Meinem Pferd soll es gut gehen
Mohland (Verlag)
978-3-86675-180-4 (ISBN)
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Die Antwort finden Sie in diesem Buch, gegeben von hoch-karätigen Tierärzten und Pferdetherapeuten, zusammengestellt von Fachautorin Karin Drewes und mit sachkundiger Beratung des bekannten Fachtierarztes für Pferde und Pferde-Tierschutz Dr. Karl Blobel.
So mancher junge Mann berichtet, dass ihm seine Antwort auf die Frage „Das Pferd oder ich“ von seiner Freundin ohne zu zögern mit „Das Pferd!“ beantwortet wurde.
Pferde sind mehr als Nutztiere. Sie geben uns ihre Kraft, ihre Treue und Zuneigung, körperliche Nähe und Vertrauen. Wer diese freundschaftliche, enge Verbundenheit schätzt, wird sich brennend dafür interessieren, was man tun kann, damit das Pferd sich wohl fühlt und gesund bleibt – oder wird.
Mit geballter Fachkompetenz, informativ und dennoch höchst unterhaltsam lesen Sie in der Auslese der NORDPFERD-Seminare, was für das Wohlbefinden Ihres Pferdes wirklich wichtig ist. Die Herausgeberin Karin Drewes, selbst erfahrene Fachjournalistin, Autorin und Tierschützerin, hat eine faszinierende Sammlung lebendiger und gefühlvoller Beiträge zu einem lesenswerten Band zusammengefasst.
Lesen und erleben – danach wird Sie das „Pferdevirus“ nicht mehr loslassen….
Inhaltsverzeichnis
Dr.med.vet. Karl Blobel
Vorwort 7
Karin Drewes
Einleitung 8
Dr. med.vet. Karl Blobel
Schmerzen – Was sind Schmerzen,
was bewirken sie, wie erkennt man sie? 10
Dr. med.vet. Henning Achilles
„Das gesunde Fohlen“
Gesundheit fängt im Mutterleib an … 27
Rosemarie Springer
Sportliche Ausbildung und das Verstehen der Pferde
am Beispiel des Lebens der Rosemarie Springer 32
Birgit Beck-Broichsitter
Pferdeausbildung gestern und heute 37
Wolfgang Kreikenbohm
Wolfgang Kreikenbohm und die Haflinger Züchterzucht 41
Harm Thormählen
Das Holsteiner Pferd 45
Bente Isenberg
Das Schleswiger Kaltblut – ein Vielseitigkeitspferd 49
Jörn Puhle
Bauspielplatz Roter Hahn e. V. 55
Janine Gottschalk
„Meinem Therapiepferd soll es gut gehen“ 59
Andreas Radtke
Kann gehandicapten Pferden geholfen werden? 65
Dr. med. vet. Christian Torp
AOE – Akupunkturorientierte Energiearbeit 70
Karl Friedrich von Holleuffer, Fahrlehrer FN
„Zügelführungen sensibler machen!“ 74
Rüdiger Zimmer, Fahrlehrer FN
Gedanken und kleine Gegebenheiten:
Es geht um Geld – um sehr viel Geld! 79
Das Turnierpferd 81
Das Voltigierpferd „Chico“ 83
UDO 87
Vom Abschiednehmen! 89
Der Herr der Pferde (Quelle unbekannt) 93
Danke 98
Ein Dankeschön an die Referenten 99
Dr.med.vet. Karl Blobel Pferdefachtierarzt: „Zu jedem Leben gehören Schmerzen“ Vorwort Sei bestimmt und sei dir bewusst, dass du in der so genannten Herdenrangordnung über deinem Pferd stehst. Lass das dein Pferd erkennen und … strafe es nie! Eigentlich unfassbar, dass die Menschen in diesen Jahren nichts – oder so gut wie nichts – dazu gelernt haben. Zum einen entwickelten sie immer abstrusere Speisepläne, aber auch Foltermethoden, dabei sind Pferd und Mensch doch eigentlich für eine Partnerschaft bestimmt. Das Pferd als Herdentier sucht den Partner „Mensch“, seinen Schutz und seine Gesellschaft – eine schicksalhafte Beziehung. Wie schön wäre es, wenn diejenigen, die stolz darauf sind, mit welcher Stärke sie ein Pferd gebrochen haben, wenn diejenigen, die ein Pferd mit brutalen Mitteln zureiten, es niederwerfen, zusammenschnüren, zermürben, wenn diese unangenehmen Zeitgenossen auf Xenophons Ratschläge gehört hätten, die da sagen: sei bestimmt, aber nicht brutal, verliere nie die Beherrschung, denn ein Wutausbruch bringt nichts, und oft musst du den Tag bereuen, an dem du dich hinreißen ließt. Aggression, zumindest im Umgang mit dem Pferd, bringt nichts. Vielmehr belohne dein Pferd mittels verschiedener Möglichkeiten, wenn es das getan hat, was du wolltest. Hingegen steigern Reiter, die ihre Pferde mit der Gerte strafen, nur die Furcht; denn sie verbinden die Furcht vor dem Hindernis mit Schmerzen.
Dr. med.vet. Karl Blobel Schmerzen – Was sind Schmerzen, was bewirken sie, wie erkennt man sie? Autor: Pferdefachtierarzt Dr. med. vet. Karl Blobel aus Ahrensburg. Er hat diesen Urtext, nirgends nachlesbar, nach gründlicher Forschung selbst erstellt. - Was sind Schmerzen und was bewirken sie? - Schmerzäußerung beim Pferd und seine Interpretation - Schmerzausschaltung Schmerzen bedeuten quälende körperliche Empfindungen, die aber einen wichtigen, lebensnotwendigen Sinn haben. Zu jedem Leben gehören Schmerzen, bei Mensch und Tier. Ohne Schmerzen kann kein Lebewesen existieren. Jedoch ist der Schmerz individuell, entsprechend seinen Funktionen und den Lebensbedürfnissen des Tieres, ausgebildet. Es gibt Schmerzempfindungen, die z.B. beim Pferd akut zu einer Flucht- bzw. zu einer Abwehrbewegung, führen. Es gibt aber auch Schmerzen, die zur Duldung (Duldsamkeit) führen. An den vielseitigen Definitionen erkennt man, dass Schmerzen wirklich nicht objektiv erklärbar sind. Sie sind so individuell ausgeprägt, so momentan und teilweise so auf die Tierart und die Lebensfähigkeit eines Tieres fixiert, dass es schwierig ist, eine Definition zu finden. Das Fluchttier „Pferd“, es lebt in der Herde, immer wachsam, ständig in permanenter Fluchtbereitschaft, stets in Angst vor Angreifern, ständig in Unruhe. In dieser Herde kommt ein Pferd zu einer Geburt. Eine Stutengeburt ist im Gegensatz zu der beim Rind ein dramatisches Ereignis. D.h. die Stutengeburt geht ganz schnell über die Bühne, sie wird zügig abgeschlossen, und das Fohlen steht schnell auf und kann nach kürzester Zeit laufen. Warum ist das so? Das Pferd als Fluchttier ist in der Phase der Geburt hilflos, kann nicht flüchten, ist – liegend oder stehend – auf eine Ruhephase angewiesen. Es ist in dieser Phase schutzlos dem Feind ausgeliefert. Aus diesem Grund muss die Geburt eines Fohlens einfach schnell vorübergehen. Durch diese Schnelligkeit ist sie wesentlich schmerzhafter und dramatischer als bei anderen Tieren, z.B. beim Rind. Das Rind ist ein Angriffstier. Es hat Zeit für die Geburt- Es legt sich in eine Ecke und verteidigt sich vorn. Das Pferd muss als Fluchttier innerhalb kürzester Zeit wieder mobil sein. Genauso geht es dem frisch geborenen Fohlen. Das Fohlen muss schnell mobil sein. Das Pferd hat in dieser Phase, in der es schutzlos ist, enorme Schmerzen, weil es mental dazu beitragen muss, diese Schmerzen so zu dramatisieren, dass der Geburtsvorgang schnell „über die Bühne geht“. Der Geburtsvorgang in Minimalzeit ist für die Überlebenschance der Stute von riesengroßer Bedeutung. Stute und Fohlen müssen schnell wieder in die Herde integriert werden, um den Herdenschutz zu haben. Da haben wir den Geburtsschmerz als etwas unheimlich Positives. Wäre dieser Schmerz nicht, würde sich u.U. die Stute Zeit nehmen, wäre sie den Feinden länger ausgesetzt und dadurch möglicherweise dem Tode geweiht. Schmerzen können aber auch anders interpretiert werden. Z.B. ein Pferd hat sich bei einem Rennen das Bein gebrochen. Es ist in einer Aufregung. Beim Rennen ist der Fluchtreflex dermaßen ausgeprägt, wie es auch in der Natur der Fall wäre. Das Pferd – es sei denn, es bricht tot zusammen – spürt in dieser wahnsinnigen Flucht- und Aufregungsphase keine Schmerzen. Das bedeutet, dass ein Rennpferd, wenn es sich ein Bein bricht, sehr häufig auf drei Beinen weiter galoppiert bis ins Ziel und noch weiter. Dabei werden die Schmerzen, die Signale des gebrochenen Beines, überhaupt nicht registriert. Die Schmerzen setzen erst ein, wenn die Flucht vorüber oder die „Sicherheit“ gegeben, ist. Analog ist das beim Menschen genauso. Schmerzen sind durchaus auch positiv zu beurteilen. Schmerzen haben den Sinn, das Pferd zu schützen. Hat sich das Pferd z.B. eine Torsion, einen Sehnenschaden, einen Gelenkschaden zugezogen, fängt das Pferd an, ruhigere Bewegungen zu machen. Es belastet das Bein nicht oder nur schonend. Zum Beispiel beim Galopp hebt es das Bein in die Luft und galoppiert auf drei Beinen, je nach Grad der Schmerzen und ja nach Grad der Verletzung. Je größer die Verletzung, desto mehr Alarmsignale gehen an das Gehirn, und das Gehirn gibt die Bestimmung „Schmerz-Ruhe“ weiter. Das Pferd, der Körper des Pferdes, reagiert entsprechend. Es nimmt nicht nur die Schonhaltung im Galopp ein sondern auch natürlich die Schonhaltung im Schritt und im Trab. Es belastet das Bein nicht, es sei denn, es wäre gezwungen zu flüchten oder es werden dem Pferd Schmerzen zugefügt, die größer sind als die durch eine Verletzung hervorgerufenen. Dann dominieren die größeren Schmerzen, z.B. wenn ich ein Pferd reite, welches lahmt, und ich das nicht registriere, es aber durch Sporen, Gerte und Gebiss so in Rage bringe, dass diese Schmerzen, die ich dem Pferd zufüge, wesentlich größer sind als die Gliedmaßenschmerzen am Bein. Um eine Lahmheit an einer Gliedmaße festzustellen, muss ich das Pferd in einem entspannten Zustand vorführen. Das Pferd darf keine Angst haben, es darf nicht nervös sein, weil es sonst die Schmerzen nicht zeigt. Nur das ruhige Pferd zeigt Schmerzen, weil es natürlich auch an die Funktionsbremse selber denkt und diese Schonhaltung einnimmt. Das ist für uns Tierärzte und alle anderen Personen, die sich mit Schmerzen berufsmäßig beim Patienten befassen, von besonderer Wichtigkeit. Der Tierarzt muss 1) den Schmerz erkennen, 2) den Ort des Schmerzes lokalisieren und 3) bestimmen, wie groß der Schmerz ist. Mit der Schmerzausdrucksform des Pferdes kann ich Rückschlüsse auf die Größe einer Verletzung oder einer Erkrankung ziehen und Maßnahmen ergreifen. Schmerzen können hochgradig da sein und können verschwinden je nach Situation. Die Schmerzformen stehen jeweils in einer Verbindung zu anderen Überlebensmechanismen eines Körpers, also auch zur Physis eines Pferdes. Schmerzen kommen und gehen je nach Bedeutung und in Relation zu den anderen Körperfunktionen. Deshalb sind Schmerzen schwer messbar, weil sie laufend wechseln. Ist ein Pferd wochenlang eingesperrt und wird nach einer Ruhepause in die Halle gelassen oder auf die Weide, merkt es den Schmerz nicht, weil es sich bewegen darf. Hier wird der Schmerz durch eine Euphorie beeinflusst. Es spürt den Schmerz nicht, es springt und rennt. Erst, wenn es zur Ruhe kommt, empfindet es den Schmerz wieder. Durch die unnatürliche Haltung der Ruhe in der Box und das plötzliche Sichhingeben an die Freiheit werden Schmerzbremse und Schmerzfunktion verfälscht wiedergegeben. So tritt eine Disharmonie zur Schmerzbremse ein, und das Pferd verliert die Übersicht, andere Körperfunktionen zu schützen. Wir alle haben schon einmal festgestellt, dass solche Ereignisse sehr dramatisch zur Verschlechterung von Erkrankungen führen, wenn nämlich die Bremse des Schmerzes oder die Funktion von Schmerzen beim Pferd so missbraucht werden. Deshalb ist es wichtig, das Pferd – um Schmerzen beurteilen zu können – in einer möglichst natürlichen Lebensform zu halten, auch in einer natürlichen Bewegungsform. Der Schmerz lässt sich in anderen Regionen beeinflussen, z.B. Gebissschmerzen durch die Trense, durch Verschnürungen, Satteldruck, Peitsche, Sporen. Da werden natürliche Funktionsbremsen des Schmerzes erheblich beeinflusst, und das Pferd registriert nicht mehr den eigentlichen Funktionsschmerz zum Schutz einer Körperregion oder eines Organs. Das Pferd kann durch Hinzufügung anderer erheblicher Schmerzen den eigentlichen wesentlichen Schmerz nicht erkennen. Aus diesem Grunde kann man auch objektiv einen Schmerz unter dem Reiter kaum einschätzen. Es gibt nur wenige Tierärzte, die eine Lahmheitsuntersuchung unter dem Reiter beurteilen können. Das Wichtigste ist, je ruhiger das Pferd, je entspannter das Pferd, umso deutlicher sind die Schmerzen erkennbar und interpretierbar. Es gibt Hengste und ähnliche, sehr nervöse Tiere, die nie entspannt sind. Tiere dieser Art sind zu sedieren, zu beruhigen, damit sie keine anderen Ablenkungsmanöver wahrnehmen und dann in dieser Beruhigungsphase dem Schmerz nachhängen, den Schmerz für uns erkennbar und interpretierbar machen. Das ist einer der wichtigsten Punkte. Treten Schmerzen in der Leistungsphase auf, z.B. beim Springpferd, in der Military oder beim Rennpferd auch, d.h. das Pferd ist in dieser Hauptbelastungsphase des Galoppierens, des Springens oder wie auch immer, dann ist das Pferd dermaßen nervlich angespannt, dermaßen fixiert auf Reiter, Hindernisse usw., dass es in dieser Phase, in dieser Schmerz auftretenden Phase nicht reagiert. Dieses ist natürlich auch individuell abhängig. Es ist Rasseabhängig. Z.B. ein Vollblutpferd, dessen Fluchtreflexe am meisten ausgeprägt sind, dessen Fluchtstrategien, eben auch für die Schnelligkeit beim Rennen ausgenutzt werden, dieses Pferd registriert in der Regel Verletzungen, selbst Beinbrüche, erst nach dem Rennen. Viele Pferde, wenn sie nicht stürzen, kommen mit gebrochenen Beinen ins Ziel, ohne das zu merken. Bei einem Warmblüter, einem Norweger oder einem Haflinger, der in seiner Nutzungsphase, in seiner Leistungsphase z.B. sich das Bein bricht, dieser registriert den Schmerz sofort und es greift sofort ein Schutzmechanismus ein. Das Pferd bleibt stehen. „Ich selber habe beim Distanzreiten Norweger erlebt, die nicht mehr konnten, die ein Bein vertreten hatten. Die haben sich hingelegt und waren durch nichts mehr zu bewegen. Die standen erst wieder auf, als die Schmerzen vorbei waren, und erst dann waren sie ohne große Zwangsmittel in der Lage, sich vorwärts zu bewegen. Das sind wichtige Erkenntnisse, diese Eigentümlichkeiten gerade bei der großen Streuungsbreite des Pferdes, der vielen Rassen.“ So ist der Schmerz von Rasse zu Rasse unterschiedlich. Ein Vollblüter merkt in der Bewegung die Schmerzen nicht, ein Warmblüter merkt die Schmerzen und hält sich absolut in Ruhe. Das ist eine Frage der Pferdementalitäten. Um diese Mentalität muss man als Fachmann wissen und sie auch einschätzen können. Es ist z.B. im Sport, in der Vielseitigkeit wesentlich einfacher, einen Warmblüter zu beobachten, ob bei ihm Ermüdungserscheinungen im Gelände auftreten. Richter, Hindernisrichter, Geländerichter beobachten das ja, und es heißt dann immer „der war müde“. Das war in der Regel ein Pferd mit hohen Warmbluteigenschaften. Bei denen sind die Ermüdungserscheinungen natürlicherweise besser erkennbar. Bei einem hoch im Blut stehenden Pferd ist das wesentlich anders. Diese Pferde laufen bis zum Ende durch, und es heißt dann hinterher „dieses Pferd war noch frisch“. Im Grunde genommen war das Pferd mental noch frisch, aber die körperlichen Eigenschaften haben genauso versagt wie bei einem Warmblüter. Nur beim Warmblüter blockt durch diese Bremse des Temperaments dieses Pferd eher ab, und der Schaden ist kleiner als beim Vollblüter. Es ist die Frage, wo fangen Schmerzen an? Geringfügige, kleine Schmerzen, aufbauende Schmerzen. Eine Größenordnung ist nicht zu bestimmen. Jedoch gibt es natürlich beim Pferd, wie auch beim Menschen, unerträgliche Schmerzen, Riesenschmerzen – später kommen wir noch auf das Gebiet des Bauchschmerzes. Unerträgliche Schmerzen sind natürlich dem Pferd auch anzusehen, aber es ist in der Natur auch so eingerichtet, dass durch Ausscheidungen von Endomorphinen beim Pferd Schmerzen – wie bei allen Tierarten natürlich – limitiert sind. Es gibt Schmerzen, die bis zu einer gewissen Höhe zu ertragen sind. Dann setzen natürliche Schutzmechanismen ein. Der Mensch wird z.B. ohnmächtig. Ein Pferd ist durch diese Endomorphine so gebremst, dass diese Schmerzen unermesslich nicht sein können. Es dreht sich dann natürlich um die Länge und die Ausdauer. Wie lange dauern Schmerzen? Ein typisches Beispiel für diese Schmerzen ist die allerseits bekannte Nasenbremse, die den Pferden angelegt wird, um sie zu beruhigen, um sie so zu fixieren, dass ein Tierarzt oder ein Schmied mit dem Pferd umgehen kann. Diese Nasenbremse, Sie werden es alle gemerkt haben, ist ein furchtbar ekliges Instrument. Es steht zwar in der Wissenschaft beschrieben, dass das Bremsen der Nase Endomorphine auslöst und dadurch dem Pferd keine Schmerzen entstehen. Das aber ist ein Denkfehler. Dem Pferd werden durch die Bremse erhebliche Schmerzen und ein erhebliches Unwohlsein zugefügt. Das sollte man sich z.B. bei der Anwendung der Bremse überlegen. Eine Bremse beim domestizierten Pferd ist eine Schutzmaßnahme und wichtig, aber jeder wird gemerkt haben, dass die Bremse eben beim Pferd in der wiederholten Anwendung schwere Aversionen und Angstzustände auslöst. Aufgrund der schlechten Erfahrungen, aufgrund der Schmerzen lässt sich das Pferd nur sehr widerwillig eine Bremse anlegen. Es gibt andere Möglichkeiten, wie sich der Untersucher schützen kann. Z.B., wenn man das Pferd in einen Zwangsstand bringt. U.U. kann man noch die Hinterbeine fesseln. Diese Art der Unterordnung fügt dem Pferd keinerlei Schmerzen zu. Also lässt es sich in den so genannten Zwangsstand führen, ohne Angst zu haben. Es hat aber Angst vor allen Bremsfunktionen, einer Nasenbremse, einer Ohrenbremse und ähnlichen Folterinstrumenten. Man kann leider nicht total auf eine Bremse verzichten, aber sie sollte so geschnürt werden, dass der Schmerz für das Pferd erträglich ist und dass dieser Schmerz nicht ständig zugefügt wird. Schmerzen können akut in jeder Situation, an jedem Körperteil, in jeder Region auftreten, je nach Wichtigkeit eines Organs sind diese Schmerzen auch graduell unterschiedlich. Ein Pferd, welches eine Hautverletzung am Körper, am Schenkel, am Hals oder an der Brust, in irgendeiner Region hat, dieses Pferd hat zwar vermeintlich große Wunden, aber das Schmerzempfinden ist für das Pferd nicht so groß. Warum? Weil es für die Bewegungs- und Fluchtstrategie mehr oder weniger von untergeordneter Bedeutung ist. Hat das Pferd im Gegensatz zu einer offenen Wunde eine Verletzung an einer Sehne, einen Sehnenschaden oder einen Gelenkschaden, ist dieses Schmerzempfinden als Schutzfunktion natürlich wesentlich größer, weil durch den Schmerz natürlich diese Sehne geschont wird, um sie möglichst ruhig zu stellen, damit sie möglichst schnell ausheilt. Das ist ganz wichtig. Ein anderes Beispiel. Ein Fohlen mit einem eingeklemmten Bruch, Nabel- oder Leistenbruch hat hochgradige Schmerzen. Es zeigt diese Schmerzen auch – wie wir später noch darauf zu sprechen kommen. Warum sind diese Schmerzen bei diesem Krankheitsbild so hochgradig? Weil die Schmerzen auch für eventuelle Hilfen, sei es in der Herde, sei es für den Menschen, erkennbar sein müssen, weil sonst bei solchen schweren Erkrankungen wie eingeklemmten Brüchen, der Tod schnell zu erwarten ist. Deshalb ist der Schmerz nicht nur für den eigenen Körper von Bedeutung, er ist auch ein wahnsinniges Signal, welches es aussendet als Hilfe für die Mitherdentiere oder auch natürlich für das Umfeld, in diesem Fall für das Haustier „Pferd“ der Mensch. Insofern sind diese Schmerzen unheimlich positiv, wichtig zu interpretieren, zu erkennen, um das Pferd zu schützen und zweifelsohne um das Pferd in gewissen Situationen zu retten. Schmerzen werden durch viele Dinge beeinflusst, sowohl graduell als auch zeitlich. Um noch einmal zu dem akuten Schmerz zu kommen: Ein Pferd, welches sich eine Verletzung zuzieht, hat zunächst durch diese Wunde einen so genannten Wundschock. D.h., es sind dagegen Nervenbahnen blockiert. Dieser Zustand dauert ungefähr zwanzig Minuten. In diesen 20 Minuten ist z.B. eine Wunde noch schmerzfrei. Man kann sie theoretisch in diesen 20 Minuten wieder zusammennähen. Wenn es länger als 20 Minuten dauert, sind natürlich durch Schädigungen des Umfeldes, durch veränderte Druckverhältnisse in der Wunde, Schmerzen eingetreten, die das Pferd natürlich dann erleidet, und die das Pferd auch in seiner Abwehrbereitschaft sensibilisiert. Denn wenn eine Wunde oder eine Verletzung genäht werden muss und das nach einer oder nach zwei Stunden passiert und das Pferd voll schmerzsensibel ist, will es auch seine Wunde vor äußeren Zugriffen schützen. Es weiß ja nicht, dass ich als Tierarzt die Wunde nähen will, um das Leiden zu verkürzen, sondern es interpretiert diese Annäherung an die Wunde direkt anders herum. Es will seine Wunde schützen, es will seine Wunde in Ruhe bewahren. Deshalb ist eine Sedierung, eine Lokalanästhesie von besonderer Bedeutung, da ich auf diese Weise den Schmerz so ausschalte und damit indirekt den Schutzmechanismus des Pferdes unterlaufe, um dem Pferd zu helfen. Das sind wirklich sehr wichtige Sachen, die man beim Umgang mit Pferden sowohl als Tierarzt als auch als Trainer, Reiter oder Halter beachten muss. Möchte der Tierarzt eine Wunde nach ein bzw. zwei Stunden behandeln, will das Pferd seine Wunde schützen und lässt den Tierarzt nicht an sich heran. Darum ist eine Sedierung wichtig, um damit indirekt den Schutzmechanismus des Pferdes zu unterlaufen. Es ist wichtig, dass der Tierarzt, Trainer oder Reiter das beachtet. Wenn ein Pferd z.B. eine Verletzung an einer Hintergliedmaße hat, und ich will diese Wunde behandeln, muss ich mit Abwehrreaktionen im positiven Sinne rechnen, weil es für sich dieses Gebiet schützen möchte vor weiteren Schädigungen. Deshalb muss man mit einem Pferd besonders umsichtig, besonders ruhig umgehen, damit es registriert: „ich als Heiler und Behandler will dem Pferd keine Schmerzen zufügen.“ Das bedeutet auch einen beruhigenden Einfluss nehmen auf die Psyche des Pferdes. Für uns Tierärzte ist es besonders bedeutsam, den Schmerz als physiologisches Geschehen des Körpers in unser Erkennungs- und Therapieprogramm einfließen zu lassen. Einmal ist es wichtig, graduell die Schmerzäußerung eines Pferdes zu interpretieren und zu erkennen, zum anderen ist es genauso wichtig, die Funktion der Körperschmerzen zu erkennen und zu beachten. Das vorherige Beispiel von den Abwehrmaßnahmen einer Wunde bedeutet im positiven Sinne Schutz vor weiteren Einwirkungen. Die Beachtung, z.B. die Ausdrucksform eines Pferdes bei einer Schmerzäußerung, z.B. das Lahmen, der Grad des Lahmens, die Art der Bewegung einer Gliedmaße sowohl in der Belastungsphase als auch in der Bewegungsphase, ist bedeutend. Besonders in der Regenerationsphase, wenn die Pferde noch Schmerzen haben und man anfängt, sie in eine natürliche, normale Bewegungs- und Belastungsphase zu bringen, ist es wichtig, den Ausdruck, den das Pferd als lahmendes Tier gibt, so zu beachten. Z.B. ich longiere das Pferd links herum, da hinkt er deutlich auf dem rechten Bein oder auf dem linken Bein, und wenn ich das Pferd anderes herum longiere, dann lahmt es überhaupt nicht. Diese Art der Schmerzfunktion muss man erkennen, und man muss den Schmerz zu Hilfe nehmen und sagen „ich muss das Pferd so bewegen, dass das Pferd dem Schmerz aus dem Weg gehen kann“ – Es ist bei einer Zwangsbewegung und heutigen Domestikation sehr schwierig, eine natürliche Schutzhaltung beim Pferd zu erkennen. Man muss sich damit befassen, und die Schmerzäußerung ist bei gewissen Bewegungsabläufen sinnvoll. Z.B. das Pferd wehrt sich gegen Galoppwechsel. Es wehrt sich in den seltensten Fällen aus einer Widerspenstigkeit heraus, sondern die Verweigerung und die Aversion treten deshalb auf, weil das Pferd Schmerzen bei gewissen Bewegungsabläufen fühlt. Und wenn ich durch Zwang diese natürlichen Abwehrfunktionen übergehe, bereite ich dem Pferd zunehmend mehr Schmerzen und bereite dem Pferd auch zunehmend mehr Krankheit. Das Pferd wird kränker, weil das Pferd in der Ruheausheilungsfunktion gestört wird. Deshalb ist die Beobachtung und die Ausdrucksweise der Schmerzformen in allen Regionen, auch bei inneren Schmerzen, von entscheidender Heilungsbedeutung. Eliminiere ich die Schmerzen einfach durch ein Schmerzmittel, dann unterbreche ich die Funktion der Schmerzempfindung z.B. vom Hufgelenk zum Gehirn, dann unterbreche ich dieses Leitungssystem. Das Pferd spürt im Kopf keinen Schmerz mehr, d.h., es belastet diesen Huf voll, ohne dass die Krankheitsursache beseitigt ist. Das bedeutet für das Pferd, diese Erkrankung verschlechtert sich, es ist wesentlich aktiver, und wenn das Schmerzmittel weg ist, ist das Pferd plötzlich wesentlich lahmer, weil die Ursache des Schmerzes, die Verletzung Sehnenentzündung, sich verschlimmert hat.
Sprache | deutsch |
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Maße | 125 x 200 mm |
Gewicht | 140 g |
Einbandart | Paperback |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Sport ► Reiten / Pferde |
ISBN-10 | 3-86675-180-X / 386675180X |
ISBN-13 | 978-3-86675-180-4 / 9783866751804 |
Zustand | Neuware |
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