Erben ohne Grenzen (eBook)
224 Seiten
Linde Verlag Wien Gesellschaft m.b.H.
978-3-7094-1369-2 (ISBN)
Leitfaden für grenzüberschreitende Nachfolgeplanung
Grenzüberschreitende Nachfolgeplanung gewinnt aufgrund zunehmender Mobilität immer mehr an Bedeutung. Das Werk beleuchtet die grenzüberschreitende Nachfolgeplanung aus verschiedenen rechtlichen und steuerlichen Blickwinkeln und bietet einen raschen und fundierten Überblick über die Aspekte, die beim ”Erben ohne Grenzen“ zu beachten sind:
- Darstellung der Grundzüge der EuErbVO und der wesentlichen Instrumente der grenzüberschreitenden Nachfolgeplanung
- Gegenüberstellung von ausgewählten materiellrechtlichen Unterschieden im Vergleich Österreich/Deutschland
- Explizite Behandlung der aktuellsten Judikaturlinie sowohl des Obersten Gerichtshofs als auch jene des Europäischen Gerichtshofs sowie deutscher Gerichte
Es werden jedoch nicht nur Problemfelder aufgezeigt, sondern auch konkrete Lösungen präsentiert. Zahlreiche Beispiele, Tipps und Tricks, Musterformulierungen und Checklisten ermöglichen eine praxisnahe und verständliche Auseinandersetzung mit der grenzüberschreitenden Nachfolgeplanung. Ein praktischer Leitfaden für Rechtsanwält:innen und Notar:innen sowie Berater:innen (im Bereich der Vermögensplanung, des Wealth Planning, Family Offices etc.), aber auch für interessierte juristische Laien.
1.2. Gestaltungsmöglichkeiten der Nachfolgeplanung
Paula verfügt über Vermögenswerte in mehreren Mitgliedstaaten. Auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen wird – im Falle des gewöhnlichen Aufenthalts von Paula im Todesfall in Deutschland – das deutsche Erbstatut zur Anwendung gelangen. 4 Wie im gegenständlichen Beispielsachverhalt kann in der Praxis die Feststellung des gewöhnlichen Aufenthalts im Todeszeitpunkt oftmals mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein – vor allem deshalb, da der Zeitpunkt und der Ort des Todes normalerweise nicht planbar sind. Paula könnte aber – da sie die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt – mittels einer Rechtswahl das österreichische Erbstatut für anwendbar erklären und damit Rechtssicherheit schaffen. Eine derartige Rechtswahl ist in einer gültigen Verfügung von Todes wegen zu treffen. 5
Die materiellen Erbrechte der einzelnen Mitgliedstaaten, im konkreten Fall Deutschland und Österreich, sind sehr unterschiedlich ausgestaltet. 6 Das Pflichtteilsrecht in Österreich ist in vielen Aspekten flexibler (vor allem im Hinblick auf die Deckung des Pflichtteilsanspruches, die Berücksichtigung von Schenkungen bei der Pflichtteilsermittlung). Auch die Höhe der Pflichtteilsquoten ist unterschiedlich. Es lohnt sich daher, in der Praxis jedenfalls zu prüfen, welches Erbstatut den Bedürfnissen des Mandanten entspricht und entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Im gegenständlichen Fall ist der Sachverhalt so einfach gewählt, dass keine großen pflichtteilsrechtlichen Unterschiede bestehen (außer im Hinblick auf die Quote des Ehemannes, siehe dazu später).
Darüber hinaus ist iZm der Nachfolgeplanung von Paula noch zu hinterfragen, welches Gericht für die Abwicklung ihres Verlassenschaftsverfahrens zuständig ist. Die Abwicklung von Verlassenschaften ist innerhalb der Europäischen Union sehr unterschiedlich geregelt, nämlich in Bezug auf die Verfahrensdauer, die Ausgestaltung des Ablaufs und die Verfahrenskosten. Grundsätzlich ist – im Falle ihres gewöhnlichen Aufenthalts im Todesfall in Deutschland – ein deutsches Gericht für die Abwicklung der Verlassenschaft zuständig. Die Zuständigkeit der Ver3lassenschaftsgerichte kann jedoch – insbesondere mittels einer Gerichtsstandsvereinbarung bzw einer Gerichtsstandsanerkennung – korrespondierend zu einer getroffenen Rechtswahl abgesichert werden. 7 Auch der Umstand, dass Vermögenswerte in mehreren EU-Mitglied- oder Drittstaaten belegen sind, ist bei der Nachfolgeplanung zu berücksichtigen. Grundsätzlich gilt das Prinzip der Nachlasseinheit, wonach ein Gericht für den „weltweiten“ Nachlass zuständig ist; allerdings wird dieses Prinzip in einigen Fällen durchbrochen. Es lohnt sich daher, im Vorfeld zu evaluieren und entsprechende Vorkehrungen zu treffen, insbesondere um den Gleichlauf zwischen anwendbarem Erbstatut und Zuständigkeit herzustellen, um Kosten sowie Zeit zu sparen. Im gegenständlichen Fall verfügt Paula über Vermögenswerte in Drittstaaten. Diese Vermögenswerte sind bei der Evaluierung der Zuständigkeit einzubeziehen und entsprechende Vorkehrungen (bspw Errichtung eines gesonderten Testaments für den Drittstaat) zu treffen.
Bei der Ausgestaltung einer grenzüberschreitenden Nachfolgeplanung sind sämtliche Sachverhaltselemente, wie etwa die Belegenheit des Vermögens der verstorbenen Person in anderen EU-Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, oder auch familiäre Berührungspunkte zu bedenken. 8 Das Zusammenspiel sowohl von unterschiedlichen Statuten (ua Gesellschaftsstatut, Ehegüterstatut) sowie Besonderheiten des zur Anwendung gelangenden Erbstatuts als auch damit möglicherweise verbundene steuerliche Auswirkungen sind bei der Ausgestaltung der Nachfolgeplanung zu berücksichtigen. 9
Grundsätzlich gilt, dass das eheliche Güterrecht – somit auch Eheverträge, sofern keine erbrechtlichen Fragen enthalten sind – nicht vom Erbstatut umfasst ist. Wird nunmehr ein Ehevertrag nach deutschem Recht errichtet, demgegenüber jedoch das österreichische Erbstatut gewählt, führt dies zu einem Auseinanderfallen des Ehegüter- und Erbstatuts und ist dies jedenfalls im Rahmen der Nachfolgeplanung zu berücksichtigen. Bspw führt ein Ehevertrag nach deutschem Recht uU dazu, dass der Ehepartner eine höhere Erbquote erhält. Das gilt in Österreich nicht. Wird daher ein Testament mit einer Rechtswahl zugunsten österreichischen Rechts errichtet und ist dieser Umstand nicht berücksichtigt, erhält der Ehepartner lediglich die „geringere“ Erbquote, weshalb uU eine zusätzliche Absicherung im Testament getroffen werden sollte.
Ähnliches gilt für Gesellschaften: Das Gesellschaftsstatut hat gegenüber dem Erbstatut Vorrang. Das Gesellschaftsstatut kann Regelungen für das Schicksal der Gesellschaftsanteile verstorbener Gesellschafter vorsehen. Auch die Frage, ob 4mehrere Erben quotal als Einzelgesellschafter oder gemeinsam als Erbengemeinschaft Gesellschafter werden, richtet sich nach dem Gesellschaftsstatut. 10 Im gegenständlichen Fall gilt das österreichische Gesellschaftsstatut. Im Zuge der Nachfolgeplanung gilt es zu prüfen, ob der Anteil vererbbar ist bzw ob bspw eine dritte Person als Gesellschafter eintreten kann. Das Ergebnis dieser Prüfung sollte sodann bei der Ausgestaltung der Nachfolgeplanung berücksichtigt und – sofern dies möglich ist – abgefedert werden. Im gegenständlichen Beispielsachverhalt käme es bei Anwendung des deutschen Erbstatuts zum Aufeinanderprallen mit dem österreichischen Gesellschaftsstatut, was mit erheblichen Komplikationen (Rechtsunsicherheit, Zeitverzögerung und Kosten) verbunden sein kann; dies gilt es zu vermeiden. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass im Zuge der Nachfolgeplanung immer sämtliche wesentlichen „Begleitdokumente“ wie Gesellschaftsverträge, Stiftungsurkunde, Stiftungszusatzurkunde etc einer Prüfung unterzogen werden sollten.
Auch die Kosten, die iZm der Abwicklung der Verlassenschaft entstehen, sind bei der Ausgestaltung der Nachfolgeplanung zu berücksichtigen. Im Falle der Abwicklung eines Verlassenschaftsverfahrens vor österreichischen Gerichten sind der Gerichtskommissär sowie allfällige Sachverständige und Kuratoren zu entlohnen. Weiters sind Gerichtsgebühren zu entrichten. Sofern eine anwaltliche Vertretung notwendig ist, sind auch diese Kosten miteinzubeziehen.
Steuerrechtliche Fragen sind vom Anwendungsbereich der EuErbVO ausgenommen, weshalb die EuErbVO keinen Einfluss auf (Erbschafts-)Steuern und sonstige Abgaben hat und bspw für die Beurteilung der steuerlichen Ansässigkeit nicht auf die zivilrechtliche Ermittlung des gewöhnlichen Aufenthalts zurückgegriffen wird. Der Todesfall und die vorweggenommene Nachfolgeplanung kann unterschiedliche Steuern und bei grenzüberschreitenden Sachverhalten noch zusätzliche Steuern auslösen (zB Wegzugsteuern, Erbschaftssteuern). 11
Die grenzüberschreitende Nachfolgeplanung sowie die Beurteilung der steuerlichen Aspekte sollte jedenfalls von fachkundigen Rechtsberatern und Steuerberatern begleitet werden. 12
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In diesem Zusammenhang wird auf die Ausführungen in Kapitel 4. (Anzuwendendes Erbstatut) verwiesen.
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In diesem Zusammenhang wird auf die Ausführungen in Kapitel 4. (Anzuwendendes Erbstatut) verwiesen.
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In diesem Zusammenhang wird auf die Ausführungen in Kapitel 7. (Materiellrechtliche Unterschiede im Vergleich Österreich/Deutschland) verwiesen.
7
In diesem Zusammenhang wird auf die Ausführungen in Kapitel 6. (Umsetzung in der Praxis) verwiesen.
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In diesem Zusammenhang wird auf die Ausführungen in Kapitel 2.4. (Intention der EuErbVO) verwiesen.
Erscheint lt. Verlag | 27.6.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Recht / Steuern |
ISBN-10 | 3-7094-1369-9 / 3709413699 |
ISBN-13 | 978-3-7094-1369-2 / 9783709413692 |
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