Kiste, Bett und Feuerstelle (eBook)
216 Seiten
myMorawa von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99110-611-1 (ISBN)
Ich wurde 1970 in Graz geboren. Nach einem äußerst abwechslungsreichen Berufs- und Ausbildungsweg sowie vielen Reisen in unterschiedlichste Regionen der Erde, erfolgte 2010 die Meisterprüfung für Tischlerei und erste Gehversuche im Bereich Erstellung und Gestaltung von Sachbüchern und Kursunterlagen . Seit nun mehr als zehn Jahren beschäftige ich mich intensiv mit den Grundlagen des Möbeldesigns sowie den Quellen und der Entwicklung des Möbelbaus und der Frage, wie sich Zweckbindung und die Konzeption, Gestaltung und Planung gegenseitig beeinflussen. Seit September 2019 leite ich Kurse zu diesen Themen an der Volkshochschule Graz. Ab September 2020 habe ich die Ehre, eine Reihe von Gastvorträgen zu ausgewählten Themen an der Tischler - Meisterklasse des WIFI-Graz halten zu dürfen. Bei beiden Gelegenheiten möchte ich den Teilnehmer/Innen nicht nur theoretisches Hintergrundwissen und praktische Fertigkeiten, sondern vor allem Neugier, Experimentierfreude und ganz allgemein die Begeisterung für die Gestaltungsmöglichkeiten unseres Lebensraums weitergeben.
zu ebener Erde…
Ein Überblick
Abbildung 8-Raumaufteilung EG
Darüber, dass der Vorraum zum Eingangsbereich gehört, besteht ja kein Zweifel, aber wie sieht es mit den anderen Räumen aus; oder besser: WARUM sind sie dort?
Dazu möchte ich noch einmal die Tabelle mit den Räumen und ihren Aufgaben bemühen und ihnen die Frage stellen, ob ihnen bei den angeführten höchst unterschiedlichen Räumen dennoch etwas auffällt; ein verbindender Faktor?
Und ? Was ist all diesen Räumen (außer dem unteren Teil des Schlafzimmers) gemeinsam?
Exakt: Sie sind sowohl für „Fremde“, wie auch für die Bewohner selbst zugänglich wohingegen der Zugang zu den anderen Bereichen „kulturell reglementiert“ ist. In diese Räume kommen somit nur Menschen, die das Vertrauen der Bewohner besitzen und/oder einen anderen persönlichen Bezug haben. Je persönlicher ein Lebensbereich wird bzw. ist, desto eher werden wir ihn versuchen zu schützen und ab zu schirmen, da natürlich auch die Gefahr des „Ausgeliefert-Seins“ nicht nur physisch steigt, je näher wir Menschen an uns herankommen lassen.
Diese Idee mag zwar auf den ersten Blick nicht viel zu den Gestaltungstechniken für Möbel oder Räume hergeben; entscheidet aber letztendlich über die Auftragsvergabe, da wir es grundsätzlich niemanden erlauben, unsere Ängste, Wünsche, Hoffnungen, Schwachstellen und heimlichen Begehren anderen auf dem Silbertablett zu präsentieren.
Der Vorraum
Abbildung 10 – Vorraum Dimensionierung
Der Vorraum ist wie das Medley eines musikalischen Themas eine „Zusammenfassung“ resp. eine „Vorstellung“ der Bewohner und ihrer Lebensweise. Das gilt sowohl für das Betreten der Wohnung sowie beim Verlassen. Bei letzterem handelt es sich um eine thematische Verabschiedung. Das gilt für die Bewohner wie für Gäste.
Die baulich-strukturelle Einteilung richtet sich nach der Grundfunktion des Raumes als „Transitzone“ zwischen Umwelt und Lebensraum für die Bewohner sowie als ersten Empfangsbereich für Gäste. Für die Bewohner ist es beim Betreten wie das Einlaufen eines Schiffs in seinen Heimathafen. Es hat zwar noch nicht angelegt, befindet sich aber bereits (durch Küstenwache und Hafenmeisterei) in einem „sicheren“ Terrain mit vertrauten Strukturen und Abläufen. Bleiben wir noch kurz bei der Hafenmetapher. Damit das Schiff anlegen und Passagiere wie Waren von Bord lassen kann, braucht es technische Grundstandards. Das gleiche gilt für den Vorraum.
Als Transitzone zwischen Umwelt und eigenem Lebensraum braucht es sowohl einen Platz, um sich (den Witterungsbedingungen entsprechend) beim Verlassen an und aus zu kleiden; eine Garderobe, als auch Platz, um Gepäck (Handtasche, Koffer, Einkaufskorb und andere Dinge) für das Vorhaben außerhalb der Wohnung bereit zu stellen und dann mit zu nehmen bzw. bei der Ankunft abstellen zu können, um die Straßenkleidung ab zu legen. Folgende Tabelle fasst diese Überlegungen zur funktionalen Grundausstattung eines Vorraums zusammen:
Hier sind die Fragen für Planung und Fertigung:
Welche freie Mindestgangbreite ist in Durchgangsbereichen erforderlich?
Was ist die ideale Befestigungshöhe bei Mantelhaken für Erwachsene?
Welche Länge soll man für einen Erwachsenenschuh annehmen?
Wenden wir diese Vorgaben auf unseren Vorraum an, so könnten wir den Raum wie folgt einteilen:
Abbildung 11-Vorraum/Dimensionierung 2-Verkehrswege
Die Frage, warum so viel Wert auf die Einhaltung der „Verkehrswege“(Durchgangsbreiten- und lichten) gelegt wird, hat den praktischen Grund, dass es möglich sein muss, sich ungestört bewegen zu können und nicht über irgendetwas zu stolpern oder sich irgendwo zu stoßen. Es gibt allerdings auch eine baurechtliche Grundlage, die sich mit Möglichkeiten des Verlassens der Wohnung im Fall von Gefahren durch Feuer, Wasser oder Bauwerksmängel beschäftigt und das im Baugesetz unter dem Begriff Brandschutz und Fluchtwege wie folgt formuliert:
III. Abschnitt2
Brandschutz
§ 49
Allgemeine Anforderungen
Bauwerke müssen so geplant und ausgeführt sein, dass der Gefährdung von Leben und Gesundheit von Personen durch Brand vorgebeugt sowie die Brandausbreitung wirksam eingeschränkt wird.
§ 53
Fluchtwege
(1) Bauwerke müssen so geplant und ausgeführt sein, dass bei einem Brand den Benutzern ein rasches und sicheres Verlassen des Bauwerkes möglich ist oder sie durch andere Maßnahmen gerettet werden können.
(2) Bauwerke müssen Fluchtwege im Sinne des Abs. 3 aufweisen, soweit dies unter Berücksichtigung des Verwendungszweckes, der Größe und der Anwendbarkeit von Rettungsgeräten für ein rasches und sicheres Verlassen des Bauwerkes erforderlich ist.
(3) Die in Fluchtwegen verwendeten Baustoffe, wie z. B. Fußbodenbeläge, Wand- und Deckenverkleidungen, müssen so ausgeführt sein, dass bei einem Brand das sichere Verlassen des Bauwerkes nicht durch Feuer, Rauch oder brennendes Abtropfen beeinträchtigt wird. Aufgrund der Größe und des Verwendungszweckes des Bauwerkes können zusätzliche Maßnahmen erforderlich sein, wie z. B. Brandabschnittsbildung, Rauch- und Wärmeabzugsanlagen oder Fluchtweg-Orientierungsbeleuchtung.
Auf Basis dieser Vorgaben, können wir den Vorraum jetzt an folgenden Stellen gestalten:
Abbildung 12 – Gestaltungsbereiche im Vorraum
Mein Tipp für die Ausstattung und Gestaltung dieses Raumes sowie der folgenden ist: Machen Sie sich mittels der im Anhang befindlichen Vorlagen (CUT-OUT-FORMEN) zunächst ein grobes Gerüst, das den Platzbedarf der einzelnen Komponenten im Raum festlegt und kontrollieren sie danach, ob die vorgeschriebenen Freiräume und Funktionsmaße eingehalten werden. Stehen diese Positionen einmal fest, so bilden sie den fachlichen, wie konstruktiven Rahmen in dem sie sich bewegen können, ohne in Konflikt mit anderen Komponenten zu kommen.
In Anhang 1 befinden sich sowohl Links zu einfachen Einrichtungsprogrammen, die sowohl strukturierende Bauelemente (Fenster und Türen), wie standardisierte Einrichtungskomponenten enthalten mit deren Hilfe sie Skizzen wie diese unterhalb relativ einfach umsetzen können. Für alle, die das „Angreifen“ zum Begreifen dem rein virtuellen Arbeiten vorziehen und lieber am Tisch mit Kärtchen und Materialmustern ihren Vorstellungen Gestalt verleihen, befinden sich Grundrissmuster sowie Einrichtungssymbole sowohl in Teil B des Anhangs. Diese können gescannt oder kopiert und dann ausgeschnitten werden.
Abbildung 13-Vorschlag-Raumaufteilung
Eine Einrichtung des Vorraums könnte dann z. B. so aussehen:
Der Vorraum und die Idee des Empfangs und Abschieds…
Sie sehen schon – vergleicht man diese Eingangsbereiche aus unterschiedlichen Zeiten miteinander – so fällt auf, dass dieser Bereich wie schon am Beginn erwähnt zum einen dem Empfang und der Repräsentation gilt; gleichzeitig ist aber auch allen Arrangements auch die Funktion einer Barriere. Es ist zwar schon der persönliche Lebensbereich, doch noch besteht für den Gastgeber die Möglichkeit den Eintritt in weitere Räume zu gewähren oder zu verwehren.
In vielen Kulturen hat der Eingangsbereich auch einen zeremoniellen Charakter z.B. die Begrüßung/ Verabschiedung bzw. das Ablegen der Straßenkleidung (Mantel, Jacke, Schuhe), um (ist man als Gast geladen) den Wohnbereich „sauber“ resp. gereinigt zu betreten. Sowohl aus der islamischen Kulturkreis, wie auch aus den fern östlichen Kulturen stammt dieses „Abstreifen“ der Kleidung sakrale Wurzel n, deren Brauch allerdings bis heute in fast allen Moscheen und Tempeln strikt eingehalten wird und zumeist noch die Möglichkeit einer „Waschung“ inkludiert.
Je nach kulturellem Umfeld begegnet man diesen Zeremonien bis heute in adaptierter Form. Vor allem in den islamischen Bereichen und im asiatischen Raum wird der Einhaltung dieser Etikette ein hoher Stellenwert beigemessen und über die Art der Einhaltung auch Rang und sozialer Status definiert bzw. beurteilt.
Mit dem Wissen um diese Gegebenheiten kommt dem Vorraum eine wesentlich größere Bedeutung zu als bloß ein Stauraum für Schuhe, Spielzeug und Einkaufsablage, der man dann auch in seiner Gestaltung Rechnung tragen kann und sollte.
Abbildung 15 – Das Wesen des Vorraumes
ÜBUNG 1
Ich möchte Sie nun zur ersten Übung einladen, bei der es darum geht zwei unterschiedliche Grundrisse eines Vorraums räumlich so ein zu teilen, dass sowohl die Vorgaben der Bewegungsfreiheit (Fluchtwege), wie auch die funktionalen Maße der Grundausstattung für diesen Bereich berücksichtigt werden sollen.
Folgende Grundrisse stehen zur Auswahl:
Abbildung 16- Übuung 1 Grundrissvarianten
Die Küche
Es gibt wohl kaum einen intimeren und privateren Arbeitsplatz als die Küche. Dieser Bereich hat im Lauf der Geschichte etliche Veränderungen durchgemacht und man muss bei der Betrachtung der Küche als Ort der Nahrungsmittellagerung und Verarbeitung von Beginn an unterscheiden, ob dies für einen mehr oder minder großen Familienverband, also privat oder für ein größeres Kollektiv an Personen, die nichts (persönliches/privates) miteinander verbindet, geschieht;...
Erscheint lt. Verlag | 17.7.2020 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Bewerbung / Karriere |
ISBN-10 | 3-99110-611-6 / 3991106116 |
ISBN-13 | 978-3-99110-611-1 / 9783991106111 |
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Größe: 31,0 MB
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