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Lohnpfändung und Insolvenz -  Ernst Riedel

Lohnpfändung und Insolvenz (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 4. Auflage
258 Seiten
RWS Verlag
978-3-8145-5612-3 (ISBN)
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Bei Einziehung der pfändbaren Teile des Schuldnereinkommens müssen die massezugehörigen Einkünfte korrekt berechnet und bestimmt werden sowie Abtretungen, Pfändungen und Aufrechnungserklärungen sorgfältig auf ihre Insolvenzfestigkeit hin überprüft werden. Was ist pfändbar, was ist dem Schuldner oder einem sonstigen Berechtigten zu belassen? Welche Auswirkungen hat die Einrichtung eines Pfändungsschutzkontos? Diese und weitere praxisrelevanten Fragen der Pfändbarkeit und somit der Massezugehörigkeit von Lohn- und Lohnersatzansprüchen werden unter Berücksichtigung der neuesten Rechtsprechung gezielt erörtert und anhand von Beispielen und Berechnungshilfen erläutert.

Dipl.-Rpfl. Ernst Riedel ist Lehrer an der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern - Fachbereich Rechtspflege in Starnberg. Viele Jahre lang war er als Rechtspfleger beim Vollstreckungs- und Insolvenzgericht tätig. Er ist bekannt als Herausgeber und Autor zahlreicher Fachbücher zu den Themen Zwangsvollstreckung und Insolvenzrecht.

III.  Streit über den Umfang des Einzugsrechts


1.  Streitige Massezugehörigkeit
22  Besteht zwischen dem Schuldner und dem Insolvenzverwalter Streit darüber, ob ein Anspruch pfändbar ist und damit zur Masse gehört und dem Einzugsrecht des Insolvenzverwalters zufällt, so entscheidet darüber nicht das Insolvenz-, sondern das Prozessgericht. Wird etwa seitens des Schuldners oder des Insolvenzverwalters die Feststellung begehrt, dass ein Lohnanteil zum freien Vermögen des Schuldners gehört bzw. dem Insolvenzbeschlag unterfällt, so ist dafür die sachliche Zuständigkeit des Prozessgerichts gegeben.
BGH, Urt. v. 27.9.2018 – IX ZA 4/18, NZI 2019, 43;
BGH, Beschl. v. 11.5.2010 – IX ZB 268/09, NZI 2010, 584;
BGH, Urt. v. 10.1.2008 – IX ZR 94/06, NZI 2008, 244;
BAG, Urt. v. 25.8.2022 – 8 AZR, ZIP 2023, 205 zur Frage der Pfändbarkeit der Corona-Prämie.
23  Dabei hat der Schuldner gegen den Verwalter bzw. der Verwalter gegen den Schuldner auf positive bzw. negative Feststellung dahin gehend zu klagen, dass ein Vermögenswert (nicht) zur Masse gehört.
24  Der Streit über die Zugehörigkeit eines Anspruchs zur Insolvenzmasse, der sich zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Drittschuldner ergibt, wird regelmäßig mit der Leistungsklage des Verwalters gegen den Drittschuldner ausgetragen.
Vgl. zur Drittschuldnerklage nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens: BAG, Urt. v. 20.7.2023 – 6 AZR 112/23, ZIP 2023, 2210.
25  Denkbar ist aber auch hier die Erhebung einer positiven oder negativen Feststellungsklage. Der Drittschuldner kann sich bei Zweifeln über die Person des wahren Berechtigten durch Hinterlegung der streitigen Beträge bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts von seiner Leistungspflicht befreien (§ 372 BGB, § 853 ZPO). Es bestehen insoweit keine Besonderheiten gegenüber den sonstigen Fällen des Prätendentenstreits.
2.  Streitige Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung
26  Nicht das Prozess- sondern das Insolvenzgericht ist als besonderes Vollstreckungsgericht gemäß § 36 Abs. 4 InsO i. V. m. § 36 Abs. 1 InsO zuständig, wenn eine Vollstreckungshandlung oder eine Anordnung des Vollstreckungsgerichts betroffen ist; wenn mithin um die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung gestritten wird.
BGH, Beschl. v. 5.6.2012 – IX ZB 31/10, NZI 2012, 672;
BGH, Beschl. v. 27.9.2018 – IX ZA 4/18, NZI 2019, 43.
27  Die Abgrenzung zur Zuständigkeit des Prozessgerichts kann im Einzelfall schwierig sein.
Vgl. AG Konstanz, Beschl. v. 11.3.2021 – K 42 IK 73/16, JurBüro 2021, 269.
28  Weitgehend problemlos ist die Zuordnung zum Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht meist dann, wenn Anträge gestellt werden, für die die ZPO eine ausdrückliche Entscheidungskompetenz des Vollstreckungsgerichts normiert.
BGH, Beschl. v. 11.5.2010 – IX ZB 268/09, ZIP 2010, 1197, dazu EWiR 2011, 57 (Vossberg/Klawa).
29  So etwa in Fällen, in denen der Insolvenzverwalter den Antrag stellt, eine gegenüber dem Schuldner gesetzlich unterhaltsberechtigte Person bei der Bestimmung des pfändbaren Arbeitsentgelts unberücksichtigt zu lassen, weil diese über eigenes Einkommen verfügt (§ 850c Abs. 6 ZPO; vgl. Rn. 306)
BGH, Beschl. v. 9.7.2020 – IX ZB 38/19, NZI 2020, 896
oder wenn umgekehrt der Schuldner einen Antrag nach § 850i ZPO mit dem Inhalt stellt, es möge ihm die von seinem Arbeitgeber zu leistende Abfindung verbleiben (Rn. 410).
BGH, Beschl. v. 29.4.2021 – IX ZB 25/20, NZI 2021, 923;
LG Kassel, Beschl. v. 12.6.2023 – 3 T 276/22, NZI 2023, 673 m. Anm. Ahrens.
30  Weitere Kompetenzzuweisungen finden sich z. B. in den §§ 850b Abs. 2, 850e Nr. 2 und Nr. 2a, 850f Abs. 1 ZPO. Nach § 295a Abs. 2 InsO obliegt es dem Insolvenzgericht, den Betrag festzulegen, den der selbständig tätige Schuldner nach Freigabe dieser Tätigkeit an den Insolvenzverwalter zu leisten hat (Rn. 451).
31  In Fällen mit konkreter Kompetenzzuweisung sind die getroffenen Entscheidungen des Insolvenzgerichts denn auch für nachfolgende Streitfragen maßgeblich und für sich anschließende Entscheidungen der Prozessgerichte verbindlich. Stellt z. B. das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht nach § 850c Abs. 6 ZPO fest, dass der Ehegatte des Schuldners bei der Berechnung des pfändbaren Lohnanteils unberücksichtigt zu bleiben hat, ist in einem ggf. nachfolgenden Rechtsstreit zwischen Insolvenzverwalter und Arbeitgeber des Schuldners als Drittschuldner das Prozessgericht daran gebunden.
BAG, Urt. v. 23.2.1983 – 4 AZR 508/81, ZIP 1983, 1247;
vgl. OVG Bremen, Urt. v. 21.4.2023 – 2 LB 331/22, NZI 2023, 589;
OLG Karlsruhe, Urt. v. 7.7.2009 – 8 U 85/07, FamRZ 2010, 56.
32  Keine Entscheidungskompetenz hat das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht in Bezug auf die Bewertung von Naturalleistungen i. S. d. § 850e Nr. 3 ZPO mit der Folge, dass darüber das Prozessgericht zu entscheiden hat (Rn. 284 und Rn. 76).
BGH, Beschl. v. 19.4.2018 – IX ZB 27/17, NZI 2018, 528.
33  Gleichwohl könnte sich die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts als besonderes Vollstreckungsgericht dann ergeben, wenn der Schuldner beantragt, es möge ihm ein weiterer Teil seines Einkommens belassen werden, und er dies darauf stützt bzw. damit begründet, dass die Naturalleistung mit einem überhöhten Betrag berücksichtigt wird.
34  Schwieriger gestaltet sich die Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit, wenn es z. B. um die Frage geht, ob ein Lohnanteil als grundsätzlich pfändbar anzusehen und demnach der Insolvenzmasse zuzuordnen ist. Letztlich ist dabei auf das konkrete Begehren des Beteiligten abzustellen. Beantragt etwa der Schuldner, das Insolvenzgericht möge ihm einen Lohnanteil als unpfändbare und damit nicht zur Insolvenzmasse gehörige Erschwerniszulage i. S. d. § 850a Nr. 3 ZPO belassen, so hat darüber das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht zu befinden (Rn. 170).
BGH, Beschl. v. 20.7.2023 – IX ZB 24/22, ZVI 2023, 417 zur Frage der Pfändbarkeit der Corona-Sonderzahlung.
35  Im Ergebnis bestreitet der Insolvenzschuldner damit wohl die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung, auch wenn die Intention des Schuldners im Ergebnis die Feststellung zum Gegenstand haben soll, dass die Corona-Sonderzahlung nicht in die Insolvenzmasse fällt. Würde der Insolvenzschuldner dagegen die Feststellung beantragen, dass die Corona-Sonderzahlung nicht in die Insolvenzmasse fällt, wäre das Prozessgericht dafür zuständig.
36  Ebenso ist das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht zuständig, wenn der Schuldner z. B. beantragt, das Insolvenzgericht möge ihm eine Leistung der Krankenkasse oder der Beihilfestelle pfandfrei belassen und sein Begehren dabei auf die Generalklausel des § 765a ZPO stützt (Rn. 500). Macht der Schuldner eine unbillige Härte geltend, die mit dem Insolvenzbeschlag verbunden sei, so findet die Regelung des § 765a ZPO Anwendung. Zuständig für eine entsprechende Anordnung ist wiederum das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht, auch wenn letztlich wiederum die Massezugehörigkeit zur Diskussion steht.
BGH, Beschl. v. 8.11.2007 – IX ZB 221/03, NZI 2008, 98.
37  Eine Bindungswirkung gegenüber dem nachfolgend zuständigen Prozessgericht entfalten solche Entscheidungen, die ohne eine konkrete Kompetenzzuweisung ergehen, nicht.
Vgl. BGH, Beschl. v. 13.12.2012 – IX ZB 7/12, ZVI 2013, 64.
38  Ergibt sich im konkreten Fall eine Zuständigkeit des Insolvenz- oder des Prozessgerichts, dann steht diese fest. Es besteht mithin kein Wahlrecht seitens des Insolvenzverwalters oder des Insolvenzschuldners hinsichtlich des in Anspruch zu nehmenden Gerichts.
BGH, Urt. v. 3.11.2011 – IX ZR 46/11, NZI 2011, 979.
39  Zu den vom Insolvenzgericht wahrzunehmenden Aufgaben gehören ggf. auch klarstellende Beschlussfassungen, wie sie in der Einzelzwangsvollstreckung auf Antrag des Schuldners, des Drittschuldners oder des Gläubigers durch das Vollstreckungsgericht zu erlassen sind, ohne dass dies explizit kodifiziert ist.
BGH, Beschl. v. 24.1.2006 – VII ZB 93/05, ZVI 2006, 146.
40  Im Insolvenzverfahren besteht jedoch regelmäßig kein Bedürfnis für eine klarstellende Beschlussfassung, da eine solche nur deklaratorische Feststellungen enthält und nicht geeignet ist, zwischen dem Schuldner und dem Insolvenzverwalter bestehende Streitpunkte zu klären. Denkbar ist allenfalls, dass der Schuldner etwa mit der seitens des Insolvenzverwalters/Treuhänders vorgenommenen Berechnung des pfändbaren Einkommens nicht einverstanden ist und deshalb das Insolvenzgericht ersucht, die Berechnung zu überprüfen. Auf Antrag eines Drittschuldners kann das Insolvenzgericht einen klarstellenden Beschluss vor dem Hintergrund...

Erscheint lt. Verlag 1.8.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Recht / Steuern Wirtschaftsrecht
ISBN-10 3-8145-5612-7 / 3814556127
ISBN-13 978-3-8145-5612-3 / 9783814556123
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