Ich geh' nach San Francisco
Brigitte Schulze Verlag
978-3-9818460-5-8 (ISBN)
Lese- und Medienproben
Ihre offene Schilderung von San Francisco und Kalifornien sowie dem US-amerikanischen Lebensalltag sind gewürzt mit Kritik an den USA und einem Plädoyer für Deutschland und Oberbayern. In dem Spagat zwischen altem und neuem Leben entscheidet sie stets von Neuem: Geh‘ einfach geh!
Gute Unterhaltungsliteratur mit viel Wissensgewinn über die USA und ein Leben dort. Ermunterung, sich auch jenseits der Lebensmitte mutig für Neues zu öffnen.
Gegensätzlicher könnte es kaum sein: Wieder einmal ist die Autorin Brigitte Schulze in eine fremde Kultur eingetaucht. Ein einfacher Besuch, eine touristische Reise reichen ihr nicht. Sie will es wie immer genau wissen und hat sich vom slawischen Osten in den amerikanischen Westen, nach Kalifornien katapultiert. Jetzt ist sie mit Amerika konfrontiert, dem Land der sprichwörtlichen unbegrenzten Möglichkeiten. Aber sie fühlt sich eingeschränkt, gestoppt von Regeln, die nicht die ihren sind, und mit einer Kultur konfrontiert, in der offenbar nur Marketing und Profit zählen.
Klar fängt sie an zu beobachten, zu kritisieren und will alles besser machen. Nach der Ukraine ist sie von der Größe dieses Landes beeindruckt und sie fühlt sich manchmal darin verloren. Gerade darum muss sie den kalifornischen Teil Nordamerikas analysieren und beschreiben. Denn es geht ums Verstehen. Es muss doch etwas geben, warum der indische Yogi Paramahansa Yogananda gerade an die Westküste der USA gekommen ist, um die Lehren des spirituellen Indien zu verbreiten. Dreht sich immer nur alles ums Geld oder gibt es mehr? Und was ist ihre Mission in diesem riesigen Land? Gibt es überhaupt eine Mission? Wie sind die Menschen hier…?
Das Buch gibt zum einen tiefe Einblicke in das Leben im kalifornischen Umfeld von San Francisco. Es öffnet die polierte Oberfläche einer glanzvollen Stadt und Region. Zum anderen macht der spirituell geprägte Erfahrungsbericht über den Sprung auf einen anderen Kontinent darüber hinaus Mut, das Leben auszuprobieren und den eigenen Weg darin zu finden. Es gibt nicht nur schwarz und weiß, sondern eine ganze Reihe vieler bunter Farben. Man muss nur den ersten Schritt machen, die Fülle wahrnehmen und dem Ruf des Herzens folgen.
Nach „Sascha, schenk ein! Mit Liebe und Wodka durch 25 Jahre Ukraine“ ist dies die zweite, sehr persönliche, interkulturelle Charakterstudie der Autorin.
Brigitte Schulze ist eine Journalistin und Autorin mit interkulturellem Hintergrund. Ihr Werdegang basiert auf dem Studium Slawischer Philologie, Musikwissenschaften und Sportwissenschaften, die sie mit dem Magister Artium und dem Lehrerexamen abgeschlossen hat. Seit den frühen Neunzigerjahren zieht es sie nach Osten. Über fünfundzwanzig Jahre lang war sie in Osteuropa unterwegs. Vor allem in der Ukraine hat sie als Korrespondentin, als Medien,-Kultur- und Tourismusberaterin gearbeitet. Sie hat für führende deutsche Medien berichtet. Mit ihrem profunden Wissen und ihren Erfahrungen über diesen Kulturkreis hat sie mehrere Reiselesebücher geschrieben. Alle sind in sehr persönlichem, ansprechendem Tonfall verfasst: „Odessa“, „Ukraine“, „Lwiw/Lemberg“ und andere. Im später umkämpften Osten der Ukraine ist sie 2014/2015 als Beobachterin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) tätig und berichtet über Gefechte und humanitäre Angelegenheiten. Dann folgt die Kehrtwendung. Sie will nicht länger nur Krisenbeobachterin sein. 2015 schließt sie alle Projekte ab und reist zum ersten Mal in ihrem Leben nach San Francisco, um ganz allein Kalifornien zu entdecken. Der amerikanische Englischlehrer, den sie in der Ostukraine getroffen hat, hat ihr davon erzählt und sie neugierig gemacht. In San Francisco mietet sie ein Auto und fährt durch das ihr unbekannte Land. Sie erlebt und beschreibt die USA / Kalifornien auf ihre ganz persönliche Art. Die Kehrtwendung von Ost nach West hat tiefgreifende Folgen. Nach einem Meditationsabend in San Francisco ändert sich ihr Leben total. Sie lässt das Wunder zu …
Vorwort13
Von Odessa nach San Francisco16
Die Ankunft26
Weiter suchen – die Stille in mir40
Die Sehnsucht der Seele86
Umarmung ohne Ende118
Diese Wände müssen fallen130
Das Ja-Sagen140
Ein amerikanischer (Alb)Traum146
Die andere Freiheit158
Alles dreht sich ums Geld166
Alltagsleben174
Toiletten194
Ohne Dach überm Kopf198
Autoland208
Immer gesund bleiben218
Wenn alles brennt230
Kirchenglocken und Klobürste236
Und wenn ich es lieben müsste?242
Geh‘, einfach geh‘!252
Meine Route258
Und noch etwas261
Nachwort262
Ein Buch das Mut macht, dem Leben die Stirn zu bieten und sich führen zu lassen – inspirierend und offen.
Was ist das für eine Reise, um die es hier geht? Findet sie im Inneren oder Äußeren statt? Und wo führt sie hin? Hat sie ein Ziel, ein Ende? Immer wieder fällt mir in diesem Zusammenhang der Spruch ein: „Der Weg ist das Ziel.“ Ja, das ist eine einfache Erklärung. Plausibel. Eine Reise ohne richtiges Ende, ohne richtiges Ziel, einfach nur reisen um des Reisens willen. Wie schön. Aber dennoch: wohin? Irgendetwas muss es doch geben, das mich anspornt, immer wieder meinen Koffer zu packen. Klar, ich freue mich, jeden Tag etwas Neues zu entdecken, und mir ein weiteres Stück der Welt anzueignen. Vielleicht auch ein bisschen weise werden dabei, wer weiß? Mich hinein lieben in das Unbekannte, bis es mein Eigenes wird. Vielleicht ist es das? Auch erkennen, wie doch alles mit allem irgendwie verbunden ist. Warum sonst käme ich auf die Idee, nach der Ukraine nun Kalifornien entdecken zu wollen? Meine Reise hat also viele Facetten. Ich entdecke sie selbst gerade beim Schreiben an diesem Buch. Sie ist bunt, vielfältig, springt zwischen den Welten hin und her, zwischen Kulturen, Ländern, Regionen und Sprachen. Eigentlich nur um eines zu finden, das sich beschreiben lässt mit den Worten: Wahrheit, Liebe, Vertrauen, Hingabe an das Leben… Die Führung oder Fügung hat einen Namen. Eigentlich wollte ich doch nur mein Englisch verbessern dort im ostukrainischen Charkiw. Und gerade der Englischlehrer stammt aus Kalifornien. Da folge ich der Stimme, die ich ganz deutlich in meinem Inneren vernehme. Ich muss dorthin, nach San Francisco. Dort geschieht etwas mit mir und für mich, auch wenn ich noch nicht genau weiß was. Und dann führt diese Reise plötzlich zu einem tiefen Selbsterfahrungsprozess. Das Internet und eine Vielzahl von E-Mails sind die Hilfsmittel. Auf der spirituellen Suche verbinde ich die beiden Spuren der inneren und der äußeren Reise miteinander. Ich lerne loszulassen und mich einzulassen. Daher lautet die Schlussfolgerung dieses Buches: Es muss sein. Es ist richtig so. Ich wage den Sprung und ändere mein Leben, ohne viel zu überlegen. Wie gelingt nun dieser Spagat zwischen Deutschland, Ukraine und Kalifornien? Wo ist der Ruhepunkt in meinem Leben? Irgendwo da draußen oder ganz innen drin? Noch besteht die Möglichkeit alles beim Alten zu lassen, keine Veränderung, kein Ortswechsel, kein … Aber dazu ist es schon zu spät. Mein neues Leben beginnt. Jetzt muss der Alltag erklärt werden. Ich will doch das Wesen der US-Amerikaner erfahren, brauche eine Aufenthaltserlaubnis, muss die Mechanik der Toiletten kennenlernen und vieles mehr. Der Weltenwechsel bringt viel Gejammere mit sich über das Leben in den Vereinigten Staaten, Beschwerden über den Mangel an Qualität. Warum machen die das so, wo es doch anders viel besser geht. Ich komme nicht umhin, Deutschland und die USA ständig zu vergleichen. Meditation spielt eine große Rolle bei dieser krassen Ortsveränderung. Ja, die Reise findet im Außen statt, sie führt mich aber auch ins Innere meiner Seele und sorgt dort für Aufruhr. Umgekehrt führt jede Entwicklung im Inneren zwangsläufig auch zu einer Veränderung im Außen. Ich will in Bewegung bleiben und dem Pendel nachgeben, vorwärts gehen, jeden Tag, jeden Moment, und nicht zögern. Freilich ist das nicht immer leicht. Schon mehr als einmal wurde ich gefragt, wie ich es denn gemacht hätte, meinem persönlichen Leben so einen Schwung zu verleihen, so … Aber lesen Sie gleich selbst, hier geht‘s los.
Von Odessa nach San Francisco Zum ersten Mal versuche ich es mit einem „Coffee to go“. Der Pappbecher ist ziemlich voll und heiß. Erst mal suchen, welcher Deckel darauf passt, dann wie man ihn drauf bringt. Das ist gar nicht so leicht. Vorher noch Milch und Honig rein. Volle Hände, auf der einen Seite hängt die schwere Tasche, dazu die Jacke über dem Arm. In der einen Hand ein Umschlag mit Papier, in der anderen der Becher. Im Hotel kommen noch die Geldscheine dazu, die ich zusammen mit dem Pappbecher irgendwie festhalte, und ab in den Lift. Hilfe, irgendwo läuft etwas raus. Ich spüre es warm. Es ist der Kaffee, der langsam über mein Handgelenk rinnt. Gott sei Dank sind nur die Geldscheine nass und nicht die zwei Blatt weißes Papier, die ich gleich noch brauche. Wie machen das die anderen nur? Jeden Morgen balancieren die Leute geschickt ihre gefüllten Pappbecher in der Hand auf dem Weg zur Arbeit oder sonstwo hin. Eine wahre Kunst für mich. Jetzt bin ich da, mitten in San Francisco, und schaue mir das alles an. Nein, ich habe mich sogar richtig eingelassen, komplett sogar. Wie konnte das passieren? Das hätte ich mir doch niemals träumen lassen. Die USA, Kalifornien – das stand nie auf meinem Plan. Im Gegenteil. Mit Ressentiments habe ich immer dorthin geschaut. Die große, schöne Ukraine, wo ich über fünfundzwanzig Jahre lang gelebt und gearbeitet habe, war mir immer genug, um mich am Fremden abzuarbeiten. Und jetzt habe ich mich vom slawischen Osten in den kapitalistischen Westen Nordamerikas, nach Kalifornien katapultiert. Es ist gleich ein ganzer Kontinent mit dem ich da zu tun habe, der mit seiner Kultur in mein Wesen eindringt, der mich innerlich bedrängt und durchrüttelt. So einfach komme ich nicht wieder weg von hier. Zu groß ist die Entfernung. Viele, auch ein Teil meiner Freunde, träumen davon, dort zu leben. Ja, es ist warm, es gibt das ganze Jahr über frische Früchte, gutes Gemüse, alles wächst dort: Zitronen, Apfelsinen, Granatäpfel, dick und saftig. Und daneben existiert so viel Unkultur im Alltag. Was ist das nur für ein Land? Ich leide. Muss ich denn schon wieder so tief in das Leben eines fremden Kulturkreises eintauchen? Muss ich es immer so genau wissen wollen? Kann ich nicht einfach einmal als Touristin irgendwo hinfahren und wieder nach Hause kommen, so wie es andere auch tun? Was ist das überhaupt Zuhause? Und wo ist es, wenn man das Reisen und den Koffer so liebt wie ich? Jetzt bin ich hier und muss da irgendwie durch. Nur wie? Alles ist neu. Stück für Stück kommt es ans Tageslicht: Ich bin in einem urkapitalistischen Land gelandet, in dem sich alles nur ums Geld zu drehen scheint. Sogar die Vögel scheinen mir in den USA von dieser merkantilen Stimmung beeinflusst. Die Vibrationen eines ständig sich um Konsum drehenden Lebens, mit den riesigen digitalen Werbeflächen an den Rändern der breiten Highways haben sicher ihre Wirkung. Die Vögel singen bei weitem nicht so schön wie in Oberbayern, wo sie im Sommer jeden Tag um fünf Uhr morgens ihre Schnäbel zu einem vielstimmigen melodischen Konzert erheben.* Die Stadt in der östlich von San Francisco gelegenen East Bay, wohin es mich verschlagen hat, ist für amerikanische Verhältnisse mit nur rund sechzigtausend Einwohnern klein, für mich aber immer noch groß. Irgendwie muss ich nun mit den Verhältnissen in diesem Teil Amerikas zurechtkommen, muss sie verstehen lernen. Manchmal ist es eine Tortur, die mich fast zur Raserei bringt, bei aller positiven Grundhaltung. Klar geht es da los: Das Beobachten, Abschätzen, Vergleichen, Kritisieren … Die USA bieten jede Menge Stoff dafür. Wenn mich dann noch Freunde und Bekannte in Deutschland fragen, wie es sich dort so lebe, und auf mich die Politik und den Präsidenten – zu dieser Zeit Donald Trump – ansprechen, oder auf Demonstrationen für oder gegen eine Seite, dann bin ich vollends aus dem Gleichgewicht. Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Viele meiner Freunde in Deutschland halten ohnehin nicht viel von den Amerikanern und wundern sich, dass ich es da aushalte. Ich verstehe es ja selbst nicht und wundere mich über mich selbst. Der Alltag macht mir zu schaffen. Ich erwarte nichts und bin dennoch enttäuscht. Enttäuscht über die Qualität bzw. deren Fehlen bezüglich der handwerklichen Arbeit, der Büroutensilien, die es zu kaufen bzw. nicht zu kaufen gibt. Es gibt keine so stabilen Ordner wie in Deutschland, die stehen bleiben, wenn man sie ins Regal stellt anstatt gleich umzufallen. Auch deren Innenleben, das Material – alles Plastik – befriedigen mich nicht. Wenn ich sie nur anfasse, spüre ich schon Unbehagen. Die hölzernen Kleiderbügel lösen sich einfach von ihrem Haken und fallen samt Kleidung zu Boden. Im Servicebereich wird alles überwiegend über das Telefon abgehandelt. Scheinbar endlos hänge ich manchmal in irgendeiner Warteschleife am Hörer, um eine Antwort zu erhalten, die, wenn ich sie bekomme, leider nicht hilft. Das Englisch der Person am anderen Ende der Leitung ist für mich häufig kaum zu verstehen. Jede/r hat einen anderen Akzent. Es ist furchtbar. Und noch nicht einmal Wodka kann hier helfen wie in der Ukraine hin und wieder. Erstens ist er nicht üblich, zweitens sind hier andere Dinge dran: Mein ganzes Leben steht hier auf dem Prüfstand und muss innen und außen neu geordnet werden. Im Haushalt vermisse ich meinen guten deutschen Kartoffelschäler und die kleinen praktischen Spießer mit dem Holzgriff, um heiße Pellkartoffeln aufzustecken, damit man sich beim Schälen die Finger nicht verbrennt. Das gute alte „Küchenkneipchen“* fehlt mir ebenfalls. Haben das die europäischen Siedler, die Vorfahren der heutigen Amerikaner, nicht importiert? Was fehlt sonst noch? Im Internet finde ich mich auf den meisten amerikanischen Webseiten nicht zurecht. Für meinen Geschmack geben sie keine Orientierung. Hilfreiche Informationen sind versteckt, wenn überhaupt vorhanden. Ich muss x-Mal klicken, bis ich eventuell das finde, was ich wirklich suche. Und wieder geht es nur ums Verkaufen, nicht darum, den Kunden einen guten Service zu bieten. Ich bin genervt. Das Erste und Wichtigste scheint überall das Marketing zu sein. Aber ist denn alles nur schlecht in diesem Land, das so gepriesen wird? Das Land, in dem Wissenschaft und Forschung zu Hause sein sollen. Es muss doch etwas geben, das wert ist, erlebt zu werden. Freilich die Oper in San Francisco ist sehr gut, die Sänger/innen sind hervorragend. Aber sie kommen ja auch überwiegend nicht von hier, sondern aus Italien, Deutschland oder von sonst wo aus der Welt. Ebenso die Dirigenten. Die Opern natürlich auch. Amerika hat ja keine alte Operngeschichte wie Italien. Wo finde ich nur Menschen, mit denen ich mich über Kunst, weltanschauliche Themen und anderes unterhalten kann? Menschen mit Bildung, die konstruktiv sind? Gibt es denn noch solche wie Abraham Lincoln oder George Washington mit Ethik, Ehre, Profil …? Ich empfinde die USA wie ein Entwicklungsland. So Vieles ist wirklich minderwertig. Aber alles ist teuer. Immer wieder bringen mich bei allem guten Willen die Verhältnisse in diesem Land in Rage. Wer ist denn schuld? Ich oder die anderen? Schließlich habe ich mich doch selbst da hinein manövriert und bin dafür auch verantwortlich. Für das Glück und für das Gegenteil. Ich wollte diese Erfahrungen machen. Jetzt muss ich mich nicht beschweren. Meditation ist das Schlüsselwort. Endlich finden, was ich schon immer suchte. Bei meinen Streifzügen durch San Francisco und die Umgebung schaue ich mir auch die Universität in Berkeley an, die viel gerühmte, die weltweit renommierte. Dort sitzen die Studenten am hellen Tage draußen und meditieren. Das Gelände und die Atmosphäre laden dazu ein. Es gibt sogar Kurse und Vorträge zu dem Thema Spiritualität. Auch ich setze mich auf eine Bank und bin – still. Und dennoch: Ich kann doch nicht nur schweigen und Innenschau halten. Ich muss doch auch mit jemandem reden. Ich brauche Ansprache. Aber es ist niemand da. Meine Freunde schlafen, wenn ich gerne mal mein Herz ausschütten möchte. Neun Stunden beträgt der Zeitunterschied zwischen Kalifornien und Deutschland. Ja, jetzt verstehe ich besser was das Sprichwort bedeutet, „Einen alten Baum verpflanzt man nicht“. Ich stelle mir vor, wie so ein Baum an einen anderen Ort gebracht und dort wieder eingegraben wird. Wie die Wurzeln leiden, weil sie plötzlich ihrer gewohnten Umgebung beraubt sind. Auch ich brauche Zeit, um neue Wurzelfasern zu bilden oder alte, vorhandene Wurzeln in neuer Umgebung wieder anwachsen zu lassen. Geht das überhaupt? Geduld ist das Schlüsselwort. Das, wovon ich am wenigsten habe. Meine Seele ist aufgewühlt, wie ein Teich, in dem nach einem Unwetter der ganze Schlamm an der Oberfläche das Wasser eintrübt. „Alles ist vergänglich, nur nicht die Kraft, die Leben schenkt.“ Irgendwo habe ich das gelesen. Es gefällt mir. Also weitermachen und Schritt für Schritt die neue Welt entdecken, mit einem Lächeln Menschen kennenlernen. Versuchen zu verstehen, so gut es mir möglich ist. Denn ich habe ja einen guten Grund hier zu sein.
Die Ankunft Der frische Wind vom Pazifischen Ozean weht mir ins Gesicht. Ein paar Nackte genießen die Septembersonne am Baker Strand im prestigereichen Stadtteil Presidio. Ich habe es geschafft. Endlich bin ich in San Francisco, wo die berühmten Cable Cars über Berg und Tal fahren und der Sommer kühler als der Winter ist. Das Hotel ist mäßig. Der Service auch. Es gibt kein Frühstück. Aber die Stadt empfängt mich mit strahlendem Sonnenschein. Denn die Nebelschwaden, die San Francisco im Sommer regelmäßig mit einer dicken, wattigen und unglaublich kühlen Schicht überziehen, sind verschwunden. Es ist die perfekte Zeit, ihn zu finden. Es muss sein. Der innere Drang ist nicht zu bremsen. Meine Freunde wissen schon, dass er William heißt und in Charkiw in der Ostukraine Englisch unterrichtet hat. Einigen habe ich davon erzählt, wie er mich beeindruckt hat. Nur ein Paar Schuhe habe er, hat er gesagt. Und er gebe immer gern noch etwas ab von dem wenigen, das er besitze. Macht ihm jemand ein Kompliment über sein T-Shirt, so zieht er es aus und verschenkt es. So jemanden habe ich noch nie getroffen. Irgendwie tief in der Seele berührt mich da etwas. Ich weiß nicht recht, was es ist, aber ich fühle, es ist wahr und es ist richtig. Also habe ich allen Mut zusammen genommen und mir ein Ticket nach San Francisco gekauft, um in einem mir völlig fremden, unbekannten Land einen mir kaum bekannten Mann zu finden. Bin ich verrückt? Ist alles Einbildung? Verabredet haben wir uns nicht. Aber ich habe gesagt, dass ich nach Kalifornien kommen würde. Ich bin ja noch in der Ukraine zu dieser Zeit. Ich kann nicht einfach weg. Ich habe einen Job bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE, und einen Vertrag. Aber der endet ja bald. Der innere Drang ist unbeschreiblich. Ich kann es kaum erwarten, in San Francisco anzukommen. Und ich habe natürlich auch ein bisschen Angst vor all dem Neuen. So viele Gedanken schwirren wahllos in meinem Kopf während ich packe. Der Koffer soll nicht zu groß sein. Nicht zu viel mitnehmen. Aber das Nötigste und etwas mehr dabei haben. Was ist das alles? Es ist doch immer warm in Kalifornien. Laufschuhe, bequeme Sandalen, dünne Jeans, kurze Hosen, Rock und ein elegantes Kleid müssen auch mit. Man weiß ja nie. Also das kleine schwarze, seidene rein in den Koffer. Passende Schuhe natürlich auch, die schwarzen Lacksandalen, mit denen kann ich auch gut gehen. Shirts mit und ohne Ärmel, alles muss vielseitig verwendbar sein. Ein Rucksack mit dem Laptop, Fotokamera mit kleiner Technik, die ich als Journalistin immer dabei habe. Schließlich will San Francisco fotografiert werden. Es ruft mich ja. Und jetzt bin ich da, erkunde Schritt für Schritt die Stadt, wie ein Detektiv. Systematisch scannen meine Augen …
Erscheinungsdatum | 01.03.2021 |
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Verlagsort | Weilheim i.OB |
Sprache | deutsch |
Maße | 120 x 190 mm |
Gewicht | 270 g |
Themenwelt | Literatur ► Biografien / Erfahrungsberichte |
Reisen ► Reiseberichte ► Nord- / Mittelamerika | |
Schlagworte | Amerika • Einem Wunder auf der Spur • Heiraten – aber wie? • Kalifornien • Liebe • Meditation • Mut • San Francisco • Spirituelle Suche • Ukraine • USA |
ISBN-10 | 3-9818460-5-2 / 3981846052 |
ISBN-13 | 978-3-9818460-5-8 / 9783981846058 |
Zustand | Neuware |
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