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Lass die Angst ziehen -  Pia Callesen

Lass die Angst ziehen (eBook)

Den Sorgenkreislauf durchbrechen und angstfrei leben

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
286 Seiten
Beltz (Verlag)
978-3-407-86647-9 (ISBN)
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Ein Leben mit Angst schränkt ein. Oftmals wird sie zum omnipräsenten Begleiter, wie bei Leistungsangst, Hypochondrie oder Zwangsstörungen. Das muss nicht sein. Die Psychotherapeutin Pia Callesen zeigt, dass Ängste durch Gedankenkontrolle kleiner werden können. Denn: Ängste entstehen aus Sorgen und Sorgen sind primär Gedanken. Jeder hat es selbst in der Hand, wie viel Raum Sorgen, Ängste und Panik einnehmen und wie sehr sie das eigene Leben bestimmen. Dieser Ratgeber hilft dabei, Denkmechanismen zu überprüfen, Aufmerksamkeit bewusst zu steuern und Ängste einzuschränken. Schritt für Schritt gelingt es so, Angst und Panikattacken zu überwinden.

Dr. phil. Pia Callesen ist Psychologin und Psychotherapeutin mit Schwerpunkt Metakognitive Therapie. Ausbildung u.a. in Manchester. Sie ist Leiterin von CEKTOS, dem Center für Metakognitive Therapie in Kopenhagen, Århus, Næstved und Hellerup. Ihre Praxis bietet auch Therapie in Witten, NRW, und Onlinetherapie auf Englisch und Deutsch an. Ihre Bücher sind in Dänemark seit Jahren Bestseller und läuten einen Paradigmenwechsel im Umgang mit Angststörungen und Depression ein. Sie schreibt auf Facebook und Instagram als »Psykolog Pia Callesen«.

Vorwort


von Pia Callesen

Fast 400 000 Einwohner Dänemarks leiden an einer Angststörung oder zumindest unter Angstsymptomen, in Deutschland sind es etwa 15 Prozent der Bevölkerung. Für die Menschen, die am stärksten darunter leiden, äußert sich diese Störung in zahlreichen Symptomen, die ihr Leben beeinträchtigen, wie konstanter Unruhe, Angst, Gedankenstrudel, Herzrasen, Schlaflosigkeit und körperliches Unwohlsein. Die Angst verschlingt alles, und das einzige Ziel eines jeden Tages ist es, die Angst loszuwerden. Am anderen Ende des Angstspektrums befinden sich jene, die nur ab und zu von diesen inneren Angststürmen heimgesucht werden, die aber wieder abklingen. Oder eben jene, die eine Zeit lang Schlafstörungen oder Konzentrationsschwierigkeiten haben, weil ihr Kopf voller Gedanken ist, mit denen sie sich erst einmal auseinandersetzen müssen. Und zwischen diesen beiden entgegengesetzten Polen lassen sich eine ganze Menge von Symptomen ausmachen, die man jahrelang mit sich herumschleppt oder die sich in bestimmten Situationen oder Lebensphasen zeigen. Das habe auch ich so erlebt. In meiner gesamten Schulzeit hatte ich schreckliche Prüfungsangst. Schon Tage vor einer Klassenarbeit oder Prüfung war ich so nervös, dass ich weder schlafen, essen noch entspannen konnte. »Was, wenn ich einen Blackout habe? Wenn ich vor dem Klassenlehrer oder den Prüfern stehe und kein Wort herausbekomme? Was ist, wenn ich durchfalle?« In diesen Tagen war ich zu nichts anderem in der Lage. Ich ging zum Arzt wegen meiner Ängste, und er verschrieb mir damals Beruhigungstabletten.

Für das Studium der Psychologie habe ich mich entschieden, um Menschen zu helfen, die unter Ängsten, Angespanntheit und Nervosität und anderen psychischen Problemen und Störungen leiden. Am Anfang arbeitete ich mit dem kognitiven Ansatz, wie alle anderen Psychologen und Therapeuten auch: Mein Therapieangebot bestand aus Gesprächen über die aktuelle Situation des Patienten und die Ursachen, die in ihm Angst und Nervosität auslösten. Wir redeten über den Druck im Arbeits- oder Privatleben, über traumatische Erlebnisse in der Vergangenheit, Ängste, Sorgen und Enttäuschungen. Ich forderte meine Patienten auf, ihren Blick nach innen zu richten, um sich mit ihrem Schmerz und dem Leiden zu konfrontieren, der Angst ins Auge zu sehen und sie herauszufordern, indem sie das taten, wovor sie am meisten Angst hatten. Ich munterte sie dazu auf, sich mit ihren negativen Gefühlen und Gedanken auseinanderzusetzen, um sie mit der Realität abzugleichen und ihre Katastrophenentwürfe abzuschwächen. Ich versuchte, sie von ihren perfektionistischen Lebensentwürfen zu lösen, damit nicht alles 100 Prozent sein musste, und freute mich mit ihnen, wenn wir realistische Versionen formulierten, in denen schon 80 Prozent gut genug waren. Ich habe sie bei allen Interventionen unterstützt, die ihre Unruhe und Angst dämpften. Vielen Patienten ging es danach besser – zumindest eine Zeit lang, aber häufig kamen sie zurück, wenn die Angst sie wieder in ihren Klauen hatte.

Mittlerweile gibt es überzeugende Forschungsergebnisse, die zeigen, dass wir diesen Angstpatienten eine eher ungeeignete Therapieform angeboten haben. Diese Forschung weist nämlich die Annahme zurück, dass Angst eine notwendige Konsequenz auf Druck ist, der von der Umgebung – ob beruflich oder privat – auf einen einwirkt, sowie auf unrealistische Erwartungen oder aufgestaute und nicht bearbeitete Traumata, die eine empfindsame Psyche erschüttern können. Dunkle und negative Gefühle und Gedanken gehören genauso zum Leben wie fröhliche und positive. Sie stauen sich nicht in unserer Psyche und führen nicht automatisch zu Angststörungen. Aber die Art und Weise, wie wir mit diesen Gedanken und Gefühlen umgehen, kann das bewirken.

Die Forschungsergebnisse basieren auf den jahrzehntelangen Studien des britischen Psychologieprofessors Adrian Wells an der Universität von Manchester. Sie dokumentieren die Tatsache, dass sich die menschliche Psyche selbst heilen kann, wenn wir ihr den Raum dafür geben. Das bedeutet, dass wir unsere Gedanken und Gefühle eben nicht analysieren und bearbeiten müssen, damit es uns besser geht. Wir sollten auch nicht versuchen, sie zu vermeiden oder die unangenehmen Gedanken gegen realistischere oder schöne Gedanken auszutauschen. Wir können aber lernen, unsere Gedanken – auch die negativen und unangenehmen – kommen und gehen zu lassen. Dazu müssen wir lernen, weniger zu denken. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die Selbstanalyse und Umstrukturierung unserer Gedanken eher den Effekt von Benzin hat, das ins Feuer der Angst gegossen wird.

Sie zeigen außerdem, dass es sich – entgegen der Annahme, die seit Generationen vorherrscht – um keine unkontrollierbare menschliche Charaktereigenschaft handelt, wenn jemand sich Sorgen macht. Niemand kommt als »der Sorgenvolle« oder »die Zarte« auf die Welt. Wir haben Ängste, und wir machen uns Sorgen, weil wir uns angewöhnt haben, das zu tun. Sie sind (nur) Gewohnheiten.

Ich habe als kognitive Therapeutin gearbeitet, als ich das erste Mal von Professor Wells und seiner Forschung hörte. Wie bereits ausgeführt, war ich also davon überzeugt, dass Ängste und Sorgen ihren Ursprung in unrealistischen Grundannahmen und unrealistischen Katastrophenszenarien haben, die durch Erlebnisse in der Vergangenheit entstanden sind. Als ich mich mit Wells’ Ergebnissen und seiner therapeutischen Methode, der Metakognitiven Therapie, die er auf der Grundlage seiner Forschungen entwickelt hatte, beschäftigte, war ich verblüfft und begeistert.

Die Methode kann in mehreren kleinen und größeren Studien bereits fantastische, überzeugende Ergebnisse vorweisen und hat Tausenden von Menschen einen Ausweg aus der Angst gezeigt. Laut einer Studie aus den Niederlanden, bei der die metakognitive Methode an Patienten mit Generalisierter Angststörung getestet wurde, konnten sich 91 Prozent aus den Klauen ihrer Angst befreien. Eine groß angelegte Studie von 2018, in der der kognitive mit dem metakognitiven Ansatz bei Angststörungen verglichen wurde, zeigte, dass nur 38 Prozent der Probanden mit kognitiver Behandlung nach zwei Jahren symptomfrei waren, wohingegen die Metakognitive Therapie nach dem selben Zeitraum für 65 Prozent der Probanden ein symptomfreies Leben ermöglichte.

Ähnliche Ergebnisse liegen für Zwangsstörungen oder Posttraumatische Belastungsstörungen vor. In einer neuen Studie, die im Dezember 2018 publiziert wurde, haben Psychologen der Universitäten Liverpool und Manchester 220 Patienten, die unter Zwangsstörungen litten, mit Kognitiver beziehungsweise Metakognitiver Therapie behandelt. Die Studie ergab, dass 64 Prozent der Patienten, die eine Kognitive Therapie erhielten, sich von ihren Symptomen befreien konnten, mit Metakognitiver Therapie gelang das hingegen 86 Prozent der Patienten.

Nach meinem ersten Kontakt mit der metakognitiven Methode von Professor Adrian Wells und seiner Forschung habe ich mich sofort darin ausbilden lassen. Heute, nach Hunderten von Therapiesitzungen in Gruppen oder in Einzeltherapien, kann ich diese Methode bei aller Bescheidenheit als eine Revolution auf dem Gebiet der Behandlung von Angststörungen bezeichnen.

Die Erfahrungen, die ich in meiner Klinik sammeln konnte, haben gezeigt, dass man im Laufe von 6 bis 12 Sitzungen die Gewohnheit ablegen kann, seine Gedanken, Gefühle und Körperwahrnehmungen überhandnehmen zu lassen und ständig zu analysieren. In der Therapie lernt der Patient, seine Gedanken und Gefühle passiv zu beobachten, sie vorbeiziehen oder stehen zu lassen, ohne sie zu bearbeiten und sich darauf zu konzentrieren, warum sie da sind. Dadurch verschwindet die Angst entweder ganz oder sie wird zumindest auf einen Bruchteil reduziert. Ich habe dieses Buch geschrieben, weil ich meine Begeisterung über diesen Therapieansatz teilen will. Ich erlebe immer wieder die Freude der Patienten, die mit Angststörungen in meine Klinik kommen und nach einer Metakognitiven Therapie wieder angstfrei nach Hause gehen können. Ich erhalte Mails oder Anrufe von ehemaligen Patienten, die mir schildern, dass ihr Leben wieder farbenfroher ist, seit sie die Selbstanalyse auf ein Minimum reduziert und gelernt haben, ihre Gedanken und Gefühle kommen und gehen zu lassen.

In den sieben Kapiteln des Buches werde ich mit den gängigen Auffassungen über Angststörungen aufräumen und zeigen, dass Gedanken und Gefühle nicht erst bearbeitet werden müssen, damit es einem wieder gut geht. Ich werde das neue Verständnis von Angst erläutern und den Leser an diese neue Behandlungsmethode, die auf Studien von Adrian Wells aufbaut, heranführen – Schritt für Schritt und Übung für Übung. ...

Erscheint lt. Verlag 10.2.2021
Übersetzer Kerstin Schöps
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
ISBN-10 3-407-86647-X / 340786647X
ISBN-13 978-3-407-86647-9 / 9783407866479
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