Essen und Trinken mäandern wie die Themse durch Londons Geschichte. Wenn New York die Stadt ist, die nie schläft, dann ist London die Stadt, die immer hungrig ist. Vom Gourmet-Käseladen bis zum altmodischen Metzger, vom Foodtruck bis zum schnittigen italienischen Restaurant - in London gibt es alles, was das Herz oder der Magen begehrt.
Ob traditionelle Gerichte, international inspirierte Kreationen oder landestypische Rezepte - es schmeckt alles einfach köstlich: Chelsea Brötchen, Coronation Chicken, Brick-Lane-Curry, Big-Ben-Burger, East End Bagels oder Paddingtons Brot-und-Butter-Auflauf.
Leah Hyslop webt in ihrem Liebesbrief an London ein schillerndes Netz aus bewegenden Geschichten aus Vergangenheit und Gegenwart. Das Buch feiert all die kulinarischen Freuden, die die Hauptstadt des Vereinigten Königreichs zu bieten hat und ist zugleich wertvoller Führer zu den besten Bäckereien, buntesten Lebensmittelmärkten, angesagtesten Bars und Pubs, urigen historischen Restaurants ...
Neben mehr als 100 Rezepten enthält das Buch viele unterhaltsame Geschichten aus der Historie und Insidertipps zur Londoner Food-Szene. Mit zeitgenössischen Fotografien von London, tollen Foodfotos und Vintage-Bildern aus historischen Archiven wunderschön illustriert, ist dies das Buch für alle, die diese lebendige und unvergleichliche Stadt lieben.
Leah Hyslop ist Food- und Lifestyle-Journalistin, Redakteurin und Content-Expertin mit über einem Jahrzehnt Erfahrung bei einigen der bekanntesten britischen Marken. Sie ist Food Director bei »Sainsbury's Magazine«, dem größten Lebensmittel-Titel Großbritanniens, zuvor war sie sieben Jahre bei »The Telegraph«. Ihre Arbeiten wurden unter anderem in den Publikationen Metro, The i, The Times, Foodism, Eater und Londonist veröffentlicht. Sie tritt regelmäßig im Radio auf, sowie in Jury- und Interview-Panels. Sie lebt in East London und ist stolze Besitzerin einer riesigen Sammlung an Kuchenbackformen.
EINFÜHRUNG
»EIN MANN, DER EINE
LONDONER DINNERTAFEL
BEHERRSCHEN KANN, KANN DIE
WELT BEHERRSCHEN.«
OSCAR WILDE
London ist eine gefräßige Stadt.
Man muss nur einmal im quirligen West End im Herzen der Metropole spazieren gehen und schon hat einen ein wahrer Moloch der Gastronomie verschlungen. Aus den Fish-and-Chips-Läden weht der Duft von Essig und Backteig; aus einem Foodtruck hört man das Brutzeln von Burgern; vor dem hektischen indischen Restaurant drängt der Besitzer die Passanten lautstark: »Kommen Sie, kommen Sie, bestes Balti in der Stadt!«. Bei mehr als 7000 Restaurants könnten die Londoner sieben Jahre lang jede einzelne Mahlzeit des Tages in einem anderen Etablissement einnehmen, ohne dabei zweimal am selben Ort essen zu müssen. Der Stadt ist das Essen sogar in die Geograie eingeschrieben: Selbst bei einem flüchtigen Blick ins Londoner Straßenverzeichnis fallen Namen wie Bread Street, Saffron Hill, Fish Street und Honey Lane ins Auge – allesamt nach den Lebensmitteln benannt, die einst dort gehandelt wurden, sei es Brot, Safran, Fisch oder Honig.
Ich wurde in London geboren. In einer meiner frühesten Erinnerungen sitze ich am schlickigen Ufer der Themse bei Greenwich und verteile mir Mr-Whippy-Eiscreme gleichmäßig im Gesicht, während vor mir die Schiffe vorbeigleiten. Wir sind dann erst einmal nach Kent gezogen, doch als ich nach dem Studium nach London zurückkehrte, wo ich wenige Freunde und noch weniger Geld in der Tasche hatte, erschien mir die Stadt riesig, fremd und abweisend. Das sollte sich ändern – durch das Essen. Samstags sprang ich in die U-Bahn und besuchte Borough Market. Ich drückte mir die Nase an den Fenstern angesagter Restaurants wie »Thy Ivy« platt. Auf dem Nachhauseweg von der Arbeit machte ich Abstecher zu berühmten Bäckereien, um mir ein Brot zu kaufen. So erkundete ich die Stadt, bekam eine topografisch-kulinarische Vorstellung von ihr und fühlte mich allmählich zu Hause. Ich schloss neue Freundschaften in alten Pubs und füllte meine winzige Küche mit Marmelade und Käse der brillanten Lebensmittelerzeuger, von denen es in London nur so wimmelt. Diese meine Liebesaffäre mit der Londoner Küche fiel zufällig in genau das Jahrzehnt, in dem sich die Stadt ihren Ruf als Feinschmeckerparadies Nummer eins erwarb. Die New Yorker sind da vielleicht anderer Meinung, doch ich glaube, dass London im Augenblick das kulinarische Zentrum der Welt ist.
Im Vergleich mit anderen Großstädten ist es schwierig, London ein einzelnes typisches Gericht zuzuordnen. Rom etwa ist die Stadt von Pizza und Pasta, zu Paris gehören Cassolette und Steak mit Pommes frites ebenso untrennbar wie die gruseligen Katakomben. Natürlich gibt es auch in London kulinarische Institutionen: die altmodischen Pie-and-Mash-Läden z.B. oder die schicken Hotels mit ihrem Fünfuhrtee. Doch durch seine ungeheuer vielfältige Bevölkerung hat sich London immer schon die Rosinen aus den Küchen rund um den Globus herauspicken können. Und so kommt es nicht selten vor, dass das englische Heiderind mit Gewürzen aus dem Nahen Osten oder der schottische Lachs genau so zubereitet wird, wie es die Mutter eines spanischen Küchenchefs ihrem Filius beigebracht hat. Die Londoner Küche ist wie die Architektur der Stadt, wo sich Fachwerkhäuser aus der Tudorzeit und normannische Kirchen an spiegelnde Wolkenkratzer schmiegen: Hier schichten sich neue Traditionen nonchalant auf alte, und man weiß spannenderweise nie ganz genau, was man bekommt.
Einen gemeinsamen Nenner gibt es jedoch: die Kreativität. Die Liste berühmter Gerichte, die in der Stadt erfunden wurden, ist lang, von den »Maids of Honour«, jenen köstlichen Küchlein, die schon Heinrich VIII. im 16. Jahrhundert gern gegessen hat, bis zum »Omelette Arnold Bennett«, das 1929 im Savoy-Hotel kreiert wurde. Und auch moderne Klassiker geben einer nach dem anderen ihr Debüt. Im »Craft« in Greenwich wird Stevie Parle für seine Ente im Tonmantel auf einem Bett aus Kiefernadeln regelrecht angebetet, und in dem nahöstlichen Restaurant »Berber & Q’s« hat der ganze geröstete Blumenkohl mit pikanter Butter und Rosenblütenblättern Geschichte gemacht.
Der »Golden Boy of Pye Corner« (View Pictures/Getty Images)
Natürlich gab sich die kulinarische Geograie Londons nicht immer so verlockend. Viele Jahre lang wirkten die traditionellen, schwer verdaulichen britischen Gerichte mit so seltsamen Namen wie »Spotted Dick« (Geleckter Teig) oder »Toad in the Hole« (Kröte im Loch) eher abschreckend auf Besucher. »Die Schlechtigkeit der Londoner Restaurants«, merkte der amerikanische Schriftsteller Henry James 1877 an, »ist buchstäblich legendär.« Bis in den 1980er-Jahren eine Welle innovativer Köche und Restaurants – darunter Rose Grays und Ruth Rogers’ »The River Café« sowie Rowley Leighs »Kensington Place« – über London schwappte und die Stadt zum Mekka des guten Geschmacks wurde.
Die Geschichte Londons und seines Essens begann vor Hunderten von Jahren. Um 50 n. Chr. errichteten die Römer eine Siedlung am Ufer der Themse und nannten sie Londinium. Die genussfreudigen Italiener nutzten den Fluss, um sich ihre Lieblingsspeisen aus allen Ecken des Römischen Reiches kommen zu lassen: Bei Ausgrabungen wurden die Überreste exotischer Nahrungsmittel wie Kirschen, Pflaumen, Erbsen und Walnüssen zutage gefördert, die in Britannien bis dato unbekannt gewesen waren. Die Römer importierten sogar ihre geliebte Fischsauce Garum. Auf einer in Southwark in Südlondon gefundenen Amphore ist die folgende Werbung zu lesen: »Luccius Tettius Aicanus liefert die beste Fischsauce aus Antipolis«. Was die Schlichteres gewohnten Briten davon hielten, ist nicht überliefert.
Auch spätere Einwanderer füllten die Speisekammern der Stadt und machten Appetit auf Neues. Im 17. Jahrhundert brachten jüdische Flüchtlinge aus Portugal und Spanien ihre Tradition des mehlierten und gebratenen Fischs mit, die sich alsbald mit einem weiteren Immigrantengericht paarte: den bei den französischen und belgischen Hugenotten so beliebten frittierten Kartoffeln – die Geburtsstunde des heutigen Klassikers Fish and Chips. Es wird übrigens heftig darüber gestritten, wer ihn als Erster verkaufte; weit vorn im Rennen liegt jedoch der jüdische Einwanderer Joseph Malin, der 1860 im East End einen bescheidenen Laden eröffnete.
Im 20. Jahrhundert steuerten karibische Immigranten durch ihre farbenfrohen Märkte und Läden in Brixton im Süden der Stadt wiederum neue Lebensmittel wie Kochbananen bei. Und in den 1970er- und 1980er-Jahren brachten die vietnamesischen Boatpeople London die Segnungen von Zitronengras und Ingwer, meist ganz erstaunlich wirkungsvoll vereint in einer dampfenden Schale Nudelsuppe, auch bekannt als Pho.
Das geschäftige Treiben auf dem Covent Garden Market 1864 (Foto: Museum of London/Heritage Images/Getty Images)
Als Sitz der mächtigsten Bürger des Landes – der königlichen Familie – war es meist London, das zuerst in den Genuss neuer Lebensmittel kam, manchmal auch auf den drängenden Wunsch des Monarchen selbst. Im 16. Jahrhundert führte die Salat liebende Gattin Heinrichs VIII., Katharina von Aragón, eben jenes Gemüse am Hof ein, das sie eigens aus Holland kommen ließ. 100 Jahre später verwandelte Katharina von Braganza, die Frau von Karl II., ein exotisches chinesisches Getränk namens Tee in den neuen Lieblingszeitvertreib der Briten. Früher oder später wanderte alles aus dem Empire über den Seeweg und die Themse nach London auf den Tisch: Ananas aus der Karibik, Gewürze aus Indien, Mais aus Amerika.
Was als Laune der oberen Klassen begann, sickerte bald auch nach unten durch. Im 17. Jahrhundert etwa entwickelten die Londoner einen unstillbaren Appetit auf Schildkrötensuppe, zubereitet aus importierten Grünen Meeresschildkröten, oft im eigenen Panzer serviert. 1776 war die Nachfrage so groß, dass die »London Tavern« riesige Becken errichtete, in denen sie die lebenden Schildkröten hielt – der Gedanke an heutige Hummerbecken liegt nahe. Gut und vor allem reichlich zu essen galt als Wahrzeichen des echten Londoners – auch wenn es manchen doch ein wenig anrüchig dünkte. An der Pye Corner in der Nähe der St Paul’s Cathedral ist die kuriose Statue eines drallen, goldhäutigen Jungen zu sehen; sie markiert den Ort, an dem 1666 die letzten Glutnester des Großen Brandes von London gelöscht wurden. Darunter ist zu lesen: »Im Gedenken an den Brand von London, der jüngst durch die Sünde der Völlerei hervorgerufen worden war«. Viele denken bei London zuerst an die Statue Lord Nelsons, wie er stolz auf seiner Säule auf dem Trafalgar Square thront, oder an Königin Viktoria, die vor dem Buckingham Palace wacht. Für mich allerdings ist der pummelige kleine Junge mit dem seligen Lächeln der Wohlgenährten der Inbegriff von London.
Im Gewebe der Stadt sind die Restaurants quasi der rote Faden. Jahrhundertelang hatten die ärmsten Einwohner kaum Zugang zu einer Küche, weshalb die »cookshops« oder »ordinaries« boomten, wo man gegen die kleine Gebühr von ein paar Pennys ein mitgebrachtes Stück Fleisch im Ofen garen lassen konnte. Im 18. Jahrhundert aß man in »chophouses« oder »beefhouses« wie dem »Dolly’s Chophouse« in der Paternoster Row, das für seine Steaks berühmt war und so bekannte Persönlichkeiten wie Daniel Defoe (Robinson Crusoe) und Jonathan Swift (Gullivers Reisen) anlockte. Die Speiselokale waren allerdings alles andere als luxuriös. Nathaniel Hawthorne äußert sich in seinen englischen Tagebüchern (English Notebooks, 1853–58) recht abfällig über eines, die »Albert Dining...
Erscheint lt. Verlag | 16.3.2020 |
---|---|
Übersetzer | Ulrike Kretschmer |
Zusatzinfo | ca. 100 Farbfotografien, ca. 20 farbige Illustrationen |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Made in London |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Essen / Trinken ► Länderküchen |
Schlagworte | afternoon tea • Bagel • Borough Market • Brexit • Cheesecake • clotted cream • eBooks • Englische Küche • Fish and Chips • Foodtruck • High Tea • Kochbuch • Kochbücher • Kochen • Lebensmittelmärkte • London • mac and cheese • Pie and Mash • Pimm's • Ratgeber • Reisen • Scones |
ISBN-10 | 3-641-24007-7 / 3641240077 |
ISBN-13 | 978-3-641-24007-3 / 9783641240073 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 61,6 MB
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich