Jugendstilfassaden in Schwabing: in der Franz-Joseph-Straße 19 und der Ainmillerstraße 22
Schwabing beginnt nördlich des Siegestors und lebt zu einem nicht unerheblichen Teil noch immer von seinem doch ziemlich verblassten Ruhm eines Künstlerviertels. Den Grundstein zum legendären Mythos dieses Stadtteils legten zu Beginn des 20. Jahrhunderts heute berühmte bildende Künstler, Literaten und Musiker. Wer sich auf die Spuren der Vergangenheit begeben will, sollte die verkehrsreiche Leopoldstraße verlassen und beiderseits des breiten Boulevards durch die stilleren Nebenstraßen laufen, denn nur dort lassen sich neben den spärlichen Spuren der dörflichen Vergangenheit dieses Stadtteils prächtige mehrstöckige Jugendstilfassaden entdecken. Wer auf Shopping Wert legt, dem seien die Hohenzollern-, aber auch die Türken-, Schelling- und Amalienstraße
G/H8 hinter der Uni mit ihren zahlreichen ausgefallenen Läden sowie jeder Menge Cafés und Restaurants empfohlen.
Durch die Feilitzschstraße geht es zum
Wedekindplatz E10, dem ehemaligen Zentrum Alt-Schwabings. Benannt wurde der Platz nach Frank Wedekind, dem Schriftsteller und Mitbegründer der Satirezeitschrift »Simplicissimus«. Im
Werneckschlössl (Werneckstr. 24) mit seiner barocken Gartenanlage hatte kurzzeitig Paul Klee ein Atelier gemietet. 1919 versteckte sich hier der sozialrevolutionäre Schriftsteller Ernst Toller vor seinen Verfolgern und heute dient der charmante Bau Kardinal Reinhard Marx als Residenz. Ein Relikt dörflicher Vergangenheit ist der
Viereckhof E11, ein denkmalgeschütztes Bauernhaus aus dem 13. Jahrhundert (Ecke Feilitzsch-/Gunezrainerstr.). Das kleine Palais mit dem auffallenden Säulenportal (Mandlstr. 14) direkt am Englischen Garten ist mit Abstand das stilvollste Standesamt der Stadt. Am Nikolaiplatz steht die großbürgerliche
Seidelvilla E/F10 (www.seidelvilla.de). Ihr vielseitiges Kulturprogramm lockt die Besucher mit interessanten Angeboten.
Westlich der Leopoldstraße verstecken sich noch einige hinreißende Jugendstilfassaden, die vor dem Krieg so typisch für Schwabing waren. Ein ganz besonders prächtiges Beispiel ist das in seiner Originalfarbgebung restaurierte
Jugendstil-Wohnhaus E8/9 in der Ainmillerstraße 22. Aber auch auf die Fassaden entlang der Friedrich-, Römer-, Elisabeth- und Franz-Joseph-Straße (hier vor allem Nr. 19 und 23 mit buntem Balkon) sollte man einen Blick werfen.
Mit seinen Verkaufsständen und dem kleinen Biergarten bietet sich der
Elisabethmarkt F8 für eine Pause an. 2020 wurden die alten Stände abgerissen. Das Provisorium aus 30 Holzmodulen erhielt im Frühjahr 2021 einen Architekturpreis. Das erhofft man sich auch für die neuen Marktgebäude mit begrünten Dachterrassen.
Gleich vor dem Siegestor in Schwabing: der »Walking Man« von Jonathan Borofsky
Gleich vor dem Siegestor schreitet der riesige
Walking Man G9 des US-amerikanischen Künstlers Jonathan Borofsky Richtung Stadtzentrum. Jenseits des Siegestors geht Schwabing in die Maxvorstadt über. Das lebendige Viertel hinter der Universität verführt mit seinem Kunstareal und den vielen Cafés, Kneipen, Boutiquen, Antiquariaten und Buchhandlungen zu einem ausgiebigen Bummel.
Vieles, was den Mythos Schwabing ausmacht, ereignete sich genau hier. Echte und eingebildete Genies trafen sich bevorzugt im
Café Stephanie G9 (Amalienstr. 25, heute Leonardo Boutique Hotel), das unter dem Beinamen Café Größenwahn in die Annalen einging. Es war Treffpunkt der Künstlergruppe »Der Blaue Reiter«. Paul Klee wohnte in der Amalienstraße 24 und hatte sein Atelier im Rückgebäude der Nr. 57. Wassily Kandinsky lebte in der Ainmillerstraße 36, Franz Marc arbeitete in der Kaulbachstraße 68. Viel später ließen sich auch der Kabarettist Gerhard Polt (Amalienstr. 79) und der Regisseur Rainer Werner Fassbinder (Amalienstr. 87) im Herzen von Schwabing nieder.
Die Akademie der Bildenden Künste
Entlang der Schelling-, Amalien- und Türkenstraße brummt das Leben vor allem während des Semesters. Der palastähnliche Gründerzeitbau der nahen
Akademie der Bildenden Künste G9 (Akademiestr. 2) prunkt mit seinem gläsernen Erweiterungsbau des bekannten, ursprünglich Wiener Architekturbüros Coop Himmelb(l)au (Berlin).
Zu einer kleinen melancholischen Idylle hat sich der
Alte Nördliche Friedhof G7 entwickelt, auf dem seit 1939 niemand mehr bestattet wird. Nicht nur Spaziergänger lieben den uralten Baumbestand. Unter den mächtigen Baumkronen trifft sich so mancher Schwabinger mit seinen Freunden auf einen Schwatz und Jogger drehen ihre Runden.
Rund 52 000 Studenten sind an der
Ludwig-Maximilians-Universität G/H9 eingeschrieben, die 2006 mit dem Prädikat »Elite-Uni« ausgezeichnet wurde. Vor dem Haupteingang am Geschwister-Scholl-Platz erinnern die ins Pflaster eingelassenen Flugblätter an den Widerstand der beiden Studenten Sophie und Hans Scholl gegen den Nationalsozialismus. Sie hatten die Flugblätter von der Galerie in den Lichthof geworfen. Die kleine
DenkStätte Weiße Rose G9 dokumentiert das Schicksal der Widerstandsgruppe um die Geschwister und Professor Kurt Huber.
In den Ausstellungsräumen der Pinakothek der Moderne
Jenseits des Haupteingangs der Uni fällt der Blick fast automatisch auf die spitzen Doppeltürme der klassizistischen
Ludwigskirche H9 und die sich anschließende Fassade der Bayerischen Staatsbibliothek. Nach Süden verläuft die gedachte Grenze der Maxvorstadt zum Zentrum hin auf der Höhe des beeindruckenden klassizistischen
Königsplatzes H/J6 mit den Museen Glyptothek und Staatliche Antikensammlung. Auf dem Weg dorthin erreicht man mit der Tram 27/28 am unteren Ende der Barerstraße das sogenannte Kunstareal mit den weltbekannten Sammlungen seiner drei
E Pinakotheken H7 (Neue Pinakothek bis voraussichtlich 2025 wegen Renovierung geschlossen) und dem
Museum Brandhorst H7/8. Hinzu kommt der lang gestreckte Neubau, der im Obergeschoss die
Hochschule für Fernsehen und Film und im Untergeschoss das
Staatliche Museum für Ägyptische Kunst H/J7 mit seiner imposanten Sammlung beherbergt.