Denken wie ein Shaolin (eBook)
208 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-44060-5 (ISBN)
Bernhard Moestl, geboren 1970 in Wien, ist Vortragsredner und Business-Coach mit den Schwerpunkten Bewusstsein und Führung. Er ist Autor erfolgreicher Sachbücher, in denen er die Erfahrungen zugänglich macht, die er bei Aufenthalten in Asien gesammelt hat, wo er u.a. im Shaolin-Kloster die Kampfkunst der Mönche erlernt hat. Diese Erkenntnisse nutzt er für seine Bücher und Seminare. www.bernhardmoestl.com
Bernhard Moestl, geboren 1970 in Wien, ist Vortragsredner und Business-Coach mit den Schwerpunkten Bewusstsein und Führung. Er ist Autor erfolgreicher Sachbücher, in denen er die Erfahrungen zugänglich macht, die er bei Aufenthalten in Asien gesammelt hat, wo er u.a. im Shaolin-Kloster die Kampfkunst der Mönche erlernt hat. Diese Erkenntnisse nutzt er für seine Bücher und Seminare. www.bernhardmoestl.com
Lerne zu verhindern, dass dein Gegner dich mit deiner eigenen Kraft besiegt
Bis in die dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts bewahrten die Kampfmönche des chinesischen Klosters Shaolin eine alte Tradition. Wer die etwa 15-jährige Ausbildungszeit beendet hatte, musste sich noch einer Abschlussprüfung unterziehen, um den Titel eines Meisters zu erlangen. Doch anders als man erwarten würde, begann diese Prüfung keineswegs mit einer Demonstration von kämpferischen Fähigkeiten. Am Beginn des Examens stand vielmehr eine Prüfung, die den bezeichnenden Namen »Kammer der Freude und der Trauer« trug. Der Prüfling musste sich vor dem Vorsteher des Klosters und mehreren besonders ehrwürdigen Mönchen aufstellen und erhielt kurz Zeit, um die eigene Mitte zu finden. Dann erzählten ihm die Kommissionsmitglieder nacheinander verschiedene lustige und traurige Geschichten. Zeigte der Kandidat dabei irgendeine Emotion, war er durchgefallen, und die Prüfung galt als beendet. Nur wer durch alle Anekdoten und herzzerreißenden Erzählungen hinweg ungerührt geblieben war, hatte das Recht, die »Kammer der Macht« zu betreten, wo nun die körperlichen Möglichkeiten geprüft wurden.
Als ich das erste Mal von dieser Prüfung hörte, fand ich vor allem interessant, dass man auch in Shaolin der Kontrolle über die eigenen Emotionen einen viel höheren Stellenwert einräumte als der noch so perfekten Beherrschung der Kampfkunst. Ich fühlte mich bestätigt. Doch wo immer ich davon erzähle, werde ich gefragt, ob ich Emotionen denn aus Prinzip ablehne. Nun scheint mir »ablehnen« in diesem Zusammenhang kein geeignetes Wort zu sein. Zu sehr steckt in diesem »ablehnen« etwas von »innerlich bekämpfen«, was ja wiederum nichts anderes bedeutet als Emotion. Außerdem macht es meiner Ansicht nach grundsätzlich nicht viel Sinn, etwas abzulehnen, das ohnehin existiert. Dennoch bin ich sehr wohl der Meinung, dass zu heftige Emotionen uns schaden können. Oder wundern Sie sich ernsthaft, wenn Sie erfahren, dass ein für seine gewaltigen Zornausbrüche gefürchteter Bekannter bereits in jungen Jahren einem Herzinfarkt erlegen ist? Nehmen Sie bitte Ihr Heft zur Hand, und schreiben Sie groß auf die erste Seite die fünf wichtigsten Vorteile, die Ihrer Meinung nach die Herrschaft über die eigenen Gefühle bringt.
Durchaus interessant finde ich in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass die Natur mit Emotionen etwas geschaffen hat, das eigentlich ihrem ständigen Bestreben nach Ausgleich widerspricht. Diesen versucht sie dadurch herbeizuführen, dass sie auf jedes Extrem umgehend mit dem unmittelbaren Gegenteil reagiert. So folgt jedem Hoch, das wir in einer Emotion durchaus empfinden mögen, auch ein ausgleichendes Tief. So gut es also auch tun mag, sich endlich einmal seinen Ärger von der Seele zu schreien, so groß ist der Jammer, wenn man beginnt zu begreifen, was man damit angerichtet hat.
Ich vergleiche Emotionen gerne mit Alkohol. Auch dieser ist an sich weder gut noch schlecht. In vernünftigen Dosen genossen, ist er sogar durchaus in der Lage, einen gesunden Körper noch länger gesund zu erhalten. Dennoch gibt es Situationen, in denen er nichts zu suchen hat.
Denken Sie nur an einen Shaolin-Mönch, der vor einem schwierigen Kampf steht. Von seiner Fähigkeit, jederzeit klar und unbeeinflusst Entscheidungen treffen zu können, hängt womöglich sein Leben ab. Würden Sie ihm tatsächlich empfehlen, sich vor dieser Auseinandersetzung Mut anzutrinken?
Wohl kaum. Aber warum raten Sie ihm ab? Ich nehme an, Sie tun es, weil augenfällig ist, dass Alkohol in gefährlicher Weise den Verstand und damit das Urteilsvermögen benebelt. Denken Sie jetzt an sich selbst. Würden Sie sich wirklich betrinken, wenn Sie gleich darauf eine Entscheidung treffen müssten, die Ihr gesamtes weiteres Leben beeinflusste? Oder wenn Sie festlegen sollten, wem Sie alle Ihre Ersparnisse anvertrauen?
Ganz allgemein lässt sich Folgendes sagen:
Emotionen sind wie Alkohol immer dort fehl am Platz, wo sie unsere Entscheidungsfähigkeit beeinflussen.
Wo diese gefragt ist, tritt man am besten an wie ein Kandidat zur Shaolin-Abschlussprüfung: ruhig, ausgeglichen und in der eigenen Mitte.
Nun haben wir gegenüber den alten Kampfmönchen einen gewissen Nachteil. Wir leben nicht mehr abgeschieden hinter schützenden Klostermauern, die wir ab und an ausgeruht für einen Kampf verlassen. Vielmehr umgibt uns ständig eine Welt voller Unruhe, Hektik und täglicher Herausforderungen, deren einziger Zweck darin zu bestehen scheint, uns das Leben schwer zu machen. Ereignisse, die uns emotional aus der Fassung bringen, scheinen schon fast an der Tagesordnung.
Gleichzeitig hängt aber die Frage, wie schnell wir in einen emotionalen Ausnahmezustand kommen, sehr stark davon ab, in welcher gefühlsmäßigen Ausgangslage wir uns befinden.
Stellen Sie sich einmal vor, Sie stellen einen Topf mit Wasser auf den Herd. Wie lange wird es dauern, bis das Wasser siedet? Kam es bereits heiß genug aus der Wasserleitung, so reichen durchaus wenige Sekunden, um es zum Kochen zu bringen! Das Gleiche gilt für Ihren Kopf. So braucht es einerseits eine durchaus große Kraftanstrengung, um einen in sich ruhenden Menschen zornig zu machen. Doch je höher das vorhandene Stresslevel, desto rascher verliert der andere die Kontrolle. Und umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er Fehler machen wird.
Besonders deutlich zu sehen ist das überall dort, wo ein Angreifer gezielt versucht, Sie in seinem Sinn unter Druck zu setzen. Denken Sie beispielsweise an den Kassenbereich in vielen Supermärkten. Sicher haben Sie schon bemerkt, dass die Verhältnisse dort stets beengt sind und nur wenig Platz zum Einpacken bieten. Das wird von den Betreibern gezielt so angelegt, mit der Absicht, Sie schnellstmöglich wieder aus diesem Bereich zu vertreiben. Schließlich können in der Zeit, die Sie zum Einpacken benötigen, schon drei weitere Kunden »abkassiert« werden! Und dadurch kann wiederum der Arbeitsplatz mindestens einer Kassiererin eingespart werden.
Versetzen Sie sich nun bitte in die folgende Situation: Sie stehen nach einem Großeinkauf an der Kasse. Die Waren, die mindestens drei Einkaufstüten füllen werden, liegen bezahlt auf dem Band und warten darauf, von Ihnen eingeräumt zu werden. Die Kassiererin hat sich bereits demonstrativ dem nächsten Kunden in der langen Schlange zugewendet und schiebt latent aggressiv Ihre Sachen weiter.
Schreiben Sie bitte auf, wie Sie sich in dieser Situation verhalten. Packen Sie mit der Ruhe des zahlenden Kunden Ihre Einkäufe in die mitgebrachten Taschen und ignorieren Sie den Stress um Sie herum einfach? Dann darf ich Ihnen gratulieren, denn dann sind Sie tatsächlich in Ihrer Mitte. Oder aber weichen Sie vielmehr vor dem geschickt aufgebauten Druck und versuchen den Kassenbereich zur Not mit unter den Arm geklemmten Waren schnellstmöglich zu verlassen?
Schreiben Sie bitte auch auf, warum Sie sich auf die eine oder andere Art verhalten.
Zum Schluss stellen Sie sich jetzt vor, Sie betreten nach dem Supermarkt noch ein anderes Geschäft. Dort stellen Sie beim Bezahlen fest, dass Sie in der Hektik Ihre Geldbörse an der Supermarktkasse haben liegen lassen. Ganz spontan: Welcher Gedanke geht Ihnen als erster durch den Kopf? Wem geben Sie die Schuld an der Misere? Schreiben Sie beides auf.
So Sie sich selbst als den Schuldigen sehen, da ja Sie den Fehler gemacht haben, sollte Ihnen jetzt klar sein, wie ein emotionaler Angriff funktioniert. Denn auch wenn Sie tatsächlich falsch gehandelt haben, war der Auslöser dafür das Verhalten eines anderen Menschen, der genau dies bewusst in Kauf genommen hat.
Es geht aber noch weiter. Versetzen Sie sich bitte einfach einmal in die umgekehrte Situation. Sie stehen an der zwanzigsten Stelle in der Kassenschlange und sehen, wie ganz vorne jemand völlig entspannt seine Einkäufe einsortiert. Gegen wen richtet sich nun Ihr Zorn? Gegen den Supermarktbetreiber, der die unangenehme Situation durch die bauliche Gestaltung absichtlich verursacht hat, oder gegen jenen Menschen, der diese in völliger Ruhe einfach ignoriert? Schreiben Sie es in Ihr Heft, und notieren Sie auch dazu, warum das so ist.
Ich muss jetzt wohl nicht extra ausführen, dass Ihr Ärger in der Schlange umso größer ist, je gereizter Sie ohnehin schon sind. Denn die Frage, wie leicht Sie angreifbar sind, hängt weniger von Ihrem Gegner ab als vielmehr davon, in welchem emotionalen Ausgangszustand Sie sich befinden.
Auch der stärkste Gegner wird zum leichten Opfer, wenn er die Nacht vor dem Kampf bis in den Morgen durchgezecht hat.
Emotionen haben aber noch eine weitere, oft sehr unangenehme Eigenschaft: Sie verändern unsere Wahrnehmung derart, dass sie sich gleichsam selbst verstärken.
Lassen Sie mich das zuerst einmal an einem Beispiel erklären. Auf meiner allerersten Reise nach Indien waren meine Partnerin und ich gegen Schluss der Tour schon ziemlich am Ende unserer Kräfte. Wir hatten bereits einige Reisewochen hinter uns, viele Nächte schlecht oder gar nicht geschlafen, fühlten uns von der ständigen Reizüberflutung in der damals noch unbekannten Kultur überfordert und mussten obendrein aufmerksam sein, um nicht irgendwelchen Betrügern zum Opfer zu fallen. In diesem Zustand gingen wir nun eines Abends vom Busbahnhof durch dunkle Gassen auf die Suche nach einem Hotel. Wir waren alleine auf der Straße, doch plötzlich überkam mich das unangenehme Gefühl, wir würden verfolgt. Ich drehte mich um und sah, dass hinter uns tatsächlich ein Inder ging, der immer näher zu kommen schien. Ich beschleunigte den Schritt in der stillen Hoffnung, eine...
Erscheint lt. Verlag | 25.8.2016 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Lebenshilfe / Lebensführung |
Schlagworte | Angst • Buddhistische Lebenskunst • buddhistische Weisheiten • Coaching • denkmuster ändern • Durchsetzen • durchsetzen im beruf • Durchsetzungsfähigkeit • Durchsetzungsvermögen • Emotionen • emotionen kontrollieren • Emotionen verstehen • Furcht • innere blockaden lösen • Innere Stärke • Konflikte lösen • Konfliktkompetenz • Konfliktlösung • lebenshilfe bücher • Lebenshilfe Coaching • Manipulation • Mentales Training • Mentaltraining • Neid • Persönliche Entwicklung • Persönlicher Erfolg • Persönlichkeitsentwicklung buch • Persönlichkeitsentwicklung Psychologie • psychologie bücher • Ratgeber Leben • Ratgeber Lebensführung • Ratgeber Psychologie • Ratgeber Selbstvertrauen • Selbstbestimmt Leben • Selbstbestimmung • Selbstbewusstsein • Selbstcoaching • Selbstvertrauen stärken • selbstwertgefühl stärken • Shaolin • Umgang mit Gefühlen • Umgang mit schwierigen Kollegen • Umgang mit schwierigen Menschen • Verhaltensmuster • Verhaltensmuster auflösen • Zulassen |
ISBN-10 | 3-426-44060-1 / 3426440601 |
ISBN-13 | 978-3-426-44060-5 / 9783426440605 |
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