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Mein Leben in drei Kisten (eBook)

Wie ich den Krempel rauswarf und das Glück reinließ

(Autor)

eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
288 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-45648-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mein Leben in drei Kisten -  Anne Weiss
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Von Capsule Wardrobe bis Decluttering: Minimalismus und Aufräumen liegen voll im Trend. Bestseller-Autorin Anne Weiss erzählt in diesem Buch, wie sie ihren Krempel gegen Lebensglück eintauschte - und gibt Tipps, wie man seine Sachen sinnvoll und nachhaltig entsorgt. Anne Weiss hat den Kleiderschrank voll schicker Klamotten und eine teure Wohnung in der Innenstadt, in der sich Luxusartikel stapeln - alles, was sie sich nach Jahren auf der Karriereleiter endlich leisten kann. Stolz ist sie drauf, aber als sie ihren Job verliert, stellt das alles, woran sie bisher geglaubt hat, infrage. Wofür hat sie sich so abgestrampelt? Was ist das gute Leben, und wo in diesem ganzen Krempel ist eigentlich sie selbst? Und vor allem: Was macht dieser ganze Konsum eigentlich mit unserer Welt? Je mehr sie entrümpelt, verschenkt, nach allen Regeln der Nachhaltigkeit entsorgt, desto leichter fühlt sie sich. Heute passt ihr Besitz in drei Kisten - und sie stellt fest, dass sie neben einer großen Freiheit auch Platz gewann: für alles, was sie wirklich gerne tut, und die Menschen, die sie liebt. Mit einem aktuellen Vorwort zur Taschenbuchausgabe. 

Anne Weiss, Jahrgang 1974, studierte Sprachen und Kulturwissenschaften in Bremen. Sie arbeitete lange als Verlagslektorin und leitete eine Schreibschule. Inzwischen lebt sie als Autorin, Ghostwriterin und Coach in Berlin, entwickelt neben Sachbüchern auch fiktionale Formate und schreibt für verschiedene Magazine. Sie ist in Umweltinitiativen aktiv, setzt sich für Tierrechte ein und hält bundesweit Vorträge zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Mit Stefan Bonner zusammen schrieb sie höchst erfolgreich mehrere Bücher, darunter 'Generation Doof', 'Wir Kassettenkinder' und 'Generation Weltuntergang'. Zuletzt erschien von ihr bei Knaur 'Mein Leben in drei Kisten'.

Anne Weiss, Jahrgang 1974, studierte Sprachen und Kulturwissenschaften in Bremen. Sie arbeitete lange als Verlagslektorin und leitete eine Schreibschule. Inzwischen lebt sie als Autorin, Ghostwriterin und Coach in Berlin, entwickelt neben Sachbüchern auch fiktionale Formate und schreibt für verschiedene Magazine. Sie ist in Umweltinitiativen aktiv, setzt sich für Tierrechte ein und hält bundesweit Vorträge zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Mit Stefan Bonner zusammen schrieb sie höchst erfolgreich mehrere Bücher, darunter "Generation Doof", "Wir Kassettenkinder" und "Generation Weltuntergang". Zuletzt erschien von ihr bei Knaur "Mein Leben in drei Kisten".

Prolog


Das Wichtigste ist, dein Leben zu genießen –
das ist alles, was zählt.

Audrey Hepburn

 

 

Mit dem Handrücken wische ich mir über die Stirn. Große Lust, hier draußen in der staubigen, klebrigen Hitze zu stehen und in der langen Schlange auf Einlass zu warten, habe ich nicht, auch wenn ich mir den Sri-Meenakshi-Tempel gerne von innen ansehen möchte. Von außen sieht es aus, als hätte ein Riese in ein Kästchen voller Modeschmuck gegriffen und die gewaltigen Tortürme damit geschmückt.

»Da vorn wohnt ein guter Freund von mir.« Christopher zeigt auf ein schlichtes Steinhaus mit mehreren Etagen. »Wie wäre es mit einem Tee zur Erfrischung? Er freut sich immer über Besuch.«

Nach der stundenlangen Tour, die er mit meiner Freundin Petra und mir durch die südindische Stadt Madurai unternommen hat, ist meine Zunge so ausgedörrt wie eine der Datteln, die Händler am Straßenrand feilbieten, und ich sehne mich nach etwas Abkühlung. Petra und ich sehen uns an. In Deutschland wäre es unvorstellbar, einfach so bei jemandem einzufallen. Langsam jedoch gewöhnen wir uns an den Rhythmus dieses Landes, in dem offenbar andere Regeln gelten als bei uns.

Christopher ist uns gleich aufgefallen, als wir an diesem Morgen in Madurai aus einem der bunten Überlandbusse stiegen. So ein großer, breitschultriger Mann mit hellen Haaren und blauen Augen ist auch kaum zu übersehen. Schon gar nicht in Indien. Er half uns, eine Bleibe zu finden, später bot er an, uns die Stadt zu zeigen. Hier kenne er sich aus wie in seiner Westentasche – außerdem habe er ohnehin nichts anderes vor und rede gern mit Menschen aus anderen Ländern. Auf unserem Stadtspaziergang erfuhren wir, dass Christopher Kanadier ist, seine Mutter aber mit ihm im Ashram gelebt hat, als er noch ein Kind war. Indien ist seine zweite Heimat, er überwintert hier jedes Jahr.

Wir gehen hinüber zu dem Steinhaus. Der Mann, der uns öffnet, wirkt drahtig, er hat schwarze Haare und wache Augen, und er trägt einen Dhoti, eins dieser Lendentücher, die wir auf unserer Reise schon oft gesehen haben. Christopher stellt uns Ravi vor, und nachdem die beiden eine Weile Neuigkeiten ausgetauscht haben, bittet Ravi uns mit dem typisch indischen Nicken, also einem Wackeln des Kopfes, die Treppe hoch auf seine Dachterrasse.

Drei Wochen sind Petra und ich nun schon unterwegs von Chennai an der Ostküste nach Mumbai. So viel Neues prasselt jeden Tag auf mich ein, dass ich bisher kaum daran gedacht habe, was mein Leben kurz vor der Reise regelrecht auf links gekrempelt hat: Ich habe meinen Job verloren, der mein Leben bis dato völlig durchgetaktet hatte. Jetzt ist alles offen, genau wie auf unserer Reise. Außer der groben Richtung haben wir keinen Plan, nur der Rückflug steht fest, ansonsten lassen wir uns vom Zufall treiben. Es reicht, wenn wir uns ein, zwei Tage vorher um die nächste Unterkunft kümmern, was wir brauchen, tragen wir in unseren Rucksäcken bei uns, alles andere ergibt sich. Wir besuchen Orte, die sich spontan anbieten, und folgen am liebsten den Tipps der Einheimischen, sofern wir deren kurioses Englisch verstehen oder ihre Gestik und Mimik zu deuten wissen.

Und so erlagen wir in Puducherry dem kolonialen Charme der Altstadt und den Plaudereien unseres Wirtes. Ließen uns in Chidambaram von der Schönheit des Tempels blenden, vom Lärm in der Stadt betäuben – und waren schockiert zu sehen, wie die Kühe am Straßenrand im Plastikmüll nach kärglicher Nahrung suchten. In Trichy probierten wir zum ersten Mal Puri, dieses aufgeblähte frittierte Fladenbrot, das aus nichts als Mehl, Salz und Wasser gemacht wird und mit ein wenig Curry eine Geschmacksexplosion auslöst.

Um keinen dieser Momente und keine der vielen ungewöhnlichen Begegnungen mit Mensch und Tier zu vergessen, schreibe ich sie in mein Tagebuch. Etwas anderes ist für mich gar nicht vorstellbar, denn schreiben gehört zu meinem Leben wie essen und atmen. Lange habe ich im Verlag gearbeitet, als Lektorin Bücher betreut und zuletzt auch eine Schreibschule geleitet. Und nebenher schreibe ich mit meinem Kollegen Stefan selbst Bücher.

Ich notiere die Erlebnisse nicht nur für mich selbst, einige Texte stelle ich für Freunde und Familie in unseren Reiseblog. Petra, die Schauspielerin und Comedienne ist, steuert dazu Videos bei. Sie verkörpert drei erfundene Figuren auf Reisen: die etwas naive Sybille Herkenrath, die reiche und geizige Frau Radetzky und die patente Metzgereifachverkäuferin Hannelore Schmitz. Die drei Frauen, die an der Volkshochschule in Köln einen Kundalini-Yoga-Kurs belegen, haben sich auf Anraten ihres Gurus Rainer den nächsten Flieger nach Indien geschnappt und berichten nun in kurzen Videoclips von ihren Erlebnissen. Beim Filmen fällt mir manchmal vor Lachen fast das Tablet aus der Hand.

Das Blogschreiben fühlt sich herrlich an. Bislang hatte ich zum Schreiben immer nur am Wochenende und abends Zeit, nach der Arbeit im Verlag. Hier in Indien kann ich es tun, wann und wo immer ich will. Dazu muss ich nur mein Tablet mit Tastatur aufklappen, dann kann ich loslegen – gleich, ob in einem Gästezimmer im Kolonialstil, wenn der Ventilator aus dunklem Holz über mir flappend eine leichte Brise erzeugt, in einem mit exotischen Pflanzen begrünten Innenhof oder in einem Coffeeshop, wo mir das dunkle Gebräu zuvor ein paarmal von einem Blechschälchen ins andere gegossen wird, um sein Aroma zu entfalten. Es duftet unvergleichlich, schmeckt anders als all der Kaffee, den ich zuvor getrunken habe, und hält wach, als würde mich jemand permanent in den Arm kneifen.

Vielleicht schmeckt der Kaffee hier wirklich viel besser, vielleicht aber auch nur, weil ich ihn trinke, während ich tue, was ich am liebsten mache. Jedenfalls ist er Welten entfernt von der Standardmischung im Büro, die nur über die nächste Konferenz hinwegretten soll, sodass diese beiden Getränke eigentlich verschiedene Namen tragen müssten. Wie schön wäre es, immer auf Reisen sein zu können. Oder auch immer nur schreiben zu können. Aber dann wäre ich wohl rasch pleite.

»Woran denkst du?« Christopher sitzt inzwischen neben mir auf einem Plastikstuhl, der sich unter seinem massigen Körper deutlich biegt. Er ist nicht dick, aber kräftig – in der Saison arbeitet er als Holzfäller in den Wäldern Kanadas. Indien ist sein Traum, und er bezahlt ihn mit Phasen körperlich harter Arbeit, leistet sich ansonsten kaum etwas. Würde er sein Geld hier verdienen, könnte er sich gar nicht leisten, für längere Zeit das zu tun, was er liebt: in den Tag hineinleben, sich Gedanken machen, viel lesen und Freunde treffen.

Oben auf dem Dach steht außer den paar schäbigen Plastikstühlen und einem kniehohen Tisch, der mit bunten Steinchen und Spiegelscherben verziert ist, nicht viel herum. Über den Stühlen hat Ravi zwischen Pfosten Tücher gespannt, die das Sonnenlicht abschirmen und unter denen ein kühles Lüftchen weht. Petra und er unterhalten sich etwas abseits von uns angeregt mit Händen und Füßen. Von unten dringen gedämpft die Geräusche des Tempels zu uns herauf, und ein Blick über die Balustrade zeigt, dass noch immer eine lange Schlange auf Einlass wartet. In der Mittagshitze, aus der ab und an würzige Essensdüfte zu uns hochziehen, fächeln sich die Menschen Luft zu, manche setzen sich auf den Boden oder stellen sich etwas näher an der Tempelwand in den Schatten. Dicht an dicht gedrängt, ganz anders als auf Ravis Dach, das mir so viel Raum für meine Gedanken lässt.

»Ich habe daran gedacht, wie gerne ich hier schreibe«, sage ich.

»Machst du das auch beruflich?«

»Eigentlich arbeite ich im Verlag.« Ich erkläre, dass ich zwar einige Bücher geschrieben habe, aber dass das nicht mein eigentlicher Job ist, sondern nur etwas, das ich gern tue. Und weil ich Vertrauen zu ihm gefasst habe, erzähle ich ihm auch, was vor unserer Reise passiert ist. Dass ich gefeuert worden bin.

Der Schock sitzt noch immer tief, das spüre ich deutlich: Nach über zehn Jahren Verlagsangehörigkeit, zahllosen unbezahlten Überstunden und einem halben Burn-out verkündete mein Chef, dass meine Abteilung geschlossen werde und das Haus keine weitere Verwendung für mich habe. Dass mir so etwas einmal passieren könnte, damit hätte ich niemals gerechnet. Es war eine Katastrophe für mich, denn ich war, das musste ich mir eingestehen, ein echter Workaholic. Büchermachen war mein Leben – und ich hatte mich ganz über meine Arbeit definiert.

Mein Kopf sagte mir immer wieder: Es ist nur eine Kündigung, kein Todesfall. Mein Bauch sah das ganz anders.

Ich ertrug die mitleidigen Blicke meiner Freunde und Bekannten nicht und fühlte mich regelrecht krank, verkroch mich zu Hause und schlürfte Gemüsebrühe. Die beschwichtigenden Worte, dass es ja nicht an meiner Leistung liege, sondern an der Umstellung in der Firma, waren nur ein schwacher Trost. Autorinnen und Autoren entdecken, Bücherthemen entwickeln, auf Messen über den neuesten Bestseller diskutieren – ohne die Buchbranche konnte ich mir mein Leben nicht vorstellen.

Ein paar Tage später hatte Petra mit einem Brokkoli-Auflauf vor der Tür gestanden. Sie fand, ich müsste mal wieder etwas feste Nahrung zu mir nehmen und andere Menschen sehen. Und nach dem Essen und einigen Gläsern Rotwein hatten wir Reisepläne geschmiedet. Sie hatte in den kommenden Wochen kein festes Engagement und genau wie ich den Wunsch, dem deutschen Winter zu entfliehen, mal was anderes zu entdecken, ein Abenteuer zu erleben.

Als wir uns am nächsten Tag bekräftigten, dass wir die gemeinsame Reise wirklich wagen wollten, legte ich alle anderen...

Erscheint lt. Verlag 20.12.2019
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Schlagworte Anne Weiss • Aufräumen • Bestsellerautoren • Bestsellerduo • Bonner Weiss • Capsule Wardrobe • Entrümpeln • Entrümpeln macht glücklich • Erfahrungen und wahre Geschichten • Erfahrungsberichte • Frühjahrsputz • Generation Doof • Generation Weltuntergang • Glück • Glücklich leben • gut leben • Konsum • Konsumgesellschaft • Lebensgeschichten Frauen • Lebenshilfe • lebenshilfe bücher • Minimalismus • minimalismus bücher • Minimalismus Loslassen • minimalistisch • minimalistischer kleiderschrank • minimalistisch leben • minimalistisch wohnen • Nachhaltigkeit • nachhaltig leben • ohne Plastik • Ökologisch • Planet Planlos • plastiklos • Plastikmüll • Ratgeber • Ratgeber aufräumen • Ratgeber glücklich sein • Ratgeber Lebensführung • Stefan Bonner • Tiny House • Umwelt • Umweltaktivistin • Umziehen • Umzug • Unterhaltsam • Vegan • Veganismus • Vegetarier • Vegetarisch • Wahre GEschichte • wahre geschichten bücher • Wegwerfen • Wir Kassettenkinder • Zufriedenheit Ratgeber • zufrieden leben
ISBN-10 3-426-45648-6 / 3426456486
ISBN-13 978-3-426-45648-4 / 9783426456484
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