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Wenn das Leben kippt (eBook)

Ein hilfreicher Kompass für Eltern in Lebenskrisen

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021
208 Seiten
Kösel-Verlag
978-3-641-27996-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wenn das Leben kippt - Tita Kern
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Hilfe, ich kann nicht mehr!
Viele Eltern müssen in Krisenzeiten die verschiedensten Rollen übernehmen: Bezugspersonen für Kinder und andere Erwachsene sein, eine eigene Neuorientierung finden, finanzielle Notsituationen für die ganze Familie bewältigen, Entscheidungen treffen und den Alltag organisieren. Wenn diese Krise auch noch über einen längeren Zeitraum anhält, droht das Leben in Schieflage zu geraten. Eltern sind jedoch auf ganz besondere Weise zu Erstaunlichem fähig. Mithilfe ihres »Inneren Kompass'« (Eigenständigkeit + Verbundenheit und Gelassenheit + Entschlossenheit) gelingt es ihnen, sich, ihre Kinder und andere Menschen durch dunkle Zeiten zu manövrieren.

Tita Kern, geboren 1975, ist Psychotraumatologin und Systemische Familientherapeutin. Nach langjähriger Arbeit als Rettungssanitäterin übernahm sie die Leitung der KIT-Akademie und KIT-Nachsorge (Kriseninterventionsteam München). Sie entwickelte das mehrfach ausgezeichnete Konzept »Aufsuchende Psychosozial-Systemische Notfallversorgung (APSN)« und leitete von 2007-2011 das nach diesem Konzept arbeitende Pilotprojekt »KIDS - Kinder nach belastenden Ereignissen stützen« beim ASB. Von 2011 bis zur Gründung der AETAS-Kinderstiftung verantwortete sie die »Akuthilfe für traumabelastete Kinder und Familien« (APSN) des Trauma Hilfe Zentrums München e.V. Seit 2013 ist sie in der AETAS Kinderstiftung die fachliche Leiterin.

Wie wir uns im Leben ausrichten: unser innerer Kompass


Wäre es nicht wunderbar, wenn wir zu jeder Zeit ein starkes Instrument zur Verfügung hätten, das uns hilft, stabil zu stehen und uns je nach Lebensanforderung ganz flexibel auszurichten? In meiner Vorstellung ist es tatsächlich so, dass wir Menschen eine Art inneren Kompass besitzen, bei dem sich – wie auch bei einem echten Kompass – um eine stabile Mitte herum jeweils zwei Pole einander gegenüberliegen:

Das sind zum einen Eigenständigkeit und Verbundenheit, zum anderen Gelassenheit und Entschlossenheit.

Diese Pole und die mit ihnen verbundenen Fähigkeiten ermöglichen uns einen stabilen Stand, aber auch die Beweglichkeit, die wir brauchen, um uns auf wechselnde Bedingungen einzustellen und immer weiterzuentwickeln. Stabil und beweglich zugleich, entwickeln wir ein Gefühl zu uns selbst, ein Bild von der Welt und unsere Einstellung zu den Beziehungen, die wir haben. Wir können aktiv werden und zur Ruhe kommen. Wenn das gelingt, fühlen wir uns selbstwirksam, aber auch als Teil einer Gemeinschaft. Wir verfügen über ein gewisses Maß an Akzeptanz und Entspanntheit, besitzen aber gleichzeitig auch die Fähigkeit, Dinge aktiv anzupacken.

So hilft uns der innere Kompass jeden Tag dabei, uns zurechtzufinden und unser Leben zu bewältigen. Er erfüllt aber vor allem auch dann eine wichtige Aufgabe, wenn wir mit Problemen oder Stress konfrontiert sind. Denn gerade in solchen Situationen versuchen wir, uns wieder ins Gleichgewicht zu bringen, indem wir uns über die verschiedenen Pole ausrichten. Dabei nutzen wir die Pole, die uns in unserem Leben besonders gut geholfen haben, unsere »Lieblingspole«, häufiger als die anderen. Zum Beispiel gibt es Menschen, die zuallererst den Kontakt zu anderen suchen, wenn ein Problem auftaucht; sie balancieren sich über den Pol der Verbundenheit aus. Andere fangen sofort an zu handeln, setzen also eher auf ihre Eigenständigkeit. Das ist völlig nachvollziehbar. Auf diese Art entwickelt sich nach und nach unser ganz eigener Stil im Umgang mit herausfordernden Situationen, unser persönlicher Problemlösestil.

In diesem Kapitel und bei der Übung »Welcher Krisentyp sind Sie?« werfen wir einen genaueren Blick auf diese »Krisentypen« und auch darauf, warum uns unsere bevorzugten Strategien manchmal zum Fallstrick werden können.

Alle vier Pole sind nützlich und ihr gutes Zusammenspiel ermöglicht uns das größtmögliche Repertoire in unserem Problemlöseverhalten. Idealerweise lernen wir alle vier Pole schon als Kind kennen und können ausprobieren und erfahren, wie es ist, wenn wir sowohl die Möglichkeit haben, immer wieder etwas aus eigener Kraft zu schaffen, als auch erleben, dass wir Hilfe bekommen, wenn wir diese brauchen. Wenn wir lernen, wann wir loslassen und aus der Anspannung gehen dürfen und auch, wann wir selbst tätig werden müssen. Ein Beispiel hierfür, das vielen Eltern vertraut vorkommen dürfte, könnte so aussehen:

Noch nicht ganz beim Spielplatz angekommen, möchte Alba (3) bereits mit aller Kraft aus dem Buggy und auf die große Schaukel (Entschlossenheit). Mit einem energischen »Selbst!« macht sie sehr deutlich, dass dabei keinerlei Hilfe erwünscht ist (Eigenständigkeit). Beim Näherkommen fühlt sie sich ein wenig eingeschüchtert durch die älteren Kinder und möchte kurz an der Hand laufen (Verbundenheit). Auf dem Heimweg dann sitzt sie völlig entspannt im Buggy, schlenkert mit den Beinen und döst vor sich hin (Gelassenheit).

Durften wir alle Pole (kennen)lernen und immer wieder üben, wie wir sie einsetzen können, um unterschiedliche Situationen zu meistern, dann haben wir wahrscheinlich einen guten »inneren Gleichgewichtssinn« entwickelt.

Wenn unsere Eigenständigkeit und Verbundenheit ausgewogen sind, sind wir mit uns selbst und anderen in echtem Kontakt, können uns zuwenden und auf gesunde Art abgrenzen. Ist unsere Gelassenheit trainiert, dann haben wir nicht andauernd das Gefühl, aufpassen und auf der Hut sein zu müssen. Unsere Entschlossenheit wiederum schenkt uns die Energie, uns den Anforderungen des Lebens zu stellen.

Welcher »Krisentyp« sind Sie?


Wie schon erwähnt, haben wir alle »Lieblingspole«, die unser inneres Gleichgewichtsbedürfnis besonders oft aktiviert und andere, die uns weniger liegen.

Welche das sind, hängt zum einen davon ab, was uns von klein auf über Problemlösung beigebracht wurde und was wir daher gut geübt haben. Zum anderen spielt aber auch unsere Persönlichkeit eine Rolle: Manche Kinder beschäftigen sich von Anfang an gern allein und möchten vieles am liebsten ganz eigenständig ausprobieren, andere suchen viel Kontakt und fühlen sich in der Verbundenheit besonders wohl. Manche entspannen leicht und sind schnell zu beruhigen, während andere kaum zu stoppen und immer in Aktion sind. Der innere Kompass zeigt also immer eine Mischung aus Veranlagung und Lerngeschichte. Um der eigenen persönlichen Mischung ein wenig auf die Spur zu kommen, bietet sich ein Gedankenexperiment an.

Übung: Ein kleiner Notfall – wie reagieren Sie?

Stellen Sie sich bitte folgende Situation vor: Es ist Freitagnachmittag und der technische Notdienst teilt Ihnen mit, dass Ihre Kühl-Gefrier-Kombination irreparabel defekt ist. Die Kühlleistung wird immer weiter abnehmen und in spätestens einem Tag ganz ausfallen. Beide Geräte sind voller Lebensmittel.

Gehen Sie mit dem Beispiel in Kontakt und versuchen Sie, ein wenig den Druck zu spüren, den eine solche Situation aufbauen kann. Es geht nicht darum, dass Ihnen sofort eine Lösung einfällt. Sie sind sicher sehr geübt im »Probleme aus der Welt schaffen«. Es geht vielmehr um Ihre Tendenzen im Umgang mit der Situation, die sich dabei zeigen. In welcher der folgenden vier Strategien erkennen Sie sich momentan am ehesten wieder?

»Viele Köche verderben den Brei.«

Sie sagen Ihre Termine für den Nachmittag ab, um sich den Rücken freizuhalten. Die Meinung anderer würde Sie momentan eher stören oder noch mehr aufbringen, daher überlegen Sie zunächst allein, was Ihre Möglichkeiten sind und wie Sie diese umsetzen können.

Aktivierter Problemlösestil: Eigenständigkeit

»Geteiltes Leid ist halbes Leid.«

Sie rufen sofort eine vertraute Person an und berichten ausführlich von Ihrem Problem. Sie erzählen, wie sehr Sie sich ärgern und wie schwierig es ist, wenn so etwas ausgerechnet am Freitagnachmittag passiert. Gemeinsam prüfen Sie verschiedene Ideen und entwickeln einen Plan.

Aktivierter Problemlösestil: Verbundenheit

»Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird.«

Sie drücken die Pause-Taste und beschäftigen sich mit etwas anderem. Das Problem rücken Sie erst einmal in den Hintergrund, denn Ihre Devise lautet: Jetzt ist es halt so. Erst mal abwarten und keine voreiligen Entscheidungen treffen. Mit ein wenig Abstand lassen sich Probleme viel klarer betrachten.

Aktivierter Problemlösestil: Gelassenheit

»Was du heute kannst besorgen …«

Schon nach einer halben Stunde haben Sie alles Wissenswerte im Internet recherchiert und eine Telefonnummer herausgesucht, bei der Sie sich Hilfe erhoffen. Sie haben eine To-Do-Liste mit der Überschrift »Kühlschrank« gemacht, die ersten vier Punkte sind bereits abgehakt.

Aktivierter Problemlösestil: Entschlossenheit

Was ist Ihr erster Impuls? Was der zweite? Was würde Ihnen gar nicht einfallen? Welche Lösungsstrategie wäre sogar unangenehm oder würde den Stress zusätzlich steigern, wenn Sie zu ihr gezwungen wären?

Natürlich ist die Übung etwas überzeichnet, denn in der Regel verfügen wir über verschiedene Strategien und nutzen eine Mischung aus diesen. Dennoch gelingt es vielen Menschen durch dieses kleine Gedankenexperiment, der eigenen Haupttendenz auf die Spur zu kommen. Ich zum Beispiel erkenne mich vor allem im Problemlösestil Entschlossenheit wieder. To-do-Listen sind mein ständiges Werkzeug, und mein erster Gedanke bei einem Problem ist: Was kann ich tun? Erst wenn ich eine erste Idee dazu habe, entsteht der Impuls, einer anderen Person davon zu erzählen. Allein der Gedanke, jemand könnte mir vorschreiben, dass ich zunächst ganz in Ruhe abwarten sollte, lässt meinen Stresspegel steigen oder macht mich gereizt.

Wir haben also nicht nur eine oder mehrere Tendenzen, wie wir Probleme bevorzugt angehen, sondern es gibt auch Strategien, die uns fremd sind und unseren Stress eher noch erhöhen. Vielleicht ist diese Denkweise neu und spannend für Sie, vielleicht lag Ihr persönliches Ergebnis für Sie aber auch völlig auf der Hand. Ganz egal, was Sie gerade herausgefunden haben, wichtig ist: So sieht es heute in Ihnen aus. Das kann in der Vergangenheit ganz anders gewesen sein und steht auch für die Zukunft nicht unverrückbar fest. Denn die Art und Weise, wie wir mit Problemen umgehen, ist über unsere Lebensspanne hinweg durchaus dynamisch und vielen Veränderungen unterworfen. Denken Sie nur einmal daran zurück, was Ihnen als Kind das Gefühl von Stabilität gab. Wie sehr veränderte sich Ihr Bedürfnis nach Verbundenheit vielleicht im Teenageralter? Welche Faktoren nutzen Sie im Erwachsenenalter, mit denen Sie sich bevorzugt ausbalancieren?

Betrachten Sie diese Übung also als kleine...

Erscheint lt. Verlag 20.12.2021
Illustrationen Sabine Büchner
Zusatzinfo Mit zweifarbigen Illustrationen
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Familie / Erziehung
Schlagworte AETAS Kinderstiftung • Akutbelastung • eBooks • Eltern • Erziehung • Erziehungsratgeber • Familientherapeut • Gesundheit • Kindererziehung • Kinderhilfe • Konflikte in der Familie • Krisenintervention • Krisenmanagement • Lebenskrise • Ratgeber • Trauer • Trauma
ISBN-10 3-641-27996-8 / 3641279968
ISBN-13 978-3-641-27996-7 / 9783641279967
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