Die Westernreitlehre (eBook)
160 Seiten
FNverlag
978-3-88542-942-5 (ISBN)
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Einführung in das Westernreiten
1. DIE ENTWICKLUNG DES WESTERNREITENS – DER URSPRUNG
Das heutige Westernreiten ist aus der Gebrauchsreiterei der Rinderhirten in den USA hervorgegangen. Wobei es traditionell zwei Stile gab: den der Vaqueros und den der Cowboys. Aber auch innerhalb dieser beiden Stile gab und gibt es regionale Unterschiede. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich aus der Gebrauchsreiterei der heutige Westernreitsport entwickelt.
1.1 Der Cowboy
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die unendlichen Flächen des mittleren Wes-tens von der Ostküste der USA aus besiedelt. Von den Rocky Mountains bis zum Mississippi-Strom, von Texas bis zur kanadischen Grenze entstanden die großen Ranches. Zunächst wurden die Rinder auf freien Flächen (open range) gehalten, denn der Stacheldraht zur Einzäunung der Ranches wurde erst kurz vor der Jahrhundertwende erfunden. Die Herden mussten von Zeit zu Zeit zusammengetrieben werden, um sie zu sortieren und die Schlachttiere herauszufangen. Damit man jedes Tier eindeutig seinen Besitzern zuordnen konnte, wurden Sie mit einem Brandzeichen versehen. Noch heute werden auf den großen Ranches die Herden im Frühjahr zum Branding zusammengetrieben. Diese Arbeit wurde in erster Linie von jungen Männern ohne Ausbildung gemacht, daher der Name Cowboy oder auch Cowpuncher (Viehtreiber). Im Süden waren viele der Cowboys Farbige, die mit den Landbesitzern von den Baumwollfeldern der Südstaaten gekommen waren. Andere kamen aus Mexiko. Sie mussten sich häufig mit Mauleseln oder Ponys zufriedengeben. Das Leben dieser Cowboys war einfach und wenig glorreich, sie wurden schlecht bezahlt und ernährten sich vorwiegend von Pfannkuchen und Bohnen. Sie ritten weniger aus Leidenschaft als aus Notwendigkeit. Ihr größter Besitz war, wenn überhaupt, ihr Sattel, der in der Regel fünfmal so viel wie ihr Reittier kostete. Ihre Reiterei musste ihren Zweck erfüllen, um Reitkunst machten sich nur wenige von ihnen Gedanken. Unter ihnen gab es gute und auch weniger gute Horseman.
Die Rinderherden vermehrten sich auf den riesigen Grasflächen der Great Plains hervorragend. Die großen Städte wie z.B. Chicago mit seinen großen Schlachthöfen und die Metropolen an der Ostküste brauchten Fleisch. Dort waren die Rinder mit Gewinn zu vermarkten. So entschlossen sich die Rancher in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, ihre Rinder zu den nächstgelegenen Bahnhöfen zu bringen, von dort traten sie ihre Reise in die dicht besiedelten Gebiete im Norden und Osten der USA an.
In vielen Städten des mittleren Westens gibt es bis heute die sogenannten Stock Yards, in denen die Rinder für den Weitertransport mit der Eisenbahn gesammelt wurden. Heute werden sie allerdings mit großen Trucks dort angeliefert. Aber auf den großen Ranches wird nach wie vor teils aus Tradition, teils aus schlichter Notwendigkeit mit dem Pferd gearbeitet. Im unwegsamen Gelände und auf großen Flächen gibt es bis heute keine bessere Möglichkeit, die Rinderherden zu versorgen.
Es gab berühmte Cattle Trails wie z.B. den Chisholm Trail, der aus dem Süden von Texas durch Oklahoma bis zur Verladestation des Bahnhofs von Abilene in Kansas führte. Seinen Namen hat der Trail von Jesse Chisholm, einem Händler, der halb Cherokee-Indianer und halb Schotte war und diesen Weg als Erster auskundschaftete.
Die Zeit der großen Viehtriebe dauerte nur ca. 30 Jahre von 1867 bis 1897, dann reichte das Schienennetz bis weit in den Süden und den Westen der USA. Bis dahin wurden ca. 9,8 Millionen Rinder und eine Million Pferde allein über den Chisholm Trail getrieben.
Ein Trail Boss oder Foreman brauchte je einen Cowboy für 100 Rinder auf seinem Weg. Der größte bekannte Viehtrieb dieser Zeit brachte 57 000 Rinder und 1 800 Pferde über den Chrisholm Trail und wurde von John R. Blocker geleitet.
Gewöhnlich hatten die Herden aber die Größe von ca. 2 500 Rindern und wurden von 25 bis 30 Cowboys begleitet. Die Rinderherde erstreckte sich auf ca. 4 bis 5 km Länge und legte am Tag ca. 20 bis 25 km zurück. Die Rinder mussten ausreichend Pausen zum Fressen haben, damit sie auf der Reise nicht zu viel Gewicht verloren.
Der heutige Mythos des Cowboys wurde zunächst von Buffalo Bill Cody verbreitet, der mit seiner „Wild West Show“ von 1886 bis 1916 durch die USA und später auch durch Europa zog. Er brachte den Amerikanern der Ostküste das Leben der Cowboys und der Indianer nahe. Später wurde dieses Motiv von Hollywood in seinen Western Filmen, mit Helden wie John Wayne, Gary Cooper oder Gregory Peck und später Paul Newman, Robert Redfort oder Kevin Coster aufgegriffen. Sie haben das oft romantisch verklärte Bild des Cowboys geprägt. Für die Amerikaner verkörpert er das Ideal des aufrechten, mutigen Mannes, der nichts mehr liebt als seine Freiheit.
Es gab und gibt für die Arbeit der Cowboys gewisse Grundsätze und Verhaltensregeln, die bis heute als „Cowboy Code“ überliefert sind. Jeder Cowboy hat in seiner „String“ eine Gruppe von zwei bis zehn Pferden in unterschiedlichem Alter und unterschiedlichen Ausbildungsstufen zur Verfügung. Sie werden ihrer Ausbildung und Kondition entsprechend eingesetzt und gut gepflegt, denn von ihnen hängt die Arbeitsfähigkeit ihres Reiters ab. Auf den Ranches sieht man viele Pferde, die bis ins hohe Alter gesund bleiben und ihren Dienst tun. Die Pferde der Cowboys werden frei auf großen Weide gehalten und haben dadurch eine gute Grundkondition und ein artgrechtes Leben.
Cowboy mit Pferdeherde in USA
Zur Ausrüstung des Cowboy Pferdes gehörte in der Regel das Snaffle Bit, das Grazer Bit und der Texanische Sattel mit Double Rigging und die Arbeit mit dem Rope.
1.2 Der Vaquero
Der Westen der USA wurde schon Mitte des 18. Jahrhunderts von Mexiko aus an der Westküste entlang von den Spaniern besiedelt. Die Namen der Städte wie z.B. San Diego, Los Angeles, Santa Barbara und San Franzisco erinnern daran, dass es die spanischen Missionare waren, die diese Städte gründeten. Sie waren auch die Ersten, die hier Vieh züchteten.
Die Reitweise der Rinderhirten entwickelte sich im Westen aus der Tradition der Spanier. Ein Hirte musste es zu einer gewissen Fertigkeit im Umgang mit dem Pferd und der Riata (dem Rope) bringen, um den Ehrentitel „Vaquero“ tragen zu dürfen. Das Wort leitet sich von dem spanischen Wort „Vacca“ für Kuh ab.
Die Arbeit der Vaqueros war ebenfalls hart und entbehrungsreich. Sie ließen ihre Frauen und Kinder oft wochenlang in den kleinen Städten und Siedlungen zurück, um die Rinderherden zu sortieren und zu neuen Weiden zu treiben. Ihre Pferde wurden nach tradierten Grundsätzen sorgfältig ausgebildet. Sie ritten die jungen Pferde mehrere Jahre in der Hackamore (SIEHE SEITE 40), und am Ende dieses sorgfältigen Trainings sollte das fertig ausgebildete Pferd einhändig in einem Spanish Bit (SIEHE SEITE 46) geritten werden. Die Reitkunst der Vaqueros wurde von den alten, erfahrenen Reitern an die jungen Reiter weitergegeben. Sie ritten Pferde im spanischen Typ, meist Halbblüter oder Mustangs.
Die Hackamore wie auch die Romal Reins (SIEHE SEITE 38), die Riata und weitere Ausrüstung wurden aus Rohhaut und Leder geflochten. Viele Vaqueros stellten diese Gegenstände selber her. Einige erreichten im Handwerk des Rohhautflechtens große Fertigkeiten. Die Kunst des Rohhaut-Braidings ging fast verloren und wird erst heute wieder neu entdeckt.
Die Vaqueros trafen sich jährlich auf ihren Fiestas und hatten Freude daran, sich gegenseitig mit ihrer Reitkunst zu beeindrucken. Wettbe-werbe nach festen Regeln waren ihnen fremd. Im Jahr 1850 wurde Kalifornien ein Bundesstaat der USA und neben dem spanischen Vaquero entstand der amerikanische Buckaroo. Beide Begriffe wurden parallel weiter benutzt, je nachdem ob sich der jeweilige Horseman mehr seinen spanischen Vorfahren oder den eingewanderten weißen Siedlern aus dem Osten zugehörig fühlte. Tatsache ist, dass die Buckaroos von den Vaqueros lernten und ihnen bald in ihren reiterlichen Fähigkeiten ebenbürtig waren. Bis heute trägt der Vaquero seinen Titel mit Stolz und möchte nicht als Cowboy bezeichnet werden.
Vaqueros
Mit den Brüdern Tom und Bill Dorrance wurden die Grundsätze des Horsemanship aus der Vaquero-Tradition in jüngster Vergangenheit wieder neu entdeckt und durch ihre Schüler verbreitet.
Aus heutiger Sicht erscheinen uns die Bits der Vaqueros mit ihren hohen Löffeln fragwürdig zu sein. Dabei muss man bedenken, dass diese Bits zum einen nicht für die Hände von Reitanfängern gedacht waren und zum anderen die Pferde eine 3- bis 6-jährige Ausbildung durchliefen, bevor sie im Spade Bit geritten wurden. Das Reiten in der Tradition der Vaqueros ist eine Kunst, die vom Reiter großes Können und viel Feingefühl erfordert, und daher sicher nicht für jederman geeignet ist.
Zur Ausrüstung des Vaqueros gehören die Hackamore, die Romal Reins, das Spanish Bit und ein Sattel mit Single Rigging.
2. WESTERNREITEN HEUTE
Das Westernreiten ist sehr vielfältig und bietet dem Reiter und seinem Pferd zahlreiche Möglichkeiten, vom Freizeitreiter über den Wanderreiter bis zum Turnierreiter.
Nicht alle Ausbildungsmethoden, die in der Sportreiterei sinnvoll und nützlich sind, lassen sich auf das Gebrauchsreiten oder Freizeitreiten übertragen. Die Ausbildungsinhalte sollten sich immer am Ziel des Reiters und der späteren Verwendung des Pferdes orientieren. Ein Freizeitreiter muss seinem Pferd keinen Sliding Stop beibringen,...
Erscheint lt. Verlag | 24.11.2020 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Sport |
Technik | |
ISBN-10 | 3-88542-942-X / 388542942X |
ISBN-13 | 978-3-88542-942-5 / 9783885429425 |
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