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Heimat und keine

Schriften und Reden 1964 - 1968
Buch | Softcover
336 Seiten
1985
dtv Verlagsgesellschaft
978-3-423-10603-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Heimat und keine
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»Obwohl als einzelner schreibend habe ich mich nie als einzelnen empfunden, sondern als Gebundenen. Gebunden an Zeit und Zeitgenossenschaft, an das von einer Generation Erlebte, Erfahrene, Gesehene und Gehörte, ...] gebunden an die Ruhe- und Heimatlosigkeit einer Generation, die sich plötzlich ins Großvateralter versetzt findet und immer noch nicht reif geworden ist.«
Aus der Reihe ›Schriften und Reden‹»Obwohl als einzelner schreibend, ausgestattet nur mit einem Stoß Papier, einem Kasten gespitzter Bleistifte, einer Schreibmaschine, habe ich mich nie als einzelnen empfunden, sondern als Gebundenen. Gebunden an Zeit und Zeitgenossenschaft, an das von einer Generation Erlebte, Erfahrene, Gesehene und Gehörte, das autobiographisch nur selten annähernd bezeichnend genug gewesen ist, um in Sprache gefaßt zu werden; gebunden an die Ruhe- und Heimatlosigkeit einer Generation, die sich plötzlich ins Großvateralter versetzt findet und immer noch nicht reif geworden ist.«Eine »Ästhetik des Humanen«, wie man sie in. seinen Romanen und Erzählungen findet, hat Böll nur einmal ausführlicher formuliert: In seinen »Frankfurter Vorlesungen«, die er 1964 hielt. Worum es dabei geht, sagt er gleich im ersten Satz: um »das Wohnen, die Nachbarschaft und die Heimat, das Geld und die Liebe, Religion und Mahlzeiten«. Fast die gleichen Worte stehen am Anfang von »Heimat und keine«, einem prägnanten Text über die eigentümliche Heimatlosigkeit der Menschen im westlichen Deutschland.Es gibt zwei Köln, die »heimatlich« waren: das Vorkriegsköln und das zerstörte Köln, in das wir 1945 zurückzogen, heißt es da. Auch diese zweite Heimat aber sei »schon wieder verloren«.Die Jahre 1967/68 bringen andere Stichworte: der »Prager Frühling« und sein jähes Ende beim Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen, die Studentenrevolte und - zum ersten Mal - der gefährliche Einfluß des Springer-Konzerns. Dabei steht Bölls private Reportage aus Prag (»Der Panzer zielte auf Kafka«) gleichrangig neben seinem öffentlichen Auftreten gegen die Notstandsgesetze. Aber seine Bitterkeit angesichts der »schlüpfrigen Hast«, mit der Kiesinger, Barzel und Schmidt die Notstandsregelung durchpauken, ist wesentlich größer. Aus der Reihe ›Schriften und Reden‹»Obwohl als einzelner schreibend, ausgestattet nur mit einem Stoß Papier, einem Kasten gespitzter Bleistifte, einer Schreibmaschine, habe ich mich nie als einzelnen empfunden, sondern als Gebundenen. Gebunden an Zeit und Zeitgenossenschaft, an das von einer Generation Erlebte, Erfahrene, Gesehene und Gehörte, das autobiographisch nur selten annähernd bezeichnend genug gewesen ist, um in Sprache gefaßt zu werden; gebunden an die Ruhe- und Heimatlosigkeit einer Generation, die sich plötzlich ins Großvateralter versetzt findet und immer noch nicht reif geworden ist.«Eine »Ästhetik des Humanen«, wie man sie in. seinen Romanen und Erzählungen findet, hat Böll nur einmal ausführlicher formuliert: In seinen »Frankfurter Vorlesungen«, die er 1964 hielt. Worum es dabei geht, sagt er gleich im ersten Satz: um »das Wohnen, die Nachbarschaft und die Heimat, das Geld und die Liebe, Religion und Mahlzeiten«. Fast die gleichen Worte stehen am Anfang von »Heimat und keine«, einem prägnanten Text über die eigentümliche Heimatlosigkeit der Menschen im westlichen Deutschland.Es gibt zwei Köln, die »heimatlich« waren: das Vorkriegsköln und das zerstörte Köln, in das wir 1945 zurückzogen, heißt es da. Auch diese zweite Heimat aber sei »schon wieder verloren«.Die Jahre 1967/68 bringen andere Stichworte: der »Prager Frühling« und sein jähes Ende beim Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen, die Studentenrevolte und - zum ersten Mal - der gefährliche Einfluß des Springer-Konzerns. Dabei steht Bölls private Reportage aus Prag (»Der Panzer zielte auf Kafka«) gleichrangig neben seinem öffentlichen Auftreten gegen die Notstandsgesetze. Aber seine Bitterkeit angesichts der »schlüpfrigen Hast«, mit der Kiesinger, Barzel und Schmidt die Notstandsregelung durchpauken, ist wesentlich größer.

Heinrich Böll, geb. am 21. Dezember 1917 in Köln, gest. am 16. Juli 1985 in Langenbroich, war Sohn eines Tischlers und Holzbildhauers, in dessen Hause in Köln ab 1933 Zusammenkünfte verbotener katholischer Jugendverbände stattfanden. Nach einem gerade begonnenen Studium der Germanistik und klassischen Philosophie wurde Böll 1939 zur Wehrmacht eingezogen. Er desertierte 1944 und kehrte 1945 aus der Kriegsgefangenschaft nach Köln zurück, wo er sein Studium wieder aufnahm und in der Schreinerei seines Bruders arbeitete. Ab 1947 publizierte er in Zeitschriften und wurde 1951 für die Satire 'Die schwarzen Schafe' mit dem Preis der Gruppe 47 ausgezeichnet. Fortan war er als freier Schriftsteller tätig. Außerdem übersetzte er, gemeinsam mit seiner Frau Annemarie, englische und amerikanische Literatur (u.a. George Bernard Shaw und Jerome D. Salinger). Als Publizist und Autor führte Heinrich Böll Klage gegen das Grauen des Krieges und seiner Folgen, polemisierte er gegen die Restauration der Nachkriegszeit und wandte er sich gegen den Klerikalismus der katholischen Kirche, aus der er 1976 austrat. In den 60er und 70er Jahren unterstützte er die Außerparlamentarische Opposition. 1983 protestierte er gegen die atomare 'Nachrüstung'. Insbesondere engagierte sich Böll für verfolgte Schriftsteller im Ostblock (Reisen in die UdSSR und CSSR). Der 1974 aus der UdSSR deportierte Alexander Solschenizyn war zunächst Bölls Gast. Ab 1976 gab er, gemeinsam mit Günter Grass und Carola Stern, die Zeitschrift 'L 76. Demokratie und Sozialismus' heraus. Der Verband deutscher Schriftsteller wurde 1969 von ihm mitbegründet, und er war Präsident des Internationalen PEN-Clubs (1971-74). Böll erhielt zahlreiche Auszeichnungen, so den Georg-Büchner-Preis (1967), den Literatur-Nobelpreis (1972) und die Carl-von-Ossietzky-Medaille (1974).

Bernd Balzer, geboren 1942 in Berlin. Er hat Studien zur Literatur des 16., 19. und 20. Jahrhunderts veröffentlicht und ist Herausgeber der Werke Heinrich Bölls.

Erscheint lt. Verlag 1.11.1985
Reihe/Serie dtv Literatur
dtv Taschenbücher
Verlagsort München
Sprache deutsch
Maße 108 x 180 mm
Gewicht 207 g
Themenwelt Literatur Briefe / Tagebücher
Literatur Essays / Feuilleton
Sachbuch/Ratgeber Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft Briefe / Präsentation / Rhetorik
Schlagworte Belletristik • Böll, Heinrich; Aufsätze/Essays • Böll, Heinrich; Reden • gelebte Geschichte • Köln
ISBN-10 3-423-10603-4 / 3423106034
ISBN-13 978-3-423-10603-0 / 9783423106030
Zustand Neuware
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