Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Homers Odyssee (eBook)

Dichter, Helden und Geschichte
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
128 Seiten
Verlag C.H.Beck
978-3-406-75023-6 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
(CHF 9,75)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Der vorliegende Band bietet eine ebenso informative wie spannende Einführung in die Odyssee. Im Zentrum der Darstellung stehen Fragen nach dem rätselhaften Dichter Homer und seiner Poetik, aber auch nach seinem Helden - dem listenreichen Odysseus: Der Heimkehrer aus dem trojanischen Krieg erzürnt den Gott Poseidon, als er dessen Sohn, den Kyklopen Polyphem, blendet. Nun grollt ihm der Erderschütterer und will seine Rückkehr nach Ithaka verhindern. Welche Abenteuer Odysseus deshalb auf seinen zehn Jahre währenden Irrfahrten zu bestehen hat und wie es Homer verstand, aus diesem Stoff ein frühes Meisterwerk der Weltliteratur zu schaffen, wird hier erzählt und erläutert.

Bernhard Zimmermann lehrt als Professor für Klassische Philologie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.

3. Die Odyssee – Geschichten von Odysseus


Vor der Odyssee


Odysseus ist Sohn des Laërtes, des Königs der im Ionischen Meer gelegenen, kleinen und rauen Insel Ithaka (Odyssee 9, 21–​27). Seine Mutter ist Antikleia, die Tochter des Autolykos, eines wahren Hexenmeisters und hinterhältigen Gauners, eines «Wolfes in Person», so die Bedeutung seines Namens, der sich durch Betrug und Meineid einen Namen gemacht hatte und unter dem besonderen Schutz des Hermes, des Gottes der Betrüger, stand, der nach einigen Überlieferungen sogar sein Vater war (19, 393–​396). Er hat eine Schwester namens Ktimene, die nach Same verheiratet wurde (15, 363–​370; Stammbaum siehe unten).

Nach der Geburt seines Enkels kam Autolykos von seinem am Parnass bei Delphi gelegenen Anwesen nach Ithaka und gab ihm einen sprechenden Namen: Odysseus, den er von dem Verb odýs(s)asthai ableitet (19, 403–​412). Da er selbst viele hasse und von vielen mit Hass verfolgt werde, solle sein Enkel diesen Namen tragen. Wie häufig in der griechischen Literatur werden den Protagonisten sprechende Namen gegeben, die einen Wesenszug zum Ausdruck bringen. Die Etymologie ist allerdings assoziativ und beruht zumeist auf dem ähnlichen Klang der Wörter und ist für Odysseus nicht geklärt. Immer wieder spielt in der Odyssee diese Deutung des Namens eine Rolle. Odysseus leidet unter dem Zorn des Zeus, des Poseidon und des Helios und wird dadurch zum ‹Leidensmann›. Doch er neigt auch zu Zornesausbrüchen. Als Eurylochos ihm auf Aiaia widerspricht, zieht er wutentbrannt das Schwert (10, 439–​441), und Penelope bittet ihren Mann, ihr nicht zu zürnen, dass sie nach seiner Rückkehr zunächst einen stichhaltigen Beweis für seine Identität verlangt habe (23, 182; 23, 209f.).

Als Knabe begab sich Odysseus an den Hof seines Großvaters, um die ihm versprochenen «glänzenden Geschenke» in Empfang zu nehmen. Nach reichlicher Bewirtung wurde er am nächsten Tag bei einer Eberjagd durch die Hauer des Tieres schwer verwundet und trug als unveränderliches Kennzeichen eine Narbe davon (19, 413–​466), an der ihn seine alte Amme Eurykleia, die damals das kleine Kind dem Großvater in den Schoß gelegt hatte, wiedererkennt (19, 467–​475).

Ein weiteres Jugenderlebnis wird von Penelope berichtet (21, 11–​41). Als 300 Rinder des Laërtes geraubt wurden, schickte ihn sein Vater aus, die Viehdiebe zu finden. Er übernachtete in Messenien bei einem gewissen Ortilochos, bei dessen Sohn Diokles später Telemach übernachten wird (3, 488), und traf Iphitos, den Sohn des Eurytos, des Königs von Oichalia, der sich auf der Suche nach zwölf geraubten Stuten befand. Als Zeichen der Freundschaft tauschten die jungen Männer ihre Waffen: Odysseus gab Iphitos sein Schwert und seine Lanze und erhielt als Gegengeschenk den Bogen, den Iphitos von seinem sterbenden Vater einst erhalten hatte – eine wahre Wunderwaffe, die Odysseus nie auf einem Feldzug nahm und mit der er grausame Rache an den Freiern übte. Iphitos sollte die Suche nach den verschwundenen Pferden nicht überleben. Er wurde von dem Pferdedieb, niemand anderem als Herakles, der ihn heimtückisch in seinem Haus als Gast aufnahm, hinterrücks ermordet. Indem Penelope im Rückblick auf das Jugendabenteuer ihres Mannes den Meuchelmord an Iphitos betont, wird die Gefahr deutlich, in der sich der heimkehrende Odysseus befindet.

Als junger Mann hielt Odysseus mit vielen anderen bei ihrem Stiefvater Tyndareos, dem König von Sparta, um die Hand der schönen Helena an, der Tochter des Zeus und der Leda. Auf seinen Vorschlag verpflichteten sich die griechischen Fürsten, dem, für den sich Helena entscheiden würde, zur Seite zu stehen, falls sie noch einmal entführt würde. Denn als junges Mädchen war sie von dem Athener Theseus und seinem Freund Peirithoos verschleppt worden. Helena entschied sich für Menelaos, den Bruder des mykenischen Herrschers Agamemnon. Die Beistandspflicht trat bald ein, als der trojanische Prinz Paris, auch «Alexandros» genannt, Helena nach Troja entführte oder sie ihm freiwillig dorthin folgte. Odysseus war inzwischen durch seine Frau Penelope, der Tochter von Tyndareos’ Bruder Ikarios, Vater eines Sohnes namens Telemachos geworden – der sprechende Name «Der aus der Ferne Kämpfende» erinnert an die Fertigkeit seines Vaters im Bogenschießen – und verspürte wenig Lust, seine junge Familie auf unbestimmte Zeit allein zu lassen. Um dem Feldzug gegen den trojanischen Frauenräuber zu entgehen, stellte er sich wahnsinnig. Er setzte sich eine Filzmütze auf, spannte einen Ochsen und ein Pferd vor einen Pflug, pflügte unverdrossen seine Felder und säte Salzkörner aus. Palamedes, auch er einer der Freier Helenas, der Odysseus an Intelligenz übertraf und als einer der großen Erfinder galt – Mathematik, Astromonie und das Würfelspiel soll er den Griechen gegeben haben –, enttarnte Odysseus’ List. Er legte den kleinen Telemach vor den Pflug, den Odysseus anhob, um das Leben seines Sohnes zu retten. In der Unterwelt erinnert Agamemnon sich an den traurigen Abschied, den Odysseus von seiner Familie, der jungen Frau und dem kleinen Sohn, nehmen musste (11, 446f.). Vor Troja nahm der gegen seinen Willen zum Kriegsdienst gezwungene Odysseus grausame Rache. Er beschuldigte Palamedes des Landesverrats und ließ ihn zum Tode verurteilen.

Bei seiner Abreise nach Troja bat Odysseus Penelope, die im Rückblick dies den Freiern berichtet, für seine Eltern und vor allem für den Sohn zu sorgen. Da er einem ungewissen Schicksal entgegengehe und seine Rückkehr aus dem Krieg gegen die kampferprobten Trojaner alles andere als sicher sei, solle sie sich wieder vermählen, sobald Telemach erwachsen geworden sei (18, 257–​280).

Einmal zur Teilnahme am Rachefeldzug genötigt, setzte Odysseus fortan seine Klugheit zum Wohl der Griechen ein, auch wenn es nicht immer lautere Unternehmungen waren. Er entdeckte den jungen Achilleus auf der Insel Skyros, wo ihn seine Mutter in Frauenkleidern bei den Töchtern des Lykomedes versteckt hatte. Denn sie hatte ein Orakel erhalten, dass ihr Sohn entweder jung und hochgeehrt oder alt, aber ruhmlos sterben werde. Achill gab seine wahre Natur zu erkennen, als Odysseus Waffen in seine Nähe legte, nach denen er begierig griff. Als Agamemnon, der Anführer des griechischen Heeres, bei der Jagd eine der Göttin Artemis heilige Hirschkuh erlegte und die gekränkte Göttin die Flotte durch eine nicht enden wollende Windstille in Aulis festhielt, war es Odysseus, der Agamemnons Tochter Iphigenie, die – so der Seher Kalchas – zur Besänftigung der Göttin geopfert werden sollte, unter der Vorspiegelung, sie solle mit Achill verheiratet werden, in das Heerlager lockte.

Vor Troja zeichnete sich Odysseus durch sein bedachtes, ausgleichendes und wenig auf Ehrgewinn ausgerichtetes Wesen aus. Er war es, der die Gesandtschaft nach der Landung der Griechen anführte und von den Trojanern, um einen Krieg zu vermeiden, die Herausgabe Helenas verlangte. Im Rückblick beschreibt ihn der Trojaner Antenor als einen redegewaltigen, vernünftigen Mann, dessen Aussehen und bescheidenes Verhalten in krassem Gegensatz zu seiner ungeheuren Intelligenz stünden (Ilias 3, 216–​224). Er war es, der die marodierenden Soldaten zur Vernunft rief und den aufmuckenden Thersites züchtigte (Ilias 2). Er war es, der zusammen mit dem alten Phoinix und Aias den grollenden Achill überreden wollte, wieder in den Kampf einzugreifen, und ihn, als er nach dem Tod seines Freundes an den Trojanern Rache nehmen wollte, zur Bedachtsamkeit aufforderte (Ilias, Buch 9 und 19). Und er war es, der die Leiche des gefallenen Achill vor den Trojanern rettete (5, 309f.). Doch sein Heldentum ist nicht eindeutig wie bei Aias und Achill. Seine Schiffe lagen in der sicheren Mitte, während die des Aias und Achill die Flanken deckten (Ilias 8, 222–​226; 11, 5–​9). Bei den Leichenspielen für Patroklos konnte er sich nur durch den ‹mütterlichen› Beistand Athenas halten (Ilias 23, 774, 782f.). Im Zentrum steht Odysseus im 10. Buch der Ilias, der sogenannten Dolonie, die mit größter Wahrscheinlichkeit erst später der Ilias hinzugefügt wurde und in der ein negatives Odysseus-Bild nicht zu übersehen ist: Unbewaffnete werden im Schlaf erschlagen, List und Trug triumphieren über in offener Feldschlacht vollbrachte Heldentaten. So ist es kein Wunder, dass in der Dolonie auf Odysseus’ Abstammung von dem Erzbetrüger Autolykos hingewiesen und betont wird, dass er einen Helm trage, den der Großvater einst gestohlen habe...

Erscheint lt. Verlag 16.3.2020
Reihe/Serie Beck'sche Reihe
Beck'sche Reihe
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft Bewerbung / Karriere
Schulbuch / Wörterbuch Wörterbuch / Fremdsprachen
Geschichte Allgemeine Geschichte Altertum / Antike
Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Germanistik
Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Literaturwissenschaft
Schlagworte antike Literatur • Einführung • Entstehung • Griechische Literatur • Homer • Konflikte • Odyssee • Odysseus • Rezeption • Rezeptionsgeschichte • Schauplätze • Überlieferung
ISBN-10 3-406-75023-0 / 3406750230
ISBN-13 978-3-406-75023-6 / 9783406750236
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 6,1 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Auf den Spuren der frühen Zivilisationen

von Harald Haarmann

eBook Download (2023)
C.H.Beck (Verlag)
CHF 14,65
Von Dschingis Khan bis heute

von Karénina Kollmar-Paulenz

eBook Download (2024)
Verlag C.H.Beck
CHF 9,75
Mythos, Werk und Tradition

von Walther Sallaberger

eBook Download (2024)
Verlag C.H.Beck
CHF 9,75