St. Martin – Stadtresidenz – Heiliggeistkirche – Neustadt – Burg Trausnitz.
Inmitten der weiten, leicht gewellten Ebene liegt Niederbayerns Regierungssitz
Landshut F/G2/3 mit seinen rund 73 000 Einwohnern am Ufer der Isar. Einmalig sind im historischen Kern die beiden parallel verlaufenden, platzartigen Straßenzüge, genannt Alt- und Neustadt. Für eine weitere Überraschung sorgt der Formenreichtum der Giebelhäuser, die dem Zentrum nicht nur einen außergewöhnlichen architektonischen Glanz verleihen, sondern auch für eine gewisse Beschwingtheit sorgen. Und genau vor dieser prächtigen Kulisse findet alle vier Jahre das Historienspiel »Landshuter Hochzeit« statt.
Schon als Regierungssitz des Teilherzogtums der Wittelsbacher wurde Landshut unter der Regentschaft der Reichen Herzöge (1393–1503) an den sich hier kreuzenden Handelsstraßen von der weithin sichtbaren Burg Trausnitz hoch oben auf dem Steilhang geschützt. Und unten dominiert der Turm von St. Martin, der höchste Backsteinturm der Welt, das Ensemble. Dass sich die Stadt aufgrund ihres italienischen Flairs bis heute besonderer Wertschätzung erfreut, hat sie letztendlich Herzog Ludwig X. zu verdanken, der 1537 auf seiner Reise Richtung Süden die Renaissance italienischer Prägung kennenlernte und gleich vor Ort begabte Baumeister für die Fertigstellung seiner Stadtresidenz in Landshut anwarb.
Unsere Tour beginnt vor der
Landshut mit der Basilika St. Martin im Zentrum der Altstadt
Stiftsbasilika A St. Martin bC2. Der 130 Meter hohe, nur aus Ziegelsteinen gemauerte Turm ist der höchste seiner Art weltweit. Es wird kolportiert, dass Napoleon hier den Kopf in den Nacken legte, um mit Erstaunen diese einzigartige Meisterleistung europäischer Baukunst zu bewundern. Festgehalten hat die Begebenheit sein damals junger Kriegsberichterstatter Stendhal, der später als Schriftsteller bekannt wurde.
Der 130 Meter hohe Turm von St. Martin
Das genaue Datum des Baubeginns der Kirche kann bis heute mit letzter Gewissheit niemand benennen, aber der Zeitraum zwischen 1380 und 1385 darf mit einiger Sicherheit angenommen werden. Demgegenüber ist das Jahr 1500 für die Fertigstellung des rostroten, gotischen Sakralbaus eindeutig belegt. Tatsache ist, dass vier Baumeister im Laufe der Jahrhunderte maßgeblich für die Errichtung verantwortlich waren: Hans Krumenauer, der später auch am Dom von Passau arbeitete, Hans von Burghausen, Hans Stethaimer, gebürtig aus Landshut, und schließlich Stefan Purghauser, dem letztendlich auch die Fertigstellung des Turms zu verdanken ist. Der lichte Innenraum beeindruckt unter seinem Netzgewölbe in einer Höhe von 29 Metern durch seine Schlichtheit. Der Hochaltar ebenso wie die Kanzel und die bei einer Renovierung freigelegten Fresken stammen aus der Zeit der Gotik. Für einigen Wirbel sorgten die erst nach dem Zweiten Weltkrieg vom Stadtrat in Auftrag gegebenen Fenster. Eine Plakette weist heute an der Westwand des Kirchenschiffs darauf hin, dass deutlich erkennbar sowohl Adolf Hitler mit Stahlhelm und Schwert als auch Josef Goebbels nur mit dem Schwert in der Hand als »Plagen der Menschheit« dargestellt sind.
Mit den wunderschön bemalten Fresken ist das Landschaftshaus nicht zu übersehen
Das Landschaftshaus bC2 gegenüber der Kirche ist deutlich anhand seiner Renaissancefresken auszumachen. Zu entdecken sind bedeutende Wittelsbacher Herrscher wie König Ludwig der Bayer (oben links) oder Kurfürst Maximilian I. (unten rechts). Das Gebäude war ab 1557 Sitz der Landstände, einer Vereinigung, die man als Vorläufer eines Landtagsparlaments bezeichnen kann. Das Haus besteht eigentlich aus drei Einzelgebäuden, die durch die gemeinsame Fassade nachträglich zu einem Ganzen zusammengefügt wurden. Viel später wurde das Anwesen, noch immer an dem Schriftzug sichtbar, als Post genutzt. Aktuell ist eine große Buchhandlung eingezogen.
Innenhof der Stadtresidenz Landshut
Wenn man der Altstadt in Richtung Isar folgt, stößt man linker Hand auf den bedeutendsten profanen Prachtbau der Stadt: die
Stadtresidenz bB/bC2. Sie besteht aus zwei Bauabschnitten und ist dem Italo-Fan Herzog Ludwig X. (1495–1545) zu verdanken. Der prunkliebende Fürst unternahm eine Reise nach Mantua, während die Bauarbeiten an seinem Stadtpalast bereits im Gange waren. Dort traf er nicht nur Kaiser Karl V. zu politischen Gesprächen, sondern ließ sich ganz nebenbei vom Baustil der Renaissance italienischer Prägung beeindrucken.
Der Italienische Saal der Stadtresidenz ist ein Besuchermagnet
Auf der Stelle entschloss er sich dazu, hinter den so gut wie fertigen »deutschen Bau« seiner Landshuter Residenz einen italienischen Flügel setzen zu lassen. Und so durchschreitet der Besucher den noch der Gotik verhafteten Eingangsbereich, um in den von Säulen getragenen Innenhof des italienischen Renaissance-Palazzo zu gelangen.
Nach dem plötzlichen Tod Herzog Ludwigs X., der sich nur zwei Jahre an der Schönheit seines Palastes erfreuen konnte, zog viel später König Ludwig I. als Student ein. Auf ihn gehen auch einige Umgestaltungen der Räume zurück. Bei der Besichtigung der Gewölbesäle zählt der »Italienische Saal« zur Hauptsehenswürdigkeit. In zurückhaltenden Farben thematisieren die Fresken der Kassettenfelder der Decke Eintracht und Zwietracht. Im ersten Stock empfängt einen Ludwig X. im Outfit eines Renaissancefürsten.
Gegenüber liegt das
Rathaus bB/bC2, ein weiteres herausragendes Gebäude in der Reihe der wunderschönen Giebelhäuser. Auch hier handelt es sich um drei Gebäude aus der Zeit der Gotik, die, nachdem die Stadt sie gekauft hatte, durch eine erst 1870 gestaltete Fassade zu einer Einheit wurden. Im Rahmen einer Führung wird der Prunksaal gezeigt, in dem 1475 während der Landshuter Hochzeit der Tanz der Brautleute stattfand. Zu sehen ist außerdem das aus Holz gefertigte Modell der Altstadt, das auch die Eingriffe der Neuzeit in das sonst in sich geschlossene Ensemble berücksichtigt.
Heiliggeistkirche und
-brücke (Heiliggeistgasse 394)
bB2 bilden die Schlusspunkte des leicht geschwungenen Straßenzugs der Altstadt und liegen gegenüber dem 1208 gegründeten Heiliggeistspital. Für die Pläne des Sakralbaus zeichnete Hans von Burghausen verantwortlich, der zeitgleich auch am Bau der Martinskirche tätig war. Nach seinem Tod sorgte ab 1432 Hans Stethaimer für den Abschluss der Bauarbeiten. Der lichte spätgotische Bau wurde gegen Ende des Zweiten Weltkriegs stark zerstört und wird heute zur Präsentation wechselnder Ausstellungen genutzt.
Wenn man auf der Brücke eine Kehrtwende macht, biegt man nach 150 Metern links in die Herrngasse ein. Am Ende stößt man auf den Straßenzug
Neustadt bB/bC2, der parallel zur Altstadt verläuft. Er ist vergleichsweise mit eher schlichten Giebelfassaden bestückt; dass er ein Schattendasein fristet, ist dennoch unberechtigt. Als Endpunkt direkt am Fuß des Burgbergs fällt der Blick auf das imposante ehemalige
Jesuitenkolleg bC2. Der Grundstein für diesen Sakralbau mit seinen Seitenkapellen wurde im 17. Jahrhundert gelegt. Das Gebäude kann aber aufgrund gravierender Erdbewegung am Fuß des Burgbergs nicht mehr regelmäßig genutzt werden. Im Gegensatz zur Altstadt, in der sich zahlreiche Filialen bekannter Handelsketten finden, gibt es hier in der Neustadt und den vielen Gassen, die zu ihr führen, die interessanteren Einzelhandelsgeschäfte mit einem reichen und weitaus individuelleren Warenangebot.
Schlossähnliche Wohnanlage der Wittelsbacher: Burg Trausnitz
Auf dem höchsten Punkt des Steilhangs im Süden des historischen Stadtensembles steht weithin sichtbar
Burg Trausnitz bC/bD2. Zu Fuß geht es vom Dreifaltigkeitsplatz die Alte Bergstraße hinauf, bis man links auf die Fürstentreppe trifft. Die Burg wurde 1204 zeitgleich mit der Stadtgründung auf den Grundmauern einer Festung aus dem Jahr 1150 errichtet und in den folgenden Jahrhunderten immer wieder umgebaut. Erst unter der Regentschaft von Wilhelm V. wurde der Sitz der Wittelsbacher zu einer schlossähnlichen Wohnanlage im Stil der Renaissance mit einem typischen Laubengang und prunkvoll ausgestatteten Repräsentationsräumen umgebaut. Als letzter Wittelsbacher veranlasste sogar noch Ludwig II. zahlreiche Veränderungen, die aber hauptsächlich dekorativen Charakter bei der Ausgestaltung der Räumlichkeiten hatten. Bei einem Brand am 21. Oktober 1961 wurden genau diese Räume in Mitleidenschaft gezogen. Gerettet werden konnte jedoch die berühmte Narrentreppe mit ihren Fresken, die Szenen aus der Commedia dell’Arte darstellen.
Von der mittelalterlichen Burganlage sind noch die eindrucksvollen Befestigungsmauern und der hoch aufragende Wittelsbacher Turm erhalten geblieben.