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Die Ermittlung von Brandursachen -  Jörg Cicha

Die Ermittlung von Brandursachen (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
464 Seiten
Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG
978-3-415-07656-3 (ISBN)
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Umfassender Überblick Auch die vierte Auflage des Buches bietet einen umfassenden, allgemein verständlichen Überblick über die am häufigsten auftretenden Brandursachen. Aufgrund der großen Variationsbreite von Brandursachen liegt ein Schwerpunkt auf dem brandtechnischen Ablauf der Brandentstehung. Hierbei sind auch seltene Fälle berücksichtigt. Die Inhalte Der Autor stellt ausführlich dar, wie am Schadensort die Brandausbruchstelle (BA-Stelle) ausfindig gemacht wird, wie man Brandursachen aufspürt, erkennt und nachweist und wie auf weitere, objektiv mögliche Brandursachen geschlossen werden kann. Diese Erläuterungen werden durch praxisnahe Beispiele belegt. Fokus auf die Physik Der Verfasser lässt dabei Motive, Begehungsweisen, Täterverhalten usw. bewusst außer Acht und beantwortet die Frage nach der Entstehung eines Brandes weitestgehend aus naturwissenschaftlicher Sicht, ohne rechtliche Wertungen vorzunehmen. Kennzahlen, Kenngrößen und Vierfarbfotos Eine Aufstellung von sicherheitstechnischen Kennzahlen und Kenngrößen von Gefährdungspotenzialen sowie eine Bildanlage mit 16 überwiegend vierfarbigen Fotos runden das Werk ab. Zielgruppenorientiertes Arbeitsmittel Das Buch ist sowohl als Arbeitsanleitung für den täglichen Polizeidienst, z.B. für alle Polizeibeamtinnen und -beamten im »Ersten Angriff«, sowie als Nachschlagewerk einsetzbar. Es eignet sich für Anfängerinnen und Anfänger der Brandsachbearbeitung. Aber auch Spezialistinnen und Spezialisten finden in der Darstellung interessante Erfahrungswerte, die sie zu Rate ziehen können.

Herr Kriminalhauptkommissar Jörg Cicha

Herr Kriminalhauptkommissar Jörg Cicha

2.Die allgemeine Bedeutung der Brandursachenermittlung


Die BUE wird in anderen Fachbüchern gelegentlich als die hohe Schule der Kriminalistik bezeichnet. Dies sei aus meiner Sicht als These dahingestellt. Grundlage der Brandsachbearbeitung ist zweifelsfrei die BUE. Wer mit der Bearbeitung eines Brandes, ob im „Ersten Angriff“ oder in der abschließenden Sachbearbeitung, zu tun hat, wird feststellen, dass an ihn hohe Anforderungen gestellt werden. Aber auch an Mordermittler, Ermittler im Bereich Organisierte Kriminalität, Betrug, Körperverletzungsdelikte usw. werden nicht minder hohe Anforderungen gestellt.

Die Aufgabe der BUE ist es, die Brandursache so schnell wie möglich aufzuklären, da ein Schadenfeuer in der Regel verstärkt im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht. Dies begründet sich dadurch, dass ein Brand sehr oft mit hohem persönlichem Leid und hohen Schäden verbunden ist. Deshalb steht die Forderung der schnellen Aufdeckung umso mehr, wenn durch einen Brand Menschenleben zu beklagen sind. Dennoch können sich die Ermittlungen, gerade bei Brandserien, über einen sehr langen Zeitraum bis hin zu Jahren ziehen.

Durch die einem Brand eigene Charakteristik werden jedoch vielfach Verletzte durch direkte Brandeinwirkungen oder durch Rauchvergiftungen registriert. Es sind seltener Brandtote, die geborgen werden müssen.

Im „UB“ 12/90 stellt Schmiedtchen fest, dass Mitte der 1980er-Jahre in Europa jährlich ca. 4500 Brandtote zu verzeichnen gewesen sind, wobei davon 80 % auf die Einwirkung von Rauchgasen zurückzuführen waren. Nach Informationen von Fire Safe Europe aus dem Jahr 2010 fallen in der Europäischen Union täglich ca. zwölf Menschen Bränden zum Opfer, das sind rund 4.400 pro Jahr bezogen auf eine Bevölkerung von 502 Mio. für die 27 EU-Mitgliedsstaaten. Es sind somit keine markanten Änderungen eingetreten.

In diese Statistik reihen sich die Zahlen eigener Erfahrungen ein, bei denen in den Jahren 1990–2001 bei durchschnittlich 2,0–5,0 % aller Brände Menschen nur noch tot aus dem Brandschutt geborgen wurden, in den letzten Jahren aber mit stark rückläufiger Tendenz. Die Sachschäden nach einem Brand sind meistens erheblich und im „Ersten Angriff“ sehr schwer einzuschätzen. Sie schnellen sogar noch um ein Vielfaches in unermessliche Dimensionen, wenn die sogenannten Nachfolgeschäden in Betracht gezogen werden. Nicht zu unterschätzen ist auch das erhebliche Gefährdungspotenzial eines Feuers für benachbarte Bauwerke und Räume, angrenzende Etagen usw., sei es durch starke Rauch- oder Hitzeentwicklungen und/oder Einsturz- und Explosionsgefahr. Ein Brand erregt wohl gerade deshalb die Aufmerksamkeit großer Teile der Bevölkerung, ruft aber auch meist große Unruhe und Angst hervor. Hieraus leiten sich u. a. die erhöhten Anforderungen an die BUE ab, um dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung zu tragen.

Fachlich hohe Anforderungen an einen Brandermittler resultieren auch aus der Tatsache, dass die Brandereignisse qualitativ und quantitativ derzeit auf gleichbleibendem Niveau sind (Tabelle 1), insbesondere dort, wo ungeregelte Eigentumsverhältnisse Unsicherheit evozieren. So sind beispielsweise oft Brandstiftungen zu verzeichnen, die den Verdacht eines Versicherungsmissbrauches nach § 265 StGB aufkommen lassen. Es soll hier aber nicht untersucht werden, weshalb es zu dieser Betrugshandlung kam, sondern einzig und allein die Entstehungsweise des Feuers aus der Sicht der Ursachenermittlung. Die Motive, die zu dem Betrug führten, können sehr vielfältig sein. Sie werden hier aber weitestgehend außer Acht gelassen. Der Brand, der analysiert werden soll, kann aber auf differente Art und Weise gelegt worden sein. Dies zu erkennen, ist die vorrangige Aufgabe eines BU. Über die Psychologie bzw. Motivationen eines Brandstifters kann man beispielsweise in [34] detaillierter nachlesen.

Ein weiterer zu beachtender Aspekt ist, dass durch aufgeklärte Brände präventiv gearbeitet werden kann. Durch die BUE erkannte Gefährdungsmomente können an anderer Stelle ebenso aufgespürt und beseitigt werden. Dies ist denkbar bei baulichen Mängeln oder Fehlern in der Installation, wo der Verdacht besteht, dass diese Fehlerquellen in Serie vorhanden sein könnten, z. B. bei Serienprodukten, Neuentwicklungen, Bauteilen und anderen Massenprodukten.

Der Leser hat außerdem die Möglichkeit, die sehr umfangreiche Internetseite www.brand-feuer.de zu nutzen, um aus Fehlern anderer zu lernen und somit Brände, aber auch andere Schadensfälle zu vermeiden. Diese ehrenamtlich betriebene Plattform besteht seit 2007 und wird durch Rainer Schwartz (ehemaliger BU) in Kooperation mit dem Autor gestaltet und fortlaufend aktualisiert.

Letztendlich können Brandstiftungsserien erkannt und aufgeklärt werden, wenn Erkenntnisse über die Brandstiftungstechnik (Modus Operandi) erlangt werden können und der Brandstifter dingfest gemacht werden kann.

Die bei einem Brand objektiv möglichen Brandursachen nacheinander und systematisch zu eliminieren, um so auf die am wahrscheinlichsten zutreffende Zündquelle zu schließen, sowie eine unumstößliche Beweisführung zum Brandauslöser ist die Aufgabenstellung der BUE, deren Methodik sich in den letzten Jahren nicht geändert hat.

2.1Die Stellung der Brandursachenermittlung im Ermittlungsverfahren


Im Ermittlungsverfahren ist das Ereignis „Brand“ immer von zwei Seiten zu begutachten. Die rechtliche Grundlage der Arbeit der Polizei basiert auf §§ 94, 163 StPO, denn bei fast jedem Brandereignis besteht zunächst der Verdacht einer Brandstiftung im weitläufigen Sinne. Diesen Verdacht zu prüfen, beginnt mit den Ermittlungen zur Brandursache. Von nicht unerheblicher Bedeutung im Ermittlungsverfahren ist die Beantwortung des Problems der Brandentstehung. Die Lösung dieser schwierigen Fragestellung ist der Ausgangspunkt aller weiteren Ermittlungen zur Sicherung von sachlichen Beweismitteln. Die strafrechtliche Relevanz kann erst über die Aufklärung der Brandursache herausgearbeitet werden, da nach einem Feuer eine Straftat nicht von Beginn an zu erkennen und unbedingt zu begründen ist. Bleibt die Antwort auf den Auslöser des Feuers offen, und ergeben sich unzureichende Erkenntnisse über die Art und Weise der Entstehung des Feuers, ist die weitere Ermittlung zur Schuldfrage wesentlich erschwert, wenn nicht sogar aussichtslos. Diese beiden unterschiedlichen Aspekte greifen also eng ineinander. Bei der Exploration der Brandursache wird nach meiner Erfahrung volles Engagement und „Aufgehen für die Sache“ gefordert, um das vor Ort gewonnene Wissen und dabei mitunter selbstverständlich erscheinende Aspekte, also die gesamten Feststellungen über die vorhandenen Brandspuren und den vermutlichen Ablauf des Brandes, anschaulich und nachvollziehbar für alle Beteiligten der Brandermittlungsgruppe, die außenstehenden Staatsanwälte und Richter beweiskräftig darzustellen.

Die erhöhten Kriterien an die BUE ergeben sich auch aus dem Fakt, dass die Vielfalt der verwendeten Baustoffe und Materialien in Gebäuden erheblich zugenommen hat, einer ständigen Weiterentwicklung oder Wandlung unterliegt und Brandschutzmaßnahmen bezüglich des Einsatzes von Baustoffen und Bautechnik aus verschiedensten Gründen nicht immer im Vordergrund stehen. Daran hat sich in der heutigen, schnelllebigen Zeit nichts geändert. Es ist eine ungeheure Mannigfaltigkeit an brennbaren Kunststoffen, im Brandfall toxisch abbrennenden Dämmstoffen und/oder Materialien, die dem Brandschutz kaum entsprechen, zu verzeichnen, wodurch das Brandrisiko, aber auch der Brandverlauf bei einem Feuer negativ beeinflusst werden. Mehr Technik und steigende Automatisierung bringen mitunter mehr Gefährdungspotenziale, sprich Zündquellen, in die technischen Abläufe. Es gibt zwar die technischen Möglichkeiten eines hohen Sicherheitsstandards, aber die Anwendung erfolgt meistens bei Neuinvestitionen. Eine weitere spezifische Eigenschaft von Bränden ist die Tatsache, dass selten Spuren vorgefunden werden, die direkt zum Täter führen, wie beispielsweise daktyloskopische Spuren eines registrierten Einbrechers. Daraus resultiert, dass der Brandort sorgfältig untersucht, gekennzeichnet und dokumentiert werden muss, damit bei einem eventuellen späteren Geständnis des Brandstifters möglichst viele Übereinstimmungsmerkmale des Täterwissens mit den objektiven Feststellungen vom Tatort getroffen werden können. Je mehr Analogien es gibt, desto beweiskräftiger sind die Ermittlungsergebnisse. Dabei können virtuell unwichtige Details nachträglich eine große Wertigkeit erlangen. Des Weiteren ist zu beachten, dass bei gewissenhafter Brandortarbeit Erkenntnisse über den Verlauf des Feuers erlangt werden können, die mithilfe naturwissenschaftlicher Gesetzmäßigkeiten einem abgegebenen Geständnis eines Täters mindestens in Teilfragen widersprechen können und somit die Schuldfrage, Tatbeteiligung usw. in einem anderen Blickwinkel stehen. Die BUE bietet im Rahmen der Ermittlungsverfahren aber auch die Chance, auf hohem wissenschaftlichem Niveau einen Nachweis darüber zu erbringen, weshalb der betreffende Brand unter den gegebenen Prämissen entstehen musste und konnte, womit auch unmittelbar die Negation oder die Verifikation einer Straftat verbunden ist. Bei Vorhandensein massiver Gebäudesubstanz (z. B. Stahlbetonwände in weitverbreiteten Plattenbauten), die im Sinne des Strafgesetzbuches „nicht selbstständig gebrannt hat und auch nicht konnte“, ergeben sich Probleme beim Nachweis der Tatbestandsmäßigkeit. Haben keine wesentlichen...

Erscheint lt. Verlag 8.8.2024
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Recht / Steuern Strafrecht
Schlagworte Brandentstehung • Brandermittlungsverfahren • Brandfotografie u. Bildanlagenkarte • Brandsachbearbeitung • Brandspurenbild • Brandverhalten von Materialien • Erkennen von Brandursachen • Erster Angriff • Gefährdungsmomente • Kriminalistische Brandermittlungen • Nachweis von Brandursachen • Sicherheitstechnische Kennzahlen brennbarer und gefährlicher Stoffe • Sicherheitstechnische Kennzahlen von Wärmequellen • Sofortmaßnahmen am Brandort • Staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren • Verbrennungsvorgänge
ISBN-10 3-415-07656-3 / 3415076563
ISBN-13 978-3-415-07656-3 / 9783415076563
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