Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de
United People - George Monbiot

United People

Manifest für eine neue Weltordnung

(Autor)

Buch | Hardcover
288 Seiten
2003
Riemann Verlag
978-3-570-50046-0 (ISBN)
CHF 29,40 inkl. MwSt
  • Titel ist leider vergriffen, Neuauflage unbestimmt
  • Artikel merken
"United People" - der dringend erforderliche nächste Schritt nach "No Logo".


Die breite Protestbewegung der "Globalisierungsgegner" ist seit kurzem aus politischen Diskussionen nicht mehr wegzudenken. Monbiot ist sich mit dieser Bewegung einig in der Einschätzung, dass die bestehenden globalen Organisationen kontraproduktiv, geleitet von den Finanz- und Machtinteressen weniger und daher reformunfähig sind. Die UNO: dominiert und blockiert durch die fünf Veto-Mächte. IWF und Weltbank: Organisationen, die sich ausschließlich den westlichen Finanzinteressen verpflichtet fühlen und damit die Wirtschaft der Entwicklungsländer ruinieren. Die WTO: ein Klüngel von Wirtschaftsinteressen, der mit Brachialgewalt einseitig die Freie-Markt-Ideologie durchsetzt.


Doch Monbiot sagt auch deutlich, dass die Globalisierung nicht rückgängig zu machen ist; denn Weltmarkt und ökologische Herausforderungen verlangen globale Antworten. Dafür entwirft er ein konkretes Programm. Im Zentrum seiner Überlegungen stehen drei neue Weltinstitutionen: ein Weltparlament, dessen Abgeordnete nicht von Staaten delegiert, sondern direkt gewählt werden, eine Fair Trade- und eine International Clearing Organization (Internationale Verrechnungsstelle).


Utopie? Mit Sicherheit. Aber eine, die sich umsetzen lässt. Der Autor lässt keinen Zweifel daran, dass die gegenwärtigen Machthaber nicht freiwillig auf das Sagen verzichten werden. "Schlagen wir sie mit ihren eigenen Waffen!" ist Monbiots Anweisung. So zwingt der IWF die armen Länder, ihre Märkte für potente Großinvestoren zu öffnen. Was würde passieren, wenn sich einige Entwicklungsländer gleichzeitig für bankrott erklären würden? Ein Crash an den Finanzmärkten etwa? Schlecht fürs alte System! Erpressung? Nicht mehr als die Taktiken der Finanzmarktjongleure.


"United People" ist provokativ, treffsicher und brillant. Den Analysen folgen radikal neue Lösungsansätze - Chancen, die dramatischen Probleme unseres Zeitalters erfolgreich zu meistern.






GEORGE MONBIOT, Jahrgang 1963, unterrichtete an mehreren englischen Universitäten. Er arbeitete als investigativer Journalist u.a. in Indonesien, Brasilien und Ostafrika. Als Ökoaktivist und Globalisierungskritiker machte er sich in der Folgezeit rasch ei

Die Wandlung

In seinem Roman Elementarteilchen schreibt Michel Houellebecq von »metaphysischen Wandlungen«, die das Denken der Menschen verändern: »Sobald sich eine metaphysische Wandlung vollzogen hat, breitet sie sich, ohne auf Widerstand zu treffen, bis zur letzten Konsequenz aus. Ungerührt fegt sie die wirtschaftlichen und politischen Systeme, die ästhetischen Urteile und die sozialen Hierarchien hinweg. Keine menschliche Macht kann ihren Lauf anhalten - keine andere Macht, es sei denn das Aufkommen einer neuen metaphysischen Wandlung.«
Wie Houellebecq weiter ausführt, sind solche Ereignisse im Lauf der Geschichte dünn gesät. Das Aufkommen und die Verbreitung des Christentums und des Islams zählen dazu, die Aufklärung und die Entstehung der modernen Wissenschaft gleichfalls. Ich glaube, dass uns eine weitere Wandlung dieser Art unmittelbar bevorsteht.
Im Lauf der Geschichte hat der Mensch einen gewissen Hang zur Gruppenbildung entwickelt. Instinktiv wusste er immer sofort, wer »dazu«gehört und wer nicht. Und all jene, die auf der anderen Seite stehen, sind automatisch weniger menschlich als die innerhalb der gezogenen Grenzen.
Ohne große Sentimentalität hat er dieses Identitäts- und Zugehörigkeitsgefühl allmählich von der Familie auf die Rotte ausgedehnt, dann auf den Clan, den Stamm und schließlich auf die ganze Nation. Stets wurden die Differenzen innerhalb der kleineren sozialen Einheit nur zu dem Zweck beigelegt, um den Kampf auf eine höhere Ebene zu verlagern, um sich gegen eine andere, größere Gruppe abzugrenzen.
Dieses Bedürfnis nach Zugehörigkeit macht uns leicht manipulierbar. Im Ersten Weltkrieg schickten ein paar Dutzend Aristokraten im Namen der Nation acht Millionen Menschen in den Tod. Die Interessen der Menschen in den sich bekämpfenden Armeen waren absolut identisch. Die Soldaten wären besser beraten gewesen, wenn sie ihre Generäle abgesetzt und ihren Kampf gegen die herrschende Klasse geführt hätten, die sie in den Krieg geschickt hatte. Doch das nationale Bewusstsein überlagerte ihr Klassenbewusstsein.
Die bevorstehende Wandlung wird uns zwingen, die Vorstellung einer Nation aufzugeben, so wie wir uns historisch bereits von der Idee des Fürstentums oder der Stammeszugehörigkeit trennen mussten. Diese Wandlung wird uns vor Augen führen, wie irrational die Loyalitäten sind, die einen Keil zwischen uns treiben. Zum ersten Mal in der Geschichte werden wir uns selbst als Spezies wahrnehmen.
Ebenso wie die Konsolidierung des Römischen Reiches letztlich zur Basis für die Ausbreitung des Christentums wurde, so werden die Kräfte, die Grund haben, die neue Wandlung zu fürchten, sie durch ihr Wirken vorantreiben. Die Globalisierung der Unternehmens- und der Finanzwelt, die von einer Minderheit betrieben wird in der Absicht, ihre Macht und ihren Reichtum zu mehren, zwingt die Menschen in aller Herren Länder, ihre im Wesentlichen gleich gelagerten Interessen zu erkennen.
Die Globalisierung schafft ein gemeinsames Klasseninteresse, das den gesamten Planeten erfasst, da es dieselben Kräfte und dieselben Institutionen sind, die mittlerweile das Wohl der Menschen in allen Staaten bedrohen. So fallen die kulturellen und sprachlichen Barrieren, die uns bislang trennten, Stück um Stück. Die Globalisierung löst die sozialen Bindungen auf, die bisher unsere lokalen Gemeinschaften formten. Aber gleichzeitig schwindet dadurch unsere geographische Gebundenheit an einen Staat - vergleichbar den Staaten, die ihre nationalen Einflussmöglichkeiten zugunsten großer Handelsblöcke aufgeben müssen, die sich über ganze Kontinente bzw. Hemisphären erstrecken.
Dieser Prozess liefert uns die Waffen, die wir brauchen, um unsere gemeinsamen Interessen zu wahren und jene abzusetzen, die diese Form der Globalisierung zu verantworten haben. Die Globalisierung hat die großen ideologischen Blöcke zerstört, die bislang die Welt spalteten. Damit aber wurde der Freiraum geschaffen, in dem eine neue, globale Politik entstehen kann. Indem sie die Regierungen zwingt, den Interessen des Kapitals zu dienen, hat sie ebenjene Desillusionierung bewirkt, die Auslöser jeder neuen politischen Bewegung ist. Indem sie den ärmsten Nationen der Welt einen unvorstellbaren Schuldenberg auflud, gab sie ihnen gleichzeitig eine Waffe in die Hand, mit der sie das Weltfinanzsystem effektiv kontrollieren können - wenn sie nur wagten, sie einzusetzen. Indem sie ihr Imperium auf den weltweiten Austausch von Gütern und Informationen gründete, schuf die Globalisierung auch die Voraussetzungen, die es den Völkern der Erde nun erlauben, sich zusammenzuschließen und den Kampf gegen dieses System perfekt zu koordinieren.
Die globale Diktatur der Investoren hat die Mittel zu ihrer eigenen Zerstörung gleich mitgeschaffen. Aber nicht nur das. Sie hat den Maßstab unseres Denkens verändert, sodass wir nun die weltweiten Veränderungen erkennen, die auch unsere lokalen Interessen betreffen. Und sie zwingt uns, gemäß dieser Erkenntnis zu handeln. Damit aber hat sie uns die Macht verliehen, den Lauf der Geschichte zu ändern.
Die Globalisierung hat zwar die entsprechenden Grundbedingungen geschaffen, trotzdem wird die Wandlung nicht von selbst geschehen. Sie muss einen Katalysator finden, ähnlich wie die frühen Christen den Wechsel zum Monotheismus beförderten oder die als Ketzer verurteilten Wissenschaftler das Heraufdämmern der Aufklärung. Dazu ist das aktive Engagement eines Netzwerks von Aufständischen nötig. Aktivisten, die ihr Leben riskieren, um die Welt zu verändern. Dieses Netzwerk gibt es bereits. Es ist Teil der größten globalen Bewegung in der Geschichte der Menschheit. Seine Mitglieder, von denen die meisten in den armen Ländern der Welt leben, zählen bereits mehrere Millionen. Die Menschen, die zu dieser Bewegung gehören, sind sich der Bedeutung und Tragweite ihres Engagements vielleicht noch nicht vollkommen bewusst. Sie müssen die Gelegenheit nutzen und zum Katalysator der neuen metaphysischen Wandlung werden. Wie viele Katalysatoren riskieren sie, von der Gegenreaktion vernichtet zu werden. Doch wenn sie nicht zuschlagen, wird die Gelegenheit, die ihre Gegner ihnen jetzt bieten, ungenutzt verstreichen.
Die Debatte, in der die Globalisierungskritiker um ihr Selbstverständnis ringen, hat eben erst begonnen. Angeführt von den Aktivisten in den armen Ländern, haben die meisten ihrer Teilnehmer mittlerweile begriffen, dass die aktuelle Opposition gegen die herrschende Weltordnung nicht ausreicht und dass die Lösungsvorschläge, die bisher vorgebracht wurden, nur dann tatsächlich greifen, wenn man sie auf globaler Ebene durchsetzt. Auf der Suche nach Lösungsansätzen für die Probleme, die sie lange angeprangert haben, richten die Globalisierungskritiker nun endlich den Blick weg von den nationalen Grenzen, wo es zwar Demokratie, aber trotzdem keine echte Wahlmöglichkeit gibt, auf die globale Ebene, wo zwar Handlungsalternativen bestehen, aber keine Demokratie. Die meisten haben mittlerweile ganz richtig erkannt, dass die Welt sich nicht ändern wird, wenn wir nicht die Kontrolle über die globale Politik erlangen.
Die Suche nach globalen Strategien ist schwierig und umstritten. Einige Mitglieder unserer »Bewegung« misstrauen jeder institutionellen Macht auf globaler Ebene, weil sie befürchten, dass diese von den Menschen nicht effektiv kontrolliert werden kann. Andere sorgen sich, dass es die Vielfalt des Protests zunichte machen könnte, wenn wir uns auf ein paar Strategien beschränken. Einige sind auch der Auffassung, dass politische Programme nur ein weiteres Instrument zur Unterdrückung sind und dass wir, statt eine Macht durch eine andere zu ersetzen, alle Macht der Erde einem numinösen Etwas namens »Anti-Macht« übertragen sollten.
Die meisten Globalisierungskritiker aber sehen langsam ein, dass wir uns selbst zur Bedeutungslosigkeit verurteilen, wenn wir für Probleme, die uns alle angehen, ausschließlich Aktionspläne für die lokale bzw. nationale Ebene ersinnen. Themen wie die Klimakatastrophe, der Schuldenberg der armen Länder, die wachsende nukleare Bedrohung, Krieg und Frieden sowie der Ausgleich der Handelsbilanzen können nur auf globalem bzw. internationalem Niveau angepackt werden. Ohne globale Maßnahmen und Institutionen wird es unmöglich sein, den Überfluss von den reichen in die armen Länder zu lenken, die mobilen Nabobs und ihren noch mobileren Reichtum zu besteuern, den Export von giftigen Abfallstoffen zu kontrollieren, das Verbot von Landminen durchzusetzen, den Atomwaffeneinsatz zu verbieten, Frieden zwischen den Nationen zu schaffen oder mächtige Staaten daran zu hindern, weniger einflussreichen ihre Handelsgesetzgebung aufzuzwingen. Wenn wir uns auf die lokale Ebene beschränken, überlassen wir den anderen gerade auf den heikelsten Gebieten das Feld.
Macht wird global werden, ob wir nun daran teilhaben wollen oder nicht. Ja, sie wäre sogar höchst wünschenswert, wenn wir verhindern wollen, dass sich die brutale Gewalt der Mächtigen der globalen Probleme auf ihre Weise annimmt. Dass die internationalen Institutionen für die Diktatur der Mächtigen geschaffen bzw. von diesen für ihre Zwecke umfunktioniert wurden, ist ja noch kein Argument gegen die Existenz solcher Organisationen im Allgemeinen. Es zeigt vielmehr, dass wir die vorhandenen Organisationen neu definieren bzw. sie durch unsere eigenen ersetzen müssen. Auch dies ist ein Grund, der für die Einführung eines globalen politischen Systems spricht, welches das Wirken solcher Organisationen kontrolliert.
Gibt es keine effektive globale Politik, dann werden lokal begrenzte Strategien nie funktionieren, weil sie von den Interessengruppen, die unsere Vision nicht teilen, ganz leicht unterminiert werden können. So könnten wir es zum Beispiel durchaus schaffen, unsere Nachbarn davon zu überzeugen, ihr Auto abzuschaffen, in der Hoffnung, damit das Klima zu retten. Doch wenn die Menschen ein paar Straßen weiter nicht dasselbe tun, weil sie unsere Überzeugung unter Umständen nicht teilen, dann haben wir damit nur mehr Platz für die anderen Autofahrer geschaffen. Wir können unser Haus zur atomwaffenfreien Zone erklären, doch wenn wir uns nicht gleichzeitig auf internationaler Ebene dafür einsetzen, dass Atomwaffen weltweit abgeschafft werden, dann werden wir genauso wie alle anderen Menschen von jenen bedroht, die nicht so nett sind wie wir. Anders gesagt: Unser privater Boykott hat keine ausreichende Durchschlagskraft.
Schaffen wir jedoch zuerst die nötigen globalen Rahmenbedingungen, dann bekommen wir damit den politischen Raum, in dem unsere lokalen Alternativstrategien gedeihen können. Überlassen wir die Herrschaft über die globalen Institutionen anderen, dann werden diese unsere lokalen oder nationalen Ansätze Stück um Stück kassieren. Es hat wenig Sinn, eine andere Wirtschaftspolitik für das eigene Land auszutüfteln, wie sie einst von Luis Inácio »Lula« da Silva, dem heutigen Präsidenten Brasiliens, gefordert wurde, wenn der IWF und die Großspekulanten der Welt immer noch ungehindert ihr Spiel treiben können. Es ist witzlos, um den Erhalt eines Korallenriffs zu kämpfen, wenn man sich nicht gleichzeitig dafür einsetzt, dass der Klimawandel zum Stillstand kommt, welcher eigentlich für die Gefährdung des Riffs verantwortlich ist.
Es ist leicht, in der Opposition zu einer Einheit zu finden. Diese geht jedoch schnell verloren, wenn man sich bemüht, das zu definieren, wofür man sich letztlich einsetzt. Diese Bewegung, in der Marxisten, Anarchisten und Staatsdoktrinäre, Liberale und Libertins, Grüne und Konservative, Revolutionäre und Reaktionäre, Animisten, Buddhisten, Christen, Hindus und Muslime eine Heimat gefunden haben, hat ihre inhaltlichen Differenzen unter den Teppich gekehrt, um den gemeinsamen Feind zu bekämpfen. Diese Differenzen aber werden wieder aufbrechen, wenn wir versuchen, uns auf ein gemeinsames Programm zu einigen. Bislang haben wir diesen Konflikt vermieden, weil wir unbedingt glauben wollten, dass wir gleichzeitig Hunderte von globalen Zielen verfolgen können, ohne dass unsere Durchschlagskraft darunter leidet. Wir haben unserer Phantasie die Zügel schießen lassen und uns den Luxus erlaubt, zu glauben, wir könnten die geballte Macht unserer Gegner mit einem bunten Cocktail widersprüchlicher Ideen zunichte machen. Ja, die Bewegung der Globalisierungskritiker ist momentan genauso heterogen wie ihre politischen Strategien. Und ein einheitliches politisches Programm wird sicher einige der jetzigen Mitstreiter vergraulen. Genauso sicher aber ist, dass wir, sobald wir zur tödlichen Bedrohung für die existierende Weltordnung geworden sind, noch weit mehr Unterstützung finden werden als bisher.
Die Vorstellung, wir könnten Macht einfach zum Verschwinden bringen und sie durch eine so genannte »Anti-Macht« ersetzen, ist bei den Anarchisten reicher Länder recht beliebt. Die meisten Aktivisten in den armen Ländern aber, in denen die Auswirkungen der Macht deutlicher fühlbar sind, erkennen sie als das, was sie ist: purer Unsinn. Nur weil wir die Muskeln nicht spielen lassen, heißt das noch nicht, dass die anderen auch darauf verzichten werden. Machtstreben wird immer dann sichtbar, wenn es zu Interessenkonflikten um die Verteilung von materiellen, politischen oder psychologischen Interessen kommt. Innerhalb sehr homogener Gruppen wohlmeinender Menschen, die ihre Interessen nicht so klar artikulieren, kann es sich wohl eine gewisse Zeit im Vakuum auflösen. Doch wie jeder gläubige Anarchist, der schon einmal in einer Kommune gelebt hat, nur zu gut weiß, werden Machtstrukturen sofort reaktiviert, sobald ein Kommunenmitglied Bedürfnisse äußert, die sich von denen der anderen deutlich unterscheiden. Der potenzielle Konflikt wird nur dann entschärft, wenn eine der streitenden Parteien sich der herrschenden Meinung unterordnet oder die Gemeinschaft verlässt. Macht - wie subtil sie sich auch ausdrücken mag - bedeutet also vor allem eines: Entweder der Schwächere wird unterdrückt, oder er wird aus der Gruppe hinausgedrängt. Macht ist Teil der menschlichen Gesellschaft wie Furcht oder Gier: Eine Welt ohne Macht ist eine Welt ohne Menschen. Die Frage ist nicht, wie wir die Macht loswerden, sondern wie die Schwächeren an die Macht kommen und sie dann effektiv kontrollieren können.
Wir müssen die Macht der Globalisierung vor unseren Karren spannen, ihr ihren Lauf lassen, den wir ohnehin nicht aufhalten, aber nutzen können: Entmachten wir ihre Institutionen und ersetzen sie durch unsere eigenen! Auf diese Weise werden wir, ob wir das anstreben oder nicht, ein Zeitalter einleiten, in dem die Menschheit endlich nicht mehr von den unsinnigen Fesseln nationaler Loyalität in Schranken gehalten wird.
An diesem Punkt ist noch offen, worin unsere Forderungen eigentlich bestehen. In unserer Kritik waren wir weniger zimperlich. Das Problem lässt sich ganz einfach formulieren: Auf globaler Ebene gibt es keine wirkliche Möglichkeit, die Reichen und Mächtigen daran zu hindern, das Leben der Armen und Schwachen nach Gutdünken zu bestimmen.
Die Vereinten Nationen beispielsweise, die gegründet wurden, um für Frieden, die Einhaltung der Menschenrechte und internationale Gerechtigkeit zu sorgen, werden von den fünf Siegermächten des Zweiten Weltkriegs kontrolliert: den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Russland, Frankreich und China. Diese Nationen nehmen mit ihrem Veto nicht nur Einfluss auf alle Entscheidungen des UN-Sicherheitsrates, sondern auch auf alle Satzungsänderungen der Organisation. Das bedeutet, dass keine Neuregelung, die den schwachen Ländern helfen würde, jemals das Entscheidungsgremium passieren kann, wenn sie nicht auch für die Siegermächte nützlich ist.
Die Weltbank und der Internationale Währungsfonds, die armen Ländern eigentlich helfen sollten, ihre Wirtschaft aufzubauen und gegen Fremdeinflüsse zu stärken, werden nach dem Prinzip »Ein Dollar, eine Stimme« geführt, was bedeutet, dass derjenige über den meisten Einfluss verfügt, der die höchsten Einlagen geleistet hat. Jeder Beschluss, der die Satzung dieser Organisationen betrifft, muss mit einer Mehrheit von 85 Prozent der Stimmen gefasst werden. Allein die Vereinigten Staaten, die an beiden Institutionen mehr als 15 Prozent der Stimmrechte halten, können einen Beschluss blockieren, auch wenn alle anderen Mitgliedsstaaten ihn befürworten. In der Praxis bedeutet dies, dass beide Körperschaften nur solche Maßnahmen zulassen, welche der Wirtschaft der Vereinigten Staaten von Amerika und den Interessen ihrer Spekulanten dienen, auch wenn diese in scharfem Gegensatz zu den Interessen der Mehrheit armer Länder stehen.

Reihe/Serie Riemann
Übersetzer Elisabeth Liebl
Sprache deutsch
Maße 135 x 215 mm
Gewicht 540 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Schlagworte Weltordnung
ISBN-10 3-570-50046-2 / 3570500462
ISBN-13 978-3-570-50046-0 / 9783570500460
Zustand Neuware
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Mehr entdecken
aus dem Bereich
warum sich im Rettungsdienst zeigt, was in unserer Gesellschaft …

von Luis Teichmann; Saskia Hirschberg

Buch | Softcover (2024)
Goldmann (Verlag)
CHF 25,20
Aufbruch in die Welt von morgen | Das neue Buch der Bestsellerautorin …

von Maja Göpel

Buch | Hardcover (2022)
Ullstein Buchverlage
CHF 27,95
Ursachen und Folgen unserer normopathischen Gesellschaft

von Hans-Joachim Maaz

Buch | Softcover (2024)
C.H.Beck (Verlag)
CHF 25,20