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Die Reichsstadt Frankfurt als Rechts- und Gerichtslandschaft im Römisch-Deutschen Reich

Buch | Hardcover
303 Seiten
2007
De Gruyter Oldenbourg (Verlag)
978-3-486-57910-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Reichsstadt Frankfurt als Rechts- und Gerichtslandschaft im Römisch-Deutschen Reich -
CHF 97,90 inkl. MwSt
Als ein innovatives, langfristig angelegtes Forum für Veröffentlichungen zur Geschichte des Alten Reichs möchte die Reihe "bibliothek altes Reich - baR"  zur inhaltlichen und methodischen Neuausrichtung der Erforschung des Alten Reichs anregen, die Forschungsdiskussion bündeln und Fachwissen popularisieren. Dabei versteht sie sich als grundsätzlich institutionsunabhängiges Unternehmen.
Gegenstand dieses Tagungsbandes ist der Frankfurter Ausschnitt des Alten Reichs als Bestandteil und Beispiel eines polyzentrischen, territorien- und herrschaftsübergreifenden Rechtsraums. Die in der Reichsstadt vorhandenen Spannungen und Wechselbeziehungen werden im Mikrokosmos der Rechts- und Gerichtslandschaft anschaulich abgebildet durch die Untersuchung städtischer Gerichte und das Verhältnis der Stadt und seiner Bürger zu Reichskammergericht, Reichshofrat und zu auswärtigen Juristenfakultäten. Gefragt wird, wie die Reichsstadt mit kaiserlichen Residenten bei innerstädtischen Konflikten umging und in welcher Beziehung der Oberrheinische Reichskreis zu Frankfurt stand. Neben der Betrachtung der Reichsstadt als Prozesspartei werden die Liquidation einer Handelsgesellschaft, die religiös begründete Autonomie der jüdischen Gemeinde und der Exilkirchen, aber auch das Zunfthandwerk untersucht. Beiträge von: Anja Amend, Robert Brandt, Hartmut Bock, Andreas Gotzmann, Thomas Lau, Gabriele Marcussen-Gwiazda, Michael Müller, Eva Ortlieb, Gudrun Petasch, Robert Riemer, Michael Rothmann, Gabriela Schlick-Bamberge, Jörg Seiler

Anja Amend-Traut, geboren 1966, ist Privatdozentin. Sie hat die Lehrbefugnis in Bürgerlichem Recht, Deutscher Rechtsgeschichte, Zivilprozessrecht und Rechtsvergleichung. Zurzeit ist sie als Lehrstuhlvertretung am Institut für Rechtsgeschichte der Universität Frankfurt/Main tätig.

Anette Baumann ist Leiterin der Forschungsstelle der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung in Wetzlar.

Stephan Wendehorst ist leitender Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Simon-Dubnow-Institut für jüdische Geschichte und Kultur an der Universität Leipzig und derzeit an die Historische Kommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften beurlaubt.

1;Inhalt;6
2;Vorwort;8
3;Recht und Gericht im frühneuzeitlichen Frankfurt zwischen der Vielfalt der Vormoderne und der Einheit der Moderne;10
4;Gerichtsforen;16
4.1;Die Audienzen des Jüngeren Bürgermeisters in der Reichsstadt Frankfurt am Main. Ein Untergericht als Spiegel des reichsstädtischen Alltagslebens im 18. Jahrhundert;16
4.2;Die Insinuation von Privilegien an Reichskammergericht, Reichshofrat und Kaiserlichem Hofgericht zu Rottweil, um sie zue schützen und handt zu haben ;40
4.3;Frankfurt vor dem Reichshofrat;58
4.4;Die Inanspruchnahme von Juristenfakultäten in der Frankfurter Rechtsprechung. Zur Rolle der Spruchkollegien auf territorialer Ebene und ihre Bedeutung für das Reich;78
4.5;Diplomatie und Recht die Rolle des kaiserlichen Residenten bei innerstädtischen Konflikten in den Reichsstädten der Frühen Neuzeit;98
4.6;Die Reichsstadt Frankfurt am Main als Kur- und Oberrheinische Kreishauptstadt im 17./18. Jahrhundert;108
5;Justiznutzung durch Einzelne oder Korporationen;140
5.1;Die Reichshofratsprozesse des Deutschen Ordens gegen die Stadt Frankfurt;140
5.2;Die Liquidation der Juwelenhandlung des Daniel de Briers in Frankfurt am Main. Ein Beitrag zu konsensualen Konfliktlösungsstrategien bei Handelsstreitigkeiten im nordwesteuropäischen Kontext ;166
5.3;Im Spannungsfeld externer und interner Machtfaktoren. Jüdische Gerichtsbarkeit im frühneuzeitlichen Frankfurt am Main ;186
5.4; Zur Ehre Gottes, zum ewigen Heil und zur Ordnung in unseren Kirchen ... . Alltag und Grenzen reformierter Selbstverwaltung in Frankfurt um 1650 ;218
5.5;Die Grenzen des Sagbaren und des Machbaren. Anmerkungen zur Rechtsgeschichte des Frankfurter Zunfthandwerks während der Frühen Neuzeit;248
5.6;Hamburg und Frankfurt vor demReichskammergericht. Ein Vergleich unter besonderer Berücksichtigung der Handels- und Handwerksprozesse;266
5.7;Schulden vor Gericht: Die Frankfurter Messegerichtsbarkeit und der Messeprozess in Mittelalter und beginnender Früher Neuzeit ;286

"Das Fehlen der genannten Aspekte soll jedoch nicht den Wert dieses Bandes schmälern, der die Vielgestaltigkeit und die Überschneidungen der verschiedenen Rechtsverhältnisse und Gerichtsinstitutionen aufzeigt und einen wichtigen Anstoß für die Forschung liefert [...]." Michael Matthäus, sehepunkte

" 6. Rahmenbedingung für Rechtsuchende (S. 23-24)

An der Institution de Bürgermeister Audienzen und ihrem historisch hergebrachten Auftrag für das streitende Publikum ohne Unterscheidung von Stand oder Religion als ein Gütestelle zu wirken, hatte sich offensichtlich mit dem Einsetzen der Protokollierung nichts geändert. In Wechsel- oder Schuldangelegenheiten verschob sich die Funktion der Audienzen. In diesen Fällen traten sie als Gericht auf, Gabriela Schlick-Bamberge 24 entschieden als solches und legten im Bedarfsfall auch Arreste und Executionen an. Es ist davon auszugehen, daß das Publikum die Bürgermeister Audienzen auch zuvor schon als seine"" Gerichtsinstanz angenommen und begriffen hatte, wie es sie für die eigenen Zwecke nutzen konnte. Die Bürgermeiste Audienzen boten sich an als eine leicht erreichbare Anlaufstelle für das sein Recht suchende Publikum, das sich nicht sofort an eines der Obergericht wenden wollte. Auch nahmen die Bürgermeister Audienzen alle Klagen, die vor sie gebracht wurden, an, eine Tatsache, die bereits der Zeitgenosse Ort beklagte.

Das Prozedere vor den Bürgermeister Audienzen scheint auch ohne in spezifischer Ordnung zusammengefaßt, hinlänglich bekannt gewesen zu sein. Obwohl die vornehmste Aufgabe der Bürgermeister Audienzen die Schlichtung von Auseinandersetzungen war, erfolgte der Ablauf nach dem Vorbild de Obergerichte. Manche Parteien setzten dann auch alle im Prozedere der Obergerichte praktizierten Gepflogenheiten in ihren Auseinandersetzungen vo den Bürgermeister Audienzen um.40 Wollte eine Person eine Klage vorbringen, hatte sie die Möglichkeit diese mündlich direkt und persönlich in der Audienz vorzutragen. Klang das Anliegen plausibel und wünschte es die klagende Partei, ließ der Bürgermeister die gegnerische Partei in die Audienz bestellen, damit sie die Möglichkeit hatte, ihre Seite der Angelegenheit darzustellen.

Kam die gegnerische Person zum bestellten Termin und trug ihre Version der Angelegenheit vor, dann erteilt der Bürgermeister einen Bescheid. Ein so reibungsloser Verlauf kam jedoch äußerst selten vor. Einer Citation"", der Vorladung vor die Bürgermeister Audienzen, überbracht durch den Obristrichter""41, folgte die gegnerische Partei meist nicht pünktlich, häufig auch überhaupt nicht. Es kam sogar sehr oft vor, daß es mehrerer Citationen bedurfte bis sich der Betreffende dann endlich in der Audienz einfand. Folgte ein Beklagter der Citation der Bürgermeister nicht oder nicht pünktlich, mußte er offenbar nicht mit ernsten Konsequenzen durch die Obrigkeit rechnen.

Es lag beim Kläger, ob dieser erneut vor der Bürgermeiste Audienz erschien und sein Anliegen weiter trieb in dem er erneut um Citation des Gegners bat. Diese Prozedur konnte sich mehrfach wiederholen. Der Beklagte wurde jedes Mal wieder aufgefordert zu einem erneut festgelegte Termin zu erscheinen. Insbesondere in Wechsel- und Schuldsachen, folgte mit der dritten Ladung die Androhung eines Strafgeldes bei Ausbleiben, das sich mit jeder weiteren Ladung steigerte. In wie weit die später erschienenen mehrfach Säumigen dem Strafgeld verfielen, bleibt unklar. In der Mehrzahl der übrigen Fälle scheinen die Bürgermeister jedoch keinen Zwang auf die Beklagten hinsichtlich ihres Erscheinens ausgeübt zu haben."

Erscheint lt. Verlag 3.12.2007
Reihe/Serie bibliothek altes Reich ; 3
Verlagsort Basel/Berlin/Boston
Sprache deutsch
Maße 142 x 224 mm
Gewicht 485 g
Themenwelt Geschichte Allgemeine Geschichte Neuzeit (bis 1918)
Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Geschichte Teilgebiete der Geschichte Militärgeschichte
Recht / Steuern Rechtsgeschichte
Schlagworte Deutschland, Geschichte; Recht • Frankfurt • Frankfurt a. M., Geschichte; Recht • Frühe Neuzeit • Gerichtsbarkeit • Geschichte • Hardcover, Softcover / Geschichte/Neuzeit bis 1918 • HC/Geschichte/Neuzeit bis 1918 • Justiz • Römisch-deutsches Reich
ISBN-10 3-486-57910-X / 348657910X
ISBN-13 978-3-486-57910-9 / 9783486579109
Zustand Neuware
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