Krisenfest - Dein Familien-Kompass für stürmische Zeiten (eBook)
320 Seiten
Kösel (Verlag)
978-3-641-27611-9 (ISBN)
Als Familie in eine Krise zu schlittern, ist keine Kunst - sei es durch die außergewöhnlichen Herausforderungen und Krisen unserer Zeit oder unvorhersehbare Schicksalsschläge. Doch wer sich als selbstwirksam erlebt und nicht so schnell den Optimismus und Humor verliert, ist widerstandsfähiger und kann Probleme besser bewältigen.
Die gute Nachricht ist: Diese Eigenschaften lassen sich trainieren, nicht nur als einzelne Person, sondern als gesamte Familie!
Die Familientherapeutin und Resilienztrainerin Romy Winter gibt Familien viele praktische Werkzeuge an die Hand, um die Beziehungen untereinander und die psychische Gesundheit von Kindern und Eltern zu stärken und den Alltag zu entschleunigen sowie bewusst zu gestalten. So entsteht eine liebevolle Atmosphäre, die vor Krisen schützt und gleichzeitig die Voraussetzungen dafür schafft, gut durch anspruchsvolle Phasen zu kommen.
»Es gibt zahllose Eltern-Ratgeber, aber dieser besticht durch seine Ehrlichkeit. Ich habe mich von dem Buch sehr verstanden gefühlt - und allein das tut gut.«
Kathrin Werner, Redaktionsleiterin Plan W / Süddeutsche Zeitung
»Romys Worte sind wie die einer klugen und erfahrenen Freundin. Fundiert, durchdacht, mit ganz viel Wärme, ohne Verurteilung und Dogmatismus. Die vielen Beispiele und kleinen Anekdoten haben mich mitgenommen und mir das Gefühl gegeben, dass wir alles schaffen können.«
Anna Brachetti, Neurowissenschaftlerin, Autorin, Elternbloggerin
Romy Winter ist psychologische Beraterin, systemische Paar- und Familientherapeutin sowie Gründerin des Familienz® Konzeptes, Psychologin und Autorin. Sie ist auf Themen rund um Elternschaft, Persönlichkeitsentwicklung und Resilienz spezialisiert und arbeitet seit vielen Jahren erfolgreich mit Einzelpersonen, Kindern, Paaren, Familien und Teams. Auf ihrem Instagram-Account @slowmothering mit über 35.000 Followern teilt sie Wissenswertes rund um ihre Kernthemen. Romy Winter lebt mit ihrem Mann und den drei gemeinsamen Kindern in Norddeutschland.
Wilde Zeiten
Als Mensch und als Familie in unruhige Gefilde, problematische Zeiten oder eben auch eine waschechte Krise zu schlittern, ist keine Kunst. Das war es wohl noch nie, und daher wäre es ziemlich ignorant bis vermessen zu behaupten, dass früher alles leichter und das Familienleben einfacher war. Und doch denke ich, dass die Herausforderungen, die das Leben heute an uns stellt, besonders komplex sind. Nun könnte man mir unterstellen, dass ich durch meine berufliche Ausrichtung nur mit eben diesen belasteten Familien zu tun habe und daher eine Problembrille trage. Allerdings habe ich daneben auch ein Privatleben, Freunde und Familie, einen Instagram-Account sowie ein wachsames (und ein mamamüdes) Auge. Auch wenn in diesen Argumenten durchaus eine Portion Humor steckt, möchte ich behaupten, dass es sich eben nicht um Einzelschicksale handelt, wenn ich sage: Familien sind heute stark gefordert. Es ist sogar zu vermuten, dass es wesentlich mehr Menschen und Familien mit Unterstützungsbedarf gibt als jene, die sich tatsächlich Unterstützung holen (können) und von deren Geschichten ich so viel lernen durfte.
Wir leben in einer Zeit, in der Eltern und auch Kinder schon im »normalen« Alltag stark überlastet sind. Die Welt ist wild und dreht sich – zumindest gefühlt heute viel schneller als noch zu Zeiten unserer Eltern. Und obwohl sie sich dank all der Errungenschaften und Möglichkeiten einerseits so unendlich groß und grenzenlos anfühlt, sind die Gemeinschaften, die all die Anforderungen einer so modernen und beschleunigten Welt zu bewältigen haben, kleiner denn je. Folglich lastet ziemlich viel emotionaler und organisatorischer Druck auf den Kleinfamilien, die jeden Tag Großes – oder sagen wir besser: Großartiges – leisten. Sie müssen täglich der Doppelbelastung von Familie und Beruf sowie den hohen inneren und äußeren Ansprüchen, Erwartungen und Optionen gerecht werden. Die ständige Erreichbarkeit, Schnelllebigkeit und Konsumorientierung tun ihr Übriges. Höher. Schneller. Weiter.
Es ist wohl überflüssig zu erwähnen, dass ausgebrannte Mütter und überarbeitete Väter anfälliger für Krisen sind, weil die Energiereserven, aus denen wir in solchen Phasen zehren könnten, mitunter bereits im Normalzustand am Limit sind. Es ist ein bisschen so, als würde die Benzin-Reservelampe leuchten, noch bevor wir von der Ostsee in die Alpen gestartet sind. Bei diesem Vergleich ist das bestenfalls nur ein mäßiges Problem, denn man könnte ja jederzeit tanken, vorausgesetzt, man findet rechtzeitig eine Tankstelle auf den unbekannten Straßen. Wir könnten die Lage aber auch mit einem Sportler vergleichen, der plötzlich einen Marathon laufen möchte oder auch muss (Krise), obwohl er gerade einen neuen Rekord im Walken aufstellen wollte oder auch sollte (Alltagschaos). Er ist also bereits lange »on the road«. Den Marathon schafft er nun vermutlich trotz der warm gelaufenen Muskeln und seiner guten körperlichen Verfassung nicht mehr. Nicht im Guten. Denn er mag trainiert sein, aber eben auch erschöpft.
Neben dem ganzen Alltagschaos besteht also ständig ein latentes Risiko, vor außerplanmäßigen Schicksalsschlägen und Herausforderungen zu stehen, die das Leben einer Familie ordentlich auf den Kopf stellen können. Ich denke da beispielsweise an die Corona-Krise 20/21, deren Auswirkungen vor nahezu niemandem Halt gemacht haben und die Familien von heute auf morgen vor ein noch nie da gewesenes Schlamassel stellte. Ich habe in dieser Zeit viele Familien über sich hinauswachsen sehen, aber es war mitunter eine wirklich harte Zeit. Eine Zeit, in der die meisten erst lernen mussten, was in so einer neuen Situation funktioniert. Auf welche Kernkompetenzen und persönlichen Ressourcen kommt es jetzt an? Und wie können wir einen Ausgleich zu der Anspannung und der Frustration schaffen, um möglichst nicht durchzudrehen?
Fragen, deren Antworten auch in anderen Krisen- oder Ausnahmesituationen und bei familiären Problemen durchaus von Wert sind. Es lohnt sich, nach ihnen zu suchen, denn die Wahrscheinlichkeit, dass eine Familie früher oder später vor einer der folgenden Risiken oder Stressauslösern steht, ist hoch bis gewiss.
Zu den Risikofaktoren zählen instabile Familienkonstellationen, die durch Trennung, Scheidung, wechselnde Partnerschaften, Wiederheirat oder Patchworkfamilien entstehen können. Auch schwierige Schwangerschaften, traumatische Geburten, Arbeitslosigkeit, Suchterkrankung eines Elternteils, finanzielle Schräglagen oder Armut, Flucht und Migration, schwere oder langwierige Krankheit eines Familienmitgliedes und die vorübergehende Überforderung durch Familienzuwachs sind solche Faktoren. Auch bestimmte Entwicklungsphasen wie die Geburt, Pubertät oder der Auszug eines Kindes, Verluste in der Familie oder im Freundeskreis, fehlende Anbindung an das soziale Umfeld durch häufige Umzüge, Schul- oder Jobwechsel, soziale Isolation oder Mobbing können eine Familie belasten. Ebenso die Folgen des Klimawandels, weltweite Pandemien sowie traumatische Erlebnisse oder die Begleiterscheinungen der Digitalisierung.
Allerdings reagieren nicht alle Menschen, Paare oder Familien gleich auf diese oder andere Risikofaktoren. Einige wachsen an solchen Krisen, andere kommen erheblich ins Wanken, und wieder andere zerbrechen daran oder verbittern. Warum ist das so?
Wenn wir diese Frage beantworten können, dann wäre es uns vielleicht möglich, uns und unsere Kinder im Ansatz auf solche Krisensituationen vorzubereiten. Denn, dass sie kommen werden, steht außer Frage.
Tatsächlich beschäftigt sich die Psychologie schon länger mit der Frage, warum sich einige Menschen trotz widriger Lebensumstände positiv entwickeln und andere nicht. Und sie fand eine Antwort: Re-si-li-enz. Vielleicht ist dir das Resilienzkonzept bereits bekannt, vielleicht denkst du aber auch gerade: »Resi-was?« So oder so lohnt sich ein Mini-Exkurs in ihre Geschichte mit einem kurzen Blick auf die Begrifflichkeit und die Wurzeln der »Resi-was«.
»Resi-was?« Der Begriff der Resilienz
Der Begriff der Resilienz leitet sich von dem lateinischen Wort resilire ab und bedeutet »abprallen« oder »zurückspringen«. Ursprünglich beschrieb das Wort Materialien und Stoffe, die die Fähigkeit hatten, nach ihrer Verformung wieder in die alte Form zurückzuspringen. Später entdeckte ihn dann auch die Psychologie für sich, um die menschliche Fähigkeit zu beschreiben, auch nach elementaren Krisen wieder in einen seelischen Normalzustand zurückfinden zu können. Definitionen gibt es gefühlt wie Sand am Meer. Viele davon beziehen sich auf die kindliche Resilienz, was wenig verwunderlich ist, da die Resilienzforschung hier ihre Ursprünge hat. Andere sind weniger differenziert beziehungsweise altersunabhängig. Da wir im Laufe des Buches sowohl deine als auch die Resilienz deiner Kinder thematisieren wollen, schauen wir uns zum besseren Verständnis einmal drei Definitionen an:
Im entwicklungspsychologischen Kontext versteht man unter Resilienz »die psychische Widerstandsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen gegenüber biologischen, psychologischen und psychosozialen Entwicklungsrisiken«.2 Keine Angst, das fragt später niemand ab. Heißt also: Resiliente Kinder sind in der Lage, risikobehaftete Situationen eigenständig oder mit geringfügiger Hilfe von uns Eltern und anderen Bezugspersonen zu bewältigen und sich trotzdem positiv zu entwickeln. Und wenn sie dabei auch noch glücklich und geliebt sind, ist das doch eigentlich alles, was wir uns im Kern für unsere Kinder wünschen!
Und für uns Erwachsene? Was bedeutet Resilienz denn da? Die American Psychological Association definiert Resilienz als einen »Prozess der Anpassung im Angesicht von Widrigkeiten, Traumata und Tragödien, Bedrohungen oder anderen wesentlichen Quellen von Stress, sowie die Erholung davon«3.
Das ähnelt sich also doch sehr, weshalb eine meiner liebsten, einheitlich für Kinder und Erwachsene geltenden Beschreibungen für Resilienz von der Schweizer systemischen Beraterin und Psychotherapeutin Rosemarie Welter-Enderlin kommt: »Unter Resilienz wird die Fähigkeit verstanden, Krisen im Lebenszyklus unter Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen zu meistern und als Anlass für Entwicklung zu nutzen.«4 Und hier fällt es endlich, das Wort Ressourcen. Denn genau darum wird es in den folgenden Kapiteln gehen: An welche unserer Ressourcen dürfen wir uns und unsere Kinder erinnern? Und welche können wir bewusst aktivieren oder gezielt trainieren? Das heißt nicht, dass wir die Risiken oder Probleme leugnen. Nein! Aber, wir setzen ihnen etwas entgegen.
Die Anfänge der Resilienzforschung
Wer sich mit dem Thema Resilienz schon einmal auseinandergesetzt hat, dem sind gewiss die Kinder von Kauai, einer Hawaiianischen Insel, begegnet. Obwohl es später noch weitere große Langzeitstudien wie beispielsweise die Project Competence Longitudinal Study und die Isle-of-Wight-Studie sowie hierzulande die Mannheimer Risikokinderstudie und die Bielefelder Invulnerabilitätsstudie gab, gilt die erste Studie zum Thema, die Kauai Longitudinal Study of Resilience von Emmy Werner, als die bislang größte und bekannteste Studie zum Thema Resilienz.5 Sie ist sozusagen der Popstar unter den 19 weltweiten Längsschnittstudien, auch wenn die anderen Studien natürlich ebenso wertvolle und ähnliche Erkenntnisse geliefert haben.
Nach allem, was ich über Emmy Werner und ihre Arbeit gelesen habe, ist allerdings unstrittig, dass die...
Erscheint lt. Verlag | 16.8.2021 |
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Zusatzinfo | Zweifarbig |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Familie / Erziehung |
Schlagworte | Achtsamkeit • Akzeptanz • Ängste bei Kindern • Bedürfnisorientierte Erziehung • Bindungstheorie • Copsy-Studie • Corona-Eltern • Corona-Kids • Corona-Pandemie • Depression bei Kindern • Depressionen Jugendliche • eBooks • Eltern • Eltern-Kind-Beziehung • Erziehung • Erziehungsratgeber • Familienalltag • gelassenheit mit kindern • Gesundheit • Glückliche Kinder • Inflation • Kindererziehung • Krieg • Krisen • Leandra Vogt, Uns haut so schnell nichts um • Medienkonsum • Optimismus • Patchwork-Familie • Prävention • Psyche Kinder • Psychische Gesundheit • Ratgeber • Resilienz • Schicksalsschlag • Slow parenting • trennung mit kindern • Widerstandskraft |
ISBN-10 | 3-641-27611-X / 364127611X |
ISBN-13 | 978-3-641-27611-9 / 9783641276119 |
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