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Die anhaltende Suche nach Glück (eBook)

Roman | Über die Zeit nach einer Trennung | »Selten wurde so grandios, so anders und neu erzählt«, Christine Westermann über den Vorgänger »An Liebe stirbst du nicht.«
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
192 Seiten
Harpercollins (Verlag)
978-3-7499-0826-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die anhaltende Suche nach Glück -  Géraldine Dalban-Moreynas
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Ein rasanter Roman über Liebe und Leidenschaft, Hoffnung und Enttäuschung - und über die unendliche Stärke von Frauen

Eine unabhängige, alleinstehende Frau, die mit ihrer Tochter in Paris lebt, meldet sich ohne größere Erwartungen bei einer Dating-Webseite an. Sie verliebt sich Hals über Kopf in den Mann, den sie kennenlernt, und er erwidert ihre Gefühle. Eine leidenschaftliche Liebe, große Gefühle und ebenso große Pläne entstehen: Sie kaufen gemeinsam eine Wohnung und ziehen zusammen ein. Doch ohne Vorwarnung verlässt er sie eines Morgens. Sie ist geschockt, trauert um die Beziehung, stellt ihr bisheriges Leben infrage. Sie reist nach Marokko, ein Land, das ihr viel bedeutet, in dem sie sich sehr wohl fühlt. Besinnt sich auf sich, will - und wird - neu beginnen.



Géraldine Dalban-Moreynas war Journalistin, hatte eine Kommunikations- und PR-Agentur und arbeitet heute mit ihrer Firma M.conceptstore im Bereich Innenarchitektur. Ihr erster Roman »An Liebe stirbt man nicht« wurde mit dem Prix du Premier Roman 2019 ausgezeichnet und stand eine Zeit lang auf Platz 10 der deutschen Bestsellerliste Hardcover Belletristik.

2


Sie hat immer davon geträumt, hier zu wohnen. Als Studentin ist sie ganze Sonntage lang die Stufen von Montmartre hochgelaufen. Sie hat diesen Ort immer gemocht, ohne zu wissen, warum. Obwohl sie nicht von hier ist. Als sie klein war, ist sie einmal mit ihrem Vater nach Paris gekommen. Sie erinnert sich vage an einen unkontrollierbaren Schwindel in der ersten Etage des Eiffelturms. Sie hat immer gesagt, dass sie eines Tages ein Kind aus Montmartre haben würde. Ihre Tochter ist ein Montmartre-Kind.

Mit dreißig opferte sie eine, wie man sagt, komfortable Situation und eine geplante Hochzeit für eine Liebesaffäre mit einem verheirateten Mann. Die Sache war vom ersten Kuss an zum Scheitern verurteilt, aber das hatte sie nicht davon abgehalten, bis zum letzten Abend daran zu glauben. Ein Jahr später zog sie auf den Hügel von Montmartre, um in einer kleinen Zweizimmerwohnung am Ende einer Allee ihre Wunden zu lecken. Villa Armand, Nummer 4. Vierzig Quadratmeter, in denen sie lernte, ohne ihn zu leben.

Ein paar Monate später packte sie erneut Kartons, um in eine Dachgeschosswohnung zu ziehen. Rue des Trois-Frères, Nummer 31, Montmartre. Ebenfalls zwei Zimmer, die wie eine etwas verrückte Garçonnière wirkten und einige feuchtfröhliche Partys beherbergen sollten.

Die Wohnung lag einen Steinwurf von der Place des Abbesses entfernt und war, als sie sie zum ersten Mal besichtigte, schon monatelang auf dem Markt, ohne dass sich jemand hatte vorstellen können, sie zu kaufen. Der Makler hatte sich eine Weile bitten lassen, bevor er einwilligte, die vier Stockwerke ohne Fahrstuhl hochzusteigen, obwohl die Sommerhitze einem jede Willensstärke und die Luft zum Atmen raubte.

»Ich muss Sie vorwarnen, Sie haben auf die Besichtigung bestanden, aber die Wohnung liegt direkt unter dem Dach. Die Deckenhöhe entspricht nicht der Vorschrift. Wenn Sie sie irgendwann verkaufen wollen, wird Ihnen das nicht gelingen. Daran hakt es bei jeder Besichtigung, und machen Sie sich keine Illusionen, im Gestühl ist nichts rauszuholen. Wäre es Ihnen nicht lieber, wir würden uns die Zeit nehmen, um etwas zu finden, das eher Ihren Kriterien entspricht?«

»Aber diese Wohnung entspricht meinen Kriterien.«

»Sobald ein Mann, der größer ist als einen Meter achtzig, über die Schwelle tritt, wird er Angst haben, gegen einen Balken zu rennen. Es sind kaum mehr als zwei Meter Deckenhöhe …«

»Das ist mir egal, es gibt in meinem Leben keinen Mann über einen Meter achtzig.«

Sie kaufte die Wohnung.

Und verkaufte sie wieder, wegen eines Ein-Meter-achtzig-Mannes, der jedes Mal, wenn er reinkam, das Gefühl hatte, gleich gegen einen Balken zu rennen.

Ein Baby und eine Trennung später kehrte sie nach Montmartre zurück, dieses Mal ein Stück weiter in den Westen. Rue Paul-Albert, unterhalb der großen Treppen, die zu Sacré-Cœur hinaufführen. Dort liegt einem die Stadt zu Füßen. Ihre Tochter lernte laufen, indem sie ständig diese gepflasterten Treppen rauf- und runterkraxelte.

Sie verkaufte wieder. Weil der Bewohner oben drüber zwischen zwei Klinikaufenthalten jede Nacht versuchte, seine Frau zu ermorden, und ihr mit einem Fleischermesser durch das Treppenhaus hinterherlief. Sie hatte überlegt, dass es nicht sehr vernünftig war, allein mit ihrer Tochter dort zu leben, wenn über ihren Köpfen ein Irrer wohnte, auch wenn dieser eigentlich sehr sympathisch war – solange er nicht vergaß, seine Pillen zu nehmen. Vor allem verkaufte sie, weil sie endlich die Patchworkfamilie hatte, von der sie so lange geträumt hatte.

»Ist es nicht zu früh für eine gemeinsame Wohnung?«

»Warum zu früh?« Sie sah ihre Freundin Sophie stirnrunzelnd an.

»Ich darf dich daran erinnern, dass ihr euch erst vor drei Monaten getroffen habt …«

»Wir sind über vierzig, wie viel Zeit, glaubst du, brauchen wir noch, um zu wissen, dass wir das wirklich wollen?«

»Vielleicht hast du recht. Aber ihr kennt euch doch erst seit Kurzem.«

»Wir haben den Sommer zusammen verbracht, und es war so schön.«

»Der Sommer ist nicht das Gleiche, da fehlt der Druck der Arbeit, der Alltagsstress.«

»Ich weiß, ich weiß, aber schau, ich habe Milly fast die ganze Zeit und er hat seine Söhne ständig. Wenn wir uns sehen wollen, ist das Zusammenleben also die einzige Lösung, sonst kann es einfach nicht funktionieren. Wir können nicht jeden Abend einen Babysitter nehmen und uns im Hotel treffen.«

Sophie nickte. Automatisch, ohne wirklich daran zu glauben. Obwohl alle daran glauben. Oder glauben wollen, weil alle Geschichten mit Happy End lieben. Vielleicht eher aus Egoismus als aus Nächstenliebe, um die eigenen Hoffnungen auf eine Liebesgeschichte, von der wir im dunklen Kinosaal träumen, zu nähren. Denn woran gehen sie eigentlich innerlich zugrunde, diese lebhaften, wilden und unabhängigen Frauen und Männer, die sich in einer Gesellschaft behaupten, in der mit der richtigen App die meisten Begehren gestillt werden können? Sogar das sexuelle. Und doch gehen sie zugrunde, ohne überhaupt zu merken, dass sie ziellos im Kreis rennen, nur um sich lebendig zu fühlen. Daran, nicht geliebt zu werden. Und nicht zu lieben. Sie wusste nicht, was zuerst kam.

An einsamen Sonntagen hat sie früher dem Blues ein Schnippchen geschlagen, indem sie sich auf ihrem Bildschirm durch diverse Typen mit Sex- oder Liebesbedürfnis gescrollt hat. Sie waren nicht da draußen, weil sie dort waren, an ihren Tastaturen. Der nicht enden wollende Regen war schuld. Die Straßen von Paris waren wie ausgestorben. Durch ihr Fenster sah sie das triefend nasse Pflaster von Montmartre, ein paar Regenschirme von verirrten Touristen, die entschlossen waren, trotz des schlechten Wetters zu Sacré-Cœur hinaufzugehen, und das war alles. In den Cafés hatten sich wohl ein paar Pariser zum traditionellen Sonntagsbrunch zusammengepfercht, aber sie sprachen nicht mit den Leuten am Nachbartisch. Sie waren als Paar oder mit Freunden gekommen, sie brauchten niemanden zum Reden. Nein, diejenigen, die reden wollten, waren dort, das wusste sie. Als sie ihren Computer öffnete, sah sie an der Seite des Bildschirms die Gesichter vorbeiziehen, in der unteren Ecke ein grünes Symbol, das leuchtend bestätigte, dass sie online waren. Alle saßen sie dort bequem an ihren Bildschirmen, auf dem Sofa, und warteten auf ein Zeichen.

Wenn es bei ihr geklappt hatte, hieß das, dass es auch bei ihnen klappen konnte. Bei all denjenigen, die davon träumten, nach vierzig noch einmal ein neues Leben zu beginnen, trotz einer ersten gescheiterten, da zu früh eingegangenen Ehe (wie ihr Psychiater ihnen erklärt hatte), die auf einem wunderschönen, zu diesem Anlass gemieteten Anwesen in der Normandie oder im tiefsten Luberon geschlossen worden war. Die Eltern hatten willig die 40.000 Euro aus ihrem Bausparvertrag geopfert, um den Caterer zu bezahlen, und die Schwiegereltern, die unbedingt noch eins draufsetzen mussten, hatten sich das letzte Geld aus den Rippen geleiert, um als Überraschung Papierlaternen in die Luft steigen zu lassen, während die Torte angeschnitten wurde. Sie waren ziemlich stolz auf ihren Einfall, auch wenn sie wegen des Winds fast das Feld des Bauern nebenan in Brand gesetzt hätten. Es wurde bis zum Morgengrauen getanzt und sich die ewige Liebe geschworen, und das war es dann. Zehn Jahre und zwei Kinder später standen sie vor der Tür des Paartherapeuten, bei dem sie für zwei wöchentliche Sitzungen seit sechs Monaten ordentlich Geld ließen und der ihnen soeben mitgeteilt hatte: »Hören Sie, ich kann wirklich nichts mehr für Sie tun. Ich glaube, dass Sie sehr unterschiedliche Wege eingeschlagen haben, Ihr lang angestauter Groll auf den anderen sitzt zu tief, irgendwann muss man akzeptieren, dass es das Beste ist, sich zu trennen und sein Leben ohne den anderen weiterzuführen. Nur ein Anwalt kann Ihnen jetzt noch helfen, indem er Sie so gut es geht bei der Scheidung begleitet, für Ihre Kinder, aber natürlich auch für Sie selbst, denn Ihr Leben ist damit nicht zu Ende, wissen Sie! Es gibt nicht nur gelungene Ehen, sondern auch gelungene Scheidungen!«, hatte er abschließend gesagt, mit einem kräftigen Augenzwinkern, um die Atmosphäre zu entspannen und wie um ihnen zu sagen: Machen Sie sich keine Sorgen, es wird alles gut gehen.

Ihnen war die Atmosphäre egal. Hier, vor der Tür dieser Therapeutenpraxis, waren ihr Leben und ihre Träume gescheitert.

Ihre Ehe endete mit einem Einschreiben, denn sie mussten nicht einmal vor Gericht, um ihre Freiheit wiederzuerlangen. Sie hatten die Schließung der Ehe ein Jahr geplant und sie innerhalb von fünfzehn Tagen und mit einem gesalzenen Scheck für ihren Anwalt wieder aufgelöst. Eine Unterschrift genügte. Hier, ganz unten. Als ob ein Einschreiben genügte, um die Erinnerung an das Versprechen ewiger Liebe auszulöschen, einfach so, ohne vor einen Richter zu treten, der dem Ganzen einen feierlichen Anstrich gegeben hätte, nur weil die Gerichte entlastet werden mussten und Symbolik angesichts des Budgetdefizits des Justizministeriums wenig Gewicht hat.

Heute lässt man sich mit Leichtigkeit scheiden, weil man alles entdramatisieren muss, weil nichts wirklich zählt, abgesehen von der verrinnenden Zeit. Wer auf der Suche ist, wird aber bald feststellen, dass sich hinter den starren Gesichtern derjenigen, die die Behörden als »geschieden« einordnen, geschundene Seelen verbergen. Es bleibt nichts zurück außer dem Gefühl von gewaltiger Leere und Vergeudung, das nicht so schnell verschwindet.

»Ich muss trauern, verstehst du?«

Sie schaut ihre Freundin Sophie...

Erscheint lt. Verlag 20.8.2024
Übersetzer Sina de Malafosse
Sprache deutsch
Original-Titel Elle voulait juste être heureuse
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Partnerschaft / Sexualität
Reisen Reiseführer Europa
Schlagworte Autobiografischer Roman • Bestseller • Beziehung • Dating • Frankreich • Französischer Roman • Frauen • Frauen Mitte vierzig • Fünfzig • Geschenk Frauen • Ghosting • Intensität • Lebenskrise • Leidenschaft • Liebe • Liebeskummer • Marokko • Neuanfang • New York • Paris • Patchwork • Patchwork Familie • Roman Frauen • Scheidung • Selbstfindung • Trennung • trennung akzeptieren • Unabhängigkeit • Verlassen • Verlassen werden • viele Lieben • Vierzig • Wendepunkt im Leben
ISBN-10 3-7499-0826-5 / 3749908265
ISBN-13 978-3-7499-0826-4 / 9783749908264
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