Ich denke zu viel (eBook)
256 Seiten
Arkana (Verlag)
978-3-641-21788-4 (ISBN)
Im Kopf herrscht ein ständiges Chaos? Der Geist steht niemals still, sondern arbeitet immer auf Hochtouren? Bei bis zu 30 % der Menschen ist das der Alltag, denn sie haben eine dominante rechte Gehirnhälfte. Christel Petitcollin, Psychotherapeutin und Kommunikationstrainerin, zeigt, wie man erfolgreich die Gedankenflut kanalisieren kann und endlich Ruhe im Kopf herstellt. Ihre hochaktuellen Forschungen weisen nach, dass Menschen mit dominanter rechter Gehirnhälfte überdurchschnittlich viel wahrnehmen, so dass sie unter einer ständigen Reizüberflutung stehen. Als Folge fühlen sie sich häufig unfähig, leistungsschwach und entwickeln Depressionen und Ängste. Damit sie den Alltag meistern können, hat Petitcollin ein revolutionäres Programm entwickelt, das hilft, die umfassende Wahrnehmungsfähigkeit und das häufig damit verbundene komplexe Gefühlserleben zu beherrschen und für sich nutzbar zu machen. Praxisnah, wissenschaftlich fundiert und mit vielen Techniken und Übungen zeigt Petitcollin einen leicht gangbaren Weg aus der Reizüberflutung hin zu mehr Lebensfreude.
Christel Petitcollin ist Psychotherapeutin, Kommunikationstrainerin und Coach für zwischenmenschliche Beziehungen. Sie ist ausgebildet in NLP, Transaktionsanalyse und Hypnotherapie nach Erickson. Mit ihrem erfolgreichen Longseller und Grundlagenwerk zur mentalen Hocheffizienz »Ich denke zu viel« hat sich Petitcollin auch in Deutschland einen Namen gemacht. Die Autorin lebt und arbeitet in Montpellier, Frankreich.
Einführung
Camille ist um die zwanzig und studiert. Sie kommt zu mir in die Praxis, weil sie etwas gegen ihr »mangelndes Selbstvertrauen« unternehmen möchte. Sobald sie mir ihre Schwierigkeiten zu erklären versucht, wird sie von Emotionen überwältigt. Sie beißt sich auf die Lippen, hält die geballte Faust vor den Mund, kann die Tränen kaum zurückhalten und entschuldigt sich wieder und wieder für ihre »Überempfindlichkeit«. Gleichzeitig versucht sie ständig, sich »zusammenzureißen« und mit ihren Erklärungen fortzufahren. Schritt für Schritt entsteht das Bild einer klugen und kreativen jungen Frau, die eigentlich noch keine ernsthaften Misserfolge verarbeiten musste. Ganz im Gegenteil. Zu ihrem eigenen Erstaunen schafft sie jedes Semester problemlos ihre Prüfungen. Objektiv gesehen läuft also alles bestens. Trotzdem nagen massive Selbstzweifel an Camille. Ihre Mitstudenten scheinen mit der Zeit immer sicherer zu werden. Sie zweifeln nicht, den richtigen Studiengang gewählt zu haben, und sind fest davon überzeugt, eines Tages ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Camille hingegen fühlt sich zusehends deplatziert und fragt sich, ob sie überhaupt das richtige Fach studiert. Irgendwie hat sie ständig das Gefühl, allen etwas vorzumachen.
Auch im sozialen Umgang empfindet sie sich als vollkommen anders als ihre Freunde. Die Interessen ihrer Kommilitonen scheinen meilenweit entfernt von dem, was sie selbst umtreibt. Dementsprechend verlaufen auch die Unterhaltungen im Bekanntenkreis. Sitzt sie abends mit Freunden zusammen, stellt sich bei Camille früher oder später ein Gefühl der Entfremdung ein. Urplötzlich fragt sie sich, was sie hier eigentlich treibt und was in aller Welt die anderen an diesem oberflächlichen Geplapper so toll finden. Die ganze Fröhlichkeit kommt ihr aufgesetzt vor. Und sie will eigentlich nur noch eins: so schnell wie möglich nach Hause.
Camille versucht schon seit einiger Zeit herauszufinden, was mit ihr nicht stimmt. Ständig scheint sie in einem Meer von Zweifeln und Fragen zu versinken. Die verrücktesten Ideen schießen ihr durch den Kopf. Sie spürt, wie sie immer unsicherer und ängstlicher wird. Der Weg in die Depression ist vorgezeichnet.
Und Camille ist kein Einzelfall. Viele Menschen kommen in meine Praxis, weil sie wie Camille wissen wollen, warum sie sich in ihrem Umfeld fehl am Platz fühlen, warum sie sich selbst nicht akzeptieren können und das Chaos in ihrem Kopf erst recht nicht.
Wie alle meine Bücher hat auch dieses seine Wurzeln in meiner praktischen Arbeit als Therapeutin. Seit siebzehn Jahren ist es mein Beruf, anderen Menschen zuzuhören, sie zu beobachten und zu versuchen, sie zu verstehen. Ich habe gelernt, was Eric Berne, der Begründer der Transaktionsanalyse, »marsisches Zuhören« nennt. Dabei nimmt man das Gespräch des anderen so unbefangen auf, als käme man selbst vom Mars. Wie ein Tonband registrieren die Ohren bestimmte Worte oder Satzfetzen, die ständig wiederkehren. Auf diese Weise entdeckt man die Schlüsselworte für das Erleben des anderen, die grundsätzlichen Konzepte, um die sich seine Erzählungen drehen.
Eine ganz bestimmte Art von Sätzen kehrt bei einigen Menschen regelmäßig wieder, und diese Sätze sollten mich fortan intensiv beschäftigen:
- Ich denke zu viel.
- Meine Freunde meinen, ich sei kompliziert und stelle mir viel zu viele Fragen.
- Mein Kopf kommt nie zur Ruhe. Manchmal würde ich am liebsten den Stecker ziehen, damit mein Geist einfach mal aufhört, Gedanken zu produzieren.
Dazu kommen einige weitere Sätze, die das Bild vervollständigen:
- Ich habe das Gefühl, von einem anderen Planeten zu stammen.
- Ich finde meinen Platz einfach nicht.
- Ich fühle mich unverstanden.
Solche kleinen Sätze haben sich in mir zum Bild eines Typus Mensch verdichtet, der zu viel denkt. Bald konnte ich die Problemfelder ausmachen, die diesen Menschen zu schaffen machen, und ihnen glücklicherweise auch Lösungen anbieten. Nachdem ich mit der Arbeit an diesem Buch angefangen hatte, bat ich meine Klienten, einzelne ihrer Geschichten verwenden zu dürfen, um dieses Bild noch deutlicher herauszuarbeiten. Natürlich bedurfte es weiterer Fragen, um die Arbeitsweise ihres Geistes noch besser zu verstehen und zu begreifen, wie sie mit ihren persönlichen Werten umgehen und was sie antreibt. Als sehr offene und zugängliche Menschen waren sie alle bereit, mir zu helfen. Dieses Buch verdankt sich daher nicht zuletzt dem Beitrag, den meine Klienten dazu geleistet haben, wofür ich ihnen an dieser Stelle von ganzem Herzen danke.
Wer würde schon annehmen, dass es unglücklich machen kann, intelligent zu sein? Doch genau darüber klagen meine Klienten. Hinzu kommt natürlich, dass sie sich nicht wirklich als intelligent empfinden. Außerdem berichten alle übereinstimmend, dass ihr Kopf nie abschaltet, nicht mal bei Nacht. Dabei sind sie der vielen Zweifel und Fragen, die sie beschäftigen, längst überdrüssig. Sie haben die Nase voll von diesem überkritischen Bewusstsein, das auch noch das kleinste Detail registriert. Am liebsten würden sie ihr Hirn einfach mal für eine Weile abstellen. Am meisten aber leiden sie darunter, dass sie sich anders fühlen, unverstanden und gekränkt von der Welt um sie herum. Aus eben diesem Grund kommen sie regelmäßig zu dem Schluss: »Ich stamme nicht von diesem Planeten.« In ihrem Kopf geht es zu wie in einem Ameisenhaufen, in dem die Gedanken durcheinanderwimmeln und ständig neue Gedanken produzieren, die sie wieder ganz woandershin entführen. Es geht alles viel zu schnell in ihrem Gehirn. Häufig stottern sie ihrem eigenen Gedankenfluss hinterher oder bleiben gleich stumm, weil die Menge an Informationen in ihrem Gehirn ihnen Angst macht. Und Worte vermögen nie ganz auszudrücken, was dahintersteckt. Sie scheitern an der Subtilität, der Komplexität ihres Denkens. Was diesen Menschen am meisten fehlt, sind Gewissheiten, auf die sie sich stützen könnten. Da sie ständig alles infrage stellen, bewegen sie sich geistig auf Treibsand. Stabilität wäre eine wunderbare Alternative! Dabei stehen sie sich selbst äußerst kritisch gegenüber: »Warum sehen die anderen nicht, was für mich auf der Hand liegt? Oder sehe ich dies alles verkehrt? Vielleicht liege ja ich komplett falsch?«
Ihre Sensibilität, ihre Emotionalität halten mit ihrer Intelligenz durchaus Schritt. Ihre Wut oder Frustration ist wie Nitroglyzerin und macht sie zu wandelnden Bomben, die bei der kleinsten Erschütterung explodieren. Mitunter fließen auch Tränen. In dieser Welt gibt es auch so gar kein Mitgefühl! Stets hin- und hergerissen zwischen ihrem uneingeschränkten Idealismus und einem extremen Klarblick haben diese hocheffizienten Denker nur die Wahl zwischen autistischem Verschließen oder leidenschaftlicher Rebellion. Aus diesem Grund schwanken sie auch ständig zwischen hochfliegenden Träumen und niederschmetternden Erkenntnissen, zwischen reinster Unschuld und völliger Verzweiflung. Sie glauben nicht, dass es Hilfe für sie gibt, weil es hier ja nicht um guten Willen geht. Die Ratschläge ihrer Umgebung verstärken das Problem eher noch, als ihnen tatsächlich zu helfen. Nicht immer alles hinterfragen wollen? Ja, das würden sie doch gerne! Fragt sich nur wie! Die Welt nehmen, wie sie ist? Ausgeschlossen!
Auch der Gang zum Psychologen ist nicht immer einfach. Schließlich haben diese Menschen durchweg Angst, dass man sie für verrückt hält, und leider ist diese Angst keineswegs unbegründet. Wie sollen auch all jene, deren Denken in geordneten Bahnen verläuft, das mentale Chaos in ihrem Kopf begreifen? Die diagnostischen Fragebögen der Psychiater zerlegen dieses subtile, machtvolle Denken in seine Einzelteile und lassen es anormal, ja krankhaft erscheinen. Auch in der Schule scheint ihre ganz spezifische Art nichts als Probleme zu bereiten. Da sind diese mental hocheffizienten Menschen, und die Schule klebt ihnen Etiketten auf, etwa »hyperaktiv« oder »mangelnde Konzentrationsfähigkeit«, nur weil ihr Multitasking-Gehirn sich langweilt, wenn es nur eine einzige Aufgabe zu lösen bekommt. Man hält ihnen vor, unkonzentriert zu sein oder ihre Aufgaben nicht gelesen zu haben, dabei waren sie nur ungeheuer schnell, weil ihr Gehirn gleichzeitig viele verschiedene Daten verarbeiten kann. Nicht zu vergessen die Litanei der mit »Dys-« beginnenden Begriffe, die man ihnen vorbetet, um sie mit der Nase draufzustoßen, dass sie im Kopf verdreht sind: Dyslexie, Dysorthografie, Dyskalkulie, Dysgraphie … Mehr dazu finden Sie in Marie Françoise Neveus Buch (Paris 2010). Im Erwachsenenalter lesen sich die Etiketten dann noch negativer: Borderline, Schizophrenie, manisch-depressiv. Gerade von den Leuten, von denen sie sich Hilfe erhofften, werden mental hocheffiziente Menschen noch weniger verstanden, weil man sie einfach als »dysfunktional« abstempelt. Das aber ist das genaue Gegenteil dessen, was sie wirklich brauchen, um sich selbst besser verstehen und annehmen zu können. Sie sind nicht dysfunktional, sondern einfach anders.
Da die mentale Hocheffizienz als Konzept immer noch nicht ausreichend erforscht und verstanden ist, gibt es keinen Begriff, der dieses Phänomen exakt beschreiben würde. Bislang behilft man sich häufig mit Bezeichnungen wie »hochbegabt«, aber auch hier gibt es keinen wissenschaftlichen Konsens. Und so haftet Hochbegabten auch heute noch das Stigma des Hochmuts an, einer Haltung, die dem Wertesystem mental Hocheffizienter übrigens widersprechen würde. Allein die Aussage, dass sie von irgendetwas »mehr als andere« haben, gibt ihnen das Gefühl, gegen den Strich gebürstet zu werden. Mit...
Erscheint lt. Verlag | 13.11.2017 |
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Übersetzer | Elisabeth Liebl |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Je pense trop |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Lebenshilfe / Lebensführung |
Schlagworte | Alltagsbewältigung • Depression • eBooks • Gesundheit • Hochsensibilität • Hsp • Persönlichkeitsentwicklung • Ratgeber • Rolf Sellin • Selbstentwicklung • Stress |
ISBN-10 | 3-641-21788-1 / 3641217881 |
ISBN-13 | 978-3-641-21788-4 / 9783641217884 |
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Größe: 3,4 MB
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