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Geschichte des römischen Rechts (eBook)

(Autor)

eBook Download: PDF | EPUB
2019 | 6. Auflage
128 Seiten
C.H.Beck (Verlag)
978-3-406-74049-7 (ISBN)
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Ulrich Manthe beschreibt anschaulich und allgemeinverständlich die Entwicklung des römischen Rechts und einzelner Rechtsinstitute von den frühesten Anfängen bis zur Spätantike und zeichnet die großen Linien der Rezeptionsgeschichte nach. Verweise auf Beziehungen zu modernen Rechtsnormen veranschaulichen die überzeitliche Wirkmacht antikrömischer Rechtsgelehrsamkeit.

Ulrich Manthe, ausgewiesen durch zahlreiche Publikationen zur römischen Rechtsgeschichte, lehrte als Professor für Bürgerliches und Römisches Recht an der Universität Passau.

Cover 1
Titel 3
Zum Buch 2
Über den Autor 2
Impressum 4
Inhalt 5
Vorwort zur 6. Auflage 7
Einführung 8
I. Die Vor- und Frühgeschichte bis zu den XII Tafeln 12
1. Die Verfassung der Königszeit und das ius civile 12
2. Spuren archaischer Strafgesetze 14
3. Der älteste Eigentumsprozess: die legis actio sacramento in rem 16
4. Die rituelle Übereignung durch mancipatio 20
5. Die formfreie Übereignung durch traditio 25
6. Die auctoritas-Haftung 26
7. Die Schuldbegründung durch stipulatio und nexum 27
8. Die Hausgewalt 29
9. Die Eheschließung und der manus-Erwerb 32
10. Das Erbrecht der Frühzeit und die adrogatio 33
II. Das neue Recht der XII Tafeln 37
1. Die Verfassung der Republik 37
2. Die Entstehung der XII Tafeln 41
3. Die Reform der mancipatio: nuncupatio und usucapio 43
4. Die Reform des Familienrechts: trinoctium und emancipatio 48
5. Die Reform des Erbrechts: Erbteilung Agnatenerbrecht
6. Die Rechtsfolgen unerlaubter Handlungen 55
III. Von den XII Tafeln bis zum Ende der Republik 58
1. Von der archaischen zur hellenistischen Jurisprudenz 58
2. Vom XII-Tafel-Prozess zum Formularprozess 61
3. Die Sachmängelgewährleistung 75
4. Die Schuldbegründung durch Briefvertrag 78
5. Die Entwicklung im Erbrecht: Testamentsgesetze prätorisches Erbrecht
6. Das Schadensersatzrecht der lex Aquilia 84
7. Das öffentliche Strafrecht der Republik 85
IV. Die klassische Zeit des römischen Rechts 86
1. Die Verfassung des Prinzipats 86
2. Die klassische Rechtswissenschaft 88
3. Die Weiterentwicklung des Vertragsrechts: Innominatkontrakt Einrede der Nichtauszahlung
4. Kausale oder abstrakte traditio? 98
5. Ehe und Hausgewalt 100
6. Erbrecht: Testament Kadukarrecht
7. Das Strafrecht der Kaiserzeit 105
V. Die nachklassische Entwicklung bis zu Justinian 107
1. Ein Rückblick auf die Klassik 107
2. Der Dominat 109
VI. Justinianisches Recht 112
1. Justinian und das Corpus Iuris Civilis 112
2. Die Überlieferung vorjustinianischen Rechts 116
VII. Das Weiterleben des justinianischen Rechts 118
1. Römisches Recht im Byzantinischen Reich 118
2. Römisches Recht im Westen: Rezeption und Gemeines Recht 119
Literaturverzeichnis 124
Register 128

II. Das neue Recht der XII Tafeln


1. Die Verfassung der Republik


Nach Sturz und Vertreibung der Könige scheint die Macht in die Hand eines Dreierkollegiums gelegt worden zu sein, an deren Spitze ein praetor maximus stand (praetor von prae-ire «vorangehen», also «Heerführer, Herzog»), dem zwei Konsuln als Räte zur Seite standen (consul hängt mit consulere «beraten» zusammen). Wie das Verhältnis von Prätor und Konsuln sich in der Folgezeit entwickelte, ist aus den Quellen nicht deutlich erkennbar. Jedenfalls wurde im Jahre 367 v. Chr. durch die leges Liciniae Sextiae die von nun an geltende Konsularverfassung geschaffen, die während der ganzen Republik und formell bis zur Neuordnung des Reiches durch Kaiser Diokletian in Kraft blieb.

Träger der höchsten Staatsmacht (imperium) waren die beiden Konsuln und (zunächst nur) ein Prätor. Inhalt des konsularischen Imperiums war die oberste Staats- und Kriegsführung, die Polizeigewalt, das Recht, Senat und Volksversammlung einzuberufen und deren Beratungsgegenstände zu bestimmen, ferner außerhalb der Stadtgrenzen das Recht, römische Bürger bis zur Hinrichtung zu bestrafen, während innerhalb der Stadtgrenzen jeder Bürger gegen Strafmaßnahmen des Imperiumträgers die Volksversammlung anrufen konnte (Provokationsrecht). Innerhalb der Stadtgrenzen traten die Liktoren, die Vollzugsbeamten der Konsuln, nur mit Ruten und ohne Beil, außerhalb mit Ruten und Beil auf. Das prätorische Imperium (Amtsmacht) war grundsätzlich unbeschränkt und nur dem konsularischen nachgeordnet, beschränkte sich aber in der Stadt auf die dem Prätor zugewiesene Aufgabe der Rechtsprechung und die damit zusammenhängenden Geschäfte. Als Vertreter der Konsuln übte der Prätor in deren Abwesenheit – vor allem in Kriegszeiten – volles Imperium in der Stadt aus. Um 242 v. Chr. wurde dem nunmehr praetor urbanus («Stadtprätor») Genannten ein «Fremdenprätor» (praetor peregrinus) zur Seite gestellt, der für Prozesse, an welchen Nichtbürger beteiligt waren, zuständig war. Peregrini waren diejenigen, die per-egre, also jenseits des römischen Gebietes (ager Romanus), wohnten. 227 v. Chr. wurden zwei weitere Prätoren eingesetzt, die die Verwaltung der neu erworbenen Provinzen Sizilien und Sardinien übernahmen; im Laufe der Ausdehnung des Reiches vermehrte sich die Zahl der Prätoren.

Dem Imperium wurden durch drei Prinzipien Schranken gesetzt. (1) Die Kollegialität gab jedem der beiden Konsuln (und der mehreren Prätoren ab 242) das volle und ungeteilte Imperium, doch wechselten sich die Konsuln im Kriege tageweise beim Oberbefehl ab – dass diese Regelung bei der Schlacht von Cannae (216 v. Chr.) furchtbare Folgen hatte, ist bekannt. (2) Jeder Kollege hatte gegenüber dem gleichgestellten Kollegen das Interzessionsrecht, nämlich das Recht, durch sein Veto («ich verbiete») gegen jeden Akt des Kollegen einzuschreiten. In äußerster Not bestellte der Senat auf Antrag eines Konsuls einen Diktator für höchstens sechs Monate; dieser hatte eine durch Interzession unbeschränkte Gewalt, und ihm stand ein nur nachgeordneter magister equitum («Reiteroberst») zur Seite. (3) Die Annuität beschränkte das Amt jedes Oberbeamten auf ein Jahr, und Wiederwahl war nur nach einer amtslosen Zwischenzeit möglich (was freilich nicht immer eingehalten wurde).

Die Ausübung der Polizeigewalt, die Aufsicht über die Tempel und die Feuerwehr wurden zwei Ädilen (aediles «Tempelherren») übertragen, die aus den Plebejern gewählt wurden. Die Verfassungsreform von 367 v. Chr. stellte ihnen zwei patrizische Ädilen zur Seite (aediles curules – ihnen stand die sella curulis zu, ein Stuhl, der einst Insignie des Königs gewesen war); die kurulischen Ädilen übernahmen Marktpolizei und -gerichtsbarkeit – wir werden ihnen später noch begegnen (S. 75).

Zwei Quästoren verwalteten die Staatskasse und damit das Finanzwesen; bis zum Ende der Republik wurde ihre Zahl auf 20 vermehrt.

Neben den höheren Beamten – Konsul, Prätor, Ädil, Quästor – gab es noch mehrere niedere Beamte für einzelne Aufgaben der Verwaltung und der Rechtspflege.

Außergewöhnliche Beamte, die nicht ständig gewählt wurden, waren neben dem schon erwähnten Diktator die beiden Zensoren, welche für die alle fünf Jahre zuständige Einteilung der Bürger in Vermögensklassen, für die Führung der Bürgerlisten und die Aufsicht über den Senat zuständig waren. Sie waren den Konsuln nicht untergeordnet, doch war ihre Macht keine allumfassende wie das Imperium, sondern eine auf bestimmte Aufgabenbereiche beschränkte (potestas); gegen ihre Akte war Interzession anderer Beamter nicht möglich.

Schließlich erkämpften die Plebejer, denen der Zugang zu den oberen Ämtern versagt war (nur die Ädilität stand ihnen wohl schon seit Beginn der Republik zu), angeblich im Jahre 494 v. Chr. durch den ersten Streik der römischen Frühgeschichte, dem Auszug der Plebs aus der Stadt auf den Heiligen Berg, den Aventin, die Einführung des Volkstribunats. Die anfangs zwei, später zehn tribuni plebis traten als Schutzbeamte der Plebs gegenüber den Patriziern auf. Die Plebs hatte in ihrer Versammlung eidlich ihre Tribunen für unverletzlich (sacrosanctus) erklärt, und so erklärt sich, dass die Volkstribunen ein verfassungsmäßig gar nicht vorgesehenes Interzessionsrecht gegen alle anderen Beamten in Anspruch nahmen, welches, offenbar aus Rücksicht auf die einseitige proklamierte Sakrosanktheit und aus Furcht vor einem neuen Aufstand der Plebs, auch von den Patriziern geachtet wurde.

Die Kurienversammlung, die schon in der Königszeit bestanden hatte, existierte mit den alten Aufgaben weiter; hatte sie früher bei der Inauguration des Königs mitgewirkt (S. 12), so beschloss sie nunmehr für die in den Zenturiatkomitien gewählten Konsuln und Prätoren eine lex de imperio («Gesetz über das Imperium»), welche den Oberbeamten formal die Macht übertrug; für Adrogation und Komitialtestament (solange dies existierte) blieb sie weiterhin zuständig. Wesentlich größere Bedeutung hatte die Zenturiatversammlung, in welcher die Oberbeamten gewählt, Gesetze beschlossen und über Krieg und Frieden entschieden wurde (S. 12). Angeblich seit König Servius gliederte sie sich in 193 Zenturien. An der Spitze standen die 18 Zenturien der Reiter (equites), es folgte die 1. Klasse, nämlich 80 Zenturien der Schwerbewaffneten (die sogenannten classici), danach 90 Zenturien Leichtbewaffneter (infra classem «unterhalb der Klasse», in vier weitere Klassen unterteilt) sowie fünf Zenturien der Besitzlosen (capite censi «nur nach der Person Eingeteilte»). Die Einteilung der Bürger nach dem Vermögen in die Zenturien erfolgte alle fünf Jahre durch die Zensoren. Da jede Zenturie nur eine Stimme hatte, hatten die Reicheren, von denen es weniger je Zenturie gab, das bessere Stimmrecht. In der Versammlung wurde nicht debattiert, vielmehr konnten die Anträge der versammlungsleitenden Konsuln nur mit «Ja» oder «Nein» beantwortet werden. Die Reiter stimmten zuerst ab, danach die 1. Klasse (classici); sobald eine absolute Mehrheit (97 Stimmen) erreicht war, wurde die Abstimmung abgebrochen. So konnte es oft geschehen, dass die Reiter und die Angehörigen der 1. Klasse die Abstimmung schon entschieden hatten, wenn sie nur zusammenhielten. Es versteht sich, dass jeder Bürger interessiert war, in eine möglichst reiche Zenturie eingeschrieben zu werden, und daher seine Vermögensverhältnisse eher höher als niedriger angab.

Das römische Staatsgebiet zerfiel anfangs in drei Tribus (seit 241 v. Chr.: 35), in welche alle römischen Bürger nach ihrem Wohnsitz eingeteilt wurden. Die Tributversammlung (wohl seit dem 4. Jh. v. Chr.) wählte niedere Beamte und erhielt im Laufe der Zeit auch immer größere Gesetzgebungsbefugnis.

Die Plebejer organisierten sich in einer eigenen Versammlung (concilium plebis), welche ursprünglich nur eine Art Fraktion bildete. Die lex Hortensia (287 v. Chr.) verlieh den «Beschlüssen der Plebs» (plebi scita) Bindungskraft für die gesamte Volksgemeinde, wodurch die Plebiszite große Bedeutung erhielten. Das erste Plebiszit war die lex Aquilia von 286 v. Chr. (S. 84), welche auf Antrag eines Volkstribunen Aquilius erging, eines der...

Erscheint lt. Verlag 15.10.2019
Reihe/Serie Beck'sche Reihe
Beck'sche Reihe
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Vor- und Frühgeschichte / Antike
Geschichte Allgemeine Geschichte Vor- und Frühgeschichte
Recht / Steuern
Schlagworte Altertum • Antike • Gesetzgebung • Jurist • Kultur • Rechtsgelehrsamkeit • Rechtsnormen • Rechtsphilosophie • Rezeption • Rezeptionsgeschichte • Römisches Recht • Wirkung
ISBN-10 3-406-74049-9 / 3406740499
ISBN-13 978-3-406-74049-7 / 9783406740497
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