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Pfälzisch kriminelle Weihnacht: 24 Krimis und 24 Rezepte -  Kerstin Lange,  Harald Schneider,  Heidi Moor-Blank,  Hilde Artmeier,  Lilo Beil,  Barbara Steuten,  Kirst

Pfälzisch kriminelle Weihnacht: 24 Krimis und 24 Rezepte (eBook)

eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
220 Seiten
Wellhöfer Verlag
978-3-95428-790-1 (ISBN)
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9,99 inkl. MwSt
(CHF 9,75)
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Die Pfalz ist für ihre heimeligen Weihnachtsmärkte bekannt. Doch selbst zwischen Glühwein- und Gutselstand geht es nicht nur friedlich und besinnlich zu. Nicht zu reden von den mysteriösen Gestalten im Wingert, den sehr eigenwilligen, weil lebensverkürzenden Geschenkideen und den durchaus originellen Methoden zum Entsorgen unliebsamer Geschäftspartner.
Genießen Sie die Advents- und Weihnachtszeit mit launigen, skurrilen, nachdenklichen und immer unterhaltsamen Geschichten aus der Pfalz.

Palzki und die Weinstraßentour


Harald Schneider


 

Es hätte so ein schöner Tag werden können.

Dass ich meinen Chef KPD, wie wir Klaus P. Diefenbach aufgrund seiner Initialen nannten, für verrückt halte, ist kein Geheimnis. Ich denke, dass ich mit dieser Meinung auf unserer Dienststelle nicht allein bin.

Es war kurz vor Weihnachten und die letzten Sonnenstrahlen vor einem angekündigten Schneechaos quälten sich durch die eisige Rheinebene. Während KPD am gestrigen Montag in der wöchentlichen Lagebesprechung wieder einmal nichts anderes als seine penetrante Selbstdarstellung pflegte, fragte ich ihn scheinheilig, warum es von ihm, unserem guten Chef, noch kein literarisches Meisterwerk gab. Auf seinen irritierten Blick antwortete ich ihm, ich könne mir gut vorstellen, dass er einen Pfälzer Reiseführer mit speziellen Tipps aus Sicht eines Kripochefs schreiben könne. Das habe Potenzial zu einem Weltbestseller oder sogar darüber hinaus.

»Ach, äh, ja«, stotterte mein Chef unsicher und man sah ihm an, wie sein Gehirn sprichwörtlich rotierte. »Tatsächlich«, sagte er schließlich, »das ist mal eine gute Idee von Ihnen, Herr Palzki. Das zeigt mir als gutem Chef, dass bei Ihnen noch nicht Hopfen und Malz verloren sind.«

»Ich meinte eher die Trauben«, unterbrach ich ihn. Der spontane Einfall, KPDs literarisches Erstwerk in einer Region zu verorten, die keine Überschneidungen mit dem Einzugsgebiet unserer Dienststelle besaß, sollte sich alsbald bitterlich rächen.

KPD stand auf der Leitung und verstand meine Anspielung nicht.

»Wie auch immer«, meinte er. »Einen kriminellen Freizeitführer gibt es noch nicht. Und da Sie gerade von Trauben gesprochen haben und ich, wie Sie alle wissen, nicht nur ein guter Chef, sondern auch ein ausgezeichneter Weinexperte bin«, er holte tief Luft und stellte sich in Positur, »werde ich zwei meiner vielen Talente verknüpfen und die kriminellen Machenschaften entlang der Weinstraße in einem Freizeitführer beschreiben. Auch der Pfalz steht ein Standardwerk von höchster Qualität bestimmt gut. Dann klappt’s auch mit dem Pfalzpreis für Literatur, der fehlt mir noch in meiner Sammlung.«

KPD war noch nicht fertig.

»Als Dank für Ihren tollen Einfall, Herr Palzki, werde ich Sie und ein paar weitere meiner Untergebenen mit auf eine Recherchereise nehmen. Dann lernen Sie etwas über unseren guten Pfalzwein, als Biertrinker sind Sie da ja eher etwas unterentwickelt. Sie werden von mir auch lernen, wie man seinen Verstand schärft und aus augenscheinlich harmlosen Begebenheiten verbrecherische Absichten erkennt. Gerade jetzt um die Weihnachtszeit gibt es in der Pfalz viel zu sehen und erleben.«

Es half nichts, bereits eine Woche später ging es los. KPD höchstpersönlich ließ es sich nicht nehmen, den Mannschaftsbus zu steuern. Als Ideengeber durfte ich auf dem Beifahrersitz Platz nehmen, während Gerhard, Jutta und zwei weitere Kollegen in den Fond steigen mussten. Unser Dienststellenleiter stieg froh gelaunt ein und wuchtete einen offenen Karton auf meinen Schoß.

»Ein paar Unterlagen«, meinte er zu den schätzungsweisen 20 Kilogramm.

»Wo ist denn der blöde Schalter?«, fragte KPD sich selbst, während er das Armaturenbrett absuchte.

»Blinker?«, fragte ich vorsichtig.

»Ach was, ich suche den Schalter für das Sondersignal, ah, da ist er ja.«

Ein ohrenbetäubender Lärm durchflutete das Wageninnere. »Mann, ist das hier drinnen aber laut«, sagte KPD. »Sind die Mannschaftswagen denn nicht schallisoliert? In meinem Dienstwagen höre ich das Martinshorn so gut wie überhaupt nicht.« Sichtlich enttäuscht schaltete er den Lärmmacher wieder aus.

»Sie fahren Ihren Dienstwagen mit Horn?«, fragte Jutta ungläubig aus dem Fond.

KPD, der bereits losgefahren war, drehte sich schwerfällig nach hinten. »Als Leiter der Schifferstadter Kriminalinspektion geht es nicht an, dass ich auf dem Weg zur Arbeit unnötige Zeit in Staus vertrödele. Aus Rücksicht auf meine Frau schalte ich die Anlage allerdings erst 100 Meter von unserem Haus entfernt ein.«

Die Fahrweise unseres Chefs war ziemlich durchwachsen. Das lag vor allem daran, dass er sich wenig um die Verkehrslage kümmerte. Wahrscheinlich war sein Wahlspruch Der Verkehr bin ich. Mehr als einmal hatte ich den Eindruck, dass er den Automatik-Wagen mit einem Wagen gleichsetzte, der automatisch, sprich ohne menschliche Eingriffe, fuhr.

Kurz hinter Speyer auf der Bundesstraße nach Landau, kruschelte er in dem Karton, der nach wie vor auf meine Oberschenkel drückte. Nach einiger Zeit zog er ein paar Zettel heraus, von denen er einige auf das Armaturenbrett legte.

»Aha«, sagte er schließlich mit lauter Stimme, sodass selbst die Mitfahrer in der dritten Sitzreihe zusammenzuckten, »da sind meine Handnotizen. Wir schauen uns heute die Deutsche Weinstraße an, die, wie Sie hoffentlich wissen, 85 Kilometer lang ist und im Jahr 1935 eröffnet wurde.«

»War das nicht bereits 1934?«, warf ich unwissend und frech ein.

»Nein, nein, da irren Sie sich, Herr Palzki. Das war ganz sicher 1935. Ich habe das selbst recherchiert. Und bei solchen Sachen gelte ich als unfehlbar.«

»Silvester 1934?« Ich gab nicht auf.

KPD wurde ungeduldig. »Was soll das, Herr Palzki? Habe ich recht oder Sie? Das war jetzt aber nur eine rhetorische Frage. 1935, und dabei bleibt es!«

»Schade«, antwortete ich.

Mein Chef gaffte mich verwirrt an.

»Na ja«, klärte ich ihn auf. »Wenn Sie Ihr Werk noch dieses Jahr veröffentlichen, dann könnten Sie das 85-jährige Jubiläum erwähnen.«

KPD grummelte eine Weile vor sich hin. »Das geht nicht, Herr Palzki«, sagte er leise. »Wenn das rauskommt.«

»Warum sollte das rauskommen? Wenn Sie in Ihr hoch qualifiziertes Werk 1934 reinschreiben, dann ist es eben so. Bei Ihrem gesellschaftlichen Standing und Ihren Beziehungen wird das wohl niemand infrage stellen oder kontrollieren wollen. Das ist auch schon so lang her.«

»Meinetwegen«, gab er sich endlich geschlagen. Ich nahm mir vor, weiter zu intrigieren. Das wäre doch gelacht, wenn es mir dieses Mal nicht gelingen sollte, den Ruf meines Vorgesetzten nachhaltig zu schädigen.

KPD referierte längst weiter über seine Notizen. »Wir beginnen unsere Tour am Deutschen Weintor in Schweigen-Rechtenbach, das ist im Moment herrlich weihnachtlich geschmückt. Von dort fahren wir zum Gegenstück am anderen Ende, dem Haus der Deutschen Weinstraße in Bockenheim. Da kommen wir durch das zweitgrößte Weinbaugebiet Deutschlands. Den Namen des größten fällt mir im Moment gerade nicht ein.«

Hinter Landau bog er von der Autobahn ab, auf der wir nur wenige Kilometer zurückgelegt hatten, und fuhr durch eine immer hügligere Landschaft durch gefühlt 1.000 Ortschaften in Richtung Berge. Mehr als einmal kam er mit dem Wagen in den engen Gassen in Kontakt mit irgendwelcher Weihnachtsdekoration, die die Gemeinden oder Bürger an Straßenlaternen und Hauswänden befestigt hatten. Inzwischen zierten mehrere Tannenzweige, die sich im Scheibenwischer verhakt hatten, unsere Motorhaube.

»Ganz in der Nähe ist in Steinfeld das Kakteenland. Mit meiner Frau bin ich dort mindestens alle drei Monate. Da gibt’s auch Schwiegermuttersitze, Herr Palzki. Ein ideales Geschenk.«

»Ich schenke meiner Schwiegermutter nichts«, antwortete ich. »Die schenkt mir im Leben auch nichts.«

Dass ich meine Bemerkung anders meinte, verschwieg ich.

Eine Viertelstunde später hielt KPD vor dem Tor in Schweigen an. Während unser Chef das Symbol bestaunte und von allen möglichen Seiten fotografierte, legten wir Untergebenen eine kollektive Pause in einer Wirtschaft ein. Nach einer Weile stieß er zu uns.

»Ja, was trinke ich denn?«, fragte er schon wieder sich selbst mit einem Blick in die Weinkarte.

»Ich habe für Sie bereits die hiesige Spezialität bestellt«, sagte ich zu meinem Chef. Meine Kollegen drehten sich allesamt zur Seite, um nicht verräterisch herauszulachen.

Als die Bedienung kam, reagierte ich, bevor diese die unheilsame Frage Für wen ist die Cola-Rot? stellen konnte, und sagte: »Das Getränk ist für diesen Herrn da.«

Sie stellte das Glas ab und verschwand mit einem Kopfschütteln, was ich durchaus nachvollziehen konnte. In meiner Jugend galt Cola-Rot, also eine Mischung aus Rotwein und Cola, als Kultgetränk. Inzwischen wurde es zu Recht gemieden.

»Boah, was ist das denn?«, blökte und rülpste KPD gleichzeitig. »Das kann doch kein Mensch trinken!«

Ich legte den Zeigefinger an meinen Mund. »Leise, Herr Diefenbach. Wollen Sie es sich mit den hiesigen Weinbauern verscherzen? Niemand wird Ihr Buch kaufen, wenn Sie ihren Wein kritisieren. Es mag sein, dass er um Nuancen anders schmeckt als Ihr Favorit. Aber stellen Sie sich mal vor, wenn alles gleich schmecken würde.«

KPD beruhigte sich und trank weiter. »Na ja, nach ein paar Schluck gewöhnt man sich daran. Trotzdem, der Abgang ist ein wenig zu süß geraten. Wie heißt die Sorte?«

»Schweigener Rotkoller«, sagte ich schnell, weil mir spontan nichts Besseres einfiel.

»Dann werde ich diesen Rotwein in meinem Werk besonders positiv darstellen.«

Wieder machte er sich Notizen. Ich begann langsam, mich über das noch nicht erschienene Buch zu freuen. KPD war natürlich der Einzige, der dieses abscheuliche Getränk in seinem Glas hatte. Da uns die Mägen knurrten, bestellten wir uns alle ein typisches Pfälzer Gericht: Dampfnudeln mit Kartoffelsuppe.

»Hm, das ist mal richtig was Gegensätzliches zu den Sternerestaurants, in denen ich gewöhnlich diniere«, meinte KPD. »Palzki, besorgen Sie mir das Rezept, damit...

Erscheint lt. Verlag 29.9.2019
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Sachbuch/Ratgeber Essen / Trinken
ISBN-10 3-95428-790-0 / 3954287900
ISBN-13 978-3-95428-790-1 / 9783954287901
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