Der Traum vom unangepassten Leben (eBook)
176 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46126-6 (ISBN)
Bernhard Moestl, geboren 1970 in Wien, ist Vortragsredner und Business-Coach mit den Schwerpunkten Bewusstsein und Führung. Er ist Autor erfolgreicher Sachbücher, in denen er die Erfahrungen zugänglich macht, die er bei Aufenthalten in Asien gesammelt hat, wo er u.a. im Shaolin-Kloster die Kampfkunst der Mönche erlernt hat. Diese Erkenntnisse nutzt er für seine Bücher und Seminare. www.bernhardmoestl.com
Bernhard Moestl, geboren 1970 in Wien, ist Vortragsredner und Business-Coach mit den Schwerpunkten Bewusstsein und Führung. Er ist Autor erfolgreicher Sachbücher, in denen er die Erfahrungen zugänglich macht, die er bei Aufenthalten in Asien gesammelt hat, wo er u.a. im Shaolin-Kloster die Kampfkunst der Mönche erlernt hat. Diese Erkenntnisse nutzt er für seine Bücher und Seminare. www.bernhardmoestl.com
Motivation
Ab und an verfolge ich die Geschichten von Menschen, die ihrem alten Leben kurzerhand den Rücken kehren, um schnellstmöglich ein neues, völlig anderes zu beginnen. Eine Idee, die durchaus verlockend klingt, wenngleich sie nur in den seltensten Fällen wirklich die beste ist. Schließlich ist es eine altbekannte Tatsache, dass jede Veränderung ihre Zeit braucht. Gerade dort, wo etwas langfristig anders werden soll, scheint mir Hast ein schlechter Ratgeber zu sein.
Dennoch stürzen sich oft gerade Menschen, die ohne vorherige Anprobe nicht einmal ein Paar Socken kaufen würden, Hals über Kopf in das Abenteuer Veränderung und wundern sich, wenn es am Ende danebengeht.
Meiner Meinung nach hat dieses Verhalten seine Ursache in dem Irrglauben, um glücklich zu werden, genüge es, einfach an einen anderen Ort zu ziehen. Auch ich habe einmal ganz ähnlich gedacht. Ohne jemals vorher dort gewesen zu sein, träumte ich als Jugendlicher lange Zeit davon, nach Australien auszuwandern. Hätten mich nicht Visa-Bestimmungen und andere bürokratische Hürden davon abgehalten, ich hätte wohl tatsächlich alles stehen und liegen gelassen und meinen Lebensmittelpunkt in ein Land verlegt, von dem ich in Wahrheit vor allem deswegen fasziniert war, weil es am anderen Ende der Welt lag.
Es scheint in unserer Natur zu liegen, uns nach dem zu sehnen, was wir gerade nicht haben. So zieht es den in den Bergen Wohnenden ans Meer, während Menschen, die an der Küste leben, ihren Lebensmittelpunkt ins Gebirge verlagern wollen. Hauptsache, es geht woandershin.
Warum sollte es aber ausgerechnet dort, wo wir – nach einem oft überstürzten Aufbruch – ankommen, besser sein? Warum sollte sich jemand, der am Wasser aufgewachsen ist, plötzlich in den Bergen wohler fühlen?
Wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir zuallererst die wahre Motivation hinter unserem Wunsch verstehen. Treibt uns tatsächlich eine konkrete Erwartung an den neuen Ort? Wollen wir das Neue wirklich um des Neuen willen, oder laufen wir einfach davon, weil wir des Alten überdrüssig sind?
Nun könnte man meinen, dass das am Ende keinen Unterschied macht. Geht es nicht einzig und allein darum, dass etwas anders wird?
Wer sein Leben nur deshalb verändert, weil er sich von etwas Altgewohntem abgestoßen, und nicht, weil er sich zu etwas Neuem hingezogen fühlt, der läuft Gefahr, einen großen Fehler zu begehen. So jemand wird nämlich alles tun, um eine Rückkehr in das ungeliebte vorige Leben zu verhindern. Das ist aber so, als würden wir uns vorsätzlich aus der eigenen Wohnung aussperren, nur um uns dazu zu zwingen, die Nacht in einem Hotel zu verbringen. Warum aber sollte jemand so etwas tun? Im Urlaub schlafen wir auch woanders, obwohl wir noch Zugang zum eigenen Bett haben. Wer aber alle Brücken abbricht, um sich den Rückweg zu verbauen, beweist damit nur, dass er dem eigenen Vorhaben nicht vertraut.
Mich erinnert dieses Verhalten an Menschen, die ohne Sprachkenntnisse und ausreichende Geldreserven in ein Land auswandern, das sie vielleicht auch nur vom Urlaub her kennen. Überwiegt nach der Ankunft im neuen Zuhause noch die Freude, dem alten Leben entkommen zu sein, stellt sich ziemlich bald heraus, dass das so heiß ersehnte neue Leben dem alten aufs Haar gleicht. Nur dass es eben an einem anderen, fremden Ort stattfindet, was die Sache gleich doppelt so anstrengend macht.
Viele würden dann gerne wieder zurück in ihr altes Leben, doch die Hürden, die sie sich selbst geschaffen haben, hindern sie daran. Das führt zu großem Unglück. Der vorrangige Grund für einen Aufbruch sollte daher nicht der Wunsch sein, etwas Altes hinter sich zu lassen, sondern die Sehnsucht danach, einen neuen Ort zu erreichen.
Trotzdem kann eine tiefgreifende Unzufriedenheit mit der aktuellen Situation durchaus die Ursache für eine Veränderung sein. Wer fühlt, dass es an der Zeit ist, weiterzugehen, der sollte das auch tun.
Noch vor wenigen Jahrzehnten stieß jemand, der alle Brücken hinter sich abbrach, auf erstaunliche Hürden. Damals waren Menschen, die fernab der gewohnten Umgebung ein neues Leben beginnen wollten, noch Exoten. Während man sie in Europa mit einer Mischung aus Bewunderung und Ärger als »Aussteiger« bezeichnete und nicht weiter beachtete, wurden sie vor allem in Asien lange Zeit verfolgt. Besonders in Singapur waren diese Europäer, die meist noch zusätzlich das Haar lang trugen, richtiggehend verhasst. Schon wer bei einer der zahlreichen Drogenrazzien mit einer solchen Frisur aufgegriffen wurde, musste mit einer unangenehmen Konsequenz rechnen. Ein kleiner Stempel mit den Buchstaben »SH«, die für »Suspected Hippie«, also »Verdacht auf Hippie«, standen, hatte nicht nur die sofortige Ausweisung, sondern ein längeres Einreiseverbot zur Folge.
Heute aber scheint die Idee, nicht dort zu sterben, wo man geboren wurde, auch in Asien in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein.
Was aber muss konkret passieren, dass jemand den Mut findet, den ersten Schritt Richtung Aufbruch zu tun? Gemeinsam scheint vielen, die ihre Geschichte aufgeschrieben haben, dass ihr Leben bis zum Anschlag ausgereizt war. Nicht wenige haben auch körperliche Grenzen überschritten, um Erfolg zu haben. Doch die Zweifel an der Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns waren lange Zeit nicht stark genug, um die Veränderung auch zu wagen. Vielen gelingt das erst, wenn auch der Körper verzweifelt beginnt, sich zur Wehr zu setzen. Wohl deshalb findet sich unter Gründen für einen späten Aufbruch in ein neues Leben alles, vom Burnout mit monatelangem Klinikaufenthalt bis zum Herzinfarkt mit dreifachem Bypass.
Warum fällt es uns aber so schwer, schon vorher zu begreifen, dass in unserem Leben etwas grundlegend falsch läuft? Kein einziges Mal habe ich gelesen, dass jemand den neuen Weg eingeschlagen hätte, weil er ihm nach reiflicher Überlegung schlicht der bessere zu sein schien.
Vielleicht brauchen wir diesen Schuss vor den Bug, durch den uns Körper und Seele zeigen, wie ernsthaft kritisch wir uns verhalten, wenn wir alles weitermachen wie bisher.
Ist es aber nicht eine mutwillige Verschwendung von Lebenszeit, in vollem Bewusstsein so lange an einem falschen Weg festzuhalten, bis wir an eine Mauer stoßen? Wie viele Jahre wollen wir verschwenden, bevor wir erkennen, dass wir auf einem Irrweg sind und unser Verhalten überdenken? Und warum wirken viele am Ende regelrecht stolz darauf, sich derart verlaufen zu haben?
Für mich ist das so, weil unsere Gesellschaft uns ohne eine beeindruckende Leidensgeschichte vermeintlich nicht erlaubt, das eigene Leben neu auszurichten. Wer außer uns selbst hat aber das Recht, uns das zu verweigern? Wer erst andere um Erlaubnis fragt, die eigenen Sehnsüchte und Träume leben zu dürfen, bleibt ein Gefangener seiner Ängste und scheint dazu verdammt, den gleichen Fehler wieder und wieder zu begehen.
Wie aber kommt es, so werde ich oft gefragt, dass meine eigene Geschichte so anders verlaufen ist? Woher habe ich über all die Jahre den Mut genommen, zu tun, wozu mich meine Sehnsucht getrieben hat? Woher habe ich diese Freiheit genommen? Vielleicht wurde ich als Rebell geboren. Denn solange kein anderer dabei zu Schaden kam, habe ich immer schon getan, was ich tun wollte. Ich war in meinem Traumberuf Fotograf erfolgreich, obwohl die Fotografie von meinem Umfeld als »brotloses Gewerbe« bezeichnet wurde. Statt wie gewünscht einer »geregelten Arbeit« nachzugehen, habe ich fast die ganze Welt bereist und lebe heute als Autor in meiner Wahlheimat Rumänien. Dennoch fühle ich mich deshalb nicht unbedingt mutig. Ganz im Gegenteil rührt mein unangepasster Lebensstil vielmehr daher, dass ich eben nie den Mut hatte, ein Leben zu führen, das ich eines Tages bereuen könnte. Immer schon wollte ich auf eine Art leben, die es mir jederzeit erlaubte, einfach zu gehen.
Während viele schon in jungen Jahren ihren Ruhestand planten, als hätten sie ein göttliches Anrecht auf Lebenszeit, wurde mir früh bewusst, dass es darauf weder Anspruch noch Garantie gibt. Das Leben kann schneller vorbei sein, als wir glauben.
Wann immer der Augenblick kommt, an dem ich diese Welt verlassen werde, will ich mein Leben gelebt und keinen Augenblick darauf verschwendet haben, auf etwas gewartet zu haben.
Selbst mein Entschluss, eines Tages überall auf der Welt zu Hause zu sein, war einfach nur die Konsequenz einer Entscheidung. Ich war gerade einmal zwölf Jahre alt, als meine Großmutter es mir ermöglichte, mit einer Gruppe von Kindern nach Rom zu fahren. Ich sollte nicht nur ohne meine Eltern unterwegs sein, sondern zum allerersten Mal in meinem Leben fliegen! Begleitet wurde unsere Gruppe von fünf Erwachsenen. Einer von ihnen, der den Kurztrip in die Ewige Stadt mit einer beruflichen Erledigung verband, flog nicht wie wir mit einer Chartermaschine, sondern nahm einen Linienflug. Ein kleiner Umstand, der mein ganzes Leben verändern sollte. Denn auch wenn der Flug unglaublich aufregend war, gab es eine kleine Enttäuschung. Wochenlang hatte ich zu Hause geübt, mit angelegten Ellenbogen zu essen, um im Flieger meinen Sitznachbarn nicht zu stören. Doch statt dem erwarteten opulenten Mahl bekamen wir nur ein Quarktäschchen und ein Glas Saft. Ich beruhigte mich mit der Annahme, dass das magere Menü wohl der kurzen Flugdauer geschuldet war. Bis ich erfuhr, dass unser Begleiter auf der genau gleichen Strecke ein ganz normales Essen bekommen hatte und dies sogar mit kleinen Salz- und Pfefferpäckchen belegen konnte. Nun scheint der Speiseplan in einem Flugzeug eine der nebensächlichsten Sachen überhaupt zu sein. Doch damals ging es um viel mehr. Das »Erwachsenenmenü«, das uns Kindern damals vermeintlich vorenthalten wurde,...
Erscheint lt. Verlag | 1.3.2021 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Lebenshilfe / Lebensführung |
Schlagworte | Achtsamkeit Alltag • Anleitung zum Glücklichsein • asiatische Denkweisen • Asiatische Weisheit • Asien • Asienreisen • Bernhard Moestl • Bestseller • Bestsellerautor • Bewusster leben • bewusster Umgang • Buddhismus • buddhismus buch • Buddhistische Lebenskunst • buddhistische Lebensweisheiten • China • China-Reisender • Coaching • Daoismus • denkmuster ändern • Entspannung • Freundschaft mit sich selbst • Geschenk • Geschenk für Asienfans • Ich-Erkenntnis • Ich-Suche • Indien • Indien-Reisender • Lebenshilfe • lebenshilfe bücher • Lebenshilfe Coaching • Lebenskunst • Lebensphilosophie • lebensweisheiten bücher • Lesestoff Asienreise • Moestl • Ostasien • östliche Lebensphilosophie • Persönliche Entwicklung • Persönlichkeitsentwicklung buch • Philosophie • positive Einstellung • Positives Denken • Ratgeber Leben • Ratgeber Lebensführung • raus aus dem Alltag • Reiseberichte • Reise-Coaching • Reiseerlebnisse • Reiseerzählungen • Reiselektüre • Sehnsucht • Sehnsuchtsorte • Selbstbestimmt Leben • selbstfindung buch • selbstfindung buddhismus • selbstfindungsbuch • Selbstliebe und Selbstbewusstsein • Selbstverwirklichung • Selbstwertgefühl • selbstwertgefühl stärken • Shaolin • sich selbst kennenlernen • Spiegel-Bestseller-Autor • SPIEGEL-Bestsellerautor • Stress vergessen • Traum • Träume leben Buch • Träume verwirklichen • Unterwegssein • Urlaubslektüre • Ziele erreichen • Ziele setzen |
ISBN-10 | 3-426-46126-9 / 3426461269 |
ISBN-13 | 978-3-426-46126-6 / 9783426461266 |
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