Hochsensible Eltern (eBook)
304 Seiten
mvg Verlag
978-3-96121-510-2 (ISBN)
Dr. Elaine Aron ist eine international anerkannte Wissenschaftlerin und führend in der Forschung über die Psychologie der Liebe und Partnerschaft. Über ihre Arbeit ist mehrfach in der New York Times, im Time Magazine und in National Geographic geschrieben worden und sie ist regelmäßig im Fernsehen zu Gast. Sie ist Autorin des Bestsellers 'Sind Sie hochsensibel?'. Auch hat sie die erfolgreichen Bücher 'Hochsensibilität in der Liebe' und 'Das hochsensible Kind' geschrieben. Sie lebt in New York und San Francisco.
Dr. Elaine Aron ist eine international anerkannte Wissenschaftlerin und führend in der Forschung über die Psychologie der Liebe und Partnerschaft. Über ihre Arbeit ist mehrfach in der New York Times, im Time Magazine und in National Geographic geschrieben worden und sie ist regelmäßig im Fernsehen zu Gast. Sie ist Autorin des Bestsellers "Sind Sie hochsensibel?". Auch hat sie die erfolgreichen Bücher "Hochsensibilität in der Liebe" und "Das hochsensible Kind" geschrieben. Sie lebt in New York und San Francisco.
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Was es für Eltern bedeutet, hochsensibel zu sein
Beginnen wir mit den Fakten: Hochsensibilität ist ein angeborener Wesenszug, der sich bei etwa zwanzig Prozent der Bevölkerung findet. Man könnte auch von einer alternativen Strategie erfolgreichen Überlebens sprechen, denn dieser Charakterzug findet sich mit mehr oder weniger derselben Häufigkeit bei über hundert Arten.5 Wie Sie in diesem Kapitel sehen werden, ist er gut erforscht und verstanden. Wissenschaftler sprechen in diesem Zusammenhang auch von »sensibler Wahrnehmungsverarbeitung« (nicht zu verwechseln mit der »Wahrnehmungsverarbeitungsstörung«). Ihr wesentliches Kennzeichen ist die Tatsache, dass Menschen mit diesem Charakterzug Informationen gründlicher verarbeiten als andere.6 Sie weisen also eine »hohe Sensibilität gegenüber Umweltreizen« auf. Natürlich ist jedes Wesen in unterschiedlichem Maß für Umweltreize empfänglich, aber HS-Menschen sind das ganz besonders.
Wenn Sie den Selbsttest am Anfang dieses Buches gemacht haben, wissen Sie nun vielleicht, dass Sie zu dieser hochsensiblen Minderheit gehören. Vielleicht wussten Sie das aber auch schon vorher. Wie auch immer: In diesem Buch werden Sie erfahren, dass Hochsensibilität das Abenteuer Elternschaft zu einer außergewöhnlichen Erfahrung macht. Und Sie werden lernen, wie Sie mit Ihrem Anderssein umgehen und es zu Ihrem Vorteil nutzen können.
Dieses erste Kapitel soll Ihren Wesenszug für Sie greifbar werden lassen. Und nicht nur für Sie, sondern auch für all jene, mit denen Sie dieses Kapitel teilen wollen, damit sie es lesen und Sie so besser verstehen. Es bietet Ihnen eine kurze, aber umfassende Einführung in diese Facette Ihres Wesens und die vorhandene Forschung.
Forschung: »Meine Sensibilität ist ja toll, aber ...«
Für Sie als Mutter oder Vater ist die wichtigste wissenschaftliche Studie zur Hochsensibilität eine Onlineumfrage, die mein Team und ich anhand von mehr als 1200 englischsprachigen Eltern durchgeführt haben, die teils hochsensibel waren, teils nicht.7 Aus dieser Studie ging hervor, dass HS-Eltern das Elternsein als schwieriger empfanden als andere, gleichzeitig aber auch ein besseres Gespür für ihre Kinder hatten.
An dieser Stelle möchte ich kurz auf die unterschiedlichen Rollen von Vätern bzw. Müttern eingehen. (Zur Klarstellung: Die Studie unterschied nicht zwischen hetero- und homosexuellen Eltern und fragte nicht danach, ob das Elternpaar verheiratet war oder nicht.) Wir hatten zwei Gruppenstichproben, in denen jeweils hochsensible und nicht hochsensible Eltern vertreten waren. Bei der ersten Untersuchung mit 92 Müttern waren zu wenige Väter vertreten, um die Ergebnisse statistisch auswerten zu können. Daher haben wir nur Aussagen zu den Müttern getroffen. In der zweiten Untersuchung fielen die Resultate beider Müttergruppen sehr ähnlich aus.
An der zweiten Untersuchung nahmen 802 Mütter und 65 Väter teil, was uns eine bessere Ausgangsbasis für die Beurteilung der Väter gab. Im Allgemeinen empfanden HS-Väter das Elternsein als ein bisschen schwieriger als normalsensible Väter. Aber dieser Unterschied war minimal und statistisch nicht signifikant. Das mag auch daran liegen, dass es nach wie vor die Mütter sind, auf deren Schultern die Hauptlast der Kinderbetreuung liegt. Verglichen mit normalsensiblen Vätern gaben mehr HS-Väter an, sich gut auf ihre Kinder einstellen zu können, eine Aussage, die für die HS-Mütter genauso zutraf. Dieses Resultat war statistisch signifikant, obwohl der Prozentsatz der Väter vergleichsweise gering war und der der HS-Väter unter ihnen noch geringer. Dieses Sich-auf-das-Kind-einstellen-Können ist vor allem für die Erziehung hochsensibler Jungen wichtig, und HS-Väter sind dafür besonders geeignet. Einer von ihnen drückt das so aus:
Meine Sensibilität hat meinem Sohn geholfen, sein Herz zu öffnen und als Erwachsener liebevoller zu sein. Wir haben uns viele Filme angesehen, bei denen Männer sich um andere Geschöpfe kümmern. Und das war ein wichtiger Puffer, gerade wenn man bedenkt, was für brutale Videos seine Freunde guckten.
Dass HS-Väter auf die Frage nach den Schwierigkeiten des Elterndaseins nicht sehr viel anders antworteten als normalsensible Väter, liegt wohl hauptsächlich daran, dass 1) die Anzahl der Väter zu gering war, um zu einer entsprechenden Aussage zu kommen, und 2) wir keine Daten darüber hatten, ob die Eltern zu Hause waren oder außer Haus arbeiteten. Aber vermutlich können wir davon ausgehen, dass diese Väter (verglichen mit den Müttern) unter der Woche weniger Zeit mit ihren Kindern verbrachten und daher weniger ausgelaugt waren als die HS-Mütter. Es könnte auch noch andere Gründe geben, weshalb HS-Väter sich bei der Frage nach den Schwierigkeiten, die sie mit dem Elternsein hatten, von normalsensiblen Vätern nicht sonderlich unterschieden.
Da unsere Stichprobe nur wenige Väter umfasste und wir im Hinblick auf die Ursachen väterlicher Probleme nicht sicher sind, ist im Buch meist die Rede von HS-Eltern, und wir unterscheiden nicht zwischen Vätern und Müttern. Vielleicht merken Sie, liebe HS-Väter, sich: Durchschnitt heißt keineswegs »auf alle zutreffend«. Sie persönlich können durchaus eine Ausnahme darstellen. Wenn Sie die Elternschaft als schwierig empfinden, dann heißt das nicht, dass mit Ihrer Erfahrung etwas nicht stimmt.
Etwa 600 HS-Eltern fügten am Ende des Fragebogens noch eigene Kommentare hinzu. Als ich sie las, fiel mir auf, dass eine bestimmte Satzstruktur häufig wiederkehrte. Ich nenne sie den »Ist ja toll, aber ...«-Satz. Hier ein paar Beispiele:
Das Elterndasein ist wirklich wunderbar, aber auch ein unglaublicher Stress. Und es ist schwer, dies Leuten zu erklären, die nicht hochsensibel sind.
Es macht mir Freude, ein Kind zu haben. Ich habe mir das immer gewünscht, aber ich merke auch, dass es mich irgendwie überfordert.
Mein Elterndasein als HSP ist zweifelsohne die beste Erfahrung meines Lebens. Obwohl ich immer wieder mit Zweifeln, Schuldgefühlen und Sorgen zu kämpfen habe, glaube ich, dass meine Hochsensibilität meine Fähigkeiten als Mutter verbessert.
Wie sich Reizüberflutung auf Ihr Elternsein auswirkt
All diese Eltern drücken eine Empfindung aus, die man nur als paradox bezeichnen kann: »Es läuft gut und grauenhaft zugleich.«
Das »gut und grauenhaft« sollten wir im Hinterkopf behalten. Denn bevor ich das Thema unserer Forschungsarbeiten zu HS-Eltern beende, möchte ich noch eine Studie erwähnen, die von anderen Wissenschaftlern durchgeführt wurde. Und ich vermute, dass es noch mehr vergleichbare Resultate geben wird. In dieser Studie stellte sich heraus, dass HS-Eltern im Durchschnitt nicht so gut abschnitten wie Eltern ohne dieses Persönlichkeitsmerkmal.8 Die Ergebnisse der betreffenden Studie fußen auf Angaben der Eltern zu ihrem jeweiligen Erziehungsstil. Von den drei Erziehungsstilen, denen sich die Befragten zuordnen sollten, haben Sie vielleicht schon gehört. Auf der einen Seite steht der autoritäre Stil, dem es hauptsächlich um Gehorsam und strenge Regeln geht (hohe Standards, wenig Kommunikation). In der – idealen – Mitte findet sich der autoritative Stil, der Kindern Struktur und Grenzen vermittelt, aber in liebevoller, zugewandter Weise (viel Kommunikation, hohe Standards). Das andere Extrem ist der permissive Erziehungsstil, der kaum Grenzen setzt und von dem Bemühen beherrscht ist, dem Kind zu gefallen (viel Kommunikation, niedrige Standards). HS-Eltern beschrieben sich selbst als zu einem der Extreme neigend. Sie gaben häufiger an, autoritär oder permissiv und weniger häufig autoritativ zu agieren.
Natürlich variiert der persönliche Erziehungsstil im Laufe eines jeden Tages. Doch die Autoren der Studie kamen zu demselben Ergebnis wie ich. Die Extreme repräsentierten bestimmt nicht die wirkliche Überzeugung der HS-Eltern. Vielmehr sollte man davon ausgehen, dass HS-Eltern, vermutlich zu unterschiedlichen Zeiten, von beiden Erziehungsstilen Gebrauch machen, weil sie sich so häufig überfordert fühlen. Und deshalb geben sie an, dass sie mit den Bedürfnissen ihrer Kinder im Allgemeinen so umgehen, wie sie dies in Zeiten der Überforderung tun.
Man kann sich unschwer vorstellen, wie dies im konkreten Fall abläuft. Vater oder Mutter sind total erschöpft und bräuchten eigentlich eine Pause. Daher entscheiden sie sich dafür, strenge Grenzen zu setzen. Ein Elternteil sagt: »Jetzt ist Schluss. Ich brauche meine Ruhe. Geh auf dein Zimmer und spiel dort. Und ich will keinen Mucks mehr hören.« Das Kind protestiert. Der Elternteil unterbricht: »Du weißt, was dir blüht, wenn du nicht augenblicklich tust, was ich dir sage. Keine Geschichte zum Einschlafen. Ich zähle jetzt bis drei. Nein, ich denke nicht daran, dich hier...
Erscheint lt. Verlag | 14.6.2020 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Familie / Erziehung |
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ISBN-10 | 3-96121-510-3 / 3961215103 |
ISBN-13 | 978-3-96121-510-2 / 9783961215102 |
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