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Durchs wilde Herz der Karpaten (eBook)

Meine Wanderung in den letzten großen Urwäldern Osteuropas
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
272 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60657-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Durchs wilde Herz der Karpaten -  Gerald Klamer
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Zu Besuch bei Bären und Baumgiganten Im ausgehenden Winter startet Förster Gerald Klamer seine Wanderung durch die letzten großen Buchenurwälder der Karpaten. Er wird von Schneetreiben überrascht, bahnt sich neue Wege durch unwegsames Gelände und begegnet Wölfen, Bären und Hirtenhunden. Warum wir vom Menschen unberührte Wälder brauchen Unterwegs trifft er sich immer wieder mit Einheimischen, die ihm ihre heimatlichen Wälder zeigen und von den Gefahren berichten, denen sie als Aktivisten ausgesetzt sind. Auf tausend Wanderkilometern steht Gerald Klamer sowohl entsetzt vor frischen Kahlflächen als auch staunend vor uralten Baumgiganten mit dichten Moos- und Flechtenteppichen. Unterwegs im UNESCO-Weltnaturerbe in Polen, Rumänien und der Slowakei 

Gerald Klamer, geboren 1967, war über 25 Jahre Förster in Hessen. Neben dem Wald gilt seine Leidenschaft dem Wandern, am liebsten in Wildnisgebieten überall auf der Welt. Er unternahm zahlreiche mehrmonatige Touren, unter anderem durch den Himalaja, die Anden, die Rocky Mountains, die Alpen und Skandinavien. Auf diesem Erfahrungsschatz aufbauend wanderte er 2021 fast 6000 Kilometer durch Deutschland, wovon er in seinem Buch 'Der Waldwanderer' berichtet. Auf seinen Blogs Waldbegeisterung und Trekking wild erzählt Gerald Klamer außerdem regelmäßig von seinen Naturbeobachtungen und Reisen. In einem weiteren Projekt durchwandert er die Urwälder der Karpaten, um auf ihre Bedrohung aufmerksam zu machen.

Gerald Klamer, geboren 1967, war über 25 Jahre Förster in Hessen. Neben dem Wald gilt seine Leidenschaft dem Wandern, am liebsten in Wildnisgebieten überall auf der Welt. Er unternahm zahlreiche mehrmonatige Touren, unter anderem durch den Himalaja, die Anden, die Rocky Mountains, die Alpen und Skandinavien. Auf diesem Erfahrungsschatz aufbauend wanderte er 2021 fast 6000 Kilometer durch Deutschland, wovon er in seinem Buch "Der Waldwanderer" berichtet. Auf seinen Blogs Waldbegeisterung und Trekking wild erzählt Gerald Klamer außerdem regelmäßig von seinen Naturbeobachtungen und Reisen. In einem weiteren Projekt durchwandert er die Urwälder der Karpaten, um auf ihre Bedrohung aufmerksam zu machen.

Im Schnee der Veľká Fatra


 

Zeitraum: 27. bis 30. März

Nationalpark: Veľká Fatra (66 503 Hektar)

 

Es ist früh am Sonntagmorgen, und ich stehe mit meiner Freundin Anke an der S-Bahn-Station Nürnberger Straße in Stuttgart und warte auf den Zug zum Flughafen. Noch vor wenigen Stunden habe ich meinen Rucksack fertig gepackt und alles zurechtgelegt, was ich heute brauchen werde, vor allem Pass und Geld. Auch wenn ich schon sehr oft zu einer langen Reise aufgebrochen bin, fühlt es sich jedes Mal merkwürdig an, von einem Moment auf den anderen einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen.

Zwar ist der Schritt diesmal weniger radikal als im letzten Jahr, als ich nicht nur zu einer 6000 Kilometer langen Wanderung durch Deutschland aufgebrochen war, sondern gleichzeitig meine Stelle als Forstbeamter, meine Wohnung und all meinen Besitz aufgegeben hatte. Dennoch fällt es mir schwer, mich von Anke zu verabschieden, ich bin müde und unsicher, ob es vernünftig ist, jetzt, zum Ausgang des Winters, in die Berge der Karpaten aufzubrechen. Der Karpatenbogen erstreckt sich von der Slowakei über Polen und die Ukraine bis nach Rumänien, dem Land mit dem größten Anteil an dieser Gebirgskette, die in der Hohen Tatra und den Südkarpaten bis über 2500 Meter aufragt.

Dort will ich etwas finden, das es in Deutschland kaum noch gibt: Urwälder. Bei meiner letzten großen Wanderung habe ich zwar zahlreiche wundervolle Waldgebiete kennengelernt, doch ursprüngliche Primärwälder wurden bei uns – bis auf winzige Reste im Bayerischen Wald – schon vor langer Zeit in Wirtschaftswälder umgewandelt. Auch in den Karpaten wird der Wald immer intensiver genutzt, aber dort gibt es bis zum heutigen Tag noch großflächig von menschlichen Eingriffen unberührte Wälder. Urwälder üben auf mich eine große Faszination aus. Nur dort bleibt die volle Biodiversität des Waldes erhalten, und sie sind einzigartige Kohlenstoffspeicher, echte Helfer im Kampf gegen die Klimakrise. Allerdings stehen die Wälder der Karpaten unter starkem Druck vonseiten der Holzwirtschaft. Fast täglich werden dort schützenswerte Urwälder unwiederbringlich abgeholzt.

Nachdem ich meine Deutschlandwanderung abgeschlossen hatte, stand mein Entschluss also schnell fest: Ich will alle größeren Urwaldgebiete der Karpaten zu Fuß besuchen und mir mit eigenen Augen ein Bild davon machen, wie es um ihren Erhalt steht.

Vom ausgehenden Winter bis zum Frühsommer möchte ich die unterschiedlichen Regionen entdecken und den Wechsel der Jahreszeiten erleben. Dafür werde ich Wanderwege nutzen, aber auch querwaldein via GPS laufen. Anders als auf meiner Deutschlandwanderung werde ich nicht die gesamte Strecke zu Fuß gehen, sondern zwischen den Urwaldgebieten überwiegend per Anhalter mit dem Auto fahren und so hoffentlich auch mit Einheimischen ins Gespräch kommen. Außerdem will ich Naturschützer, Wissenschaftler und Aktivisten treffen, um meine persönlichen Eindrücke zu erweitern. Beginnen will ich in der Slowakei, von dort einen Abstecher nach Polen machen und dann relativ viel Zeit in Rumänien verbringen. Die Ukraine muss ich wegen des russischen Angriffs leider auslassen.

Am Flughafen Stuttgart angekommen, steuere ich nicht die Abflughalle an, sondern gehe zum Fernbusbahnhof. 24 Stunden werde ich brauchen, um in die Slowakei zu gelangen, dafür ist eine Busreise wesentlich klimaschonender als ein Flug – und in diesem Fall auch günstiger. Vor allem aber habe ich auf der Fahrt die Gelegenheit, mich mental auf die vor mir liegenden Wanderungen einzustellen.

Mit steifen Beinen steige ich schließlich in Banská Bystrica aus dem warmen Bus in die kühle Morgenluft. Endlich durchatmen und ausstrecken. Jetzt um 3:45 Uhr wirkt der Busbahnhof dieser Kleinstadt mitten in der Slowakei wie ausgestorben, aber immerhin ist alles gut organisiert und ich entdecke rasch die Haltestelle des lokalen Busses, mit dem ich hinauf nach Dolný Harmanec fahren will, einem kleinen Ort nordwestlich der Stadt. Für die 14 Kilometer muss ich nur 90 Cent bezahlen!

Als ich endlich den Ausgangspunkt meiner ersten Wanderung erreiche, wird es gerade hell. Hier auf 500 Metern ist es deutlich kühler als im Tal. Eine Tafel verrät, dass an dieser Stelle der Nationalpark Veľká Fatra beginnt, der etwa doppelt so groß ist wie der größte deutsche Nationalpark und einige Urwälder beherbergt, die ich auf einer selbst entworfenen Route einen nach dem anderen besuchen möchte. Ein Fahrweg führt mich in das bewaldete Tal der Bystrica. Zu meiner Überraschung liegt selbst auf dieser ziemlich niedrigen Höhe noch viel Schnee. Werde ich überhaupt vorankommen, wenn es weiter oben noch mehr davon gibt?

Einstweilen ist das Laufen zum Glück nicht allzu schwer, da der Schnee vielerorts noch gefroren und ziemlich hart ist. An Stellen, wo er bereits getaut ist, wachsen oft große, rhabarberartige Pestwurzblätter, und aus dem Bachbett fliegen mitunter Wasseramseln auf, die tauchend am Grund des Gewässers nach Insekten gesucht haben.

Während an den steilen Hängen überwiegend Buchen wachsen, ragen im Tal auch viele Fichten in die Höhe. Obwohl ich mich ja in einem Nationalpark befinde, wird der Wald genutzt. An etlichen Stellen liegen frisch gefällte Bäume, oftmals wurden schmale, schneisenartige Kahlschläge vorgenommen. Bereits hier wird mir klar, dass die oft immens großen neun slowakischen Nationalparks, von denen ich drei besuchen werde, nicht auf ganzer Fläche unberührt sind. Als Nationalpark ausgewiesen zu sein, bedeutet keineswegs, dass diese Gebiete wirklich geschützt werden.

Auf einem Pfad, der sich in Serpentinen nach oben schraubt, verlasse ich das Tal. Meist lässt es sich auf dem Schnee gut laufen, aber stellenweise breche ich durch die harte Kruste tief ein. Nach fast fünf Monaten, in denen ich das Buch über meine Deutschlandwanderung geschrieben habe und relativ wenig gelaufen bin, ist das Bergaufsteigen im Schnee ziemlich anstrengend für mich.

Doch zunächst komme ich recht gut voran. Als ich oberhalb von 1200 Metern in offene Bereiche gelange, ist der Schnee größtenteils vom Wind hart gepresst worden, und zeitweise kann ich der Spur eines Schneeschuhgehers folgen. Außerdem ist der Pfad mit langen Stangen gut markiert. Über die bewaldeten Hügel der Veľká Fatra – veľká bedeutet übrigens groß – schweift mein Blick zu den noch tief verschneiten Bergen an der Grenze zu Polen, und mich beschleichen Zweifel, ob es mir gelingen wird, mit so viel Schnee klarzukommen.

Etwa eine Stunde führt mein Weg durch dichten Fichtenwald hinunter ins Tal der Dedošová Dolina. Zwar gibt es stellenweise Markierungen an den Bäumen, aber ein Pfad ist an dem steilen Hang nicht zu erkennen. Getaut hat es hier auf der schattigen Nordseite noch kaum, und obwohl der Schnee recht hart ist, bricht die vereiste Kruste immer wieder, und ich versinke bis zum Schienbein in der weißen Masse. Dabei gelangt viel Schnee in meine Stiefel, der mir bald nasse Füße beschert. Der Abstieg ist ziemlich anstrengend, aber ich bin froh, dass ich wenigstens nicht raufmuss.

Gegen Mittag erreiche ich das sonnige Tal, wo ich ein bereits schneefreies Plätzchen für meine Schokoladenpause entdecke. Es ist angenehm warm, und ich genieße die Sonnenstrahlen im Gesicht. Rasch ziehe ich Stiefel und Socken aus, um meine kalten Füße trocknen zu lassen. Der Anfang war zwar nicht einfach, aber in mir breitet sich dennoch ein Wohlgefühl aus: Schokolade, Sonne und unberührte Natur – herrlich!

Als ich dem Tal weiter abwärts folge, gelange ich auf einen Forstweg, der von den weißen Massen geräumt wurde. Nach der anstrengenden Schneewanderung kommt es mir jetzt vor, als würde ich regelrecht durch die Landschaft fliegen. Normalerweise mag ich Forstwege nicht besonders und bin lieber auf kleinen Wegen oder querwaldein unterwegs, aber jetzt genieße ich es, schnell und einfach vorwärtszukommen. Doch leider führt mich ein Pfad schon bald wieder aufwärts. Der Schnee ist mittlerweile überall angetaut und das Vorankommen entsprechend nass und mühsam. Ich beschließe, dass ich für den ersten Tag genug habe. Bei meinen zahlreichen Wanderungen in der Vergangenheit habe ich gelernt, dass ich es vor allem zu Beginn langsam angehen lassen sollte, um mich nicht zu überlasten – und das ist gerade jetzt wichtig, weil ich nach der langen Winterpause nicht...

Erscheint lt. Verlag 1.2.2024
Zusatzinfo Mit 16 Seiten Farbbildteil und einer farbigen Karte
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Reisen Reiseberichte Europa
Reisen Reiseführer Europa
Schlagworte Aktivismus für den Wald • Aktivismus in Rumänien • Auerhahn • auf der Suche nach den letzten Urwäldern • Begegnung mit Bären • Buchenurwälder • die letzten Urwälder • die letzten Urwälder der Karpaten • die letzten Urwälder Europas • die letzten Urwälder Osteuropas • Förster • Försterwissen • Gefahren Aktivismus • gefahren für den wald • Karpaten • Klimakrise • Klima und Umweltschutz • Klimawandel • Naturschutz • Naturschutzgebiet • Osteuropas Wälder entdecken • Umweltaktivist • umweltbewusst Reisen • UNESCO Weltnaturerbe • Urwald • Urwälder • Wald entdecken • Walderfahrung • Walderlebnis • Waldkrise • Wald retten • Waldschutz • Wald schützen • Waldwanderer • Waldwanderung • Wald Wanderung • Wandern durch Osteuropa • Wandern im Wald • Wandern in den Karpaten • Wanderung • Wanderung durch den Urwald • Weitwandern • Weitwanderung • Wisent
ISBN-10 3-492-60657-1 / 3492606571
ISBN-13 978-3-492-60657-8 / 9783492606578
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