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Der Abenteurer (eBook)

Alles, was man über Outdoor wissen muss
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
224 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-40118-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Abenteurer -  Fritz Meinecke
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Raus aus der Komfortzone, rein ins Abenteuer. Ob eine 102 Kilometer lange Trekkingtour bei Regen durch den Harz, ein Bergaufstieg bei Schnee in den Alpen, eine Urban-Exploring-Tour durch verlassene Bunker oder «Mikroabenteuer» im Elbsandsteingebirge - Abenteuerlust und Freiheitssuche lassen Fritz Meinecke immer wieder aus seiner Komfortzone ausbrechen. Er erzählt von diesen Abenteuern, empfiehlt das richtige Equipment, erklärt, wie man mit wenigen Hilfsmitteln ein Feuer macht oder einen Übernachtungsschutz baut, und er verrät, was wirklich für eine Übernachtung im Freien ins Gepäck gehört.

Fritz Meinecke, Jahrgang 1989, lebt in Berlin. Nach seiner Ausbildung als Bankkaufmann war er zwei Jahre bei der Bundeswehr und studierte im Anschluss 3D-Graphik. Mittlerweile hat er sein Hobby zum Beruf gemacht und ist selbständiger Medienproduzent. Seine Touren, Erfahrungen und kleinen Abenteuer teilt er über seinen Youtube-Channel «Fritz Meinecke» mit Tausenden begeisterten Zuschauern, die seine Outdoortrips verfolgen, mit ihm Orte aus längst vergessenen Zeiten entdecken und sich inspirieren lassen.

Fritz Meinecke, Jahrgang 1989, lebt in Berlin. Nach seiner Ausbildung als Bankkaufmann war er zwei Jahre bei der Bundeswehr und studierte im Anschluss 3D-Graphik. Mittlerweile hat er sein Hobby zum Beruf gemacht und ist selbständiger Medienproduzent. Seine Touren, Erfahrungen und kleinen Abenteuer teilt er über seinen Youtube-Channel «Fritz Meinecke» mit Tausenden begeisterten Zuschauern, die seine Outdoortrips verfolgen, mit ihm Orte aus längst vergessenen Zeiten entdecken und sich inspirieren lassen. Harald Braun, geboren 1960, lebt und arbeitet in Horst (Holstein) als Autor von Sachbüchern und schreibt Texte für Magazine und Wochenzeitungen.

Tschernobyl, Wigald Boning und die Frage: Wie zum Teufel bin ich hier bloß hingeraten?


Der Tag, an dem ich auf der Rückbank eines schrammeligen Transporters im Hinterland der Ukraine herumgeschüttelt werde, fühlt sich überwiegend kalt und grau an. Das hat sicher auch mit dem osteuropäischen Wetter im April 2016 zu tun, aber nicht nur. Ich bin gerade zusammen mit ein paar Gleichgesinnten auf dem abgefahrensten Trip meines Lebens. Das meine ich nicht im Sinne von «geil» oder «krass» und was einem sonst so einfällt, wenn man den spaßigen Jungskram beschreibt, den wir uns hin und wieder geben müssen, um uns lebendig zu fühlen. Wir rasen nicht mit einer Seifenkiste über eine vereiste Rodelbahn oder teilen uns in Las Vegas mit einem Tiger ein Badezimmer. Nein, diesmal fühlt es sich wirklich gefährlich an. Mich beschleicht seit Stunden ein zunehmend ungutes Gefühl. Nennen wir es: Angst. Ich achte nicht einmal mehr darauf, meinen Kopf zu schützen, wenn unser Fahrer – er heißt Boris und trägt wirklich eine dieser Mützen, die man sonst nur aus dem Fernsehen von Ivan Rebroff kennt – über eines dieser grabgroßen Schlaglöcher fährt, die hier schon lange nicht mehr ausgebessert werden. Seit einer Stunde sind wir auf der Straße niemandem mehr begegnet. Eine Überraschung ist das nicht. Da, wo wir hinwollen, wächst kein Gras mehr. Und das ist noch das kleinste Problem in dieser seltsam verloren wirkenden Landschaft, die in tristen Farben an mir vorbeischwebt. R.E.M. kommen mir in den Sinn, leise summe ich ihren Song «It’s the end of the world as we know it».

Genau so sieht es da draußen aus. Die Dörfer, die wir in den letzten Stunden passiert haben, erinnern mich an die russischen Militärkasernen, die ich bei meinen Explorer-Touren so gut kennengelernt habe: Weitläufig und monumental wirken sie, kalt und rechtwinklig; nicht gemacht, um Menschen darin leben, nicht einmal darin wohnen zu lassen. Vereinzelt huschen verwahrloste Hunde durch die verlassen wirkenden Häuserschluchten, provisorisch verlegte Elektrokabel ragen in die Straßen wie die Fasern eines Gemüsestrunks. Nur selten kommen Menschen aus den wuchtigen Steinbauten, das bisschen Leben auf den Straßen wirkt so melancholisch wie ein regnerischer Sonntagnachmittag. Auf den provisorischen Seitenstreifen, aber auch neben verfallenen Häusern und windschiefen Garagen parken zerstörte, von Zeit, Wind und Wetter besiegte Autowracks. Bei einigen bin ich nicht sicher, ob sie nicht trotzdem noch gefahren werden. Einen TÜV, das habe ich schon in den belebteren Teilen der Ukraine festgestellt, scheint es hier nicht zu geben. Gefahren wird, was sich noch fahren lässt, und zwar so lange, bis der Motor seinen Geist aufgibt oder die Räder abfallen – je nachdem, was zuerst geschieht. Einige dieser Fahrzeuge scheinen nur noch vom Rost zusammengehalten zu werden. Mit jedem Kilometer, der uns näher an unser Ziel führt, wird unsere Stimmung gedrückter. Unsere Gespräche versickern nach und nach tonlos, jeder ist mit sich und den Eindrücken dieser merkwürdigen Reise beschäftigt.

Plötzlich taucht vor uns ein Wachhäuschen auf, auf dem in Schönschrift kyrillische Zeichen aufgemalt sind. Wir halten etwa 20, 25 Meter vor einer heruntergelassenen Holzschranke, die offenbar noch manuell bedient werden muss. Weder unser Fahrer Boris noch unser offizieller Ukraine-Guide Taras sagt einen Ton. Beide machen auch keine Anstalten, aus dem Wagen zu steigen. Eine Minute vergeht, eine zweite. Niemand im Wagen spricht ein Wort, obwohl eigentlich kein Anlass zur Nervosität bestehen dürfte: Wir sind angemeldet. Taras nickt uns beschwichtigend zu: «Nicht Problem, ist normal.»

Endlich öffnet sich die Tür, ein Mann tritt aus dem Wachhäuschen, das nur aus einem Stockwerk besteht und nicht viel größer als eine Doppelgarage ist, und begrüßt uns freundlich. Es ist Alex, der lokale Guide, der uns in den nächsten drei Tagen begleiten und dafür sorgen wird, dass wir ein wenig mehr von diesem Ort verstehen, von dem wir schon so viel gehört haben.

«Willkommen in der Todeszone von Tschernobyl», sagt Alex lächelnd und so lakonisch, als erwarte er uns für eine Führung im Wuppertaler Zoo.

Willkommen. In. Der. Todeszone. Von. Tschernobyl.

Wow. Sechs Worte, die man sich auf der Zunge zergehen lassen muss. Ein Satz für die Ewigkeit, einer aus der Kategorie «Sir, Ihr Hubschrauber steht jetzt bereit» oder «Real Madrid am Telefon, haben Sie in den nächsten drei Jahren schon was vor?». Irgendwie surreal. Für mich war Tschernobyl bis vor ein paar Monaten – wie für viele von euch vermutlich auch – bloß der abstrakte Inbegriff einer nuklearen Katastrophe, eine formidable Schweinerei, die sich ein paar Jahre vor meiner Geburt ereignet hatte. Detailwissen? Überschaubar. Ich musste erst einmal nachschlagen, was damals passiert ist: Der Unfall vom 26. April 1986 im Kernkraftwerk von Tschernobyl gilt als die größte Katastrophe der Technik-Geschichte. Durch eine Verkettung von Bedienungsfehlern und miesem Krisenmanagement kam es vor 30 Jahren zu einem Brand in einem der Reaktoren des Kernkraftwerks und infolgedessen zu einer Kernschmelze, dem größten anzunehmenden Unfall in einem Atomkraftwerk. Diverse Brennelemente und Teile des Kerns wurden in die Luft geschleudert, radioaktive Emissionen, vor allem die Stoffe Jod 131 und das langlebige Cäsium 137, verteilten sich durch den Wind über ganz Europa. Insgesamt wurde rund 200000 Quadratkilometer Land verseucht, etwa 70 Prozent davon befinden sich in der Ukraine, Weißrussland und Russland. Das Gebiet im Umkreis von 30 Kilometern um den Unfallort in Tschernobyl gilt als besonders belastet – und ist bis heute eine Sperrzone.

Und nun stehe ich am ersten Checkpoint der sogenannten Todeszone von Tschernobyl und bin offenbar drauf und dran, bis ins Zentrum dieser atomaren Vorhölle vorzudringen. An einen Ort, dessen Name allein ein wenig gespenstisch und genauso gefährlich klingt und über den mehr Mythen existieren als über das Ungeheuer von Loch Ness. Mit dem Unterschied, dass es Tschernobyl wirklich gibt. Wir werden heute in die Sperrzone von Tschernobyl fahren. Das klingt heikel: Man stellt sich so eine Sperrzone ja schließlich vor wie eine hochgradig verseuchte No-go-Area, in der Siechtum und Tod hinter jeder Ecke lauern. Ist es da nicht Selbstmord auf Raten, einen solchen Ort freiwillig zu besuchen, nur um zu sehen, was 30 Jahre nach dem Unfall mit der toten Hülle der einst florierenden Stadt Prypjat in der Nähe des Atomkraftwerkes geschehen ist? Ist die Exkursion in eine verseuchte Geisterstadt nicht notwendigerweise ein leichtsinniger Wahnsinn? Gehe ich diesmal möglicherweise einen Schritt zu weit?

Gute Fragen. Und auch gute Gründe, von solch einem Vorhaben abzusehen. Ich habe Verständnis für jeden, der an dieser Stelle gesagt hätte: Mag ja interessant sein, das mal zu sehen, aber dafür ist mir der Preis einfach zu hoch. Total okay. Verstehe ich. Aber solche Entscheidungen müssen wir Urban Explorer, Surviver, Outdoor-Aktivisten hin und wieder treffen. Ich persönlich gehöre nicht zu den Abenteuer-Junkies, die um jeden Preis den Adrenalin-Kick suchen. Raus aus der Komfortzone heißt ja gar nicht, um jeden Preis ins Risiko zu gehen. Raus aus der Komfortzone kann schon sein, am Sonntagnachmittag eine dreistündige Wanderung im Watt zu unternehmen oder einen Mountainbike-Ausflug auf den nächsten Berg, wenn die Alternative ein Stück Käse-Sahne-Torte auf dem Sofa gewesen wäre oder eine Daddeleinheit «Counter Strike».

Ich habe meine Komfortzone verlassen, um nach Tschernobyl zu reisen, aber ich bin nicht lebensmüde: Die Verantwortlichen in Tschernobyl haben uns versichert, dass man relativ gefahrlos in die Sperrzone hineingehen kann, alles halb so wild. Man sollte ein paar Spielregeln beachten, das ja, aber ansonsten: Go for it! Ganz sicher kann ich das vermutlich erst in 25 Jahren beurteilen, aber ich habe mich trotzdem entschlossen, das zu machen. Ich vertraue einfach mal den Spezialisten, die behaupten: Es sei zwar nicht ganz ungefährlich, sich in der Sperrzone Tschernobyls aufzuhalten, aber das gelte nur für längere Besuche und dann auch nur, wenn man sich den sogenannten Hot Spots nähert, an denen die radioaktive Strahlung immer noch besonders hoch sei.

Wer es aber wagt, bis in das Zentrum der Sperrzone vorzudringen, werde dafür, so heißt es, mit beeindruckenden Bildern belohnt. Davon habe ich gehört, von Prypjat vor allem. In Prypjat lebten vor 30 Jahren die Arbeiter des Kernkraftwerks Tschernobyl mit ihren Familien. Ein paar Tage nach der Reaktorkatastrophe wurde die gesamte Bevölkerung evakuiert, mehr als 40000 Einwohner. Dabei musste es offenbar schnell gehen, sehr schnell: Wer heute als Tourist mit einer Sondergenehmigung nach Prypjat einreist, hat den Eindruck, dass die Menschen erst ein paar Stunden zuvor aus der Stadt verschwunden sind. Ein Paradies für Lost-Places-Jäger, wie ich schon von vielen Fotos weiß: gedeckte Tische, kurz abgelegte Puppen in Kinderzimmern, Plakate für das einst kurz bevorstehende Maifest 1986 an den Häuserwänden – alles noch genau so, wie die Stadt vor 30 Jahren verlassen worden ist, zuzüglich der altersbedingten Patina, die ein unbelebter Ort über sich legt wie eine feine Decke aus Rost und ungezügelter Natur. Ich kenne auch die Fotos eines gespenstisch wirkenden Vergnügungsparks in Prypjat und des darin fast schon ikonographisch anmutenden Riesenrads, so oft, wie diese Bilder um die Welt gingen. Ich erwarte ein wahres Abenteuerparadies für Nostalgiker und Menschen wie mich, die sich dem...

Erscheint lt. Verlag 19.5.2017
Co-Autor Harald Braun
Zusatzinfo Zahlr. 4-farb. Fotos
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber
Reisen Kartenzubehör / Sonstiges
Schlagworte 7 vs. wild • 7vs.Wild • Abenteuer • Bushcraft • End of the Comfort Zone • Lost Places • MontanaBlack • Reise • Roadtrip • Survival • Trekking • Überlebenstechniken • urban exploring • Urbex • verlassene Orte • Wandern
ISBN-10 3-644-40118-7 / 3644401187
ISBN-13 978-3-644-40118-1 / 9783644401181
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