen. Natürlich ist es legitim, in einem kleinen Auto bis ans Ende seines Lebens einer schnurgeraden Straße zu folgen. Keine Abzweigungen zu nehmen. In keiner interessanten Landschaft anzuhalten. Keine Pause zu machen. Sich nicht zu fragen, wo man eigentlich herkommt, wo man hinwill und ob es verdammt noch mal nur diesen einen Sender im Radio gibt. Alles vollkommen in Ordnung. Aber macht es auch glücklich?
In der Pubertät rebelliert man gegen seine Eltern, die jeder vermeintlich neuen Idee ziemlich viele logische, weil durch eigene Erfahrung verifizierte Argumente entgegensetzen. Das führt dazu, dass man sich nach einer kurzen Zeit der Revolte oft wieder in das bestehende System einfügt und sich eines Tages auf dem vorgegebenen Weg wiederfindet. Ist ja auch einfacher, wenn man den festgetrampelten Pfaden nur folgt, anstatt sich ständig durchs Unbekannte zu schlagen. Ich stelle mir das wie einen eingeschneiten Weihnachtsmarkt aus der Vogelperspektive vor. Die eigenen Eltern sind schon hundertmal die Wege entlanggegangen, erst zum Glühweinstand, dann zum Büdchen mit den gebrannten Mandeln, dann zu den Schnitzereien aus dem Erzgebirge, und du bist immer mitgegangen, immer wieder denselben Weg. Wirst du je erfahren, was es bei den anderen Ständen zu kaufen gibt? Nein. Aus den ersten Fußstapfen wird erst ein Pfad, dann ein Weg und irgendwann eine Straße, über die niemand mehr nachdenkt. Man macht die Dinge eben so, wie man sie macht, wie alle sie machen. Beispielsweise: einen Beruf wählen und ihn behalten (egal, ob er Freude bereitet oder nicht). Einen Partner finden, heiraten und für immer zusammenbleiben (egal, ob die Ehe erfüllt ist oder nicht). Zum Schnitzel Pommes essen und keine Pfannkuchen.
Je häufiger man auf diesen ausgetretenen Pfaden wandert, ohne sie zu hinterfragen, desto schwerer fällt es aber, an irgendeinem Punkt des Lebens etwas zu verändern. Auf eine neue Art zu reagieren, eine unkonventionelle Entscheidung zu treffen, flexible und kreative Lösungen zu finden. Für ein freies und erfülltes Leben sind das jedoch Grundvoraussetzungen.
Janni und ich kommen aus unterschiedlichen Welten, wurden ganz anders sozialisiert und haben sehr verschiedene Glaubenssätze. Für uns ist es elementar, dass wir die Anschauungen, die wir von unserem Elternhaus mitbekommen haben, immer wieder infrage stellen – ansonsten hätte unsere Beziehung vermutlich nach fünf Minuten ihr Ende gefunden. Weil wir uns häufig für uns und nicht für die anderen entscheiden, ecken wir an. Wir enttäuschen unsere Eltern, wenn wir sie direkt nach der schweren Geburt von Emil-Ocean nicht ins Krankenhaus kommen lassen. Wir irritieren, wenn wir uns entscheiden, aus dem schönen, großen Haus in eine kleine Wohnung mit Familienbett zu ziehen. Und natürlich geraten wir in Konflikte, wenn wir das Leben...
Erscheint lt. Verlag | 22.3.2022 |
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Co-Autor | Lisa Bitzer |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Lebenshilfe / Lebensführung |
Schlagworte | Alkoholismus • Dschungelcamp • Ehe • Eltern-Kind-Beziehung • Erziehung • Familie • Fuerteventura • Glück • Instagram • Kinderalltag • Lebensführung • Lebensmodell • Liebe • Minimalismus • Partnerschaft • Reality-TV • Reisen • Surfen • Sylt • thehappytribe • The Happy Tribe • Unkonventionell • vanlife • #VanLife • Verlust |
ISBN-10 | 3-644-01067-6 / 3644010676 |
ISBN-13 | 978-3-644-01067-3 / 9783644010673 |
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Größe: 10,2 MB
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