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AUFBRECHEN! (eBook)

Warum wir eine Exzellenzgesellschaft werden müssen

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
224 Seiten
Campus Verlag
978-3-593-44580-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

AUFBRECHEN! -  Gunter Dueck
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Es geht um unsere Zukunft! Die Dienstleistungsgesellschaft stirbt, weil neue Technologien die Hälfte aller Jobs überflüssig machen. Die Überlebensperspektive für die Zukunft liegt in einer Hochbildungskultur - es ist unsere einzige Chance, sagt Wirtschaftsvordenker Gunter Dueck. Die Diagnose: Den westlichen Gesellschaften drohen Elite und Slum: auf der einen Seite wenige hoch bezahlte Jobs in der Steuerung von Prozessen, auf der anderen Seite viele Menschen, die einen neuen Job suchen, aber keinen finden, weil sie nicht entsprechend (aus-)gebildet sind. Die Chance: Auf die Agrar-, Industrie- und Dienstleistungskultur folgt die Wissenskultur: Brain-Jobs in IT-, Umwelt-, Medizin-, Gen-, Nano- und Biotechnologie. Sie sind da. Es sind nur zu wenige. Was wir tun müssen: Exzellenzgesellschaft meint Jobs für das Gehirn. Das muss trainiert werden. Von jedem. Keine Ausreden mehr: Jeder muss studieren! Was der Staat tun muss: Die alte Klientelpolitik gehört in Rente. Unser Weg in die Exzellenzgesellschaft führt vom Subventions- zum Investitionsstaat, der die notwendige Infrastruktur von Wissen und Bildung bereitstellt. Superschnelle Datenhighways statt Fernstraßen.

Gunter Dueck war Mathematikprofessor und bis August 2011 Chief Technology Officer bei IBM. Seitdem lebt er im Unruhestand. Er arbeitet als Autor, Blogger, Netzaktivist, Business Angel und Speaker und widmet sich weiterhin unverdrossen der Weltverbesserung. Bei Campus erschienen seine Bücher »Das Neue und seine Feinde« (2013), »Schwarmdumm« (2015), »Flachsinn« (2017), »Heute schon einen Prozess optimiert?« (2020) und »Keine Sinnfragen, bitte!« (2022).

Gunter Dueck war Mathematikprofessor und bis August 2011 Chief Technology Officer bei IBM. Seitdem lebt er im Unruhestand. Er arbeitet als Autor, Blogger, Netzaktivist, Business Angel und Speaker und widmet sich weiterhin unverdrossen der Weltverbesserung. Bei Campus erschienen seine Bücher »Das Neue und seine Feinde« (2013), »Schwarmdumm« (2015), »Flachsinn« (2017), »Heute schon einen Prozess optimiert?« (2020) und »Keine Sinnfragen, bitte!« (2022).

Deutschland neu erfinden!


Zum Titel des Buches


Wundert Sie es nicht, dass immer noch wirkliche Autos aus den Fabriken herauskommen, obwohl dort jedes Jahr Tausende von Arbeitnehmern entlassen werden? Dass Banken und Versicherungen immer noch funktionieren, obwohl sie jetzt über beträchtlich weniger Personal verfügen? Wenn wir von Massenentlassungen im Fernsehen erfahren, reagieren wir zunehmend allergisch und wütend. Wir sind schnell dabei, über »Gier« und »Menschenverachtung« zu schimpfen. Wir sind fest überzeugt,

dass dadurch die Qualität der Arbeit abnimmt,

dass es nicht ewig so weitergehen kann und

dass Deutschland das nicht länger tragen kann, denn: »Wohin mit all den Leuten, die keine Arbeit haben?«

So die normale Sicht der meisten von uns, die so nicht stimmt. Die wahre Ursache liegt nicht ursprünglich in uneinsichtigen, gewinnsüchtigen Managern, sondern in einem tief greifenden Wandel der Arbeitswelt begründet, der mit dem Computer anfing, sich mit dem Internet ungeheuer beschleunigte und der nun mit dem Umbau der Kommunikationsinfrastruktur zu ganz extremen Veränderungen führen wird. Für diesen Wandel möchte ich mit diesem Buch den Blick schärfen helfen.

Ich weiß, Sie werden seufzen, wenn ich die schon viel zu oft bemühte Wendung vom radikalen Wandel hier auch verwende. Sie haben diese Phrase vielleicht tausend Mal ungläubig oder verbittert gehört – von obskuren Visionären bis hin zu Managern, die mit der Notwendigkeit des radikalen Wandels jede noch so barbarische Zwangsmaßnahme im Unternehmen begründeten. »Wind of Change«, »Umbau«, »Neuaufstellung«, »kein Stein auf dem anderen«, »alles auf den Prüfstand«, »jeden feuern, der nicht voll mitzieht, alle anderen später auch«! Durch solche mitarbeiterfeindlichen Parolen wird die Diskussion um den Wandel entweder ganz unterdrückt oder geht bei jedem Versuch sofort in Lagerkämpfen unter.

Dabei ist die Lage wirklich sehr ernst. Ich will Ihnen zeigen, wie die Dienstleistungsberufe in den nächsten Jahren gnadenlos optimiert und automatisiert werden. Vielleicht die Hälfte aller Deutschen wird sich einen neuen Job suchen müssen oder in einen anderen hineinwachsen. Ja, es gibt einen Niedergang vieler lieb gewonnener und klassischer Berufe, aber auf der anderen Seite auch viele aufstrebende Bereiche in mehr akademischen, technischen und kreativen Sektoren, wo es sich gut arbeiten lässt. Den Niedergang menschlicher Berufe durch Automatisierung halten wir nicht auf. Er vollzieht sich automatisch im Zuge von normalen Effizienzbestrebungen, die wir langsam schon als »Sparwahn« empfinden. Wir müssen mit der Entrüstung aufhören, uns verabschieden und umorientieren. Ich könnte sagen: Deutschland als Land muss sich einen neuen Job suchen.

Den gibt es! Fragen Sie nicht immer wieder, als wollten Sie, dass es besser keine Antwort darauf gäbe, auf die hin man hart arbeiten muss: »Wo gibt es gut bezahlte, interessante und erfüllende Arbeit?« Die gibt es, ganz klar: in einer Exzellenzgesellschaft. Das muss eine Wissensgesellschaft sein, in die wir alle mitnehmen, eine ganz und gar unelitäre Veranstaltung. Exzellenz für alle, die wir am besten nach bewusster Entscheidung plan- und druckvoll aufbauen müssen AUFBRECHEN! Das ist die Forderung der Zeit. Wir dürfen nicht festkleben an alten Strukturen und müssen uns als Land und Kultur in eine neue Zeit transformieren.

Was viele Gurus schon ganz lange sagen, wird heute, durch Computer und Internet, notwendig und gleichzeitig auch möglich. Internet und Computer automatisieren vieles von »uns« bis über jede Schmerzgrenze hinaus, aber sie machen auch technisch den Weg in eine neue Gesellschaft frei.

Lassen Sie mich die Dramatik des Geschehens durch Beispiele aus Ihrem Alltag aufhellen: Sie gehen in den Supermarkt und kaufen eine Dose gehackte Pizzatomaten für 29 Cents oder ein tiefgefrorenes Hähnchen für 1,49 Euro. Haben Sie einmal darüber nachgedacht, wie diese Dose zu Ihnen kommt? Da haben Mitarbeiter Tomatensamen gekauft und Tomaten angezüchtet. Die Setzlinge kommen in Gewächshäuser und werden gegossen und gedüngt. Die Früchte werden geerntet, gewaschen und zerhackt. Derweil sind Lastwagen mit leeren Dosen gekommen, eine Druckerei bringt Etiketten. Eine Abfüllanlage kombiniert Tomaten, Dosen und Etiketten zum fertigen Produkt. Das wird nun auf Lkws zum Großhandel gebracht und gelagert. Schließlich wandert es als Nachschub in den Supermarkt. Der bezahlt vielleicht 20 Cents für die Dose, die Sie dann für 29 Cents mit nach Hause nehmen. Stellen Sie sich einmal vor, Sie selbst müssten die Tomaten in Heimarbeit herstellen. Sie kaufen also in der Gärtnerei eine angezogene Tomatenpflanze für 33 Cents (schon mehr als die Dose kostet!), kaufen einen Topf und Dünger dafür, zählen die Minuten zum Gießen … Dämmert Ihnen, welche traumhafte Leistung unserer Industrie darin liegt, die Dose für 29 Cents zu liefern? Im Winter und Sommer? Wenn Sie das noch nicht beeindruckt, wiederholen Sie dieses Gedankenexperiment mit dem Hähnchen. Sie kaufen ein befruchtetes Ei für 23 Cents, lassen es im Ofen ausbrüten, Sie füttern das Küken ein paar Monate, schlachten das Hähnchen, rupfen die Federn, nehmen es aus, reinigen es, verpacken es gut, frieren es ein und verkaufen es einem Supermarkt für 1,15 Euro, damit es dort für 1,49 in der Truhe liegt.

Und dann erinnern Sie sich an den letzten Besuch Ihres Versicherungsvertreters, der Ihr neues Auto versichert hat. Er schreibt den halben Fahrzeugschein ab, ganz gewissenhaft die ellenlange Fahrgestellnummer, und blättert in Risikotabellen. Er diskutiert mit Ihnen, wie viele Kilometer Sie im Jahr zurücklegen und ob die Markise vor dem Haus als schützender Carport im Sinne der Versicherung gewertet werden kann. Zur Sicherheit schreibt er, wie bei jedem Besuch, die Nummer des Kontos auf, von dem die Lastschriften abgehen. Das Ganze dauert eine halbe Stunde, dazu kommen An- und Abfahrt und die Telefonate zur Terminvereinbarung. Der Agent fährt dann nach Hause und bucht alles richtig ein. Die Versicherung wiederum … Verstehen Sie? Es kostet eine solide Stunde der Versicherung, also etwa 80 Euro und eine gute Stunde von Ihnen selbst, vielleicht 20 Euro in entgangenem Lohn, also 100 Euro. Das sind mehr als 300 Dosen Tomaten oder mehr als 65 Hähnchen!

Und ich sage Ihnen: In näherer Zukunft bekommen Sie eine Autoscheckkarte beim Autokauf dazu! Die zeigt man einem Versicherungsautomaten (der ähnlich aussieht wie die Automaten beim Einchecken im Flughafen) oder dem »Internet«. Piep! Alle Autodaten sind sofort im Automaten drin! Der fragt Sie: »Wollen Sie es zu denselben Konditionen wie das alte Auto versichern? Ja? Nein?« Sie tippen »Ja« und das war’s schon. Die Kosten? 10 Cents für den Versicherer und ein paar Euro Ihrer eigenen Zeit.

Dienstleistungen wie beispielsweise das Abschließen von Versicherungen bestehen nüchtern besehen lediglich aus dem Erfassen und Eintippen von Daten aus einem System in ein anderes. Solche Arbeit ist manuelle Datenverarbeitung mit einem Lächeln dazu. Dienstleistungen sind im Vergleich zur Produktivität der Industrie atemberaubend ineffizient und werden in Zukunft durch Computer automatisiert, eben weil sie vom Charakter her »Datenübertragung« sind. Da drängt sich ein Computer doch direkt auf! Und alle der Datenübertragung oder -verarbeitung ähnlichen Berufe sind dabei zu verschwinden oder sich entscheidend zu wandeln. Der Computer übernimmt die Arbeiten vieler, vieler Menschen! Diese Arbeiten werden zwar nach wie vor verrichtet, aber nicht von uns! Deshalb verschwinden nicht die Dienstleistungen an sich. Wir werden nur keine typische Dienstleistungsgesellschaft mehr sein, in der sehr viele von uns noch Dienstleistungen im klassischen Sinn erbringen.

Viele Berufe werden überdies durch das Internet »virtualisiert«. Diese Berufe gibt es zwar damit noch, sie können aber ortsunabhängig und deshalb auch »in Indien« ausgeübt werden. Diese Entwicklung kennen Sie, aber meist nur unter dem Stichwort »Globalisierung«. Wie schwerwiegend diese Entwicklung ist, glaubt allerdings keiner. Globalisierung wird oft nur als Lohndumping-Argument gesehen. Die meisten von Ihnen sehen in der Regel nicht, wie ernst die Lage ist, wie sehr sich alles noch verändern und umgestalten wird. Ich gebe Ihnen einmal ein zugegeben futuristisches Beispiel, das Sie noch besser verstehen, wenn Sie einen Panzerführerschein haben:

Im Gefecht schaut der Fahrer eines Panzers natürlich nicht aus seiner Luke heraus, sondern er lenkt den Panzer von innen und sieht die Außenwelt und die Richtung nur über Winkelspiegel. Im Kern sieht er nicht die Wirklichkeit der Straße an sich – er sieht sie auf einem Spiegel oder eben »Bildschirm«. Das ist nicht angenehm, reicht aber zum Fahren aus, und verlangt allerdings einige Übung und Erfahrung – und es kostet bis dahin ein paar Bäume, Randsteine und Nerven. Wir könnten nach diesem Vorbild des Winkelspiegels alle Autos mit Kameras in alle Richtungen ausrüsten! Deren Bildaufnahmen werden ins Internet gefunkt und wir sehen sie auf mehreren Bildschirmen oder Fenstern vor uns, meinetwegen auf unserem Laptop, mit dem wir gerade im Garten sitzen. Wir könnten nun das Auto wie in einem Computerspiel per Internet starten und irgendwohin fahren. Schauen Sie: Es ist erlaubt, mit Panzern und Winkelspiegeln zu fahren – warum also nicht per Laptop?

Dann brauchen wir keine Fernfahrer mehr, nur noch Fernfernfahrer, oder Remote-Fahrer. Die steuern dann die Lastwagen vom Wohnzimmer aus. Nach acht Stunden fahren sie den physikalisch realen Lkw auf einen realen Parkplatz und stellen ihn ab. Sie geben den Fahrerjob an einen anderen Mitarbeiter...

Erscheint lt. Verlag 8.4.2020
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Arbeit • Bildung • Digitalisierung • Infrastruktur • Innovation • Persönlichkeit
ISBN-10 3-593-44580-8 / 3593445808
ISBN-13 978-3-593-44580-9 / 9783593445809
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Größe: 533 KB

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